TE OGH 2018/4/19 4Ob73/18s

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Veröffentlicht am 19.04.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin Dr. E***** W*****, vertreten durch Mag. Rolf Gabron, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, gegen die Antragsgegner 1) S***** F*****, und 2) W***** P*****, beide vertreten durch Dr. Michael Ott und Mag. Christoph Klein, Rechtsanwälte in Wien, wegen Bestellung eines Jagdbevollmächtigten (Streitwert 7.000 EUR), über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 15. Februar 2018, GZ 2 R 13/18s-42, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 12. Dezember 2017, GZ 30 Nc 6/16s-38, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Außerstreitsache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist zu 17/32, die Erstantragsgegnerin zu 5/32 und der Zweitantragsgegner zu 10/32 Miteigentümer/in mehrerer Liegenschaften in der Katastralgemeinde ***** in Kärnten, die eine Eigenjagd bilden. Da die Miteigentümer (nach Neufeststellung der Eigenjagd mit Bescheid der Jagdbehörde vom 17. 6. 2010) trotz Aufforderung der Jagdbehörde keinen gemeinsamen Jagdbevollmächtigten (§ 2 Abs 3 Kärntner JagdG) namhaft machten, bestellte die Jagdbehörde mit Bescheid vom 7. 3. 2011 gemäß § 34 Kärntner JagdG einen Jagdverwalter.

Der Zweitantragsgegner und der Rechtsvorgänger der Erstantragsgegnerin erwarben ihre Miteigentumsanteile im Jahr 1999 vom Bruder der Antragstellerin. Bis dahin wurde die Jagd von der Antragstellerin und ihrem Bruder ausgeübt. Damals wurde die Antragstellerin gegenüber der Jagdbehörde als Jagdbevollmächtigte namhaft gemacht. Am 15. 12. 1992 schlossen die Antragstellerin und ihr Bruder einen gerichtlichen Vergleich, in dem festgehalten wurde, dass die Ausübung der Jagd gemeinsam erfolge. Eine Regelung dazu, wer als Jagdbevollmächtigter namhaft zu machen ist, enthält der Vergleich nicht. Auch in der Zeit vom 1. 1. 2001 bis 31. 12. 2010 fungierte die Antragstellerin als Jagdbevollmächtigte; ihre damalige Namhaftmachung wurde mit Bescheid der Jagdbehörde vom 26. 3. 2001 bestätigt.

Zwischenzeitlich wurde das Miteigentum der Streitteile aufgrund einer Teilungsklage aufgehoben. Dieser Umstand ist – wegen fehlender forstbehördlicher Bewilligung – im Grundbuch noch nicht durchgeführt.

Die Antragstellerin begehrte, die Antragsgegner zur Abgabe der Willenserklärung zu verpflichten, dass sie gemäß § 2 Kärntner JagdG als Jagdbevollmächtigte der Eigenjagd namhaft gemacht werde und diese Erklärung mit Rechtskraft der Entscheidung als abgegeben gelte, in eventu festzustellen, dass in Ergänzung des Pkt 4 des Vergleichs vom 15. 12. 1992 für die Willensbildung der Bestellung eines Jagdbevollmächtigten die Mehrheit der Anteile entscheide. Am 15. 12. 1992 habe sie mit ihrem Bruder einen Vergleich über die Ausübung des Jagdrechts abgeschlossen. Nach diesem Vergleich entscheide die Miteigentümermehrheit über alle Jagdangelegenheiten. Die Antragsgegner seien an diese Benützungsvereinbarung gebunden. Der Zweck des Vergleichs habe darin bestanden, jedem Miteigentümer die Möglichkeit einzuräumen, der Jagd nachzugehen. Bei Abschluss des Vergleichs sei klar gewesen, dass der Mehrheitseigentümer nach außen hin als Jagdausübungsberechtigter auftrete. Dementsprechend habe sie jahrelang die Funktion als Jagdbevollmächtigte ausgeübt. Ihr Bruder sei als Miteigentümer an den Abschüssen nach dem jeweiligen Abschussplan nach seinem Anteil beteiligt worden.

Die Antragsgegner entgegneten, dass die Antragstellerin ihrer Funktion als Jagdbevollmächtigte nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei; in der Vergangenheit sei es vermehrt zu Differenzen gekommen. Mit der Bestellung der Antragstellerin zur Jagdbevollmächtigten seien sie nicht einverstanden. Der von der Jagdbehörde bestellte Jagdverwalter komme seinen Aufgaben verantwortungsvoll nach.

Das Erstgericht gab dem Hauptantrag statt. Zwar sei der Vergleich vom 15. 12. 1992 keine geeignete Rechtsgrundlage für das Begehren der Antragstellerin, die von den Antragsgegnern geschilderten Differenzen reichten jedoch nicht aus, um die Namhaftmachung der Antragstellerin als Jagdbevollmächtigte zu verhindern. Das Mehrheitseigentum der Antragstellerin sei das einzige objektiv nachvollziehbare Kriterium, weshalb dem Antrag stattzugeben gewesen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegner Folge und änderte die angefochtene Entscheidung dahin ab, dass es sowohl das Hauptbegehren als auch das Eventualbegehren abwies. Der von der Antragstellerin ins Treffen geführte Vergleich vom 15. 12. 1992 enthalte keine Regelung über die Bestellung eines Jagdbevollmächtigten. Die Bezugnahme des Erstgerichts auf das Mehrheitseigentum sei nicht stichhaltig. Die Namhaftmachung eines Jagdbevollmächtigten iSd § 2 Abs 3 Kärntner JagdG sei nämlich keine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung. Vielmehr werde durch eine solche Sondernutzung das Eigentumsrecht der übrigen Miteigentümer beschnitten. Aus diesem Grund finde das Begehren der Antragstellerin weder im Vergleich vom 15. 12. 1992 noch in einem durchsetzbaren Mehrheitsbeschluss Deckung. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, inwiefern die fehlende Zustimmung der Miteigentümer zur Namhaftmachung eines Jagdbevollmächtigten durch den Außerstreitrichter ersetzt werden könne, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin, der auf eine Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts abzielt.

Mit ihrer Revisionsrekursbeantwortung beantragen die Antragsgegner, dem Rechtsmittel der Antragstellerin den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Vorinstanzen auf eine gerichtliche Benützungsregelung nicht Bedacht genommen haben; er ist im Sinn eines Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1. Vorweg wird darauf hingewiesen, dass die Rechtssache zutreffend – mit rechtskräftigem Beschluss vom 17. 8. 2016 – in das Verfahren außer Streitsachen überwiesen worden ist (vgl dazu 5 Ob 249/12x).

2. § 2 Abs 3 Kärntner JagdG regelt unter anderem die Frage, wem bei einer gemeinschaftlichen Eigenjagd (die Grundstücke der Eigenjagd stehen im Miteigentum) das – mit dem Grundeigentum verbundene (§ 1 Kärntner JagdG) – Jagdausübungsrecht zusteht. Nach dieser Bestimmung kommt dieses Recht folgenden natürlichen Personen zu, die in folgender Reihenfolge zu bestimmen sind:

1. Abschluss eines Pachtvertrags mit Teilhabern oder Dritten (§ 18 Kärntner JagdG),

2. Namhaftmachung eines Jagdbevollmächtigten gegenüber der Jagdbehörde; der Jagdbevollmächtigte muss als Jagdpächter (§ 18 Kärntner JagdG) in Frage kommen und bedarf der Bestätigung durch die Jagdbehörde,

3. Bestellung eines Jagdverwalters durch die Jagdbehörde (§ 34 Kärntner JagdG), wenn (und solange) trotz Aufforderung der Jagdbehörde kein geeigneter Jagdbevollmächtigter namhaft gemacht wird.

Die hier maßgebenden jagdrechtlichen Vorschriften schaffen den rechtlichen Rahmen für die Ausübung des Jagdrechts in Bezug auf die gemeinschaftliche Eigenjagd. Wenn nach Maßgabe dieser Vorschriften eine Handlung oder sonstige Maßnahme der Miteigentümer (als dingliche Rechtsgemeinschaft) erforderlich ist, richtet sich diese nach den Vorschriften der §§ 828 ff ABGB (vgl 1 Ob 117/10b).

3. Der Hauptantrag bezieht sich auf die „Abgabe einer Willenserklärung gegenüber der Jagdbehörde“, wonach die Antragstellerin gemäß § 2 Abs 3 Kärntner JagdG als Jagdbevollmächtigte namhaft gemacht werde. Dazu führt die Antragstellerin auch im Revisionsrekurs aus, dass die Anrufung des Außerstreitrichters gemäß § 835 ABGB zulässig sei. Selbst wenn man davon ausgehe, dass es sich bei der Namhaftmachung eines Jagdbevollmächtigten durch eine Miteigentümergemeinschaft um eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung handle, sei die Mehrheitsentscheidung einer Genehmigung durch den Außerstreitrichter zugänglich; der Außerstreitrichter habe die fehlende Erklärung der Minderheitseigentümer zu ersetzen. Die gültig (also unter Beiziehung der Minderheit) beschlossene wichtige Veränderung sei zu genehmigen, wenn sie für die Gesamtheit der Miteigentümer vorteilhaft sei. Im Rahmen der Abwägung der Gesamtinteressen seien auch die Verhältnisse und Bedürfnisse der einzelnen Teilhaber zu berücksichtigen.

Der Hauptantrag ist somit – was sich aus dem Hinweis auf § 835 ABGB eindeutig ergibt – darauf gerichtet, die Zustimmung der Antragsgegner zu einer von der Mehrheit beschlossenen wichtigen Veränderung iSd §§ 834, 835 ABGB durch den Außerstreitrichter ersetzen zu lassen. Eine solche Entscheidung setzt voraus, dass eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung vorliegt. Dies ist hier allerdings nicht der Fall.

4. In der Entscheidung zu Zl 2011/03/0240, die ebenfalls die Streitteile betrifft, führte der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus:

„Da einem von den Miteigentümern namhaft gemachten Bevollmächtigten (sofern er von der Bezirksverwaltungsbehörde im Sinn des § 2 Abs 3 zweiter und dritter Satz Kärntner JagdG bestätigt wurde) das Jagdausübungsrecht zukommt, übt er das Jagdrecht – somit die in § 1 Abs 1 Kärntner JagdG genannten Befugnisse – in dem in Rede stehenden Eigenjagdgebiet aus. Insofern steht ihm die Ausübung der Miteigentumsrechte im Rahmen des Jagdrechts bzw die Benützung des Jagdgebiets in diesem Rahmen zu. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der Bestellung des Bevollmächtigten um eine Regelung der Benützung der gemeinsamen Sache der Parteien, die im Rahmen des § 833 ABGB nicht mehr der Ausübung der ordentlichen Verwaltung zugerechnet werden kann und bei der daher eine Majorisierung der Miteigentümer ausgeschlossen ist.“

Die Ausübung der Miteigentumsrechte steht nur den Miteigentümern zu. Da nach § 2 Abs 3 Kärntner JagdG nur eine einzelne Person zum Jagdbevollmächtigten bestellt werden kann, kommt einem Miteigentümer in dieser Funktion zwingend ein ausschließliches Sondernutzungsrecht zu. Aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs könnte daher abgeleitet werden, dass nach seiner Ansicht nur ein Miteigentümer zum Jagdbevollmächtigten bestellt werden könne und dafür stets eine Benützungsregelung iSd § 828 Abs 2 ABGB erforderlich sei.

Ob auch ein Dritter zum Jagdbevollmächtigten nach § 2 Abs 3 Kärntner JagdG bestellt werden kann (siehe dazu § 2 Abs 4 leg cit; vgl auch die die Bestellung eines Jagdverwalters betreffende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zu Ro 2014/03/0076, wonach auch dem Jagdverwalter die Ausübung der Miteigentumsrechte im Rahmen des Jagdrechts bzw die Benützung des Jagdgebiets in diesem Rahmen zustehe, sich aus dem Jagdgesetz aber kein Anhaltspunkt dafür ergäbe, dass als Jagdverwalter ein Miteigentümer zu bestellen sei), und ob in diesem Fall eine Bewirtschaftungsmaßnahme und daher eine Verwaltungsmaßnahme vorliegt, muss hier nicht näher geprüft werden, weil sich die beabsichtigte Bestellung zur Jagdbevollmächtigten auf die Antragstellerin bezieht und sie Miteigentümerin der Grundstücke der Eigenjagd ist.

5.1 Wird ein einzelner Miteigentümer zum Jagdbevollmächtigten bestellt, so bedeutet dies, dass ihm in Ansehung der gemeinschaftlichen Grundstücke eine ausschließliche Sondernutzung eingeräumt wird, die über den seinem Anteil entsprechenden Gebrauch hinausgeht und die Rechte der übrigen Miteigentümer beeinträchtigt (vgl RIS-Justiz RS0013612). Dabei handelt es sich nicht um eine Maßnahme der Verwaltung (§§ 833 ff ABGB), sondern um eine tatsächliche Verfügung iSd § 828 ABGB (H. Böhm in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 828 Rz 36). Für Verfügungen gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Dieses Prinzip bringt es mit sich, dass eine Willensbildung der Gemeinschaft stattfinden muss. Diese besteht grundsätzlich in der formlosen Zustimmung aller Teilhaber zur betreffenden Verfügung; dabei handelt es sich um eine Willenserklärung. Anders als im Rahmen der außerordentlichen Verwaltung kann die Zustimmung zu einer Verfügung nicht durch einen Beschluss des Außerstreitrichters substituiert werden (RIS-Justiz RS0117159; H. Böhm in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 828 Rz 3 und 7).

5.2 Für eine Verfügung iSd § 828 ABGB, die ein Sondernutzungsrecht eines Teilhabers begründet, ist eine Benützungsregelung iSd § 828 Abs 2 ABGB erforderlich (RIS-Justiz RS0013399; vgl auch RS0013617).

Eine solche Benützungsregelung kann zunächst in Form einer Benützungsvereinbarung bestehen. Eine solche Vereinbarung ist ein einstimmig (vor allem) zwischen Miteigentümern geschlossener Vertrag, in dem sie festlegen, wer die gemeinsame Sache wann und wie benützen darf und wer dafür allenfalls ein Entgelt zu zahlen hat. Können sich die Teilhaber auf eine Benützungsvereinbarung nicht einigen, so kann jeder einzelne von ihnen, also auch ein Minderheitseigentümer, die Erlassung einer gerichtlichen Benützungsregelung im Außerstreitverfahren beantragen; ein vorheriger Beschluss der Mehrheit ist nicht erforderlich (RIS-Justiz RS0104508; H. Böhm in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 828 Rz 35 und 38).

5.3 Als Ergebnis ist somit festzuhalten, dass die miteigentumsrechtliche Bestellung der Antragstellerin zur Jagdausübungsberechtigten (und damit auch ihre Namhaftmachung gegenüber der Jagdbehörde) eine wirksame Regelung über die ausschließliche Sondernutzung in Ansehung des Jagdausübungsrechts voraussetzt. Dafür ist eine Benützungsregelung iSd § 828 Abs 2 ABGB erforderlich.

6. Die Antragstellerin stützt sich in erster Linie auf den Vergleich vom 15. 12. 1992, den sie mit ihrem Bruder geschlossen hat. In diesem Vergleich wurde bestimmt, dass die Ausübung der Jagd gemeinsam erfolgt; zudem wurden anteilsmäßige Abschussquoten nach dem jeweiligen Abschussplan festgelegt.

Nach miteigentumsrechtlichen Grundsätzen können die Teilhaber in einer Benützungsvereinbarung hinsichtlich der gesamten Sache oder hinsichtlich räumlich abgegrenzter Teile entweder die alleinige Nutzung (Sondernutzung) eines oder mehrerer von ihnen oder auch den gemeinschaftlichen Gebrauch normieren (H. Böhm in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 828 Rz 36). Allerdings widerspricht eine gemeinschaftliche Ausübung des Jagdrechts der Anordnung des § 2 Abs 3 Kärntner JagdG, wonach das Jagdausübungsrecht (bei Bestellung eines Jagdbevollmächtigten) nur einer einzigen Person zustehen darf. Die im Vergleich vom 15. 12. 1992 getroffene Benützungsvereinbarung ist somit nach den jagdrechtlichen Vorschriften nicht zulässig und daher nicht beachtlich.

Daraus folgt, dass die Antragstellerin die beanspruchte Stellung als Jagdbevollmächtigte nicht aus dem erwähnten Vergleich ableiten kann. Eine mit den jagdrechtlichen Vorschriften im Einklang stehende Benützungsvereinbarung liegt nicht vor. Eine richterliche Ergänzung einer Benützungsvereinbarung kommt bei Verfügungen iSd § 828 ABGB ebenso wenig wie die Ersetzung einer Zustimmung zu einer anderweitigen Verfügung in Betracht.

Hinzu kommt, dass die Einzelrechtsnachfolger (hier die Antragsgegner als Rechtsnachfolger des Bruders der Antragstellerin) selbst an eine jagdrechtlich zulässige Benützungsvereinbarung nicht gebunden wären und ihrerseits eine gerichtliche Benützungsregelung beantragen könnten (vgl RIS-Justiz RS0013593; RS0096649).

7. Auch aus der faktischen Übung bis Ende 2010, derzufolge die Antragstellerin als Jagdbevollmächtigte gegenüber der Jagdbehörde namhaft gemacht wurde, ist für ihren Standpunkt nichts gewonnen. Eine aus tatsächlicher Übung und Duldung entstandene faktische Gebrauchsordnung ist jederzeit widerrufbar und gilt daher jedenfalls nur bis zum Widerspruch eines Teilhabers (H. Böhm in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 828 Rz 6 und 30).

Die Antragsgegner haben mehrfach erklärt, mit der Bestellung der Antragstellerin zur Jagdbevollmächtigten nicht einverstanden zu sein.

8.1 Es bleibt damit nur die Möglichkeit einer gerichtlichen Benützungsregelung (vgl dazu RIS-Justiz RS0107466).

Das von der Antragstellerin ins Treffen geführte Eventualbegehren ist auf die Feststellung gerichtet, dass – in Ergänzung des Pkt 4 des Vergleichs vom 15. 12. 1992 – für die Bestellung eines Jagdbevollmächtigten die Mehrheit der Anteile entscheidend sei. Abgesehen davon, dass dieses Begehren unschlüssig ist und auch eine richterliche Ergänzung einer jagdrechtlich unzulässigen Benützungsvereinbarung iSd § 828 ABGB nicht in Betracht kommt, bezieht sich das Eventualbegehren auch inhaltlich nicht auf eine gerichtliche Benützungsregelung, sondern auf den Vergleich vom 15. 12. 1992 als Benützungsvereinbarung.

8.2 Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Vorinstanzen das Begehren mit der Antragstellerin hätten erörtern bzw – wegen Vorliegens einer Regelungsstreitigkeit – ohne Bindung an das Begehren eine sachgerechte Benützungsregelung hätten treffen müssen (vgl dazu RIS-Justiz RS0013385).

Die Antragstellerin verwendet im Revisionsrekurs – so wie auch im bisherigen Verfahren – mehrfach den Begriff der „Benützungsregelung“, bringt eine solche aber in erster Linie mit dem Vergleich vom 15. 12. 1992 in Zusammenhang. Sie führt allerdings auch aus, dass selbst dann, wenn es sich bei der Namhaftmachung eines Jagdbevollmächtigten um eine Regelung der Benützung der Miteigentumsanteile (und nicht um eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung) handle, eine richterliche Benützungsregelung möglich sein müsse. Damit bemängelt sie erkennbar den Umstand, dass sich die Vorinstanzen mit dieser Form der Benützungsregelung nicht auseinandergesetzt haben.

Die Antragstellerin hat nun kein Begehren erhoben, das als gerichtliche Benützungsregelung umgesetzt werden könnte. Dies ist in einer Regelungsstreitigkeit, die einem Verfahrensantrag mit Offizialmaxime nahekommt (vgl 5 Ob 459/07d), auch nicht erforderlich, weil das Gericht nicht an das Begehren gebunden und die vom Antragsteller gewünschte Lösung nur als Anregung zu verstehen ist (5 Ob 459/07d mwN). Aus dem Vorbringen der Antragstellerin ergibt sich aber deutlich, dass sie das Ziel anstrebt, zur Jagdbevollmächtigten der Eigenjagd bestellt zu werden. Den Ausgleich mit den Antragsgegnern als Miteigentümer sieht sie offenbar in einer quotenmäßigen Beteiligung an den Abschüssen nach dem jeweiligen Abschussplan. Der Antragstellerin kann daher nicht vorgeworfen werden, auf ihrer unrichtigen Rechtsansicht, wonach ihr als Mehrheitseigentümerin die Bestellung des Jagdbevollmächtigten zustehe bzw wonach der Vergleich vom 15. 12. 1992 eine taugliche Benützungsvereinbarung sei, zu beharren (vgl 5 Ob 47/07s). Aus diesem Grund besteht zur Frage einer gerichtlichen Benützungsregelung ein Erörterungsbedarf, weshalb die Entscheidungen der Vorinstanzen in Stattgebung des Revisionsrekurses der Antragstellerin aufzuheben waren. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht die Rechtslage mit den Parteien zu erörtern und ihnen Gelegenheit zu geben haben, Vorschläge für eine allenfalls umsetzbare gerichtliche Benützungsregelung zu unterbreiten.

Soweit die Antragstellerin auf § 837 ABGB Bezug nimmt, ist sie darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung die Rechtsstellung des verwaltenden (Mehrheits-)Teilhabers oder eines Fremdverwalters als Machthaber der Gemeinschaft regelt. Der Verwalter ist allerdings nur zu Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung geschäftsführungs- und vertretungsbefugt (H. Böhm in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 837 Rz 3). Dem Jagdbevollmächtigten iSd § 2 Abs 3 Kärntner JagdG kommt eine jagdrechtliche Sonderstellung zu; er ist nicht mit dem Verwalter nach § 837 ABGB gleichzusetzen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 AußStrG iVm § 52 ZPO.

Textnummer

E121480

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00073.18S.0419.000

Im RIS seit

28.05.2018

Zuletzt aktualisiert am

10.10.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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