Entscheidungsdatum
11.01.2018Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W243 2161515-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marianne WEBER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Ankara vom 24.05.2017, Zl. Ankara-OB/KONS/1000/2017, aufgrund des Vorlageantrags der XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Ankara vom 27.03.2017, Zl. Ankara-ÖB/KONS/0620/2017, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Syriens, stellte am 19.08.2016 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Ankara (im Folgenden: "ÖB Ankara") einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Begründend führte sie aus, ihr Ehemann XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, sei in Österreich aufhältig und habe im Bundesgebiet am 01.04.2016 Asyl erhalten.
Dem Antrag lagen folgende Unterlagen bei:
-
Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.04.2016, in dem der Bezugsperson die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen wurde;
-
Kopie relevanter Seiten der Reisepässe der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson;
-
Auszug aus dem Zivilregister mit deutscher Übersetzung, ausgestellt am 02.05.2016;
-
Auszug aus dem Familienregister mit deutscher Übersetzung, ausgestellt am 02.05.2016;
-
Beschluss des syrischen Justizministeriums betreffend Legalisierung der Eheschließung mit deutscher Übersetzung, ausgestellt am 25.11.2015;
-
Geburtsurkunde der Beschwerdeführerin samt deutscher Übersetzung, ausgestellt am 02.05.2016;
-
Heiratsurkunde mit deutscher Übersetzung, ausgestellt am 02.05.2016.
I.2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 21.02.2017 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass betreffend die Beschwerdeführerin die Gewährung des Status einer Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vorliege; diese verstoße gegen den ordre-public-Grundsatz (Stellvertreterehe) und sei eine gültige Ehe auch nach den Grundsätzen des Herkunftslandes nicht geschlossen worden. In der beiliegenden Stellungnahme führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl weiter aus, dass in der Heiratsurkunde angeführt sei, dass die Ehe bereits im Jahr 2006 eingetragen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die Beschwerdeführerin acht Jahre alt gewesen und würde es sich in diesem Fall um eine Kinderehe handeln, die dem ordre-public-Grundsatz widerspreche. Sollte es sich dabei um einen Tippfehler handeln und das tatsächliche Eintragungsdatum der Ehe der 24.03.2016 sein, so sei die Ehe erst nach der Ausreise der Bezugsperson am 05.09.2015 erfolgt, weshalb es sich um eine Stellvertreterehe handle, die ebenfalls dem ordre-public-Grundsatz widerspreche. Nach einer Anfragebeantwortung der ÖB Amman würden traditionelle Eheschließungen in Syrien nicht anerkannt.
I.3. Mit Stellungnahme vom 21.03.2017 machte die Beschwerdeführerin im Wege ihres Rechtsvertreters geltend, dass die Eheschließung mit der Bezugsperson am 12.01.2015 nach islamischen Recht stattgefunden habe, wobei beide Eheleute persönlich bei der Eheschließung anwesend gewesen seien. Die Eheschließung sei dann am 25.11.2015 zur offiziellen standesamtlichen Registrierung gemeldet worden. Nach der Eheschließung hätten die Eheleute vier Monate im Familienhaus der Bezugsperson gelebt und danach sei die Bezugsperson geflüchtet. Eine Eintragung der Ehe im syrischen Zivilregister sei zu dem Zeitpunkt der Eheschließung wegen eines bestehenden Einberufungsbefehls der Bezugsperson nicht möglich gewesen. Eine nachträgliche Registrierung der Ehe bestätige jedoch rückwirkend deren Gültigkeit. Zudem widerspreche § 35 Abs. 5 AsylG 2005 der Familienzusammenführungsrichtlinie, welche eine Beschränkung einer gültigen Ehe auf den Herkunftsstaat nicht vorsehe. Da die österreichische Regelung eine für die Beschwerdeführerin ungünstigere Abweichung von der Richtlinie darstelle, sei diese unzulässig. Es sei somit lediglich darauf abzustellen, ob die Ehe bereits vor der Einreise bestanden habe.
I.4. Nach Übermittlung der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Stellungnahme erstattete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 23.03.2017 eine neuerliche Rückmeldung, in welcher ausgeführt wird, dass die Entscheidung aufrecht bleibe und auf die aktuelle Judikatur des Bundesverwaltungsgerichtes verwiesen werde.
I.5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.03.2017 verweigerte die ÖB Ankara die Erteilung des Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 mit der Begründung, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, zumal die Voraussetzungen nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 nicht vorlägen.
I.6. Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 24.04.2017, in welcher die Ausführungen in der Stellungnahme vom 21.03.2017 wiederholt wurden. Dem Beschwerdeschriftsatz wurden einige der bereits in Vorlage gebrachten Unterlagen sowie eine ACCORD-Anfragebeantwortung vom 20.11.2015 beigelegt.
I.7. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 24.05.2017 wies die ÖB Ankara die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.
Unabhängig von der Bindungswirkung und entgegen dem Beschwerdevorbringen teile die belangte Behörde die Auffassung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über das Vorliegen einer Stellvertreterehe und deren Widerspruch zum Grundsatz des ordre-public. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes. Unerfindlich bleibe, weshalb die behauptete Richtlinienwidrigkeit des § 35 Abs. 3 AsylG 2005 überhaupt relevant sein solle.
I.8. Am 02.06.2017 wurde bei der ÖB Ankara ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht, wobei zur weiteren Begründung auf die Beschwerde vom 24.04.2017 verwiesen wurde.
I.9. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 13.06.2017, am 16.06.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin, eine am XXXX geborene syrische Staatsangehörige, stellte am 19.08.2016 bei der ÖB Ankara einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005.
Als Bezugsperson wurde XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, genannt, welcher der Ehemann der Beschwerdeführerin sei.
Die Bezugsperson stellte am 28.09.2015 in Österreich einen Asylantrag ein und hält sich seither durchgehend im Bundesgebiet auf.
Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.04.2016, Zl. XXXX, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Nach Antragstellung wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass eine Gewährung desselben Schutzes wie der Bezugsperson als nicht wahrscheinlich einzustufen sei, da die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vorliege.
Nach Einbringung einer Stellungnahme der nunmehrigen Beschwerdeführerin erfolgte eine neuerliche Prüfung des Sachverhaltes durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und wies dieses darauf hin, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl aufrecht bleibe.
Der Beweis des Vorliegens einer Ehe bzw. eines rechtlich relevanten Verwandtschaftsverhältnisses der Beschwerdeführerin mit der Bezugsperson vor deren Einreise in das Bundesgebiet konnte im gegenständlichen Verfahren nicht erbracht werden.
2. Beweiswürdigung:
Die Beschwerdeführerin gab im Verfahren zusammengefasst an, dass die Ehe zwischen ihr und der Bezugsperson am 12.01.2015 nach islamischem Recht in Anwesenheit beider Eheleute geschlossen worden sei. Nach der Flucht der Bezugsperson sei die Eheschließung am 25.11.2015 zur offiziellen standesamtlichen Registrierung gemeldet worden. Eine Eintragung im syrischen Zivilregister sei unter Verweis auf Art. 40 Abs. 1 des syrischen Personenstandsgesetzes zum Zeitpunkt der Eheschließung wegen eines bestehenden Einberufungsbefehls der Bezugsperson nicht möglich gewesen.
Dieses Vorbringen erweist sich jedoch aus nachstehenden Gründen als nicht zur Gänze mit den vorgelegten Dokumenten im Einklang stehend:
Zunächst ist vorauszuschicken, dass die Beschwerdeführerin im Zuge ihrer Antragstellung eine vom syrischen Standesamt am 02.05.2016 ausgestellte Heiratsurkunde vorlegte, wonach die Eheschließung am 24.03.2006 im Personenstandsregister eingetragen worden sei. Abgesehen davon, dass sich dieses angeführte Eintragungsdatum nicht mit der Behauptung der Beschwerdeführerin, die traditionelle Eheschließung sei erst am 12.01.2015 erfolgt, deckt, stimmt dieses auch nicht mit den übrigen in der Urkunde erwähnten Daten zur Eheschließung überein und wäre die Beschwerdeführerin im Übrigen zu dem angeführten Eintragungstag der Eheschließung erst acht Jahre alt gewesen. Ein Auszug aus dem Personenstandsregister, aus dem sich ein anderes Eintragungsdatum der Eheschließung ergibt, wurde im Verfahren nicht vorgelegt.
Weiters legte die Beschwerdeführerin einen Beschluss des syrischen Justizministeriums vom 25.11.2015 vor, aus dem hervorgeht, dass die am 12.01.2015 traditionell geschlossene Ehe durch einen Richter bestätigt worden sei. Diesem Beschluss zufolge habe die Beschwerdeführerin Auszüge aus dem Zivilregister für beide Eheleute, eine Bescheinigung der außergerichtlichen Eheschließung samt Beglaubigung durch den Gemeindevorsteher und einen medizinischen Bericht vorgelegt.
Aus der mit der Beschwerde vorgelegten ACCORD-Anfragebeantwortung geht hervor, dass zur Anerkennung einer traditionell geschlossenen Ehe vor einem Scharia-Gericht gemäß Art. 40 Abs. 1 des syrischen Personalstatutgesetzes folgende Dokumente vorgelegt werden müssen:
"i. a certificate issued by the local official (i.e. mukhtar) stating the name, age and place of residence of both parties, the name of the marriage guardian, and a statement that there is no lawful impediment to the marriage (Art. 40.1 sub a); ii. a certified extract from the Civil Registry (qayd nufus) certifying the betrothed parties' civil status (Art. 40.1 sub b); iii. proof of a premarital medical examination attesting that there are no medical impediments to the marriage (Art. 40.1 sub c); iv. permission for marriage for those who serve in the army or those who are subject to military service (Art. 40.1 sub d); v. permission from the security department when one of the spouses is a foreigner (Art. 40.1 sub e)."
Aus dem vorgelegten Beschluss geht nicht hervor, dass eine solche gemäß Art. 40 Abs. 1 lit. d syrisches Personalstatutgesetz vorgesehene Heiratserlaubnis für Personen im wehrpflichtigen Alter vor dem Richter präsentiert wurde. Eine solche Zustimmung wäre jedoch verfahrensgegenständlich vor dem Hintergrund dessen, dass nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin die Bezugsperson vor deren Ausreise aus Syrien einen Einberufungsbefehl erhalten habe, jedenfalls erforderlich gewesen. Darüber hinaus wurden die im Beschluss angeführten Unterlagen dem Antrag der Beschwerdeführerin an die ÖB Ankara nicht beigelegt. Insbesondere wurde die angebliche Bescheinigung der außergerichtlichen Eheschließung am 12.01.2015 nicht in Vorlage gebracht. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Beschluss um eine Urkunde unwahren Inhalts handelt und ist dieses Dokument somit zum Nachweis einer Eheschließung in Anwesenheit beider Ehepartner am 12.01.2015 nicht geeignet.
Die übrigen vorgelegten Unterlagen (insbesondere die Auszüge aus dem Zivil- und Familienregister sowie die bereits weiter oben erwähnte Heiratsurkunde) wurden offenbar auf Grundlage dieses Dokumentes ausgestellt, welches wie ausgeführt als Urkunde unwahren Inhalts anzusehen ist.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass alle vorgelegten Dokumente nach der Flucht der Bezugsperson aus Syrien ausgestellt wurden und daher unabhängig von deren Wahrheitsgehalt nicht geeignet sind, eine Eheschließung in Anwesenheit der Bezugsperson nachzuweisen. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach die Ehe bereits am 12.01.2015 geschlossen und nach syrischem Recht gültig registriert worden sei, wurden jedenfalls nicht durch die Vorlage diesbezüglich unbedenklicher Urkunden oder sonstiger glaubwürdiger Bescheinigungsmittel untermauert.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten:
§ 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017:
"Familienverfahren im Inland
§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und (Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."
§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017:
"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:
"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."
3.2. § 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 145/2017 lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
[...]
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005
§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."
3.3. Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 17) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten wie folgt:
"Form der Eheschließung:
§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.
(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.
Vorbehaltsklausel (ordre public)
§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden."
3.4. Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 17 und 21) des Ehegesetzes idgF lauten wie folgt:
"§ 17 Form der Eheschließung
(1) Die Ehe wird dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.
(2) Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.
§ 21 Mangel der Form
(1) Eine Ehe ist nichtig, wenn die Eheschließung nicht in der durch
§ 17 vorgeschriebenen Form stattgefunden hat.
(2) Die Ehe ist jedoch als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes des einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist."
3.5. Gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz internationales Privatrecht, BGBl. Nr. 304/1978 (IPRG), ist das Personalstatut einer natürlichen Person das Recht des Staates, dem die Person angehört. § 9 Abs. 3 IPRG regelt, dass das Personalstatut einer Person, die Flüchtling im Sinn der für Österreich geltenden internationalen Übereinkommen ist oder deren Beziehungen zu ihrem Heimatstaat aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen abgebrochen sind, das Recht des Staates ist, in dem sie ihren Wohnsitz, mangels eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat; eine Verweisung dieses Rechtes auf das Recht des Heimatstaates (§ 5 IPRG) ist unbeachtlich. Gemäß § 12 IPRG sind die Rechts- und Handlungsfähigkeit einer Person nach deren Personalstatut zu beurteilen. Gemäß § 16 Abs. 2 IPRG ist die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.
Gemäß Art. 1 syrisches Personalstatutgesetz, Gesetz Nr. 59 vom 17.09.1953, geändert durch Gesetz Nr. 34 vom 31.12.1975 (sPSG), ist die Eheschließung ein Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau, die zu heiraten ihm gesetzlich erlaubt ist, zum Zwecke der Gründung einer Lebensgemeinschaft und der Zeugung von Nachkommen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 sPSG ist beim Abschluss des Ehevertrages die Stellvertretung zulässig (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ordner XVIII, Syrien-Tunesien, S. 11f). Die Eheschließung zwischen Muslimen kann von jedem bekannten Imam oder einem Scharia-Gelehrten durchgeführt werden. Damit ein Eintrag der Eheschließung ins Familienbuch erfolgen kann, muss eine Registrierung bzw. Anmeldung oder staatliche Anerkennung der Eheschließung erfolgen. Eheschließungen, die von einer religiösen Stelle vollzogen wurden, müssen bei den Behörden für zivilrechtliche Angelegenheiten registriert werden, um staatlich anerkannt zu sein. Wurde die Hochzeit vor einem Scharia-Gericht durchführt, besteht die Möglichkeit, das vom Scharia-Gericht erhaltene Zertifikat an die Behörde zu schicken und die Ehe auf diese Weise zu registrieren. Erst durch die Registrierung durch die Behörde wird die Ehe staatlich anerkannt (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 15.12.2014 zur Frage der Wirkung einer Eheschließung in Syrien).
3.6. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).
Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe dazu BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:
Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich Asylberechtigte XXXX als Ehemann der Beschwerdeführerin genannt.
Der im gegenständlichen Verfahren anwendbare § 35 Abs. 5 AsylG 2005 bestimmt, dass der Ehegatte als Familienangehöriger eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Sinne des Abs. 1 leg. cit. zu betrachten ist, sofern die Ehe bereits vor der Einreise der Bezugsperson bestanden hat. Der Nachweis, dass die Ehe zwischen einem Antragsteller und seiner Bezugsperson bereits vor der Einreise nach Österreich bestanden hat, ist daher zwingend geboten. Angesichts der aktuellen Rechtslage, die eine Beschränkung einer gültigen Ehe auf den Herkunftsstaat nicht mehr vorsieht, sondern wie gezeigt darauf abstellt, ob die Ehe bereits vor der Einreise bestanden hat, ist auf die Ausführungen in der Beschwerde zur Familienzusammenführungsrichtlinie nicht näher einzugehen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat ausgehend von den zum Nachweis der Eheschließung vorgelegten Urkunden das Vorliegen der Eigenschaft als Familienangehörige der Beschwerdeführerin zu Recht verneint. Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin sei sie mit ihrem Mann noch vor seiner Flucht die Ehe eingegangen und hätte sie mit diesem mehrere Monate ein Eheleben geführt. Die traditionelle Hochzeit habe am 12.01.2015 stattgefunden, der angebliche Ehegatte habe den Herkunftsstaat bald darauf verlassen.
Die Argumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, wonach für die behauptete Eheschließung am 12.01.2015 keine tauglichen Beweismittel von Seiten der Beschwerdeführerin vorgelegt worden seien und daher nicht vom Bestehen einer im Sinne des § 35 AsylG 2005 relevanten Ehe ausgegangen werden könne, ist zutreffend. Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, sind die vorgelegten Urkunden nicht geeignet, eine Eheschließung zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nachzuweisen.
Die Legalisierung der behaupteten traditionellen Eheschließung durch einen syrischen Richter am 25.11.2015 erfolgte zwei Monate nach Asylantragstellung der Bezugsperson im Bundesgebiet, womit offensichtlich ist, dass eine der beiden Parteien nicht persönlich vor Ort anwesend war. Eine Ehe zwischen Stellvertretern widerspricht jedoch eindeutig dem ordre public (§ 6 IPR-Gesetz).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geht in seiner bisherigen Rechtsprechung vom traditionellen Bild der Ehe zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts aus (vgl. EGMR 24.01.1986. Rees, Serie A 106, Z 49 f.; EGMR 27.09.1990, Cossey, Serie A 184, Z 43; EGMR 11.07.2002 [GK], Christine Goodwin, RJD 2002-VI, Z 98). Es entspricht damit dem Ehebegriff aller europäischen Rechtsordnungen, in denen übereinstimmend unter "Ehe" eine auf Dauer angelegte, unter Beachtung bestimmter staatlicher Formvorschriften geschlossene Bindung eines Mannes und einer Frau verstanden wird. Die Regelung der Ausübung der Eheschließungsfreiheit muss durch Gesetz erfolgen. Anerkannte Ehehindernisse sind beispielsweise Blutsverwandtschaft, fehlende Geschäftsfähigkeit und auch die fehlende freie Zustimmung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 19.09.2017, Ra 2016/20/0068-12, ausgesprochen, dass eine "Ferntrauung" den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung im Sinn des § 6 IPRG entgegensteht.
Auch aus der Entscheidung des EGMR vom 08.12.2009 (Case of Munoz Diaz vs. Spain, No. 49.151/07) geht hervor, dass keine Verpflichtung besteht, Eheschließungen auf Grundlage fremder Rechtsordnungen anzuerkennen, die den Grundwerten der nationalen Rechtsordnung widersprechen.
Da die belangte Behörde über den betreffenden Einreiseantrag ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten oder des Status der subsidiär Schutzberechtigten an die Beschwerdeführerin in Bezug auf den in Österreich befindlichen angeblichen Ehemann nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen.
Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa Familienangehörigen von Asylberechtigten unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 46 NAG ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte-Plus" erteilt werden,).
Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen". Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.
Die Vertretungsbehörden im Ausland wenden nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder unmittelbar noch mittelbar das AVG an. Das Verfahren richtet sich vielmehr nur nach dem Visakodex und den besonderen Verfahrensvorschriften des Fremdenpolizeigesetzes (nunmehr §§ 11 und 11a FPG; vgl. zur Rechtslage vor dem 01.01.2014 VwGH 13.12.2012, 2012/21/0070; 24.10.2007, 2007/21/0216). Dies gilt unverändert auch nach der mit 01.01.2014 in Kraft getretenen aktuellen Rechtslage, weil vom Gesetzgeber diesbezüglich eine Änderung nicht beabsichtigt war (Gruber, Die Frage der Anwendung des AVG für Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten im Hinblick auf die Novellierung des EGVG durch BGBl. I 33/2013, FABL 3/2013, 17 ff).
Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gibt, war spruchgemäß zu entscheiden.
Der gegenständliche Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels wurde am 19.08.2016 und damit nach Inkrafttreten des § 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016, eingebracht, weshalb § 35 AsylG 2005 in der aktuellen Fassung BGBl. I Nr. 145/2017 anzuwenden ist. Da der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des § 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und die Antragstellung innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten erfolgte, waren die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht zu erfüllen.
3.7. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Ehe, Einreisetitel, Gültigkeit, ordre public, österreichischeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W243.2161515.1.00Zuletzt aktualisiert am
23.01.2018