TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/15 W240 2194322-1

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Veröffentlicht am 15.05.2018
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Entscheidungsdatum

15.05.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §61
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W240 2194322-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde des XXXX , XXXX , StA. Gambia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.04.2018, Zl. 1176214103-171377746, zu Recht erkannt:

A)

A) Die Beschwerde wird gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Gambias, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 11.12.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Zur Person des Beschwerdeführers liegt eine EURODAC-Treffermeldung der Kategorie "1" zu Italien vom 19.04.2016 vor.

In seiner polizeilichen Erstbefragung am 12.12.2017 brachte der Beschwerdeführer vor, er sei über Libyen am 17.04.2016 nach Italien gelangt, wo er bis zum 08.12.2017 geblieben sei. Er sei am 08.12.2017 mit dem Zug von Mailand nach Deutschland gelangt. An der Grenze von Österreich zu Deutschland sei er von den deutschen Behörden zurückgeschickt worden, er habe Österreich nicht verlassen, sondern habe in Österreich einen Asylantrag gestellt. Er habe in Italien einen negativen Asylbescheid erhalten und habe das Land verlassen müssen. Er habe dort leider nicht die erwartete Hilfe und Unterstützung erhalten.

Am 15.12.2017 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Italien.

Mit Schreiben vom 29.12.2017 gab die italienische Dublin-Behörde dem BFA bekannt, dass dem Beschwerdeführer unter einem angeführten Aliasnamen in Italien bis 22.01.2022 subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei.

Am 20.02.2018 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA. Der Beschwerdeführer gab an, manchmal vergesslich zu sein, er sei jedoch imstande, die Einvernahme durchzuführen. Er sei nicht in ärztlicher Betreuung und nehme keine Medikamente derzeit. Er habe immer die Wahrheit gesagt. Es würden sich in Österreich keine Personen aufhalten, zu welchen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bestehe bzw. eine besonders enge Beziehung bestehe. Er habe in Italien um Asyl angesucht, er sei in Italien acht Monate von 17.04.2016 bis 08.12.2017 aufhältig gewesen. Er habe in einem kleinen Camp in Italien gelebt, er habe eine negative Entscheidung erhalten drei Tage nach der Einvernahme am 29.07.2017. Er habe Italien verlassen müssen, weil er nicht bei einem Freund in Turin hätte bleiben können, er sei gezwungen gewesen, das Land zu verlassen. Er habe nicht versucht, sich hilfesuchend an eine Hilfsorganisation zu wenden. Bekannte von ihm hätten erzählt, dass diese keine Unterstützung erhalten hätten, daher hätte er es nicht einmal versucht. Er habe zunächst eine Unterkunft erhalten mit Krankenversicherung, jedoch sei er nach der negativen Entscheidung auf der Straße gewesen. Er habe keine Schule besuchen können und habe sich nicht wie die anderen mit kriminellen Dingen beschäftigen wollen. Er habe ein ordentliches Leben führen wollen. Er habe ein Schuljahr in Italien absolviert, er wolle nicht nach Italien, wolle ein normales Leben führen und seine Ausbildung fortsetzen, dies sei in Italien nicht möglich gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der Beschwerdeführer nach Italien zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Italien wurden in dem angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert und ungekürzt):

Anerkannte Flüchtlinge / subsidiär Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten Aufenthaltsberechtigungen für jeweils 5 Jahre. Bei humanitärem Aufenthalt gelten diese 2 Jahre. Um diese zu erhalten brauchen die Schutzberechtigten eine Meldeadresse, was manchmal ein Problem sein kann, vor allem bei der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung, welche postalisch beantragt werden muss. Laut Gesetz haben in SPRAR-Strukturen untergebrachte Schutzberechtigte ein Recht darauf für 6 weitere Monate untergebracht zu bleiben; in besonderen Fällen auch für 12 oder mehr Monate. Asylwerber und anerkannte Flüchtlinge, die im SPRAR-System untergebracht sind, werden in der Regel in ihrem Integrationsprozess durch individualisierte Projekte mit Berufsausbildung und Praktika unterstützt. Das Angebot ist aber von Projekt zu Projekt unterschiedlich. Die Kapazität des SPRAR-Systems ist aber begrenzt. Bei Unterbringung in anderen Strukturen, ist die Praxis nicht einheitlich. In vielen temporären Aufnahmezentren (CAS), ist ein Verbleib Schutzberechtigter entweder nicht vorgesehen, oder auf wenige Tage beschränkt. Unbegleitete Minderjährige, welche die Volljährigkeit erreichen, dürfen für 6 weitere Monate in der Unterbringung bleiben. Rechtlich haben anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte Zugang zu Sozialwohnungen wie italienische Staatsbürger. Die Aufenthaltsberechtigung in Italien berechtigt die Inhaber eines Schutzstatus auch zu Zugang zum Arbeitsmarkt im selben Ausmaß wie italienische Staatsbürger. Mittel für die Berufsausbildung oder andere Integrationsprogramme für Asylwerber und Schutzberechtigte können durch nationale öffentliche Mittel (8xmille) oder den EU-Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) bereitgestellt werden. Die im Rahmen des AMIF finanzierten Projekte sind jedoch in Bezug auf die Tätigkeit und die Anzahl der Begünstigten sehr begrenzt. Auch Gemeinden können berufliche Schulungen, Praktika und spezifische Beschäftigungsstipendien finanzieren ("borse lavoro"), die für Italiener sowie Ausländer (auch Asylbewerber und Schutzberechtigte) zugänglich sind. Wie Asylwerber, müssen sich Personen mit einem Schutzstatus in Italien beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Die Registrierung gilt für die Dauer der Aufenthaltserlaubnis und erlischt auch nicht während einer etwaigen Verlängerungsphase. Probleme beim Zugang zu medizinischer Versorgung für Schutzberechtigte können durch das Fehlen einer Meldeadresse entstehen. In einigen Regionen Italiens sind Schutzberechtigte nicht mehr von der Praxisgebühr ("Ticket") ausgenommen. In manchen Regionen gilt die Befreiung weiter, bis die Schutzberechtigten einen Arbeitsplatz finden (AIDA 2.2017).

Die formellen Bemühungen, Flüchtlinge in die italienische Gesellschaft zu integrieren, sind begrenzt. Darüber hinaus schränkt die hohe Arbeitslosigkeit die Möglichkeit einer legalen Beschäftigung für viele Flüchtlinge ein. Nicht-Italiener werden auf dem Arbeitsmarkt weiterhin diskriminiert und die entsprechenden rechtlichen Schutzbestimmungen werden nicht effizient genug umgesetzt. (USDOS 3.3.2017). Die sozioökonomische Integration von Schutzberechtigten ist de facto an die Regionen delegiert. Die Regionen haben dabei weitreichende Kompetenzen zur Regelung sozialer Belange. Insgesamt ist das Niveau der Integration von Flüchtlingen zwischen einzelnen Regionen und Gemeinden sehr unterschiedlich und unklare Kompetenzverteilungen verkomplizieren die Abläufe. Aufgrund der Wirtschaftskrise gab es budgetäre Kürzungen mit unmittelbaren negativen Auswirkungen auf die Unterstützung Schutzberechtigter. Die Integrationsaussichten Schutzberechtigter in Italien sind damit begrenzt. Die Ausübung bestimmter Rechte bedingt angeblich das Vorhandensein von Dokumenten, welche viele Schutzberechtigte nicht haben und aus ihren Herkunftsstaaten auch nicht erhalten können (UNHCR 3.2015). Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/reportdownload/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 11.5.2017

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UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (3.2015): Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees For the Office of the High Commissioner for Human Rights' Compilation Report - Universal Periodic Review: Italy,

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1430987595_5541e115d.pdf, Zugriff 11.5.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Italy,

https://www.ecoi.net/local_link/337159/466919_en.html, Zugriff 11.5.2017

Der Beschwerdeführer sei in Italien subsidiär Schutzberechtigter und es bestehe kein Grund zur Annahme, dass dieser in Italien systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei oder solche zu erwarten hätte. Er leide an keinen schweren psychischen Störungen und/oder schweren oder ansteckenden Krankheiten und verfüge in Österreich über keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte. Im Verfahren hätten keine Personen festgestellt werden können, mit welchen der Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt lebe oder zu denen ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis bestehe, daher stelle die im gegenständlichen Verfahren getroffene Entscheidung insgesamt keinen Eingriff in das in Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens dar. Abgesehen davon, dass aus dem vorliegenden Sachverhalt eine konkrete und reale Gefährdung der Person des Beschwerdeführers nicht ersichtlich sei, sei den Angaben des Beschwerdeführers keinesfalls mangelnder Schutzwille oder mangelnde Schutzfähigkeit des Staates Italien zu entnehmen. Aufgrund des Ergebnisses des Fingerabdruckabgleiches, welches beim Beschwerdeführer einen Eurodac-Treffer in Italien ergeben habe, stehe die erkennungsdienstliche Behandlung und Asylantragstellung in Italien fest. Am 29.12.2017 hätten die italienischen Asylbehörden mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer in Italien einen subsidiären Schutzstatus erhalten habe und dass sein Asylverfahren in Italien beendet sei. Hinweise darauf, dass sowohl das Ergebnis des Fingerabdruckvergleiches, als auch die Mitteilung der italienischen Asylbehörden auf einer tatsachenwidrigen Grundlage basieren würden, hätten sich im Verfahren nicht ergeben. Italien sei als sicherer Staat im Sinne des Asylgesetzes anzusehen. Soweit der Beschwerdeführer die Versorgungslage in Italien bemängle, sei darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet sei, eine konkret, gegen den Beschwerdeführer persönlich drohende Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte im Falle seiner Überstellung nach Italien aufzuzeigen.

In der gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde vorgebracht, dass über den Asylantrag vom 17.04.2016, den der Beschwerdeführer in Italien gestellt habe, negativ entschieden worden sei. Der Beschwerdeführer habe im Dezember 2017 Italien verlassen. Ihm sei nicht möglich gewesen, sein Asylverfahren abzuwarten, in Italien sei der Beschwerdeführer obdachlos gewesen, daher habe er Italien verlassen müssen. Mit Schreiben der italienischen Behörden vom Dezember 2017 habe Italien die Übernahme des Beschwerdeführers nach Dublin III-VO abgelehnt und habe gleichzeitig mitgeteilt, dass dem Beschwerdeführer in Italien der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei. Es wurde auf die schwierige Situation der Flüchtlinge in Italien verwiesen. Die belangte Behörde, die sich mit der geschilderten Gefahr nicht ausreichend auseinandergesetzt habe, beabsichtigte eine Abschiebung zuzulassen, obwohl der Beschwerdeführer ernstlich Gefahr laufe, dadurch einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden. Es sei nicht nachvollziehbar begründet worden, weshalb die Überstellung nach Italien im Hinblick auf Art. 3 EMRK zumutbar sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Gambias, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 11.12.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Zur Person des Beschwerdeführers liegt eine EURODAC-Treffermeldung der Kategorie "1" zu Italien vom 19.04.2016 vor.

Am 15.12.2017 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Italien.

Mit Schreiben vom 29.12.2017 gab die italienische Dublin-Behörde dem BFA bekannt, dass dem Beschwerdeführer unter einem angeführten Aliasnamen in Italien bis 22.01.2022 subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Italien an.

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im Zielstaat sprechen, liegen nicht vor.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

Im österreichischen Bundesgebiet bestehen keine besonderen privaten, familiären oder beruflichen Bindungen. Der Beschwerdeführer lebt weder in einer Familiengemeinschaft noch in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft.

Eine besondere Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich besteht nicht.

2. Beweiswürdigung:

Die Asylantragstellung in Italien ergibt sich aus der diesbezüglichen EURODAC-Treffermeldung im Zusammenhalt mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und dem mit Italien geführten aktenmäßig dokumentierten Konsultationsverfahren.

Die Feststellung des Bestehens subsidiären Schutzes des Beschwerdeführers in Italien bis zum 22.01.2022 stützt sich auf das diesbezügliche Schreiben der italienischen Dublin-Behörde.

Die Gesamtsituation des Asylwesens bzw. subsidiär Schutzberechtigter in Italien resultiert aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das italienische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, wurden seitens des Beschwerdeführers nicht dargetan.

Die Feststellung des Nichtvorliegens schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen sowie fehlender besonderer privater, familiärer oder beruflicher Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf seinen eigenen Angaben bzw. der vorliegenden Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 4a Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat. § 4 Abs. 5 gilt sinngemäß.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 21 Abs. 5 BFA-VG idgF lautet:

§ 21 (5) Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde

beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Wie der Verwaltungsgerichtshof festgehalten hat, ist nach dem klaren Wortlaut des § 4a AsylG 2005 für die Beurteilung der Frage, ob ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß dieser Bestimmung zurückzuweisen ist, darauf abzustellen, ob dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat (Ra 2016/18/0049, 03.05.2016).

Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen, wonach dem Beschwerdeführer in Italien aufgrund einer dort erfolgten Asylantragsstellung bereits subsidiärer Schutz bis 22.01.2022 zuerkannt wurde und dieser somit in Italien Schutz vor Verfolgung gefunden hat, geht das BFA zutreffend davon aus, dass sich sein nunmehr in Österreich gestellter Antrag auf internationalen Schutz im Lichte des § 4a AsylG 2005 wegen Unzuständigkeit Österreichs als unzulässig erweist.

Die Wahrnehmung dieser Unzuständigkeit Österreichs wäre lediglich dann unzulässig, wenn der Beschwerdeführer dadurch in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt würde.

Dies trifft jedoch, wie im Folgenden dargelegt wird, im vorliegenden

Beschwerdefall nicht zu:

Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:

Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat kann jedoch ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr, im Zielstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden, rechnen muss. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 EMRK die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben.

Es entspricht ebenfalls ständiger Judikatur des EGMR, dass die verbotene Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Die Festsetzung dieses Mindestmaßes ist naturgemäß relativ. Es hängt von allen Umständen des Einzelfalles ab, wie etwa der Dauer der verbotenen Behandlung, ihren physischen oder psychischen Auswirkungen und in manchen Fällen vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Das Leid, das sich aus einer natürlich auftretenden Krankheit ergibt, kann von Art. 3 EMRK erfasst sein, wenn es durch eine Behandlung - seien es Haftbedingungen, eine Ausweisung oder sonstige Maßnahmen - verschlimmert wird, wofür die Behörden verantwortlich gemacht werden können (EGMR 27.05.2008 (GK), 26565/05, N./Vereinigtes Königreich Rz 29; 28.02.2008 (GK), 37201/06, Saadi/Italien Rz 134).

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt zwar nicht, dass der italienische Staat Probleme bei der lückenlosen Versorgung von Asylwerbern hat. Jedoch ist zum heutigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass Überstellungen nach Italien allgemein die EMRK oder GRC verletzen (siehe dazu die Entscheidungen des EGMR vom 02.04.2013, Rs 27725/10 Mohammed Hussein/Niederlande und Italien; vom 18.06.2013, Rs 73874/11 Abubeker/Österreich und Italien; vom 18.06.2013, Rs 53852/11 Halimi/Österreich und Italien; vom 04.11.2014, Rs 29217/12 Tarakhel/Schweiz).

Der EGMR kam mehrfach zu der Beurteilung, dass in Italien eine Situation systemischer Mängel wie in Griechenland nicht vorliegt (z. B. EGMR 02.04.2013, 27725/10, Mohammed Hussein u. a.). Es sprach der EGMR in seinem Urteil vom 04.11.2014, Große Kammer, 29217/12, Tarakhel, Rn. 114, ausdrücklich aus, dass die Lage in Italien in keiner Weise mit der in Griechenland zum Zeitpunkt des Urteils M.S.S. verglichen werden kann, als es weniger als 1.000 Unterbringungsplätze für zehntausende Asylwerber gab und in großem Umfang Bedingungen äußerster Armut bestanden. Zuletzt hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 05.02.2015, A.M.E./Niederlande, wiederholt, dass die gegenwärtige Situation in Italien nicht mit der Situation in Griechenland zur Zeit der Entscheidung M.M.S./Belgien vergleichbar ist und dass die generelle Aufnahmesituation nicht ein Hindernis für die Überstellung von allen Asylwerbern bilde.

Wie im angefochtenen Bescheid dargelegt wurde, gewährleistet Italien grundsätzlich ausreichend Schutz für Flüchtlinge und ist somit nicht zu erkennen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Überstellung nach Italien Gefahr liefe, in seinen von

Art. 3 EMRK geschützten Rechten verletzt zu werden. So haben Personen mit Schutzstatus dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf die medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Schutzberechtigte haben weiters Zugang zu Unterbringung in den SPRAR-Projekten der Gemeinden. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Beschwerdeführer in Italien keinerlei Existenzgrundlage vorfinden würde. So ist zu bedenken, dass Personen mit einem Aufenthaltsrecht nach einer Übergangsphase der Unterstützung gehalten sind, ihre Existenz - so wie auch alle Staatsbürger eines Landes - selbst zu erwirtschaften, wobei nach den Länderfeststellungen auch der Zugang zu Jobtrainings und Praktika - wie für italienische Staatsbürger - gegeben ist. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer jung, gesund und arbeitsfähig ist, bestehen keine Bedenken, dass es ihm möglich sein würde, sich eine - wenn auch bescheidene - Existenzgrundlage in Italien zu schaffen. Die allgemein gehaltenen Befürchtungen im Hinblick auf eine Unterkunftssituation in Italien sind schon insofern unbeachtlich, als auch die eigenen Staatsangehörigen eines Landes mit mitunter minder günstigen entsprechenden Bedingungen konfrontiert sind. Hinsichtlich der Behauptung, dass er eine "negative Entscheidung" in Italien erhalten hat, ist die Feststellung entgegen zu halten, dass die italienische Dublinbehörde dem BFA ausdrücklich mit Schreiben vom 29.12.2017 bekanntgegeben hatte, dass dem Beschwerdeführer unter einem angeführten Aliasnamen in Italien bis 22.01.2022 subsidiärer Schutz zuerkannt wurde. Auch der allgemeine Verweis, dass Bekannte von ihm erzählt hätten, sie hätten keine Unterstützung erhalten, daher habe es der Beschwerdeführer nicht einmal versucht, geben lediglich eine Befürchtung und kein selbst erlebtes Geschehen dar. Das Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer zunächst eine Unterkunft erhalten habe mit Krankenversicherung, jedoch sei er nach der "negativen Entscheidung" auf der Straße gewesen, ist ins Leere gerichtet, da der Beschwerdeführer nicht mehr Asylwerber ist, sondern bereits subsidiären Schutz genießt und als solcher grundsätzlich selbst für seine Unterbringung zu sorgen hat.

Wie festgestellt, ist der Beschwerdeführer gesund. Es wurden keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen vorgetragen. Im Übrigen ist nach den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides im zuständigen Mitgliedstaat der Zugang zur Gesundheitsversorgung gesichert, sodass davon ausgegangen werden kann, dass für den Fall, dass der Beschwerdeführer im Zielstaat eine Behandlung benötigen sollte, eine solche gewährleistet ist (siehe hiezu bereits oben).

Die Sicherheitsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 ist bezüglich Italien als unverändert aufrecht anzusehen. So hat der VwGH jüngst in seinem Erkenntnis vom 20.06.2017, Ra 2016/01/0153-16, RZ 33,35, ausgesprochen, dass die Sicherheitsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 dann als erschüttert zu erachten wäre, wenn sich die Lage im Mitgliedstaat durch den in jüngster Zeit erfolgten massiven Zustrom von Asylwerbern ändern würde und infolgedessen für den betroffenen Fremden ein "real risk" einer dem Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC widersprechenden Behandlung in diesem Mitgliedstaat bestünde, wofür es jedoch über den - als notorisch anzusehenden - erhöhten Zustrom von Asylwerbern hinaus konkreter Hinweise bedarf. Solches wurde weder vorgebracht noch liegen dem Bundesverwaltungsgericht entsprechende Hinweise vor.

Im Sinne des Gesagten liegt kein ausreichend konkretisierter Anhaltspunkt vor, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Überstellung nach Italien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen würde.

Auch im Übrigen konnte der Beschwerdeführer keine auf sich selbst bezogenen besonderen Gründe, welche für eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprechen würden, glaubhaft machen, weshalb die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 zur Anwendung kommt, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet.

Mögliche Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK:

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet jedoch über keinerlei familiäre oder sonstige verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte. Es liegt somit kein iSd Art. 8 EMRK schützenswertes Familienleben in Österreich vor, das durch eine Überstellung nach Italien beeinträchtigt werden könnte.

Es liegen auch keine Hinweise auf eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer, vor (vgl. VfGH 26.02.2010 Zl.1802, 1803/06-11).

Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegen können (09.05.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (05.07.2005, 2004/21/1024).

Der durch die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in sein Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu seinem Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt. Sein nunmehriger - nur wenige Monate umfassender - Aufenthalt im Bundesgebiet war zudem nur ein vorläufig berechtigter Aufenthalt. Da das Verfahren nicht zugelassen war, bestand lediglich faktischer Abschiebeschutz. Der Beschwerdeführer musste sich des Status seiner lediglich vorläufigen Aufenthaltsberechtigung bewusst sein.

Folglich würde die Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien keinen unzulässigen Eingriff in die durch Art. 8 EMRK verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte darstellen.

Die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet haben nur sehr geringes Gewicht und treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund.

Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012; 18.10.2012, 2010/22/0130).

Gemäß Art. 3 Abs. 1 letzter Satz Dublin III-VO wird jeder Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Hat ein Drittstaatsangehöriger bereits in einem Mitgliedstaat internationalen Schutz, somit entweder Asyl oder subsidiären Schutz, erhalten hat, kann ein neuerlicher Asylantrag dieser Person in einem anderen Mitgliedstaat gemäß Art. 33 Abs. 2 lit. a Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU als unzulässig zurückgewiesen werden. Daher stellt die rechtswidrige Weiterreise des Beschwerdeführers innerhalb der Union zwecks Einbringung eines weiteren Asylantrages gerade jenes Verhalten dar, das durch die Rechtsvorschriften des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems verhindert werden soll, um eine zügige Bearbeitung der zahlreichen jährlich gestellten Asylanträge in den Mitgliedstaaten der Union zu ermöglichen.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall bei Wahrnehmung der Unzuständigkeit Österreichs keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Somit hat das BFA im Hinblick darauf, dass dem Beschwerdeführer in Italien bereits subsidiärer Schutz bis 22.01.2022 zuerkannt worden ist und er - vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen zur aktuellen Lage für Schutzberechtigte in diesem Staat und unter Berücksichtigung der individuellen konkreten Situation des Beschwerdeführers - sohin in Italien Schutz vor Verfolgung gefunden hat, den nunmehr in Österreich gestellten weiteren Antrag auf internationalen Schutz zu Recht gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass sich der Beschwerdeführer nach Italien zurück zu begeben hat.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 61 Abs. 1 FPG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 4a zurückgewiesen wird. Die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 61 Abs. 2 FPG ist gegeben, da oben festgestellt wurde, dass dadurch keine Verletzung von Art. 3 EMRK bewirkt wird, und auch sonst keinerlei Hinweise auf eine Bedrohungssituation im Sinne des § 50 FPG vorliegen.

Nach § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, sondern ausschließlich tatsachenlastig ist. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben. Zur Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist die zur asylrechtlichen Ausweisung ergangene zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs übertragbar.

Schlagworte

Außerlandesbringung, medizinische Versorgung, Mitgliedstaat,
subsidiärer Schutz, Versorgungslage, Zulassungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W240.2194322.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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