TE Lvwg Erkenntnis 2018/3/7 LVwG-AV-1255/001-2017

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Veröffentlicht am 07.03.2018
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Entscheidungsdatum

07.03.2018

Norm

BAO §184 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde des Herrn JC, ***, ***, vertreten durch Dr. Klaus Schimik, Rechtsanwalt in ***, vom 23. Juni 2017 gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 17. Mai 2017, Zahl STD-FBR-20163109, mit welchem eine Berufung gegen einen Abgabenbescheid des Stadtamts der Stadtgemeinde *** vom 2. März 2016, Geschäftszahl 11414/2, betreffend die Festsetzung einer Wasserbezugsgebühr für den Ablesezeitraum 1. Juli 2013 bis 30. Juni 2014 für die Liegenschaft ***, ***, als unbegründet abgewiesen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert: Die Wasserbezugsgebühr für den Ablesezeitraum 1. Juli 2013 bis 30. Juni 2014 für die Liegenschaft ***, ***, wird im Betrag von € 150,- festgesetzt. Die Gebühr ergibt sich aus dem Produkt einer verbrauchten Wassermenge von 100 m³ und der Grundgebühr von € 1,50.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 10 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978

§ 279 Bundesabgabenordnung - BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Verwaltungsbehördliches Verfahren:

Mit Abgabenbescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 2. März 2016, EDV-Nummer 11414/2, wurde Herrn JC (in der Folge: Beschwerdeführer) für seine Liegenschaft *** in *** für den Abrechnungszeitraum 1. Juli 2013 bis 30. Juni 2014 eine Wasserbezugsgebühr in der Höhe von € 1.906,50 (zuzüglich Umsatzsteuer) festgesetzt. Der Gebührenberechnung zugrunde gelegt wurden eine verbrauchte Wassermenge von 1271 m³ und die Grundgebühr von € 1,50.

Nach jeweils erfolgloser Aufforderung zur Selbstablesung und jeweils zwei erfolglosen Ableseversuchen durch Mitarbeiter der Wasserversorgung sei der Wasserverbrauch der gegenständlichen Liegenschaft für die Ablesezeiträume 2010/11, 2011/12 und 2012/13 jeweils mit 0 m³ pro Jahr geschätzt worden. Am 28. Oktober 2013 sei ein Wasserzählertausch erfolgt, wobei ein Ausbaustand von 1271 m³ mittels Unterschrift zur Kenntnis genommen worden sei.

Mit Schriftsatz vom 23. März 2016 erhob Herr JC durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter gegen diesen Abgabenbescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 2. März 2016 Berufung an den Stadtrat der Stadtgemeinde ***.

Zur Begründung wurde Folgendes vorgebracht:

„Der mir für die Abrechnungsperiode 01.07.2013 bis 30.06.2014 vorgeschriebene Wasserverbrauch von 1.271 m³ ist nicht nachvollziehbar und kann auch tatsächlich. nicht zu Stande gekommen sein. Der Wasserzähler mit der Zählernummer *** wurde am 28.10.2013 gegen einen neuen Wasserzähler mit der Zählernummer *** getauscht. Die Richtigkeit der Anzeige muss stark bezweifelt werden. Dieser Wasserzähler wurde erst am 27.05.2008 mit einem damaligen Zählerstand 1 m³ eingebaut. Tatsächlich wurde die Liegenschaft seit dem Jahr 2008 von mir weder bewohnt noch benützt, sodass ein Wasserverbrauch überhaupt nicht angefallen sein kann. Die Wasserleitung war darüber hinaus auch nicht leck, zumal der am 29.10.2013 eingebaute neue Wasserzähler mit der Nummer *** mit dem Anfangsstand 1 m³ auch bei der nächsten Ablesung am 20.05.2014 keine Veränderung aufwies. All dies deutet daraufhin, dass der Wasserzähler *** tatsächlich einen fehlerhaften Wert angegeben hat oder es sich bei dem mir vorgeschriebenen Wert von 1.271 m³ um eine fehlerhafte Ablesung gehandelt hat.

Der Wasserzähler befindet sich im sogenannten Brunnenschacht, wenige Meter nach dem Absperrventil, welches auf der *** liegt. Vor und nach dem Wasserzähler befinden sich Absperrhähne, welche seit Jahren abgesperrt waren und waren auch die Wasserleitungen in das Haus hin entleert. Zur Überprüfung der Anlage habe ich einen konzessionierten Installateur beigezogen, der eine Druckprobe durchgeführt hat. Auch dabei konnte keine Undichtheit festgestellt werden. Auch technisch ist es unmöglich, dass ich einen Verbrauch von 1271 m³, das sind 1.271.000 Liter in nur 111 Tagen verbraucht haben soll, das entspräche einem Verbrauch von 11,45 m³ pro Tag oder 477 Litern pro Stunde! Es kam weder auf dem Grundstück, noch im Haus, zu einem Wasserschaden und muss es sich dabei um einen technischen Defekt des Zählers oder um einen Ablesefehler, entweder bei Einbau des Zählers oder bei dessen Ausbau gehandelt haben.“

Die Berufung enthielt zwei Lichtbilder über die örtliche Situation des Zählerschachtes sowie die Kopie einer Bestätigung des Installateurs über eine am 24. Oktober 2014 durchgeführte Druckprobe. Aus all diesen Gründen werde der Antrag gestellt, „die Berufungsbehörde möge in Stattgebung dieser Berufung die in Berufung gezogenen Wasserbezugsgebühren auf null herabsetzen.“

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17. Mai 2017, STD-FBR-20163109, wurde diese Berufung vom Stadtrat der Stadtgemeinde *** als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass beim Zählertausch am 28. Oktober 2013 durch einen Mitarbeiter der Wasserversorgung ein Zählerstand von 1272 m³ festgestellt worden sei. Zum Ende des vorangegangen Ablesezeitraumes habe der Zählerstand geschätzt 1 m³ betragen. Aufgrund des Antrages des Berufungswerbers sei der Wasserzähler vom Bundesamt für Eich-, und Vermessungswesen überprüft und als technisch einwandfrei beurteilt worden. Gemäß der Wasserleitungsordnung der Stadtgemeinde *** gelte die angezeigte Wassermenge als verbraucht, auch wenn sie ungenützt (z.B. bei Undichtheit oder einem Rohrbruch) bezogen worden sei. Die Wassermenge in Höhe von 1.271 m³ gelte somit als verbraucht, auch wenn sie ungenützt bezogen worden sei.

Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom 23. Juni 2017.

Ein Wasserverbrauch von 1271 m³ im Zeitraum 9.7.2013 bis 28.10.2013, innerhalb von bloß 111 Tagen, sei nicht nachvollziehbar und technisch unmöglich. Es handle sich um ein unbewohntes Haus mit Garten, welches seit mehreren Jahren nicht mehr bewohnt werden konnte. Es sei auch kein Wasser verbraucht worden, auch nicht für den Garten. Der Wasserzähler befinde sich im Brunnenschacht wenige Meter nach dem Absperrventil in der Straße. Vor und nach dem Wasserzähler seien Absperrhähne, die seit Jahren abgesperrt gewesen seien. Auch die Wasserleitungen in das Haus seien entleert gewesen. Eine von einem konzessionierten Installateur durchgeführte Druckprobe habe keine Undichtheit der Anlage ergeben. Ein Verbrauch von 1271 m³ im Zeitraum 9.7.2013 bis 28.10.2013 sei technisch unmöglich, das entspräche einem Verbrauch von 11,45 m³ pro Tag oder 477 Litern pro Stunde. Weder auf dem Grundstück noch im Haus sei es zu einem Wasserschaden gekommen. Es müsse sich um einen technischen Defekt des Zählers oder einen Ablesefehler bei Ein- oder Ausbau des Zählers handeln. Ein Leitungsschaden nach dem Wasserzähler könne ausgeschlossen werden.

Die Abänderung des angefochtenen Bescheides wurde dahingehend beantragt, dass die Wasserbezugsgebühr auf null herabzusetzen sei. Zudem wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt der Stadtgemeinde *** wurden dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 12. Oktober 2017 zur Entscheidung vorgelegt.

Am 5. März 2018 wurde beim Landesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers, seines Rechtsvertreters sowie einer Vertreterin der belangten Behörde durchgeführt.

2. Feststellungen:

Aufgrund des von der belangten Behörde vorgelegten, unbedenklichen und ins Beweisverfahren einbezogenen Verwaltungsaktes, aufgrund der schriftlichen Ausführungen des Beschwerdeführers sowie aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung konnte Folgendes festgestellt werden:

Am 26. Mai 2008 wurde auf der gegenständlichen Liegenschaft seitens des Wasserversorgungsunternehmens der Stadtgemeinde *** der Wasserzähler mit der Zählernummer *** eingebaut. Der Zählerstand von 1 m³ wurde vom Beschwerdeführer mit seiner Unterschrift bestätigt.

Am 13. Mai 2009 wurde der Stadtgemeinde *** vom Beschwerdeführer der selbst abgelesene Zählerstand von 1 m³ per Fax bekannt gegeben.

Am 15. Juni 2010 wurde der Stadtgemeinde *** vom Beschwerdeführer der selbst abgelesene Zählerstand von 1 m³ per Mail bekannt gegeben.

2011, 2012 und 2013 wurde kein Zählerstand bekannt gegeben, auch eine Ablesung durch Mitarbeiter der Wasserversorgung ist nicht erfolgt.

Am 28. Oktober 2013 wurde der Wasserzähler mit der Zählernummer *** seitens des Wasserversorgungsunternehmens der Stadtgemeinde *** wieder ausgebaut. Der abgelesene Zählerstand von 1272 m³ wurde vom Beschwerdeführer mit seiner Unterschrift bestätigt.

Aufgrund eines entsprechenden Antrages des Beschwerdeführers wurde der Wasserzähler mit der Zählernummer *** nach dem Ausbau vom Bundesamt für Eich-, und Vermessungswesen überprüft. Im Gutachten des BEV vom 30. Juni 2014 wurde ausgeführt, dass der Wasserzähler bei der Überprüfung geeicht und ordnungsgemäß plombiert gewesen sei. Es seien keine relevanten äußerlichen Mängel festgestellt worden, Messabweichungen des Zählers seien innerhalb der zulässigen Fehlergrenzen. Nach Zerlegung des Zählers seien ebenfalls keine relevanten technischen Mängel an den einzelnen Bauteilen festgestellt worden und konnten keine Manipulationen festgestellt werden. Es könne daher eine ordnungsgemäße Funktion des Zählers bis zum Zeitpunkt des Zerlegens angenommen werden.

Ausgehend von diesem Gutachten wird festgestellt, dass der Wasserzähler mit der Zählernummer *** jedenfalls bis zum Ausbau einwandfrei funktioniert hat.

Es konnte daher festgestellt werden, dass zwischen der letzten Selbstablesung am 15. Juni 2010 und dem Zählerausbau am 28. Oktober 2013 ein Wasserverbrauch von 1271 m³ (Differenz der festgestellten Zählerstände) erfolgt ist.

Ob und in welchem Umfang dieser Verbrauch innerhalb des verfahrensgegenständlichen Ablesezeitraums erfolgte, konnte nicht mehr festgestellt werden. Im Wege der Schätzung geht das Landesverwaltungsgericht für den Zeitraum Juli 2013 bis Oktober 2013 von einem Verbrauch von 100 m³ aus.

Nach dem Zählertausch bis zum Ende des Ablesezeitraums wurde kein Verbrauch gemessen.

3. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

3.1. Bundesabgabenordnung - BAO:

§ 1. ( 1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 184. (1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.

3.2. NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978, LGBI 6930:

§ 10 Wasserbezugsgebühr

(1) Für den Wasserbezug aus der Gemeindewasserleitung ist eine Wasserbezugsgebühr zu entrichten.

(2) Die Wasserbezugsgebühr ist derart zu berechnen, daß die vom Wasserzähler innerhalb eines Ablesungszeitraumes als verbraucht angezeigte Wassermenge in Kubikmeter mit der für einen Kubikmeter festgesetzten Grundgebühr vervielfacht wird.

(3) Als verbrauchte Wassermenge hat die Differenz zwischen der vom Wasserzähler am Ende des Ablesungszeitraumes angezeigten Kubikmeteranzahl abzüglich der am Ende des vorhergegangenen Ablesungszeitraumes angezeigten Kubikmeteranzahl zu gelten.

(...)

(8) Wenn die Richtigkeit der vom Wasserzähler angezeigten Wassermenge bestritten und dessen Prüfung beantragt wird, so hat die Gemeinde die Prüfung durch die Eichbehörde zu veranlassen und den Wasserzähler während der gesamten Verfahrensdauer aufzubewahren. Ergibt die Prüfung, daß die Wassermenge richtig gemessen wird, hat der Abgabenschuldner der Gemeinde die Prüfungskosten zu ersetzen. Die Wassermenge gilt auch dann als richtig gemessen, wenn die Abweichung nicht mehr als 5 % beträgt. Beträgt die Abweichung mehr als 5 %, ist die Wassermenge zu schätzen.

(...)

3.3. Wasserabgabenordnung für die öffentliche Gemeindewasserleitung der Stadtgemeinde *** vom 10.12.2010, Fassung vom 1.7.2011:

Gemäß § 7 Abs. 2 der Wasserabgabenordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde *** ist die Grundgebühr für 1 m³ Wasser zur Berechnung der Wasserbezugsgebühr mit € 1,50 festgesetzt.

3.4. Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG:

Artikel 133.

(…)

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

(…)

3.5. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

4. Würdigung:

4.1. Zu Spruchpunkt 1:

Im Hinblick auf die beiden Zähleraustauschprotokolle (vom 26. Mai 2008 bzw. vom 28. Oktober 2013), die mit Unterschrift bestätigten Zählerstände bei Ein- und Ausbau sowie im Hinblick auf das Prüfgutachten der BEV vom 30. Juni 2014, mit welchem das ordnungsgemäße Funktionieren des Wasserzählers mit der Zählernummer *** bestätigt wurde und dem auch vom Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten wurde, ist als erwiesen anzunehmen, dass zwischen der letzten Selbstablesung am 15. Juni 2010 und dem Zählerausbau am 28. Oktober 2013 ein Wasserverbrauch von 1271 m³ (Differenz der festgestellten Zählerstände) erfolgt ist.

Am ordnungsgemäßen Funktionieren der Hauswasserleitung, insbesondere an deren Dichtheit, hegt das Landesverwaltungsgericht dabei keinerlei Zweifel. Dies kann den gemessenen Verbrauch – trotz der Zweifel des Beschwerdeführers - jedoch nicht ausschließen. Der Wasserzähler als geeichtes und im gegenständlichen Fall auch überprüftes Messgerät beweist den gemessenen Wasserverbrauch.

Dass der gesamte Verbrauch innerhalb des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes erfolgt wäre, konnte im Hinblick auf mehrere zwischenzeitig unterbliebene Zählerablesungen nicht mehr festgestellt werden und sieht das Landesverwaltungsgericht nunmehr auch keine Möglichkeit mehr, dies nachträglich festzustellen.

Können die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermittelt werden, so sind diese gemäß § 184 Abs. 1 BAO zu schätzen.

Bei der Schätzung handelt es sich um eine Form der Ermittlung des Sachverhaltes; sie kommt zur Anwendung, wenn die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht exakt ermittelt bzw. errechnet werden können (VwGH 24. 2. 2004, 99/14/0247).

Es liegt im Wesen einer Schätzung, dass dabei eine Beweisführung für ein bestimmtes Ergebnis nicht möglich ist (VwGH 30. 11. 1989, 88/13/0177; 8. 4. 1992, 90/13/0045).

Die Befugnis (Verpflichtung) zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit, die Bemessungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen (VwGH 28.1995, 94/14/0157; 19.3.2003, 2002/16/0255; 3.8.2004, 2001/13/0022; 1.6.2006, 2002/15/0174; 23.2.2010, 2008/15/0027).

Insofern stellt eine Schätzung nur eine ultima ratio dar, soweit Bemessungsgrundlagen auf anderem Wege nicht (mehr) festgestellt werden können (VwGH 13.9.2006, 2002/13/0105). Wie sich aus der Verwendung des Ausdrucks "soweit" in der Bestimmung des § 184 Abs. 1 BAO ableiten lässt, beschränkt das Gesetz die Möglichkeit der Schätzung im Sinne des Subsidiaritätsprinzips (VwGH 17.10.2001, 98/13/0233). Die Schätzung setzt ein Verschulden der Partei nicht voraus (vgl. die Nachweise bei Ritz, BAO6, § 184 Tz 6).

Ausgangspunkt ist im gegenständlichen Fall das Ermittlungsergebnis, welches für den Zeitraum zwischen 15. Juni 2010 (letzte Selbstablesung) und 28. Oktober 2013 (Zählerausbau) einen Wasserverbrauch von 1271 m³ nachweist.

Dazwischen wurden jedoch keine Ablesungen des Wasserzählers vorgenommen, weder vonseiten der Behörde noch durch den Beschwerdeführer.

Es erweist sich nunmehr als unmöglich festzustellen, ob und in welchem Ausmaß dieser Wasserverbrauch während des verfahrensgegenständlichen Ablesezeitraumes von 1. Juli 2013 bis 30. Juni 2014 erfolgt ist. Konkret kann nicht mehr festgestellt werden, welche Wassermenge ab 1. Juli 2013 (Beginn des Ablesezeitraumes) bis zum 28. Oktober 2013 (Zählerausbau mit Ablesung des Zählerstandes) verbraucht wurde. Aus dieser Unmöglichkeit ergibt sich die Befugnis bzw. Verpflichtung zur Schätzung.

Ziel der Schätzung ist es, den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe zu kommen, somit jene Bemessungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (VwGH 21.10.2015, 2012/13/0097; 27.1.2016, 2012/13/0068, u.a.).

Insofern im gegenständlichen Fall keinerlei Beschädigung der Hauswasserleitung festgestellt werden konnte, ist es wahrscheinlich, dass ein Verbrauch der gemessenen Wassermenge nur kontinuierlich über einen längeren Zeitraum als weitgehend unbemerkter Wasseraustritt erfolgt sein dürfte. Bei kontinuierlichem Verbrauch der gemessenen Wassermenge über den Zeitraum zwischen Juni 2010 und Oktober 2013 (ca. 40 Monate) würde sich ein monatlicher Wasserverbrauch von ca. 30 m³ ergeben. Dem verfahrensgegenständlichen Ablesezeitraum konnte dementsprechend für den Zeitraum Juli 2013 bis zum Zählerausbau im Oktober 2013 zumindest ein Wasserverbrauch von 100 m³ zugeordnet werden.

Diese Schätzung wurde den Verfahrensparteien im Zuge der mündlichen Verhandlung am 5. März 2018 vorgehalten und wurden dabei keine Bedenken gegen deren Plausibilität vorgebracht.

Die Wasserbezugsgebühr für den Ablesezeitraumes von 1. Juli 2013 bis 30. Juni 2014 errechnet sich somit aus dem Produkt der verbrauchten (geschätzten) Wassermenge von 100 m³ und der vom Gemeinderat verordneten Grundgebühr von € 1,50 mit dem Gesamtbetrag von € 150,- (zuzüglich Umsatzsteuer).

Der Beschwerde war daher spruchgemäß zu folgen.

4.2. Zu Spruchpunkt 2 - Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 4.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Wasserbezugsgebühr; Abgabenfestsetzung; Schätzung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1255.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

07.05.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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