Entscheidungsdatum
25.10.2017Norm
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2Spruch
W111 1242924-2/7E
Im Namen der Republik!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Dajani, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.07.2017, Zl. 732009806-161647533, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, iVm § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 24/2016, stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit, wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 19.01.2004 zur Zl. 242.924/0-VI/17/03 Asyl in Österreich gewährt und unter einem gemäß § 12 AsylG festgestellt, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
In der Folge wurde der Beschwerdeführer mehrfach straffällig, im Strafregister der Republik Österreich sind insgesamt sechs rechtskräftige Verurteilungen, unter anderem wegen Körperverletzungsdelikten und Verstößen gegen das Waffengesetz, ersichtlich, bezüglich derer es teils zur Verhängung von Geldstrafen, teils zur Verhängung bedingt nachgesehener Freiheitsstrafen gekommen ist (vgl. unten Punkt II.1.2).
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl leitete am 07.12.2016 amtswegig ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten ein und stellte mit Schreiben vom gleichen Datum an ein Bezirksgericht den Antrag auf Bestellung eines Abwesenheitskurators, zumal der Beschwerdeführer seit 03.08.2016 über keine aufrechte Meldung mehr im Bundesgebiet verfügen würde und weder an der letzten bekannten, noch an einer anderen, Adresse wohnhaft wäre.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX , wurde ein näher genannter Rechtsanwalt aufgrund des unbekannten Aufenthalts des Beschwerdeführers zu dessen Abwesenheitskurator bestellt.
Mit Schreiben vom 11.01.2017 wurde der Beschwerdeführer durch die Verwaltungsbehörde (im Wege seines Abwesenheitskurators) über das gegen seine Person eingeleitete Aberkennungsverfahren gemäß § 7 Abs 1 Z 3 AsylG informiert, zumal das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl davon ausginge, dass der Beschwerdeführer den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen offensichtlich in einem anderen Staat begründet hätte. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, hierzu sowie bezüglich einer allenfalls zu erlassenden Rückkehrentscheidung binnen Frist schriftlich Stellung zu beziehen sowie geeignete Dokumente zum Nachweis seiner Identität in Vorlage zu bringen. Unter einem wurde dem Beschwerdeführer ein umfassender Fragenkatalog hinsichtlich seiner Lebensumstände in Österreich übermittelt (vgl. AS 53 bis 63).
Gegen oben angeführten Beschluss des Bezirksgerichts XXXX wurde durch den bestellten Abwesenheitskurator mit Schriftsatz vom 16.01.2017 Rekurs eingebracht.
Mit Schreiben vom 02.02.2017 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Ersuchen an eine Landespolizeidirektion zwecks Erhebung, ob der Beschwerdeführer am letzten bekannten Aufenthaltsort nach wie vor wohnhaft sei. Diesbezüglich teilte die LPD XXXX mit E-Mail vom 03.02.2017 mit, dass der Beschwerdeführer seit geraumer Zeit nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet und dessen Aufenthaltsort nicht bekannt sei. Zu einem früheren Zeitpunkt habe der Vermieter des Beschwerdeführers mitgeteilt, keinen Kontakt zu diesem zu haben und über dessen Aufenthaltsort nicht Bescheid zu wissen.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX wurde dem Rekurs des Abwesenheitskurators nicht Folge gegeben.
Ab dem 06.03.2017 lag eine neuerliche Wohnsitzmeldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet vor. Am 08.03.2017 nahm dieser persönlich an einer Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht XXXX in einem gegen ihn geführten strafgerichtlichen Verfahren teil.
In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Schreiben vom 06.04.2017 neuerlich die zuvor dargestellte Aufforderung zur Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs an den Abwesenheitskurator.
Mit Schreiben vom 08.05.2017 ersuchte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bei der örtlich zuständigen Polizeidirektion um Erhebung, ob der Beschwerdeführer tatsächlich an einer näher angeführten Anschrift in XXXX wohnhaft sei (welche im ZMR als die ab dem 06.03.2017 aufrechte Wohnsitzmeldung des Beschwerdeführers aufschien). Diesbezüglich wurde seitens der Polizeidirektion am 19.05.2017 rückgemeldet, dass der Beschwerdeführer an besagter Adresse nicht mehr wohnhaft sei, die Wohnung habe von außen verlassen und unbewohnt gewirkt und sei in dieser laut Nachbarn seit einiger Zeit niemand mehr aufhältig gewesen.
Am 27.06.2017 wurde durch Polen eine Anfrage zur Rückübernahme des Beschwerdeführers gestellt, welcher durch die polnische Grenzpolizei festgenommen worden sei, wobei in dessen Besitz Dokumente vorgefunden worden wären, welche ihn als in Österreich asylberechtigte Person ausgewiesen hätten.
Am 04.07.2017 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl durch die polnischen Behörden über die bevorstehende eskortierte Überstellung des Beschwerdeführers nach Österreich informiert. Das Bundesministerium für Inneres stimmte der Rückübernahme des Beschwerdeführers mit Antwortschreiben vom gleichen Datum zu (AS 263).
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10.07.2017 wurde dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt I. der ihm mit Bescheid vom 30.05.2007, Zl. 262.526/0/5E-IV/12/05, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Absatz 1 Ziffer 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aberkannt. Gemäß § 7 Absatz 4 AsylG wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. In Spruchpunkt II. wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 2 AsylG nicht zuerkannt. In Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 4 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Gemäß § 52 Absatz 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers wurde gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. In Spruchpunkt IV. wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers in Tschetschenien / der Russischen Föderation zu verorten sei und der Genannte von 06.03.2017 bis 14.06.2017 über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet verfügt hätte. Sein Lebensmittelpunkt liege in dessen Herkunftsstaat, unter dessen Schutz er sich freiwillig gestellt hätte und in welchem ihm keine Verfolgung durch staatliche oder private Akteure drohen würde. Ebensowenig würde diesem im Falle einer Rückkehr unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen. Der Entscheidung wurde ein allgemeiner Ländervorhalt zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers zugrunde gelegt.
Beweiswürdigend wurde zusammenfassend ausgeführt (im Detail vgl die Seiten 58 bis 60 des angefochtenen Bescheides), die Behörde sei deshalb zur Überzeugung gelangt, dass der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation zu verorten sei, da dieser laut ZMR bis 11.11.2016 einen österreichischen Wohnsitz gehabt hätte und mit diesem Datum abgemeldet worden wäre. Mit 06.03.2017 habe er sich abermals in Österreich angemeldet, doch hätte eine Hauserhebung durch die örtlich zuständige Polizeidirektion ergeben, dass der Beschwerdeführer an jener Adresse seit längerem nicht mehr anwesend gewesen wäre und sei anzunehmen, dass jene Wohnsitzmeldung ausschließlich zur Beiwohnung der im Vorfeld der zuletzt erfolgten Verurteilung durch das Bezirksgericht XXXX durchgeführten Hauptverhandlung vorgenommen worden wäre, sich dessen Lebensmittelpunkt jedoch im Ausland befinde. Die Ausmittlung eines Wohnsitzes sei nicht möglich gewesen, zumal der Beschwerdeführer in Österreich über keine Verwandten verfügen würde, welche diesbezüglich hätten befragt werden können. Das gegen den Beschwerdeführer erlassene Einreiseverbot gründe sich auf die im Strafregister ersichtlichen Verurteilungen und dessen bisheriges Verhalten im Bundesgebiet. Es seien weder ein Familien- noch ein Privatleben des Beschwerdeführers im Inland erkennbar.
Rechtlich wurde gefolgert, dass der Beschwerdeführer zweifelsohne den Tatbestand des § 7 Abs 1 Z 2 AsylG (iVm Art 1 Abschnitt C Z 1 GFK) erfülle. Der Beschwerdeführer sei im Jahr 2016 offenkundig in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt und hätte dort selbstverständlich auch Kontakt zu den dortigen Behörden aufnehmen müssen. Da dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten gemäß Z 2 leg cit abzuerkennen gewesen sei, trete gemäß Abs 4 leg cit ex lege der Verlust der Flüchtlingseigenschaft ein.
Aus einer Mitteilung des XXXX vom 10.07.2017 (beim Bundesamt eingelangt am gleichen Tag) ergibt sich, dass der Beschwerdeführer am genannten Datum auf dem Luftweg aus XXXX nach Österreich überstellt worden sei.
Der oben angeführte Bescheid wurde gemeinsam mit einer Verfahrensanordnung über die amtswegige Beigabe einer Rechtsberatungsorganisation am 12.07.2017 an den Abwesenheitskurator des Beschwerdeführers zugestellt.
3. Gegen den dargestellten Bescheid wurde mit am 26.07.2017 per E-Mail übermitteltem Schriftsatz unter gleichzeitiger Bekanntgabe des im Spruch bezeichneten Vollmachtsverhältnisses fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde eingebracht, durch welche die Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in allen Spruchpunkten angefochten wurde. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, der Beschwerdeführer habe zuletzt von 06.03.2017 bis 14.06.2017 über eine aufrechte Meldung im österreichischen Bundesgebiet verfügt und habe sich am 08.03.2017 im Rahmen einer Strafverhandlung persönlich beim Bezirksgericht XXXX befunden. Der Beschwerdeführer hätte sohin jedenfalls im Rahmen eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens zu den Gründen für das eingeleitete Aberkennungsverfahren einvernommen werden müssen. Die Zustellung der Aufforderung zur Stellungnahme an den Abwesenheitskurator am 10.04.2017 sei daher nicht nötig gewesen und hätte den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt. Wäre der Beschwerdeführer über das eingeleitete Aberkennungsverfahren informiert worden, hätte er nachweisen können, dass er sich nicht in seinen Herkunftsstaat begeben hätte und die Voraussetzungen für eine Aberkennung daher nicht vorliegen würden. Die Behörde habe keinerlei Ermittlungen hinsichtlich eines tatsächlichen freiwilligen Aufenthalts des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat (Anfrage hinsichtlich allenfalls erfolgter Passausstellung, Registrierung eines Wohnsitzes) durchgeführt. Die Behörde habe das Verfahren nach mangelhaftem Ermittlungsverfahren und Verletzung des Parteiengehörs zusätzlich mit einer mangelhaften Beweiswürdigung und Begründung belastet. Eine erst seit kurzem fehlende Wohnsitzmeldung im Inland rechtfertige nicht die Annahme, dass sich der Beschwerdeführer wieder unter den Schutz seines Herkunftsstaates gestellt hätte. Die Zulässigkeit der Bestellung eines Abwesenheitskurators sei an sich in Frage zu stellen, zumal der Beschwerdeführer einerseits teils aufrecht im Bundesgebiet gemeldet und bei der Hauptverhandlung im Jahr 2017 anwesend gewesen wäre, andererseits sei die Bestellung des Abwesenheitskurators durch ein unzuständiges Gericht erfolgt. An der Beschwerdelegitimation des Abwesenheitskurators respektive der bevollmächtigten Rechtsvertretung bestehe jedoch im Lichte näher angeführter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kein Zweifel (im Detail vgl. Verwaltungsakt, Seiten 322 bis 328).
4. Am 03.08.2017 legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Akt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
Im Rahmen einer Nachreichung zur Beschwerdevorlage wurde mit Eingabe vom 18.05.2017 der Beschluss des Bezirksgerichts XXXX über die Enthebung des für den Beschwerdeführer bestellten Abwesenheitskurators vom XXXX übermittelt. Dieser wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der bislang abwesende Beschwerdeführer am 10.07.2017 aus XXXX in das Bundesgebiet eingereist wäre und nunmehr an einer näher angeführten Adresse im Bundesgebiet aufhältig wäre.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe sowie Moslem. Mit Entscheidung des damaligen Unabhängigen Bundesasylsenates vom 19.01.2004 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Ihm wurde zuletzt am XXXX ein Konventionsreisepass ausgestellt.
1.2. Mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX wurde auf Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ein Abwesenheitskurator für den Beschwerdeführer bestellt. Dieser wurde mit Beschluss des genannten Gerichts vom 02.08.2017 wieder seines Amtes enthoben.
Der Beschwerdeführer war von 04.02.2014 bis 03.08.2016 an einer Anschrift in XXXX und von 06.03.2017 bis 14.06.2017 an einer Adresse in XXXX behördlich gemeldet. Am 08.03.2017 nahm er persönlich an einer Hauptverhandlung vor dem XXXX teil.
Am 10.07.2017 wurde er auf dem Luftweg aus Polen nach Österreich rücküberstellt, nachdem er zuvor durch polnische Grenzbeamte aufgegriffen worden war. Hierüber war das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 27.06.2017 durch die zuständige polnische Behörde verständigt worden.
1.3. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer, nachdem ihm der Status des Asylberechtigten gewährt worden war, mit dem Willen, die Beziehungen zu seinem Herkunftsstaat zu normalisieren und sich wieder unter dessen Schutz zu stellen, in die Russische Föderation zurückgereist ist. Seit 10.07.2017 hält er sich wieder in Österreich auf.
1.4. In den Jahren 2006 bis 2016 wurde der Beschwerdeführer wiederholt straffällig. Im Strafregister der Republik Österreich scheinen folgende Verurteilungen auf:
01) XXXX
§ 107 Abs 1 und 2 StGB
Freiheitsstrafe 5 Monate bedingt, Probezeit 3 Jahre
( )
02) XXXX
§ 88/1 U 4 (1. Fall) 94/1 StGB
( )
Freiheitsstrafe 2 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
( )
03) XXXX
§ 50 Abs 1/3 WaffG
( )
Freiheitsstrafe 2 Monate
( )
04) XXXX
§ 50 (1) Z 1 und 3 WaffG
( )
Geldstrafe von 100 Tags zu je 4,00 EUR (400,00 EUR) im NEF 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe
05) XXXX
( )
Geldstrafe von 120 Tags zu je 4,00 EUR (480,00 EUR) im NEF 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe
06) XXXX
§ 50 (1) Z 2 WaffG
( )
Geldstrafe von 80 Tags zu je 4,00 EUR (320,00 EUR) im NEF 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Richter auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens. Die rechtskräftigen Verurteilungen scheinen im aktuellen Strafregister der Republik Österreich auf.
Dem Akteninhalt lassen sich keine konkreten Hinweise dahingehend entnehmen, dass der Beschwerdeführer freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt wäre oder sich ein Reisedokument durch die dortigen Behörden hätte ausstellen lassen. Die Annahme der Behörde, alleine auf Basis der zwischen 03.08.2016 und 05.03.2017 sowie ab dem 15.06.2017 nicht vorhandenen aufrechten Meldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet auf eine neuerliche Begründung seines Lebensmittelpunkt in seinem Herkunftsstaat zu schließen, erweist sich als zu weitgehend, zumal sich dem Akteninhalt keinerlei substantiierten Anhaltspunkte dahingehend entnehmen lassen, dass sich der Beschwerdeführer tatsächlich zurück in seinen Herkunftsstaat begeben hätte.
Auch wurde dem Beschwerdeführer kein Parteiengehör zur seitens der Behörde angenommenen Unterschutzstellung unter seinen Herkunftsstaat gewährt, zumal im Rahmen des gewährten schriftlichen Parteiengehörs (selbst wenn man von einer Zulässigkeit der Zustellung desselbigen an dessen Abwesenheitskurator ausgeht), lediglich auf den Tatbestand des § 7 Abs 1 Z 3 AsylG (Begründung des Lebensmittelpunkts in einem anderen Staat), nicht jedoch auf die durch das Bundesamt herangezogene Ziffer 2 leg cit Bezug genommen wurde.
Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl musste im Übrigen spätestens am 27.06.2017 (Datum der diesbezüglichen Verständigung durch die polnischen Behörden, vgl. AS 299) bekannt gewesen sein, dass der Beschwerdeführer in Polen inhaftiert wurde und dessen Rücküberstellung nach Österreich geplant sei. In diesem Sinne konnte die Behörde zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung auch vor diesem Hintergrund nicht mehr von einem unbekannten Aufenthalt des Beschwerdeführers respektive einer erfolgten Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Russische Föderation sowie einer dortigen Niederlassung ausgehen. Der Beschwerdeführer wurde am 10.07.2017 auf dem Luftweg aus Polen nach Österreich rücküberstellt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz –BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes-oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz –VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 i. d.F. BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung –BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes –AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 –DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes-oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-Verfahrensgesetz -BFA-VG; BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im Asylgesetz und im FPG bleiben unberührt.
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehls-und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides ist eine Entscheidung in der Sache selbst (vgl. VwGH 25.3.2015, Ro 2015/12/0003). Als verfahrensrechtliche Grundlage für eine solche Entscheidung ist im Spruch daher § 28 Abs. 1 und Abs. 2 (bzw. Abs. 3 Satz 1) VwGVG 2014 zu nennen (VwGH 4.8.2016, Ra 2016/21/0162).
3.2. Zur Behebung des angefochtenen Bescheides:
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die gegenständliche Beschwerde als begründet:
3.2.1. Der mit "Aberkennung des Status des Asylberechtigten" betitelte § 7 AsylG 2005 lautet:
"(1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;
2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder
3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.
(2) Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist.
(2a) Unbeachtlich der in § 3 Abs. 4 genannten Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn sich aus der Analyse gemäß § 3 Abs. 4a ergibt, dass es im Herkunftsstaat des Asylberechtigten zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist. Das Bundesamt hat von Amts wegen dem Asylberechtigten die Einleitung des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten formlos mitzuteilen.
(3) Das Bundesamt kann einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt – wenn auch nicht rechtskräftig – nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.
(4) Die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen."
Der mit "Ausschluss von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" betitelte § 6 AsylG 2005 lautet folgendermaßen:
"(1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn
1. und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt;
2. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt;
3. aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, oder
4. er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.
(2) Wenn ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt, kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. § 8 gilt."
Art. 1 Abschnitt C der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention-GFK), BGBl. 55/1955, lautet:
"C. Dieses Abkommen wird auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet werden, wenn sie
1. sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat; oder
2. die verlorene Staatsangehörigkeit freiwillig wieder erworben hat; oder
3. eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz ihres neuen Heimatlandes genießt; oder
4. sich freiwillig in dem Staat, den sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, niedergelassen hat; oder
5. wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.
6. Die Bestimmungen der Ziffer 5 sind nicht auf die in Ziffer 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Flüchtlinge anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr Heimatland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen;
7. staatenlos ist und die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen, sie daher in der Lage ist, in ihr früheres Aufenthaltsland zurückzukehren.
8. Die Bestimmungen der Ziffer 6 sind jedoch auf die in Ziffer 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Personen nicht anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr früheres Aufenthaltsland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen."
3.2.2. Das Bundesamt stützte seine Entscheidung über die Aberkennung des Status des Asylberechtigten in Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides auf die Ziffer 2 des § 7 Abs. 1 AsylG 2005. Auch in der rechtlichen Begründung zu Spruchpunkt I. wurde auf § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 (in Verbindung mit Art 1 Abschnitt C Z 1 GFK) verwiesen, wobei begründend festgehalten wurde, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2016 offenkundig in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt wäre und demnach – so die Argumentation der belangten Behörde – auch im Kontakt zu den dortigen Behörden stehen müsse.
In seinem Erkenntnis vom 15.05.2003, 2001/01/0499, führt der Verwaltungsgerichtshof zur Anwendung des Beendigungstatbestandes nach Art. 1 Abschnitt C Z 1 GFK, aus:
Der Beendigungstatbestand des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv gilt als negatives "Spiegelbild" (so die Formulierung des deutschen Bundesverwaltungsgerichtes in BVerwGE 89, 231 (238)) der von der Verweisung in § 7 AsylG 1997 nicht ausdrücklich erfassten Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft gemäß Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv, wonach eine im maßgeblichen Zeitpunkt nicht staatenlose Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb ihres Heimatlandes befindet, nur Flüchtling ist, wenn sie "nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen" (Hinweis Grahl-Madsen, The Status of Refugees in International Law I (1966), 157). Der korrespondierende Beendigungstatbestand des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv sieht vor, dass die FlKonv auf eine solche Person nicht mehr anzuwenden ist, wenn sie "sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat". Diesfalls, so die Erläuterung im UNHCR-Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, Abs. 118, habe sie "gezeigt", dass sie die zuvor erwähnte Voraussetzung nicht mehr erfülle (vgl. zum Zusammenhang mit letzterer auch Grahl-Madsen, a.a.O., 379).
Eine weitere wesentliche Voraussetzung für die Annahme einer Unterschutzstellung ist das Erfordernis des Willens, die Beziehungen zum Herkunftsstaat zu normalisieren und sich wieder unter dessen Schutz zu stellen, woraus sich die Notwendigkeit einer gewissen Nachhaltigkeit der Zuwendung zum Heimatstaat ergibt (vgl. VwGH 03.12.2003, 2001/01/0547). Einen wesentlichen Anhaltspunkt stellen in diesem Zusammenhang die Reisemotive bzw. die Motive zur Ausstellung eines Reisedokumentes dar (vgl. dazu auch VwGH 03.12.2003, 2001/01/0547). Es kann daher aus der bloßen Anwesenheit auf dem Territorium des Herkunftsstaates nicht ohne Weiteres auf die Inanspruchnahme von Schutz geschlossen werden (vgl. VwGH 3.12.2003, 2001/01/0547). Gleiches muss wohl auch für die Ausstellung eines Reisedokumentes des Herkunftsstaates gelten.
3.2.3. Wie beweiswürdigend dargelegt, ergeben sich aus dem Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes keine hinreichenden Belege dafür, dass sich der Beschwerdeführer im Sinne oben wiedergegebener Judikatur unter den Schutz seines Herkunftsstaates gestellt oder sich neuerlich auf dessen Territorium niedergelassen hätte. Insofern ist dem Beschwerdevorbringen zu folgen, wonach alleine aus der fehlenden behördlichen Meldung im Bundesgebiet noch nicht positiv auf eine (freiwillige und nachhaltige) Rückkehr des Betreffenden in seinen Herkunftsstaat geschlossen werden kann. Die Annahme der Behörde, der Beschwerdeführer hätte sich neuerlich unter den Schutz seines Herkunftsstaates gestellt, lässt sich auf Grundlage der vorliegenden Ermittlungsergebnisse sohin nicht nachvollziehen.
Für ein Vorliegen der Voraussetzungen der in der rechtlichen Begründung einzig ausdrücklich genannten Ziffer 1 des Artikel 1 Abschnitt C GFK liegen demgemäß keine substantiierten Anhaltspunkte vor.
3.2.4. Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung (nicht jedoch im Spruch des angefochtenen Bescheides) erwähnt das Bundesamt überdies § 7 Abs 1 Z 3 AsylG, zumal der Beschwerdeführer den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in einem anderen Staat – nämlich der Russischen Föderation – hätte. Diesbezüglich ist lediglich der Vollständigkeit halber Folgendes anzumerken:
Den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat der Betreffende dann, wenn er dort seinen Hauptwohnsitz begründet hat. Es muss sich um einen anderen als den Herkunftsstaat handeln, dieser ist bereits durch Art 1 Abschnitt C Z 4 umfasst (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller, Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 AsylG, K13.).
Da sich aus dem Akteninhalt kein positiver Hinweis darauf ergibt, dass der Beschwerdeführer (welcher am Tag der Bescheidabfertigung aus Polen nach Österreich rücküberstellt worden war) in der Vergangenheit oder zum gegenwärtigen Zeitpunkt in einem anderen Staat seinen Hauptwohnsitz begründet hätte und die Bejahung dieses Tatbestandes im Übrigen mit der Annahme der Behörde, wonach der Beschwerdeführer in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt wäre und sich unter dessen Schutz gestellt hätte, in Widerspruch stünde (da der Tatbestand der Ziffer 3 gerade solche Fälle umfasst, in welchen der Lebensmittelpunkt eines Asylberechtigten in einen anderen Staat als den Herkunftsstaat verlegt wurde), liegen auch für eine Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs 1 Z 3 AsylG die Voraussetzungen nicht vor.
3.2.5. Zu Spruchpunkt II. wurde im Bescheid festgestellt, dass für den Beschwerdeführer aktuell keine Gefährdungs-/Bedrohungslage im Herkunftsland bestehe. Dieser Feststellung liegen jedoch – mit Ausnahme der herangezogenen Länderberichte – keine erkennbaren Ermittlungsschritte zugrunde. Der Beschwerdeführer wurde zu seinen Fluchtgründen bzw. einer individuellen Gefährdung im Herkunftsland zuletzt im Jahr 2004 und seither nicht mehr persönlich befragt. Im Übrigen ist weder aus den im Rahmen des Parteiengehörs an den Abwesenheitskurator übermittelten Aufforderungen zur Stellungnahme noch im bekämpften Bescheid ersichtlich, aufgrund welcher Umstände das Bundesamt hinsichtlich des Beschwerdeführers konkret von einem "Wegfall" der Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK ausgegangen ist. Mit der individuellen Gefährdungslage des Beschwerdeführers, die im Jahr 2004 zur Asylgewährung führte, hat sich das Bundesamt überhaupt nicht auseinandergesetzt. Somit war es aber auch nicht in der Lage, nachvollziehbare Feststellungen zum Wegfall derselben zu treffen. Somit ist in diesem Zusammenhang zumindest von besonders krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungssäumnissen der Behörde im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu kassatorischen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nach § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG auszugehen (vgl. dazu insbesondere VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).
3.2.6. Dem bekämpften Bescheid liegt kein Antrag einer Partei zugrunde. Nach § 7 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des Asylberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn eine der in Ziffer 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllt ist. Wenn diese jedoch nicht erfüllt sind, ergeht auch kein Bescheid. Letzteres erscheint angesichts des Ermittlungsstandes jedenfalls nicht ausgeschlossen. Darüber hinaus fehlt es aber auch an einer Grundlage, um eine geeignete Prognose hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 zu treffen, da sich das Bundesamt – wie bereits ausgeführt – auch zu keinem Zeitpunkt mit den konkreten individuellen Gründen, die hinsichtlich des BF zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten geführt haben, in irgendeiner Form auseinandergesetzt hat. Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten ist nach § 7 Abs. 2 AsylG 2005 jedenfalls nur dann einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist "und" das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist. Sohin war die Entscheidung ersatzlos zu beheben.
3.2.7. Da der angefochtene Bescheid bereits aus diesem Grund aufzuheben war, konnte eine nähere Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Behörde das Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten zu Recht unter Beiziehung eines Abwesenheitskurators geführt hat, unterbleiben. Das Einschreiten des Abwesenheitskurators – insbesondere die Erhebung der gegenständlichen Beschwerde durch eine seitens des Abwesenheitskurators bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation – ist jedenfalls als zulässig zu erachten, da der Beschluss, mit welchem der Abwesenheitskurator bestellt worden war, in jenem Zeitraum aufrecht war und dieser sohin zur Erhebung eines Rechtsmittels befugt war (vgl. OGH 26.11.1996, RS 0107115).
3.2.8. Der Abspruch über eine etwaige Zuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides) sowie die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels verbunden mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines Einreiseverbotes, der Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung sowie der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides) ergeben sich als (zwingende) Rechtsfolgen aus der Aberkennung des Status des Asylberechtigten. Aufgrund des Wegfalls dieser Aberkennung mangelt es den Spruchpunkten II. bis IV. des angefochtenen Bescheides an der Rechtsgrundlage, weshalb auch sie ersatzlos zu beheben sind. Die Behebung des Bescheides im gesamten Umfang hatte aufgrund der Untrennbarkeit sämtlicher Spruchpunkte zu erfolgen (vgl. hierzu Asylgerichtshof 10.2.2011, C18 308.109-2/2010/3E, und die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
3.2.9 Dem Beschwerdeführer kommt aufgrund der Behebung des Bescheides weiterhin der Status des Asylberechtigten zu.
3.2.10. Da der gegenständlich angefochtene Bescheid bereits auf Grund der Aktenlage aufzuheben war, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht entfallen.
Zu Spruchteil B):
3.3. Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zur näheren Begründung sei auf die Ausführungen unter Punkt II/3.2. verwiesen, an welcher Stelle detailliert auf die fallspezifischen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage eingegangen wurde.
Schlagworte
Aberkennung des Status des Asylberechtigten, Nichtbescheid,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W111.1242924.2.00Zuletzt aktualisiert am
17.11.2017