TE Dok 2017/11/17 104 Ds 2/17w

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Veröffentlicht am 17.11.2017
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Norm

BDG 1979 §43

Schlagworte

Dienstpflichtverletzung

Text

DISZIPLINARERKENNTNIS

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz hat durch die Senatspräsidentin des OLG Dr. Ingrid Brandstätter als Vorsitzende und die weiteren Mitglieder des Disziplinarsenates Richterin des LG Mag. Helga Moser und ADir Markus Eder in der Disziplinarsache gegen FOI *** *** nach der am 3.10.2017 in Anwesenheit des Disziplinaranwaltes StA Dr. Andreas Leo, LL.M., der Disziplinarbeschuldigten FOI *** *** sowie des Schriftführers RiAA Mag. Paul Menardi durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

         FOI *** *** ist

s c h u l d i g ,

sie hat in *** in ihrer Eigenschaft als *** der Staatsanwaltschaft ***, sohin als Beamtin, mit dem Vorsatz, dadurch die Republik Österreich an ihrem Recht darauf, Abfragen von elektronischen Daten ausschließlich bei vorliegender Berechtigung und dienstlicher Notwendigkeit durchzuführen, sowie nachgenannte Personen an ihrem Grundrecht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten, an denen diese Personen ein schutzwürdiges Interesse haben, zu schädigen, ihre Befugnis, im Namen des Bundes als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem sie im elektronischen Abfragesystem der Justiz (VJ) am 17.2.2016 Einsicht in die Daten der Strafsache *** St ***/*** der Staatsanwaltschaft *** (Beschuldigter *** ***, Opfer Dr. *** ***) sowie einmal am ***, zweimal am *** und einmal am *** in die damit verkettete Strafsache *** Hv ***/*** des Landesgerichtes *** genommen hat.

FOI *** *** hat hiedurch gegen ihre Dienstpflichten, ihre dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs 1 BDG 1979) und in ihrem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs 2 BDG 1979), verstoßen und damit Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen. Über FOI *** *** wird hiefür gemäß § 126 Abs 2 iVm § 92 Abs 1 Z 2 BDG 1979 eine

Geldbuße in Höhe von EUR 400,-- (Euro vierhundert)

verhängt.

Gemäß § 117 Abs 2 BDG 1979 werden die von der Disziplinarbeschuldigten FOI *** *** zu ersetzenden Verfahrenskosten mit EUR 100,-- bestimmt.

BEGRÜNDUNG:

Aufgrund der Disziplinaranzeige der Oberstaatsanwaltschaft *** als Dienstbehörde vom *** samt Beilagen (ON ***), der Gehaltsauskunft (ON ***), der Einsichtnahme in den Akt *** St ***/*** der Staatsanwaltschaft *** sowie der Verantwortung der Disziplinarbeschuldigten steht folgender Sachverhalt fest:

Die am *** geborene FOI *** *** ist seit *** im Justizdienst, davon seit *** als *** bei der Staatsanwaltschaft ***, wobei sie mit Wirksamkeit vom *** auf eine A3/5-Planstelle als Beamtin ernannt wurde. Sie führt den Amtstitel „Fachoberinspektorin“ Nach der aktuellen Geschäftsverteilung der Staatsanwaltschaft *** für das Jahr 2016 führt FOI *** *** die Geschäftsabteilung *** mit *** Strafsachen, Strafsachen gegen *** oder ****, Strafsachen nach *** und ***sachen. Sie unterliegt der Revision.

Die Disziplinarbeschuldigte ist verheiratet und hat keine Sorgepflichten. Ihr Ehegatte bezieht ein monatliches Nettoeinkommen von circa EUR ***. Das monatliche Nettoeinkommen der FOI *** *** beträgt EUR *** (brutto EUR ***), dies 14-mal jährlich. Sie ist Hälfteeigentümerin eines Einfamilienhauses. Aus einem für den Hausbau aufgenommenen Kredit haften noch insgesamt EUR ***,-- aus, wobei die monatlichen Rückzahlungsraten EUR ***,-- betragen. Davon entfällt die Hälfte auf die Disziplinarbeschuldigte. Sie ist Eigentümerin eines PKWs der Marke ***, Bj ***. Ihre Strafregisterauskunft weist keine Eintragung auf.

FOI *** *** hat am *** im elektronischen Abfragesystem der Justiz (VJ) ohne dienstliche Notwendigkeit Einsicht in die dort gespeicherten Daten der von der Staatsanwaltschaft *** gegen *** *** wegen der Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB zu *** St ***/*** geführten Strafsache genommen. Zudem hat sie ohne dienstliche Notwendigkeit am *** einmal, am *** zweimal und am *** wiederum einmal in die damit verkettete Strafsache *** Hv ***/*** des Landesgerichtes *** Einsicht genommen.

Nachdem der Oberstaatsanwaltschaft *** mit Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom ***, BMJ-Pr***, eine Stichprobenliste zum Strafverfahren gegen *** *** wegen der Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB, *** St ***/*** der Staatsanwaltschaft ***, übermittelt wurde, sich daraus die am *** durch FOI *** *** offensichtlich ohne dienstliche Notwendigkeit erfolgte Abfrage in der VJ ergab und sich die Disziplinarbeschuldigte mit einem Versehen verantwortete, wurde sie am *** im Hinblick auf die vermeintlich einmalige Verfehlung und ihre bisher tadellose Laufbahn von LOStA Dr. *** *** gemäß § 110 Abs 2 BDG 1979 nach persönlicher Anhörung lediglich verwarnt. Erst danach langte eine Liste über Abfragen in der korrespondierenden Strafsache *** Hv ***/*** des Landesgerichtes *** ein, die am *** der Staatsanwaltschaft *** zur Überprüfung übermittelt wurde und woraus sich die weiteren oben festgestellten Abfragen durch FOI *** *** ergaben.

Von der strafrechtlichen Verfolgung der FOI *** *** wegen dieses Sachverhaltes (Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB) trat die Staatsanwaltschaft *** am *** nach Zahlung eines Geldbetrages von EUR ***,-- und eines Pauschalkostenbeitrages von EUR ***,-- gemäß § 200 Abs 5 StPO zurück.

Diese Feststellungen gründen sich auf die eingangs wiedergegebenen Beweismittel. Bei ihrer Anhörung am *** räumte FOI *** *** vor dem Leiter der Staatsanwaltschaft *** Dr. *** *** ein, dass sie in die Anklageschrift Einsicht genommen habe. Die Tochter der Mordopfer, Dr. *** ***, welche bei der Bezirkshauptmannschaft *** gearbeitet habe, habe vor vielen Jahren einen Streit mit einer Bekannten der Disziplinarbeschuldigten gehabt. Sie habe keine Informationen über das Verfahren an Außenstehende weitergegeben und könne den Beweggrund für die Einsichtnahme in das Hv-Register nicht angeben.

Anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme bei der Polizei am *** gab FOI *** *** im Wesentlichen zu Protokoll, am *** eine Namensabfrage für den Namen *** durchgeführt zu haben und zufällig auf die angeführte Strafsache gestoßen zu sein. Im **** *** habe sie der Hauptverhandlung vor dem Geschworenengericht beiwohnen wollen. Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung sei ihr das nicht möglich gewesen, weshalb sie sich im Register die Anklageschrift angesehen habe. Erst später habe sie erfahren, dass es einen Zusammenhang zwischen der Tochter der Mordopfer und einer Bekannten von ihr gebe.

Auch in der Disziplinarverhandlung zeigte sich die Disziplinarbeschuldigte einsichtig und umfassend geständig. Sie wisse, dass sie ohne dienstliche Notwendigkeit nicht in die im VJ gespeicherten Daten Einsicht nehmen dürfe. Die geständige Verantwortung der FOI *** *** deckt sich mit den Beweisergebnissen und konnte dem Schuldspruch unbedenklich zugrunde gelegt werden.

Gemäß § 43 Abs 1 BDG 1979 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen. Nach Abs 2 leg cit hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Die festgestellten Tathandlungen der FOI *** *** sind mit dem Erfordernis einer gewissenhaften Ausübung des Dienstes nicht vereinbar. Eine derartige Vorgangsweise ist darüber hinaus zweifellos geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Korrektheit der Amtsführung in erheblicher Weise zu beeinträchtigen. Auf ein tatsächliches Bekanntwerden der Vorfälle kommt es dabei nach ständiger Rechtsprechung nicht an (VwGH 18.10.1989, 89/09/0017; 20.11.2003, 2002/09/0088 uva).

Bei der Strafbemessung wertete der Senat das reumütige Geständnis und die bisherige strafrechtliche und disziplinäre Unbescholtenheit als mildernd, erschwerend hingegen das Zusammentreffen von fünf Disziplinarvergehen. Im Hinblick darauf, dass es sich um keine geringfügigen Disziplinarverfehlungen und auch nicht nur um ein einmaliges Fehlverhalten handelt, konnte mit der Disziplinarstrafe des Verweises nicht mehr das Auslangen gefunden werden. Ausgehend von der Schwere der Dienstpflichtverletzungen und unter Berücksichtigung der angeführten Strafzumessungsgründe sowie der persönlichen Verhältnisse und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Disziplinarbeschuldigten ist eine Geldbuße von EUR 400,-- schuld- und tatangemessen und ausreichend, aber auch notwendig, um die Beamtin von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Im Hinblick auf den Verfahrensaufwand, die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Disziplinarbeschuldigten waren die Verfahrenskosten mit EUR 100,-- zu bestimmen (§ 117 Abs 2 BDG 1979).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid kann binnen vier Wochen nach Zustellung durch den Disziplinaranwalt, nicht jedoch durch die Disziplinarbeschuldigte, die bereits ausdrücklich auf Rechtsmittel verzichtet hat, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden. Die Beschwerde ist schriftlich bei der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz einzubringen. Sie hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet und einen begründeten Beschwerdeantrag zu enthalten.

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2017
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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