Entscheidungsdatum
08.01.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W175 2179764-1/5E
W175 2179769-1/5E
W175 2179761-1/5E
W175 2179766-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. NEUMANN über die Beschwerden 1.) des XXXX , geboren am XXXX , 2.) der XXXX , geboren am XXXX , 3.) der XXXX , geboren am XXXX , und 4.) der XXXX , geboren am XXXX , tadschikische Staatsangehörige, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.11.2017, Zahlen: 1.) 1156750808/170718286, 2.) 1156751304/170718332, 3.) 1156749404/170718367 und 4.) 1156749502/170718391 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Erstbeschwerdeführer (in Folge: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (in Folge: BF2) sind verheiratet und Eltern der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin (in Folge: BF3 und BF4). Die BF brachten nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 18.06.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (AsylG), ein.
Ein Eurodac-Abgleich der Fingerabdruckdaten der BF ergab keinen Treffer. Im Visainformationssystem scheinen Visaerteilungen der litauischen Botschaft in St. Petersburg auf, wonach den BF Schengenvisa der Kategorie C, gültig vom 09.06.2017 bis 08.07.2017, erteilt worden waren.
I.2. Im Rahmen der Erstbefragung am 19.06.2017 gab der BF1 im Wesentlichen an, dass er volljährig und alle BF tadschikische Staatsangehörige seien. Sie seien nicht im Besitz eines Identitätsdokumentes, da der Schlepper ihnen die Dokumente abgenommen habe. Zuletzt sei er von Beruf Taxifahrer gewesen.
Die BF seien über die Russische Föderation, Litauen und ihnen vorgeblich unbekannte Länder schlepperunterstützt nach Österreich gelangt. Über die Durchreiseländer könne der BF1 nichts angeben.
Die BF2 gab bei der Erstbefragung an, dass sie volljährig sei. Sie habe studiert und sei Lehrerin gewesen. Sie könne weder über die Durchreiseländer noch über die Umstände der Reise, noch über die Schlepper oder die Transportmittel irgendwelche Angaben machen.
Die BF gaben keine gesundheitlichen Probleme an, sie hätten in Österreich keine Verwandten oder näheren Bekannten.
I.3. Aufgrund der VIS-Treffers richtete das BFA an Litauen am 19.06.2017 ein auf Art. 12
Abs. 2 oder 3 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), gestütztes Aufnahmeersuchen betreffend die BF.
I.4. Mit Schreiben vom 01.09.2017, stimmten die litauischen Behörden der Aufnahme der BF gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.
I.5. Anlässlich der Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs vor dem BFA am 12.10.2017 gab der BF1 nach erfolgter Rechtsberatung und im Beisein eines Rechtsberaters in Tadschikisch befragt im Wesentlichen Folgendes an:
Er könne keine Identitätsdokumente vorlegen.
Er sei gesund und habe in Österreich keine Verwandten oder näheren Bekannten.
Er sei verheiratet und habe zwei Töchter.
Über den Schlepper und die Verständigung mit ihm könne er keine Angaben machen. Er wisse nicht, über welche Länder er nach Österreich gereist sei.
Nach konkreten Gründen befragt, die einer Rückkehr nach Litauen entgegenstünden, gab der BF1 lediglich an, dass er nicht zurück wolle.
Die BF2 gab zusätzlich an, dass sie sich 5 Tage in Litauen aufgehalten hätten. Dabei hätten sie bemerkt, dass die Litauer keine gute Beziehung zu muslimischen Leuten hätten. Nachgefragt gab sie an, dass sie eines Tages Brot habe kaufen wollen und dabei nach dem Weg gefragt habe. Die Leute hätten nicht mit ihr gesprochen. Sie habe einen Zettel aus dem Computer ausgedruckt auf dem stehe, dass die Leute in Litauen keine gute Beziehung zu Muslimen hätten. Dazu legten die BF folgende Unterlagen vor:
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Auszug aus dem Internet
(http://www.freiezeiten.net/Mohamed-flieht) über einen Bericht vom 30.09.2016 wonach 3 Familien, darunter auch M und seine Familie, aufgrund des EU-Quotensystems nach Litauen verteilt worden wären. Zusammenfassend kritisiert M die niedrige Sozialhilfe, die in Litauen ausbezahlt werde, und dass ihn die UN betrogen hätte, da ihm gesagt worden wäre, dass Litauen zu den Ländern der A-Klasse gehöre. Er hätte sich geweigert, ein Abkommen für Integration in Litauen zu unterschreiben und fordere kostenlose Flugtickets nach Kanada. Bei einer weiteren Familie aus Syrien hätte der Vater eine Arbeit bekommen und hätte die Familie auch versorgen können, wäre aber dann untergetaucht. Werde die Familie nicht zurückkehren, werde die Sozialhilfe nicht mehr ausbezahlt.
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Auszug aus dem Internet
(http://derstandard.at/2000022731602/Litauen-Stacheldraht-zwischen-Hoffnung-und-Vergessenwerden) über einen Bericht vom 01.11.2015 über das Registrierungszentrum für Ausländer in der litauischen Kleinstadt Pabrade. Die Einrichtung bestehe aus 2 Häusern, der Unterkunft für Asylwerber, hier sind die Asylwerber untergebracht, die auf ihren Bescheid warten, und dem Internierungszentrum für illegale Einwanderer, hier warten Asylwerber, die einen negativen Bescheid erhalten haben, oder illegale Einwanderer auf ihre Abschiebung. Es gebe für insgesamt 200 Insassen nur einen Sozialarbeiter, Insassen erzählten, dass es vorort keine Anwälte und nur mangelnde Information gebe und Übersetzer rar wären. Sei die Unterkunft für Asylwerber noch modern und sauber, so sei laut dem Vize-Leiter das Internierungszentrum mit 164 Personen momentan stark belegt. Es gebe Probleme mit der Hygiene und man könne die vorgeschriebenen fünf Quadratmeter pro Person nicht mehr bereitstellen. Viele würden sich im Gemeinschaftskorridor aufhalten, meistens am Boden sitzend, Karten spielend und rauchend, die Wachräume wären verschmutzt. Der Leiter des Zentrums gebe an, dass es sich nicht um 5 Sterne-Hotels handeln würde. Laut Human Rights Vertreter wären Konflikte oft nicht vermeidbar. Der Vize-Leiter erzähle, dass bei Problemen das Taschengeld gestrichen werde, oder eine Ausgangssperre für 24 Stunden verhängt werde. Asylwerber im Aufnahmezentrum könnten sich im Gegensatz zum Internierungslager für 24 Stunden frei bewegen. Menschenrechtler würden behaupten, dass die Flüchtlinge wie Kriminelle behandelt würden, als kämen sie aus einer niedrigen Klasse. Im Jahre 2014 habe es Aufregung über das Essen, das auch Fleisch beinhalte, gegeben. Der Leiter des Zentrums gebe an, dass man vom Gesetz her nicht verpflichtet wäre, den religiösen Glauben zu beachten, mittlerweile habe sich der Speiseplan geändert. 2015 hätten bis September 205 Menschen einen Asylantrag gestellt, 53 hätten einen positiven Bescheid erhalten. Abschließend werde von einer Menschenrechtlerin bekrittelt, dass Wachhunde eingesetzt würden und auch das Erscheinungsbild des Personals, bewaffnet und in Uniform, patrouillierend vor und innerhalb des Zentrums, nichts mit Integration zu tun habe.
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Auszug aus dem Internet
(http://www.media4change.co/investigations/journalistic-experiment-means-muslim-lithuania/6/) über einen Bericht in der Wochenzeitung Veidas vom 13.08.2015, wonach zwei Journalistinnen versucht hätten in Litauen als Muslime zu leben. Zusammenfassend werde angegeben, dass ca. 3000 Muslime, vorwiegend Tataren, die meisten ohne Kopftücher und langen Gewändern in Litauen leben würden. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs werde eine Tendenz bemerkt, dass immer mehr litauische Frauen Beziehungen mit Muslimen begännen und oft konvertierten. Dennoch scheine es, als ob es in Litauen keine Muslime, Homosexuelle und gleichgeschlechtliche Paare gebe, da diese oft aufgrund von Intoleranz der Gesellschaft gezwungen wären, ein doppeltes Leben zu führen. Die jüngste Sozialerhebung zeige, dass ein Drittel der Litauer nicht in der Nachbarschaft leben und ein Fünftel nicht mit Ihnen zusammenarbeiten wolle. Eine zum Islam konvertierte Litauerin habe angegeben, dass Sie sich nicht traue, ihre Konvertierung Freunden anzuvertrauen. Sie trage auch nur ein schwarzes Kleid und eine Niqab, wenn Sie das Mutterland ihres Mannes besuche. Es passiere in Frankreich, dass solche bekleideten muslimischen Frauen vergewaltigt und geschlagen würden.
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Auszug aus dem Internet
(https://borgenproject.org/facts-refugees-in-lithuania/) über einen Bericht vom 26.06.2017 in welchem 10 Fakten über Flüchtlinge in Litauen festgehalten seien. Zusammenfassend werde festgehalten, dass die Sozialleistungen niedrig wären und von den 90 anerkannten Flüchtlingen nur noch 72 übrig wären. Der Rest wäre auf der Suche nach höheren Löhnen und besseren Arbeitsplatzverfügbarkeiten in andere Länder geflohen, da sie Angst gehabt hätten, in Litauen zu verhungern. Litauen könne seinen eigenen Bürgern nicht genug Arbeit bieten. Die Bevölkerung Litauens wäre im letzten Jahrzehnt um 12 Prozent geschrumpft. Flüchtlinge wären von der Hälfte der Bürger des Landes mit Widerstand konfrontiert und sie hätten Schwierigkeiten, Arbeit zu finden.
Überdies habe die BF3 gesundheitliche Probleme gehabt und habe nicht schlafen können. In Österreich habe man sie ins Krankenhaus geschickt. Außerdem wachse das Kind nicht richtig. Nachgefragt, was diagnostiziert worden sei, gab die BF2 an, dass es eine Krankheit sei. Wenn die BF4 etwas Schlechtes esse, habe sie Bauchweh. Auf Vorhalt, dass aus den vorgelegten Unterlagen hervorgehe, dass die BF4 Zöliakie habe und glutenfrei essen müsse, gab die BF2 lediglich an, es stimme, sie müsse glutenfrei essen.
Zu Litauen befragt gab die BF2 an, dass sie nicht zurück wolle. Sie habe gehört, dass man dort pro Person nur € 10,- im Monat bekomme. Außerdem hätten die Ärzte hier festgestellt, dass sie möglicherweise dieselbe Krankheit wie die BF4 habe. Sie könnten sich das glutenfreie Essen nicht leisten. Zum verminderten Wachstum der BF4 befragt, gab die BF2 an, dass sie Medikamente bekommen habe.
Zur BF4 wurden medizinische Unterlagen vorgelegt. Darunter ein Entlassungsbrief vom 23.06.2017, aus dem hervorgeht, dass die BF4 seit sechs Wochen unter Erbrechen, chronischen Durchfällen, Erschöpfung und Appetitlosigkeit leide. Seit zwei (!) Jahren könne sie in der Früh nicht aufstehen und gehen, da sie ihre Beine nicht fühle. Laut BF2 habe sie bisher keine "Blutprobleme" gehabt. Festgestellt wurde eine Anämie, eine Gedeihstörung und Mal-absorption, bei der BF wurde eine Bluttransfusion durchgeführt, weiters wurden ihr eisenhaltige Präparate verordnet.
Am 19.07.2017 wurde bei der BF4 Zöliakie und Eisenmangel festgestellt und der BF2 eine glutenfreie Ernährung der BF4 erklärt.
Am 17.08.2017 sprachen die BF erneut im Krankenhaus vor, der BF4 gehe es laut BF2 besser, sie habe keine Beschwerden. Diagnostiziert wurde Zöliakie und dadurch bedingte Anämie.
Der Endbefund vom 23.08.2017 weist eine "deutliche Befundbesserung" aus und regt eine Kontrolle in drei Monaten an.
I.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA, EAST-West, mit den beschwerdegegenständlichen Bescheiden vom 14.11.2017, zugestellt am nächsten Tag, die Anträge auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass Litauen für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 12
Abs. 4 der Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Die Außerlandesbringung der BF wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG, angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der BF nach Litauen gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Den Bescheiden sind aktuelle Feststellungen zu Litauen zu entnehmen:
1. Allgemeines zum Asylverfahren in Litauen
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (MD 8.10.2017; vgl. MD 25.1.2014, MD 27.1.2014, MD 13.3.2015, RoL 28.4.2015, USDOS 3.3.2017; für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).
Quellen:
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MD – Migracijos Departamentas (8.10.2014): Where to apply?, http://www.migracija.lt/index.php?-169402599, Zugriff 3.5.2017
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MD – Migracijos Departamentas (25.1.2014): Examining an application, http://www.migracija.lt/index.php?21088311, Zugriff 3.5.2017
-
MD – Migracijos Departamentas (27.1.2014): Rights and duties during the examination of an asylum, http://www.migracija.lt/index.php?-305003643, Zugriff 3.5.2017
-
MD – Migracijos Departamentas (13.3.2015): Asylum procedure in details, http://www.migracija.lt/index.php?-805149127, Zugriff 3.5.2017
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RoL – Republic of Lithuania (28.4.2015): Law on the legal status of aliens,
https://e-seimas.lrs.lt/portal/legalAct/lt/TAD/d7890bc0fa2e11e4877aa4fe9d0c24b0?jfwid=181l7li0hc, Zugriff 3.5.2017
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USDOS – US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights, http://www.ecoi.net/local_link/337170/479934_de.html, Zugriff 3.5.2017
2. Dublin-Rückkehrer
Nach Art. 72 (3) des litauischen Gesetzes über den legalen Status von Fremden, muss Litauen einen Asylantrag inhaltlich prüfen, wenn es für die Abwicklung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß Artikel 76 (2), ist Asylwerbern, die im Rahmen des Dublin-Abkommens nach Litauen zurückgeschickt werden, weil Litauen für deren Verfahren zuständig ist, temporäres territoriales Asyl zuzusprechen (= für das Verfahren) (RoL 28.4.2015).
Der Zugang zum Asylverfahren nach Dublin Rücküberstellung ist vom Stand des Verfahrens in Litauen abhängig. Wenn ein Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Litauen innerhalb eines Monats im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren automatisch wieder aufgenommen. Ist mehr als ein Monat vergangen, hat der Rückkehrer das Recht einen neuen Antrag zu stellen, welcher als Folgeantrag gilt. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche Litauen verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst zu laufen, wenn die Entscheidung dem Antragsteller zugestellt werden konnte, als nach Rückkehr (EASO 12.2015).
Litauen macht bei der Bereitstellung von Versorgungsleistungen für Dublin-Fälle keinen Unterschied zu anderen Antragstellern (lediglich im Grenzverfahren gelten andere Regeln) (EASO 2.2016).
Quellen:
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EASO – European Asylum Support Office (12.2015): Quality Matrix
Report: Dublin procedure, per E-Mail
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EASO – European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix
Report: Reception conditions, per E-Mail
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RoL – Republic of Lithuania (28.4.2015): Law on the legal status of aliens,
https://e-seimas.lrs.lt/portal/legalAct/lt/TAD/d7890bc0fa2e11e4877aa4fe9d0c24b0?jfwid=181l7li0hc, Zugriff 3.5.2017
3. Non-Refoulement
Die litauischen Behörden erlauben Asylwerbern, die aus sicheren Transitländern kommen, nicht den Zutritt zum Territorium. Stattdessen werden sie ohne inhaltliche Überprüfung des Vorbringens in das Transitland zurückgeschickt (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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USDOS – US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights, http://www.ecoi.net/local_link/337170/479934_de.html, Zugriff 3.5.2017
4. Versorgung
In Litauen gibt es zwei Zentren zur Unterbringung von Fremden. Das Fremdenregistrierungszentrum (FRC) in Pabrade verfügt über zwei Bereiche: einen offenen Teil für Asylwerber im Asylverfahren und einen geschlossenen Teil für inhaftierte Migranten. (UNHCR 9.2014). AW, die ihren Aufenthalt nicht selbst finanzieren können oder illegal eingereist sind bzw. aufhältig sind, werden im FRC in Pabrade untergebracht. Ein AW der legal eingereist ist, kann in Absprache mit dem Migrationsamt seine Unterbringung selbst besorgen (MD 25.1.2014). Im Unterbringungszentrum für Asylwerber in Rukla (RCR) werden vulnerable Personen sowie unbegleitete minderjährige Asylwerber, aber auch anerkannte Flüchtlinge im Integrationsprozess untergebracht (UNHCR 9.2014; vgl. EMN 2014; EASO 2.2016).
Die Kapazitäten der beiden Zentren betragen 98 Plätze im geschlossen Bereich von Pabrade und 88 Plätze im offenen Bereich, sowie 20 Plätze in Rukla. Also insgesamt 206 Plätze. Alle Antragsteller in Litauen erhalten ein Taggeld in Höhe von EUR 10,- im Monat (EASO 2.2016).
Unbegleitete Minderjährige sind, im Einvernehmen mit ihrem Vormund und unter Rücksichtnahme auf ihre Wünsche und ihre Reife, bei ihrem Vormund oder in einem Flüchtlingsunterbringungszentrum unterzubringen, es sei denn, der gesetzliche Vertreter entscheidet anderes. Das Fremdenregistrationszentrum dient auch der geschlossenen Unterbringung von Fremden zur Identitätsfeststellung, Feststellung der Reiseroute und auch zur Außerlandesbringung. Das Flüchtlingsunterbringungszentrum dient der Unterbringung und sozialen Integration anerkannter Flüchtlinge und unbegleiteter Minderjähriger (RoL 28.4.2015, Art. 79).
UMA werden in einem eigenen Sektor untergebracht. Ein Vormund vertritt ihre Rechte, es gibt Sozialarbeiter und die UMA erhalten soziale, psychologische, medizinische und schulische Hilfe. Die Jugendlichen lernen Litauisch und besuchen Schulen im Bezirk Jonava. Das Zentrum arbeitet mit dem Children’s Rights Protection Service Jonava und den Schulen in Jonava und Rukla zusammen (RPPC o.D.).
Während des Asylverfahrens dürfen Asylwerber keine Berufstätigkeit ausüben. Kinder und UMA haben jedoch Zugang zu Bildung (MD 8.2.2017).
Das litauische Rote Kreuz arbeitet seit 1996 mit Asylwerbern und anerkannten Flüchtlingen. Seit 2004 bietet es in Kooperation mit UNHCR eine rechtliche Unterstützung für Asylwerber, Flüchtlinge, Staatenlose und Migranten an. Die Rechtsberatung wird in den Unterbringungszentren für Asylwerber in Pabrade und Rukla, aber auch in den Zentren des RK in Vilnius, im InLt Zentrum in Kaunas und im Infozentrum in Klaipeda zur Verfügung gestellt. Die juristische Unterstützung kann bei der Antragsstellung, Vertretung vor Behörden und Gerichten in Anspruch genommen werden (RC o.D.a; vgl. RC o.D.f). 2010 schlossen das litauische RK, UNHCR und die litauische Grenzwache ein Kooperationsabkommen, das es Beobachtern des RK erlaubt, die Asylantragstellung an der Grenze und im Registrierzentrum Pabrade und die Unterbringungsbedingungen für Asylwerber zu überwachen (RC o.D.a; vgl. RC o.D.b). Der Schwerpunkt liegt jedoch bei sozialer Hilfe: Zurverfügungstellung von Lebensmittel an der Grenze, humanitäre Unterstützung mit Kleidung und Hygieneartikel auch für inhaftierte Asylwerber, Hilfe bei der Arbeitssuche, medizinische Versorgung (RC o.D.c). Darüber hinaus bietet es psychologische Hilfe sowohl in den Standorten des RK in Kaunas und in Klaipeda als auch in Pabrade für inhaftierte Asylwerber; Berufs- und Bildungsberatung und Sprachkurse und setzt Projekte der öffentlichen Bewusstseinsbildung um. Die Menschen erhalten Hilfe vom ersten Tag ihrer Ankunft im Land bis zum Ende ihrer erfolgreichen Integration (RC o.D.c; vgl. RC o.D.d). In Zusammenarbeit mit verschiedenen NGOs und Regierungsbehörden setzt das litauische RK Programme und Projekte zur Verbesserung der Aufenthaltsbedingungen für Asylwerber um (RC o.D.e; vgl. RC o.D.g).
Quellen:
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EASO – European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix
Report: Reception conditions, per E-Mail
-
MD – Migracijos Departamentas (25.1.2014): Examining an application, http://www.migracija.lt/index.php?21088311, Zugriff 3.5.2017
-
MD – Migracijos Departamentas (2016): Information for asylum seekers, http://www.migracija.lt/index.php?-2140151560, Zugriff 3.5.2017
-
RoL – Republic of Lithuania (28.4.2015): Law on the legal status of aliens,
https://e-seimas.lrs.lt/portal/legalAct/lt/TAD/d7890bc0fa2e11e4877aa4fe9d0c24b0?jfwid=181l7li0hc, Zugriff 3.5.2017
-
RC – Red Cross (o.D.a): Teisin? pagalba, http://www.redcross.lt/teisine-pagalba, Zugriff 3.5.2017
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RC – Red Cross (o.D.b): Pasienio steb?sena, http://www.redcross.lt/pasienio-stebesena, Zugriff 3.5.2017
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RC – Red Cross (o.D.c): Socialin? pagalba, http://www.redcross.lt/socialine-pagalba, Zugriff 3.5.2017
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RC – Red Cross (o.D.d): Psichologin? pagalba, http://www.redcross.lt/psichologine-pagalba, Zugriff 3.5.2017
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RC – Red Cross (o.D.e): Integracija, http://www.redcross.lt/integracija, Zugriff 3.5.2017
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RC – Red Cross (o.D.f): Advokacija, http://www.redcross.lt/advokacija, Zugriff 3.5.2017
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RC – Red Cros (o.D. g): Projektai, http://www.redcross.lt/projektai, Zugriff 3.5.2017
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RPPC – Homepage des Flüchtlingsaufnahmezentrums Rukla (o.D.):
Activity with unaccompanied minors, http://www.rppc.lt/9919/services/activity-with-unaccompanied-minors.html, Zugriff 3.5.2017
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UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees (9.2014):
Integration of refugees in Lithuania, Participation and Empowerment, http://www.refworld.org/pdfid/58a486e34.pdf, Zugriff 3.5.2017
4.1. Medizinische Versorgung
Asylwerber erhalten im Rahmen der allgemeinen Krankenversorgung notwendige medizinische Versorgung (zum Unterschied von lediglich Notfallversorgung einerseits und vollem Zugang zu medizinischer Versorgung andererseits). Vulnerable Antragsteller haben Zugang zu psychologischer Unterstützung (EASO 2.2016).
Asylwerber haben im Asylverfahren u.a. das Recht auf notwendige medizinische Versorgung (MD 13.7.2016).
MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).
Quellen:
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EASO – European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix
Report: Reception conditions, per E-Mail
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MedCOI – Medical Country of Origin Information (14.12.2016):
Auskunft MedCOI, per E-Mail
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MD – Migracijos Departamentas (13.7.2016): Teis?s ir pareigos prieglobs?io proced?ros metu (Rechte und Pflichten von Asylwerbern), http://www.migracija.lt/index.php?1711717555, Zugriff 3.5.2017
5. Schutzberechtigte
Das litauische Gesetz über den legalen Status von Fremden regelt u. a. auch Fragen der Integration in Litauen (RoL 28.4.2015). Für die Umsetzung der Integrationsmaßnahmen ist das Ministerium für Arbeit und Sicherheit (MSSL) zuständig. Die Behörden haben jedoch Verträge mit NGOs wie das Litauische Rote Kreuz oder Caritas, die z.B. bei der Suche nach Unterkunft und Arbeit helfen. Anerkannte Flüchtlinge sind in Litauen zu einer zweigliedrigen Integrationshilfe berechtigt. Zuerst leben Schutzberechtigte für 8-12 Monate in Rukla. Die dortige Aufenthaltszeit beträgt bei vulnerablen Personen höchstens 18 Monate und bei UMA bis zur Vollendung des 18 Lebensjahrs. Dann folgt eine Integrationsphase bis zu 12 Monate außerhalb des Zentrums in einer Gemeinde; diese Dauer ist bei Vulnerablen verlängerbar. Die Gesamtdauer der Integration in Rukla und in der Gemeinde kann in unvorhergesehenen Fällen weiter verlängert werden, kann aber die gesetzlich festgelegten 5 Jahre nicht überschreiten. Nach dem ersten Jahr werden jedoch die staatlichen finanziellen Unterstützungen kontinuierlich reduziert. Während der Integration erhalten anerkannte Flüchtlinge Sozialhilfe, Krankenversorgung, rechtliche Unterstützung, intensives Sprachtraining, Jobberatung und –training, Kindergartenbetreuung, Vorschul- und Schulunterricht für Kinder und psychologische Unterstützung. Es gibt finanzielle Beihilfe für Niederlassung, Wohnung, Sprachtraining, Bildung, Krankenversicherung, usw. (UNHCR 9.2014).
Litauisches Rotes Kreuz und Caritas Litauen kooperieren mit den Behörden und unterstützen Asylwerber bzw. anerkannte Flüchtlinge. Das litauische Rote Kreuz betreibt mit finanzieller Unterstützung der EU ein Integrationszentrum für Flüchtlinge in Kaunas. Die Caritas unterstützt Flüchtlinge in Vilnius (UNHCR 9.2014; vgl. RPPC 2013).
Quellen:
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RoL - Republic of Lithuania (28.4.2015): Law on the Legal Status of Aliens No. IX-2206, 29.4.2004 (Version valid from 28 April 2015), http://www3.lrs.lt/pls/inter3/dokpaieska.showdoc_e?p_id=1031831&p_tr2=2, Zugriff 3.5.2017
-
RPPC – Homepage des Flüchtlingsaufnahmezentrums Rukla (2013): THE
LIFE OF REFUGEES IN LITHUANIA: IMPRESSIONS OF THE COUNTRY, ASPECTS
OF INTEGRATION AND FUTURE PLANS,
http://www.rppc.lt/files/323/ruklos_knyga-LT-En.pdf, Zugriff 3.5.2017
-
UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees (9.2014):
Integration of refugees in Lithuania, Participation and Empowerment, http://www.refworld.org/pdfid/58a486e34.pdf, Zugriff 3.5.2017
Beweiswürdigend wurde im Bescheid hervorgehoben, dass die Identität der BF nicht feststehe. Schwere akut lebensbedrohliche Krankheiten seien von den BF weder behauptet noch belegt worden. Die BF seien nicht als vulnerabel einzustufen. Die BF hätten keine weitergehenden Bindungen zu Österreich.
Aus den Länderfeststellungen zu Litauen ergebe sich, dass die allgemeine Lage für nach Litauen überstellte Asylwerber keineswegs die reale Gefahr einer gegen menschenrechtliche Bestimmungen verstoßende Behandlung erkennen lasse. Die Grundversorgung beziehungsweise die medizinische Notversorgung für Asylwerber sei in Litauen gewährleistet. Auch anderen Fremden stehe der Zugang zu einer medizinischen Notversorgung offen.
In einer Gesamtbetrachtung habe sich daher kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.
Zudem hätten sich keine Hinweise ergeben, dass durch die Außerlandesbringung unzulässigerweise in das Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens eingegriffen werden würde.
Es gäbe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidung gemäß § 61 Abs. 3 FPG aufzuschieben.
I.8. Mit 15.11.2017 stellte das BFA den BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG einen Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge: BVwG) amtswegig zur Seite.
I.9. Mit 12.12.2017 brachten die BF fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde ein, mit dem die Bescheide gesamtinhaltlich wegen Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten wurden.
Ausgeführt wurde, dass sich in Litauen "diverse menschenunwürdige und erniedrigende Vorfälle" ereignet hätten. Unter anderem seien die BF rassistisch beschimpft, aus einer Apotheke geworfen und die BF4 nicht in notwendigen Maße medizinischen versorgt worden. Ebenso sei dem BF1 in Litauen unter Zwang der Bart abrasiert worden. Der BF1 sei mehrmals auf eine Polizeiwache mitgenommen worden, wo ihn ein Freund habe freikaufen müssen. Daher seien die BF nach Österreich weitergereist, wo die BF4 sofort eine Blutspende und die notwendige medizinische Versorgung erhalten habe. Es habe sich in Österreich der Verdacht ergeben, dass die BF2 unter derselben oder einer ähnlichen Krankheit leide wie die BF4. Der behandelnde Arzt der BF4 halte einen Transfer aus ärztlicher Sicht für nicht möglich. Die BF2 solle überdies für zwei bis vier Wochen eine Nahrungsmittelumstellung auf glutenfreie Ernährung vornehmen, da sie Kopfschmerzen habe und Zöliakie in der Familie vorkomme. Durch die Erkrankung der BF2 liege daher ebenfalls eine Gefährdung vor, da sie sich um die Kinder kümmern müsse. Verwiesen wurde auf das Jahr 2014, in dem es Aufregung um das Essen gegeben habe, da dieses auch Fleisch enthalte. Allerdings gebe es auch vegetarisches Essen, die im Speisesaal ausgehängte Menükarte sei allerdings in Russisch und Litauisch verfasst. Die BF2 müsse gegebenenfalls die beiden Kinder alleine versorgen, wenn der Mann getrennt untergebracht werde. Vegetarische Kost könne bei Glutenunverträglichkeit ebenso gefährlich sein. Da bei einem Fehlverhalten die Gefahr bestehe, dass das Taschengeld gekürzt werde, könne die Familie auch keine glutenfreie Nahrung kaufen.
I.10. Die Beschwerdevorlage an die zuständige Gerichtsabteilung des BVwG iSd § 16 Abs. 4 BFA-VG erfolgte am 15.12.2017.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in:
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den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschrift der Erstbefragung am 19.06.2017, das Protokoll der Niederschrift vom 12.10.2017 und die Beschwerde vom 12.12.2017
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die bereist angeführten Befunde der BF4
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aktenkundliche Dokumentationsquellen betreffend Litauen im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerde.
II.2. Feststellungen:
II.2.1. Die BF geben an, Staatsangehörige von Tadschikistan zu sein. Ihre Identität steht lediglich mit für das gegenständliche Verfahren ausreichender Sicherheit fest. Der BF1 und die BF2 sind volljährig, die BF3 und die BF4 sind die gemeinsamen Kinder.
II.2.2. Die BF reisten zu einem unbekannten Zeitpunkt mit einem Schengenvisum der Kategorie C, gültig vom 09.06.2017 bis 08.07.2017, ausgestellt von der litauischen Botschaft St. Petersburg, in das Gebiet der Mitgliedstaaten ein und stellten am 18.06.2017 in Österreich gegenständliche Anträge auf internationalen Schutz.
II.2.3. Am 19.06.2017 richtete das BFA aufgrund der Sachlage ein Aufnahmeersuchen gemäß Art. 12 Abs. 2 oder 3 Dublin III-VO an Litauen, dass der Aufnahme gemäß Art. 12 Dublin III-VO mit Schreiben vom 01.09.2017 ausdrücklich zustimmte.
II.2.4. Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle einer Überstellung nach Litauen Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden. Im zuständigen Mitgliedstaat herrschen keine systemischen Mängel in Verfahren wegen internationalen Schutzes und wurden diese konkret und nachvollziehbar auch nicht behauptet. Als EU-Mitgliedsstaat hält das Land die Dublin III-VO ein. Asylwerber, deren Verfahren aufgrund der Dublin-Verordnung in Litauen geführt werden muss, erhalten ein reguläres Asylverfahren.
II.2.5. Akut lebensbedrohende Krankheiten konnten die BF nicht belegen. Die BF4 leidet unter Zöliakie und unter den mit der jahrelangen Missachtung der Zöliakie verbundenen Mangelerscheinungen. Die BF2 konnte eine Erkrankung nicht belegen oder glaubhaft machen.
II.2.6. Die BF haben keine entscheidungsrelevanten privaten, familiären oder beruflichen Bindungen zu Österreich.
II.3. Beweiswürdigung:
II.3.1. Die Feststellungen zum Reiseweg der BF ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen in Zusammenhang mit der vorliegenden Aktenlage.
Die Feststellungen zur Zuständigkeit Litauens ergeben sich aus den Angaben der BF, der Konsultation sowie aus der ausdrücklichen Zustimmung Litauens.
Aus der Aktenlage ergibt sich im Übrigen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit weder, dass die BF zwischen ihrer Einreise mit dem litauischen Visum und ihrer Ankunft in Österreich das Gebiet der Mitgliedstaaten verlassen haben, noch wurde von den BF Gegenteiliges vorgebracht.
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und zum Gesundheitszustand der BF ergeben sich aus ihren eigenen Angaben und aus der Aktenlage. Die BF brachten keine lebensbedrohlichen Krankheitsaspekte vor und äußerten keine konkreten zu Österreich bestehenden besonders engen sozialen, familiären oder beruflichen Beziehungen.
Es wurde von den BF kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren (siehe Punkt II.4.3.3.). Eine die BF konkret treffende Bedrohungssituation in Litauen wurde nicht substantiiert vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen in Punkt II.4.3.2.).
II.3.2. Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Litauen auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen. Zur Aktualität der Quellen älteren Datums verwies das BFA im angefochtenen Bescheid darauf, dass zwischenzeitlich keine entscheidungsrelevante Änderung der Lage eingetreten sei, dieser Einschätzung wird vom erkennenden Gericht im Wesentlichen beigepflichtet (vgl. näher unter Punkt II.4.3.2.).
Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen in Zusammenschau mit laufender Medienbeobachtung ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das litauische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des BVwG insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die Abschiebepraxis, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Litauen den Feststellungen der verwaltungsbehördlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderfeststellungen klar und substantiell widersprechen würden, haben die BF nicht dargetan.
Die vorgelegten Berichte sind zum Teil subjektiv gefärbte Zeitungsberichte, die sich vor allem damit beschäftigen, dass die sozialen Unterstützungsleistungen nicht so hoch wären, wie etwa in Deutschland und das dies bei den Asylwerbern Enttäuschung auslöse. Eine mangelnde Unterstützung lässt sich daraus jedoch nicht ableiten. Etwa auch eine weitergehende Diskriminierung muslimischer Personen lässt sich aus dem vorgelegten Artikel nicht erkennen. Dass die BF Gefahr liefen, getrennt untergebracht zu werden, ist rein spekulativ, aus dem vorgelegten Artikel über die Unterbringung von vulnerablen Asylwerbern lässt sich erkennen, dass diese bei Bedarf sehrwohl eine gesonderte Unterbringung und Versorgung erhalten. Sachlich fundierte Unterlagen wurden diesbezüglich nicht vorgelegt.
II.4. Rechtliche Beurteilung:
II.4.1. Die gegenständliche Beschwerde ist nach dem 02.02.2015 beim BVwG anhängig geworden, sodass insgesamt nach der Rechtslage ab diesem Tag vorzugehen ist.
Gemäß § 6 Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 82/2015 (VwGVG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.