TE Lvwg Erkenntnis 2018/3/6 LVwG-2017/13/2437-5, LVwG-2017/13/2438-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.03.2018
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Entscheidungsdatum

06.03.2018

Index

90/02 Kraftfahrgesetz
90/01 Straßenverkehrsrecht
90/02 Führerscheingesetz

Norm

KFG 1967 §106 Abs2
KFG 1967 §102 Abs5 litb
StVO 1960 §5 Abs2
FSG 1997 §7 Abs3 Z1
FSG 1997 §7 Abs4
FSG 1997 §24 Abs1 Z1
FSG 1997 §24 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Dr.in Strele über die Beschwerde der AA, in Z, Adresse 1, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 25.09.2017, Zl **** betreffend Verwaltungsübertretungen nach der StVO und dem KFG sowie gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 25.09.2017, Zl **** betreffend eine Einziehung der Lenkberechtigung, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung,

zu Recht:

A) zu LVwG-2017/13/2438 (Verwaltungsstrafverfahren):

1.       Die Beschwerde zu den Spruchpunkten 1. und 2. als unbegründet abgewiesen und der Beschwerde zu Spruchpunkt 3. insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 2.000,00 auf Euro 1.800,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 17 Tage) herabgesetzt wird.

2.       Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 20,00 (zu Spruchpunkt 1. und 2. jeweils Euro 10,00) zu leisten. Zu Spruchpunkt 3. wird der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens mit Euro 180,00 neu bestimmt.

3.       Die Revision ist gemäß § 25a Abs 4 VwGG zur Spruchpunkt 1. nicht zulässig. Zu Spruchpunkt 2. und 3. ist die ordentliche Revision Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

B) zu LVwG-2017/13/2437 (Führerscheinentzugsverfahren):

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

A) zu LVwG-2017/13/2438 (Verwaltungsstrafverfahren):

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin spruchgemäß nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Es wird Ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben:

Datum und Zeit:  06.08.2017, 00.15 Uhr

Ort:             Y, Zer Straße 78, B **, Strkm 28,925

Fahrzeug: PKW, BB, schwarz, Kennzeichen: ******

1. Sie haben als Lenkerin eines Kraftfahrzeuges den Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet. Dies wurde bei einer Anhaltung gern. § 97 Abs. 5 StVO festgestellt. Sie haben die Zahlung einer Organstrafverfügung verweigert, obwohl Ihnen eine solche angeboten wurde.

2. Sie haben als Lenker den Zulassungsschein oder Heereszulassungsschein des PKW sowie die bei der Genehmigung oder Zulassung vorgeschriebenen Beiblätter zum Zulassungsschein nicht mitgeführt.

3. Sie haben sich am 06.08.2017 um 00.15 Uhr in Y, Zer Str. 78, nach Aufforderung durch ein besonders geschultes Organ der Bundespolizei geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei der Verdacht bestand, dass Sie das angeführte Fahrzeug um 00.05 Uhr in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hatten.

Verwaltungsübertretungen nach:

1. § 134 Abs. 3d Ziffer 1 i.V.m. § 106 Abs. 2 KFG, i.d.g.F.

2. § 102 Abs. 5 lit. b i.V.m. § 134 Abs. 1 KFG, i.d.g.F.

3. § 99 Abs. 1 lit b i.V.m. § 5 Abs. 2 StVO, i.d.g.F.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von

€ 50,00 zu 1.

€ 50,00 zu 2.

€ 2000,00 zu 3.

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

12 Stunden zu 1.

12 Stunden zu 2.

18 Tage zu 3.

Freiheitsstrafe von

Gemäß

§ 134 Abs 3d KFG zu 1.

§ 134 Abs 1 KFG zu 2.

§ 99 Abs 1 der StVO zu 3.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

• € 10,00 zu 1., 10,00 zu 2. und 200,00 zu 3. als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet)

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 2320,00“

Gegen dieses Straferkenntnis brachte die Beschwerdeführerin fristgerecht nachfolgende Beschwerde ein:

„Betreff: Rückgabe des Führerscheins

Sehr geehrte Herren!

Ich nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom 25.9.d.J., wo Sie mir ein Strafurteil zugeschickt haben. Meines Wissens kann die BH keine Urteile fälle, sondern nur Strafverfügungen verhängen. Ich ersuche Sie, den Wortlaut zu ändern, um Mißverständnisse zu meiden. Weiters weise ich alle Anschuldigungen zurück, die auf Vermutungen beruhen. Ich betone noch einmal, daß ich absolut nüchtern war, und Alkoholkonsum nicht der Grund war, daß man mich auf die Seite geholt hat. Der Polizist sagte, daß es eine allgemeine Fahrzeugkontrolle wäre. Es war Ihre These, daß ich den Jahrmarkt besucht hatte, was nicht zutreffend war. ich habe nicht gewußt, daß es eine Verpflichtung ist in dieses Röhrchen zu blasen, da es ja nur einzelne Autofahrer trifft. Wenn das strafbar ist, dann führen Sie das bitte an, und nicht eine Trunkenheit die nicht vorgelegen ist. Weiters weise ich Ihre Anschuldigung zurück, daß ich unfallgefährdend gewesen wäre. Ich bin vorschriftsmäßig gefahren, und aus keinem bestimmten Grund auf die Seite geholt worden. Die Strafe ist sehr hoch bemessen, ich ersuche Sie also um Angabe was Sie tatsächlich bestrafen. Ich möchte nicht für Dinge bestraft werden, die nicht gewesen sind. Weiters ersuche ich Sie um Mitteilung, ob ich nach Entrichtung der Strafe meinen Führerschein unbehelligt zurückerhalte. Ich möchte nicht, daß eine Vorstrafe an mir hängen bleibt, die ich nicht begangen habe. Ich bin schließlich vollkommen unschuldig in diese Situation geraten, und möchte auch unschuldig daraus hervorgehen.“

B) zu LVwG-2017/13/2437 (Führerscheinentzugsverfahren):

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 09.08.2017, Zl ****, wurde der Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B für einen Zeitraum von sechs Monaten (gerechnet ab 06.08.2017) entzogen sowie weiters eine allenfalls bestehende ausländische EWR oder nicht EWR-Lenkberechtigung auf die oben genannte Dauer der Entziehung der österreichischen Lenkberechtigung entzogen. Als begleitende Maßnahme wurde die Teilnahme an einer Nachschulung angeordnet. Weiters wurde die Beschwerdeführerin in diesem Bescheid aufgefordert, ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung (samt einer verkehrspsychologischen Stellungnahme) vor Ablauf der Entzugszeit beizubringen und verfügt, dass nach Ablauf der angeführten Entzugsdauer – sollte bis zu diesem Zeitpunkt kein positives amtsärztliches Gutachten beigebracht worden sein – die Lenkberechtigung bis zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung entzogen bleibt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 25.09.2017, Zl ****, wurde der Vorstellung der Beschwerdeführer AA gegen obgenannten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 09.08.2017, Zl ****, gem §§ 7 und 24 bis 26 FSG keine Folge gegeben und einer allfälligen Beschwerde gem § 64 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung wegen Gefahr in Verzug aberkannt.

Auch gegen diesen Führerscheinentzugsbescheid brachte die Beschwerdeführerin eine Beschwerde ein. Ihr Inhalt deckt sich mit den Ausführungen der Beschwerde gegen das gegenständlich angefochtene Straferkenntnis.

Aufgrund dieser Beschwerdevorbringen wurden die behördlichen Akten dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.

Es wurde am 06.12.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. In dieser wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme des Zeugen Insp. CC. Weiters wurde Einsicht genommen in den behördlichen Verwaltungsstrafakt, in den behördlichen Führerscheinentzugsakt sowie in die entsprechenden Akten des Landesverwaltungsgerichts Tirol. Die Beschwerdeführerin ist trotz ausgewiesener Ladung durch Hinterlegung nicht erschienen. In ihrem Schreiben, welches am 06.12.2017 beim Landesverwaltungsgericht Tirol eingelangt ist führte sie aus, dass es ihr nicht möglich wäre, am 06.12.2017 den Verhandlungstermin wahrzunehmen. Sie wolle auch keinen Prozess als Beschwerdeführerin führen und ersuche um Mitteilung und Erklärung, warum die Angelegenheit auf den Innsbrucker Gericht gegangen sei. Sie habe bei der Bezirkshauptmannschaft Y keine Beschwerde erhoben, sondern den Einspruch erhoben, dass sie nüchtern gewesen sei und bis heute keine Antwort erhalten habe.

Mit Schreiben vom 07.12.2017 teilte das Landesverwaltungsgericht Tirol der Beschwerdeführerin unter Anschluss des Verhandlungsprotokolls vom 06.12.2017 mit, dass ihre Eingabe vom 04.10.2017 von der Bezirkshauptmannschaft Y als Beschwerde gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 25.09.2017, Zl **** und gegen den Führerscheinentzugsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 25.09.2017, Zl ****, zu werten war und dem Landesverwaltungsgericht Tirol daher zur Entscheidung vorgelegt wurde. Der Beschwerdeführerin wurde weiters mitgeteilt, dass es ihr jederzeit frei stehe, ihre Beschwerden zurückzuziehen. Schließlich wurde die Beschwerdeführerin darauf aufmerksam gemacht, dass, sollte binnen einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens keinerlei Stellungnahme oder Zurückziehung der Beschwerde erfolgen, die Entscheidung schriftlich ergehen wird.

Dieses Schreiben wurde der Beschwerdeführerin am 22.12.2017 eigenhändig zugestellt. Bis dato langte keinerlei Stellungnahme der Beschwerdeführerin zu diesem Schreiben ein.

I.       Nachfolgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

Am 06.08.2017 führten die Außendienststreifen „Y 3“ und „Y 4“ in Y, Zstraße 78 unmittelbar bei der Zufahrt bzw Einfahrt zu „DD“ Lenker- und Fahrzeugkontrollen inklusive Alkoholkontrollen durch. Um 00.05 Uhr näherte sich ihnen der PKW der Marke BB, schwarz mit dem Kennzeichen ******, welcher von Y kommend in Richtung Z unterwegs gewesen ist. Unmittelbar neben den Außendienststreifen blieb dieses Fahrzeug ohne getätigte Anhaltung und Grund in der Fahrbahn/Bundesstraße stehen. Die Beschwerdeführerin öffnete weder ein Fenster noch eine Türe, sondern blickte lediglich auf die Beamten und gab keine Gestik von sich. Aufgrund dieses Verhaltens wurde dieses Fahrzeug letztlich von den Beamten angehalten um eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle durchzuführen. Bei der Zufahrt betätigte die Beschwerdeführerin mehrmals das Gas, bremste ruckartig wieder ihr Fahrzeug ab und ließ die Kupplung schleifen. Anlässlich der Anhaltung konnte Insp. EE wahrnehmen, dass die Beschwerdeführerin keinen Sicherheitsgurt verwendete, weil dieser in der Fahrertüre eingeklemmt war. Über Vorhalt durch Insp. EE, dass die Beschwerdeführerin keinen Sicherheitsgurt verwendete gab diese an, dass sie keinen Sicherheitsgurt benötigen würde. Daraufhin folgte die Aufforderung von Insp. EE an die Beschwerdeführerin Führerschein und Zulassungsschein zur Kontrolle auszuhändigen. Die Beschwerdeführerin händigte ihren Führerschein aus, betreffend den Zulassungsschein gab sie an, dass sie keinen habe und auch keinen benötigen würde. In weiterer Folge wurde die Beschwerdeführerin von RI CC zur Alkoholkontrolle mittels Vortestgerät aufgefordert. Dieser wurde von der Beschwerdeführerin sogleich mit den Worten „nein, muss ich nicht“ verneint. Aufgrund dessen wurde die Lenkerin um 00.15 Uhr von RI CC zur Durchführung des Alkomattestes aufgefordert. Dieser wurde von der Beschwerdeführerin wiederum mit denselben Worten wie vorher verneint. Nach Aufklärung über die Folgen einer Verweigerung geriet die Beschwerdeführerin plötzlich ohne Grund vollkommen in Rage und beschimpfte die anwesenden Beamten. Dann griff die Beschwerdeführerin zur Zündung, startete das Fahrzeug und fuhr mit geöffneter Türe ca 1 bis 2 m weiter in Richtung Bundesstraße. Von Insp. EE wurde sodann die halb offene Fahrertüre geöffnet und der Fahrzeugschlüssel gezogen, woraufhin die Beschwerdeführerin wieder völlig ausrastete. Es wurden der Beschwerdeführerin der Führerschein und der Fahrzeugschlüssel abgenommen. Nach Abschluss der Amtshandlung wurde die Beschwerdeführerin über die Anzeigeerstattung in Kenntnis gesetzt.

Diese Feststellungen ergeben sich im Wesentlichen auf der Grundlage des einvernommenen Zeugen Insp. CC, welcher anlässlich seiner Einvernahme vor dem erkennenden Gericht einen guten und verlässlichen Eindruck hinterließ, dies in Verbindung mit der Anzeige der Polizeiinspektion Y vom 08.08.2017, Zl ****. Der einvernommene Beamte konnte den gegenständlichen Sachverhalt, wie er sich damals abgespielt hat, völlig nachvollziehbar und schlüssig schildern. Er gab an, dass die Beschwerdeführerin zum Tatzeitpunkt den Sicherheitsgurt nicht verwendet hat, den Zulassungsschein nicht mitgeführt sowie sich geweigert hat, ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Die Beschwerdeführerin ist zur durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

II.      Rechtslage:

Gemäß § 5 Abs 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen,

1.   die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder

2.   bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 99 Abs 1 lit b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von Euro 1.600,00 bis Euro 5.900,00, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

Seitens der Behörde wurde über die Beschwerdeführerin für die gegenständliche Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe in Höhe von Euro 2.000,00 verhängt. Für die Tatbegehung reicht bereits fahrlässiges Verhalten aus, von welchem im Gegenstandsfall ausgegangen wird. Es lagen weder mildernde noch erschwerende Umstände vor. Die Beschwerdeführerin ist nicht unbescholten, sie weist Verwaltungsstrafvormerkungen nach dem Aufenthaltsabgabegesetz und dem KFG auf.

Aufgrund des oben beschriebenen Verhaltens der Beschwerdeführerin vor und während der Amtshandlung bestand ein besonderes Interesse an der Klärung einer etwaigen Alkoholbeeinträchtigung. Es ist daher von einem erheblichen Unrechtsgehalt der angelasteten Tat auszugehen.

Gem § 106 Abs 2 KFG sind, wenn ein Sitzplatz eines Kraftfahrzeuges mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet ist, Lenker und beförderte Personen, die einen solchen Sitzplatz benützen, je für sich zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Sicherheitsgurtes verpflichtet, sofern nicht Abs 5 Anwendung findet. Die entsprechende Strafbestimmung des § 134 Abs 3d Z 1 KFG sieht für solche Übertretungen eine Geldstrafe bis zu Euro 72,00 vor.

Gem § 102 Abs 5 lit d KFG hat der Lenker auf Fahrten den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Fahrzeug und einen mit diesem gezogenen Anhänger sowie bei der Genehmigung oder Zulassung vorgeschriebenen Beiblätter zum Zulassungsschein mitzuführen. Die entsprechende Strafbestimmung sieht für solche Verwaltungsübertretungen Geldstrafe bis zu Euro 5.000,00 vor.

Gegen diese obgenannten beiden Bestimmungen hat die Beschwerdeführerin ebenso zuwidergehandelt. Sie hat den Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet und den Zulassungsschein nicht mitgeführt.

Unter Bedachtnahme auf obgenannte Strafzumessungskriterien sind die über die Beschwerdeführerin verhängten Geldstrafen zu den Spruchpunkten 1. und 2. von jeweils Euro 50,00 jedenfalls schuld- und tatangemessen und nicht überhöht. Die verhängte Geldstrafe zu Spruchpunkt 3. in Höhe von Euro 2.000,00 konnte auf das im Spruch festgesetzte Ausmaß herabgesetzt werden. Die Verhängung der Geldstrafe in dieser Höhe ist schuld- und tatangemessen und auch bei allenfalls ungünstigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen der Beschwerdeführerin nicht überhöht.

Es war daher wie im Spruch zu Punkt A) zu entscheiden.

B) Führerscheinentzugsverfahren:

Der Beschwerdeführerin wurde die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B für einen Zeitraum von sechs Monaten, gerechnet ab 06.08.2017, entzogen. Gleichzeitig wurde ihr eine allenfalls bestehende ausländische EWR oder nicht EWR-Lenkberechtigung auf die Dauer der Entziehung der österreichischen Lenkberechtigung entzogen. Als begleitende Maßnahme wurde die Teilnahme an einer Nachschulung angeordnet. Schließlich wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung samt einer verkehrspsychologischen Stellungnahme vor Ablauf der Entzugszeit beizubringen.

Gemäß § 24 Abs 1 Z 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 7 Abs 1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs 3) und ihrer Wertung (Abs 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.   die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.   sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Als bestimmte Tatsache im Sinn des Absatz 1 hat insbesondere nach § 7 Abs 3 Z 1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hierbei eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl Nr 566/1991, zu beurteilen ist.

Gemäß § 7 Abs 4 FSG sind für die Wertung der im Absatz 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Gemäß § 24 Abs 3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs 3a eine Nachschulung anzuordnen:

1.   wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2.   wegen einer zweiten in § 7 Abs 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder

3.   wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1 oder 1a StVO 1960.

Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs 1b StVO 1960 ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1 bis 1b StVO 1960 jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs 2 nicht befolgt oder wurde dabei die Mitarbeit unterlassen, so ist die Lenkberechtigung jener Klasse, für die die angeordnete(n) Stufe(n) nicht absolviert wurde(n), bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Eine diesbezügliche Entziehung der Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung der Klassen C(C1), CE(C1E), D(D1) und DE(D1E) nach sich. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen. Die Behörde hat eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer das Verkehrscoaching zu absolvieren ist. Wird das Verkehrscoaching nicht innerhalb dieser Frist absolviert, hat die Behörde die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

Nach Abs 3a dieser Bestimmung ist, wenn sich im Laufe des gemäß Abs 3 durchgeführten Entziehungsverfahrens herausstellt, dass der Betreffende von Alkohol abhängig ist, von einer Anordnung oder Absolvierung der noch nicht durchgeführten Untersuchungen oder Maßnahmen abzusehen. Vor der Wiederausfolgung des Führerscheines oder der Wiedererteilung der Lenkberechtigung nach einer solchen Entziehung hat der Betreffende jedoch alle bereits angeordneten Maßnahmen und Untersuchungen zu absolvieren. Maßnahmen oder Untersuchungen, die anzuordnen gewesen wären, von denen gemäß Satz 1 aber abgesehen wurde, sind von der Behörde anzuordnen und ebenfalls zu absolvieren.

Gemäß § 26 Abs 2 Z 1 FSG ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs 1 StVO 1960 begangen wird.

Nach § 30 Abs 1 FSG ist dem Besitzer einer ausländischen EWR- oder Nicht-EWR-Lenkberechtigung, der keinen Wohnsitz (§ 5 Abs 1 Z 1) in Österreich hat, das Recht, von seiner Lenkberechtigung Gebrauch zu machen, abzuerkennen, wenn Gründe für die Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, von der Lenkberechtigung Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot unter Anwendung der §§ 24 Abs 1, 25, 26 und 29 auszusprechen. Für die Aberkennung ist die Behörde zuständig, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Führerscheinbesitzer seinen Aufenthalt hat; sie hat den Führerschein abzunehmen und bis zum Ablauf der festgesetzten Frist oder bis zur Ausreise des Besitzers zurückzubehalten. Sofern dies möglich ist, hat die Behörde der Ausstellungsbehörde des Führerscheines die Tatsache der Aberkennung des genannten Rechtes mitzuteilen.

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die über die Beschwerdeführerin verhängte Entzugszeit von sechs Monaten und die damit verbundenen Anordnungen als gerechtfertigt zu betrachten sind. Die belangte Behörde ging dabei von der zur Anwendung gelangenden Bestimmung des § 99 Abs 1 lit b StVO aus, weiters davon, dass es sich beim gegenständlichen Führerscheinentzug um den ersten der Beschwerdeführerin handelt. Bei der Entzugsdauer von sechs Monaten handelt es sich um die Mindestentzugsdauer im Sinne der Bestimmung des § 26 Abs 2 Z 1 FSG.

Nach Ablauf dieser festgesetzten Entzugszeit mit den daneben verbundenen Auflagen kann mit der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit der Beschwerdeführerin gerechnet werden.

Die Entziehung der Lenkberechtigung (auch allfälliger ausländischer Lenkberechtigungen) stellt eine vorbeugende Maßnahme zum Schutz der Verkehrssicherheit dar, die unaufschiebbar ist. Auf persönliche, wirtschaftliche oder berufliche Interessen kann dabei keine Rücksicht genommen werden.

Die angeordnete Nachschulung, die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen samt einer verkehrs-psychologischen Stellungnahme vor Wiederausfolgung der Lenkberechtigung ergeben sich zwingend aus der Bestimmung des § 24 Abs 3 FSG.

Aus den dargelegten Gründen war sohin wie im Spruch zu Punkt B) ausgeführt zu entscheiden.

III.    Unzulässigkeit der ordentlichen Revision zu Spruchpunkt 2. und 3.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

IV.      Unzulässigkeit der Revision zu Spruchpunkt 1.:

Eine Revision durch den Beschwerdeführer gem § 25a Abs 4 VwGG ist schon deshalb unzulässig, weil

1.       in der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und

2.       im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00, nämlich Euro 50,00, verhängt wurde.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Dr.in Strele

(Richterin)

Schlagworte

Alkotestverweigerung; kein Sicherheitsgurt; Zulassungsschein nicht mitgeführt; Entziehung Lenkerberechtigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.13.2437.5

Zuletzt aktualisiert am

17.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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