TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/23 W132 2173723-1

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Veröffentlicht am 23.10.2017
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Entscheidungsdatum

23.10.2017

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §93 Abs1 Z1
FPG §94 Abs5
VwGVG §13 Abs2

Spruch

W132 2173723-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, gesetzlich vertreten durch seinen Vater, dieser bevollmächtigt vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , betreffend die Entziehung des Konventionspasses Nr. XXXX gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) (Spruchpunkt I.) und Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) (Spruchpunkt II.) zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der durch seinen Vater gesetzlich vertretene, minderjährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Afghanistans. Ihm wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes (nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, in der Folge belangte Behörde genannt) vom 20.02.2008 im Zuge des Familienverfahrens gemäß § 3 Asylgesetz Internationaler Schutz gewährt.

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer den von 26.06.2015 bis 25.06.2017 gültigen Konventionsreisepass, Nr. XXXX ausgestellt.

2. Der Beschwerdeführer wurde am 13.10.2016 zu XXXX vom Landesgericht für Strafsachen Wien gemäß §§ 278b Abs. 2 StGB, 15 StGB wegen des Verbrechens der terrorostischen Vereinigung; §§ 15, 278a StGB wegen des Verbrechens der kriminellen Organisation; §§ 83 Abs. 1 StGB, wegen des Vergehens der Körperverletzung, §§ 15, 269 Abs. 1 1.Fall StGB wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt; §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung und § 83 Abs. 1 StGB wegen des Vergehens der Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt, rechtskräftig mit 17.10.2016, wobei gemäß § 43a Abs. 3 StGB unter Anwendung des § 5 Z 9 JGG ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 20 Monaten, Probezeit: 3 Jahre, bedingt nachgesehen wurde.

3. Am 06.04.2017 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde betreffend die Prüfung der Aberkennung des Status des Asylberechtigten in Anwesenheit seiner Eltern einvernommen. Zu seiner Integration in Österreich hat der Beschwerdeführer angegeben, gesund zu sein, ein Fitnesscenter zu besuchen und demnächst mit Ringen und dann mit der Berufsschule zu beginnen, mit der Jugendgerichtshilfe zusammenzuarbeiten und von einem Bewährungshelfer betreut zu werden. Er beabsichtige 2018 das Gymnasium zu besuchen. Außer seinen Eltern würden auch ein Onkel väterlicherseits, ein Bruder und eine Schwester in Österreich leben. In Afghanistan lebe nur noch eine Großmutter. Der Beschwerdeführer sei in Pakistan geboren worden und habe nie in Afghanistan gelebt.

Zu den begangenen Straftaten befragt führte der Vater des Beschwerdeführers aus, es täte ihm leid für die Straftaten seines Sohnes. Die Familie sei nach Österreich gekommen um normal zu leben und keine Straftaten zu begehen. Der Beschwerdeführer habe eine Dummheit begangen, sei noch ein Kind, deshalb habe er den Fehler begangen, dieser werde sich auch nicht mehr wiederholen. Abschließend hat der Beschwerdeführer angegeben, jetzt wieder einen geregelten Ablauf zu haben und das gefunden zu haben, was er brauche. Er wolle ein normales Leben führen und werde nicht mehr in solche Kreise kommen.

3.2. Am 3.05.2017 wurde dem Beschwerdeführer mittels Mandatsbescheid gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG der Konventionsreisepass entzogen und gemäß § 93 Abs. 2 FPG dessen Vorlage aufgrund von Gefahr in Verzug mit sofortiger Wirksamkeit angeordnet.

Dieser Vorlageverpflichtung ist der Beschwerdeführer am 22.05.2017 nachgekommen.

3.3. Mit der Verfahrensanordnung vom 03.05.2017 hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die XXXX als Rechtsberater zur Seite gestellt.

3.4. Die bevollmächtigte Vertretung des Beschwerdeführers hat dagegen fristgerecht Vorstellung erhoben. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass keine Tatsachen vorlägen, welche eine Entziehung rechtfertigen könnten, da lediglich eine rechtskräftige Verurteilung vorliege und sich sein Lebenswandel geändert habe, der Beschwerdeführer die Tat bereue und die Begleitung durch seine Bewährungshelferin optimal verlaufe.

3.5. Mit dem Schreiben vom 01.06.2017 hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Beweisaufnahme mitgeteilt und die Möglichkeit eingeräumt, dazu Stellung zu nehmen.

3.6. Dazu hat der Beschwerdeführer Einwendungen erhoben, insbesondere wurde vorgebracht, dass von einer positiven Zukunftsprognose auszugehen sei.

3.7. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Entziehung des Konventionspasses Nr. XXXX gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 FPG verfügt (Spruchpunkt I.) und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt II.)

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, durch die strafgerichtliche Verurteilung vom 13.10.2016 bestehe die gerechtfertigte Annahme, dass der Beschwerdeführer den Konventionsreisepass dazu benützen werde, um eine terroristische Vereinigung im Sinne des § 278b StGB zu unterstützen, wodurch sein Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährde, weshalb nachträglich ein Versagungsgrund für die Ausstellung eines Konventionsreisepasses eingetreten und der Konventionsreisepass zu entziehen sei. Aufgrund der unstrittigen Tatsache, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit seinen Konventionsreisepass von seinem Vater zur Verfügung gestellt bekommen wollte und als dieser dies verweigerte zu Gewalt gegriffen habe, um die Einreise über die Türkei nach Syrien organisieren zu können und sich somit dem IS anzuschließen, lägen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigen würden, dass der Beschwerdeführer den Konventionsreisepass benützen wollen würde, um entgegen der strafgerichtlichen Bestimmungen erneut zu versuchen, im Rahmen einer kriminellen Organisation tätig zu werden und seine Ausreise nach Syrien zu organisieren. Der Anschluss zu einer terroristischen Organisation wie im Fall des Beschwerdeführers zum IS, stelle eine Gefährdung der Allgemeinheit und somit auch eine Bedrohung der inneren und äußeren Sicherheit der Republik Österreich dar. Dies gelte umso mehr, wenn in hohem Ausmaß eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Integrität von Menschen herbeigeführt würde.

Zwar verweise der Beschwerdeführer auf seine durchwegs positive Zukunftsprognose, doch könne selbst bei Vorliegen einer solchen positiven Zukunftsprognose aufgrund des seit der strafgerichtlichen Verurteilung nicht einmal ein Jahr verstrichenen Zeitraums derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die Gefahr der Begehung weiterer Verbrechen der terroristischen Vereinigung oder der kriminellen Organisation als dahingehend so gebannt betrachtet werden könne, als dass die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr der Begehung weiterer solcher Verbrechen weggefallen oder so maßgeblich gemindert zu beurteilen sei, dass er nicht erneut versuchen werde, seinen Konventionsreisepass für die Verfolgung eines terroristischen Ziels zu missbrauchen.

Auf die persönlichen und wirtschaftlichen Interessen sei keine Rücksicht zu nehmen. Um sich in Österreich ausweisen zu können, könne der Beschwerdeführer einen Identitätsausweis für Fremde gemäß § 94a FPG beantragen.

Zur gerügten Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs. 1 des 7. ZPR der EMRK wurde dargelegt, dass demnach eine Person nicht zweimal wegen des selben Sachverhaltes in der gleichen Rechtssache bestraft werden dürfe. Laut ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ergebe sich bereits aus der Umschreibung des Doppelbestrafungsverbotes, dass ein solches auf eine Norm mit strafrechtlichem Inhalt abziele. Zweck der Passentziehung sei es nicht, den Beschwerdeführer zu tadeln und zu bestrafen und damit ein Unwerturteil gegen ihn auszusprechen, sondern vielmehr für die Allgemeinheit besonders schwere Nachteile hintanzuhalten. Bei der Entziehung eines Konventionsreisepasses handle es sich nicht um eine Bestrafung, sondern um eine Vorbeugungsmaßnahme, welche eine Gefährdung für die innere und äußere Sicherheit verhindern solle. Daher liege kein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vor.

Den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung hat die belangte Behörde im Wesentlichen dahin begründet, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug des Bescheides, nämlich dem sofortigen Entzug des Konventionsreisepasses, bestehe.

4. Dagegen hat die bevollmächtigte Vertretung des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben und beantragt, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründend wurde ausgeführt, die belangte Behörde habe es unterlassen, die Umstände des vorliegenden Einzelfalles entsprechend zu würdigen, sie habe sich ausschließlich auf die strafrechtliche Verurteilung gestützt. Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hätten keine bestimmten Indizien vorgelegen, welche die Annahme rechtfertigen würden, dass der Beschwerdeführer das Dokument erneut im Rahmen einer Tätigkeit im Ausland benützen wolle, welche die innere und äußere Sicherheit Österreichs gefährde. Seit der dem Urteil zugrunde liegenden Tathandlung im Juni 2016 habe sich der Beschwerdeführer vorbildlich verhalten und habe in keinem Naheverhältnis zu terroristischen Vereinigungen oder anderen strafrechtlich relevanten Gruppierungen gestanden, bereue seine Tat sehr, habe seine kriminelle Vergangenheit hinter sich gelassen, sei sehr bemüht seinen ordentlichen Lebenswandel fortzusetzen und habe bereits vor längerer Zeit den Kontakt zu jenen Menschen abgebrochen, die ihn auf die schiefe Bahn gebracht hätten. Im Sommer 2017 sei der Beschwerdeführer mehrere Monate einer Beschäftigung im Schönbrunner Bad nachgegangen und habe dort seine Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit erfüllt. Zudem verlaufe die Begleitung durch seine Bewährungshelferin nach wie vor hervorragend. Diese beschreibe den Beschwerdeführer als "sehr höflichen jungen Mann, der in der Betreuung sehr offen ist." Darüber hinaus treffe sich der Beschwerdeführer in regelmäßigen Abständen mit dem Leiter der katholischen Seelsorge der Justizanstalt Wien Josefstadt und komme allen Terminen gewissenhaft und pünktlich nach. Die verbüßte Haftstrafe habe zweifelsfrei dazu geführt, dass der Beschwerdeführer sein Leben rundum geändert habe, weshalb die Haft jedenfalls ihren Zweck erfüllt habe. Der Entzug des Konventionspasses hingegen hindere den Beschwerdeführer lediglich an seinem positiven Fortkommen und stelle somit einen gravierenden Nachteil für ihn dar. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer kein Dokument vorweisen könne, welches seinen Status als Asylberechtigten in Österreich bescheinigt, erschwere seine Zukunftsgestaltung, auch im Hinblick auf seine Chancen am Arbeitsmarkt, massiv. Am 22.10.2017 habe der Beschwerdeführer einen Termin beim Arbeitsmarktservice, um seine berufliche Zukunft zu planen. Er wolle gerne eine Abendschule absolvieren, und wirke nach Auskunft seiner Bewährungshelferin diesbezüglich sehr motiviert. Im Sinne seiner unberücksichtigt gebliebenen insgesamt positiven Zukunftsprognose, hätte aufgrund seines Wohlverhaltens seit der Tathandlung im Sommer 2016 festgestellt werden müssen, dass kein Grund zur Annahme bestehe, der Beschwerdeführer könne sich erneut einer ähnlich gelagerten Straftat schuldig machen. Zur Darlegung der positiven Zukunftsprognose möge eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden.

Die im angefochtenen Bescheid zur Person des Beschwerdeführers getroffenen Feststellungen, dessen strafrechtliche Verurteilung und die seither verstrichenen Zeit wurden nicht bestritten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist gesund, afghanischer Staatsangehöriger und wurden am XXXX in Pakistan geboren. Er gehört der Volksgruppe der Hazara an, bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam, spricht Farsi und verfügt über Kenntnisse der deutschen Sprache. Er wohnt in einer Gemeindewohnung in Wien gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern, in Österreich lebt noch ein Onkel. Der Beschwerdeführer geht ins Fitnesscenter, Ringen, möchte die Schule besuchen und trifft sich regelmäßig mit seiner Bewährungshelferin.

Dem minderjährige Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes (nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, in der Folge belangte Behörde genannt) vom 20.02.2008 im Zuge des Familienverfahrens gemäß § 3 Asylgesetz Internationaler Schutz gewährt.

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer den von 26.06.2015 bis 25.06.2017 gültigen Konventionsreisepass, Nr. XXXX ausgestellt.

Der Beschwerdeführer wurde am 13.10.2016 zu XXXX vom Landesgericht für Strafsachen Wien gemäß §§ 278b Abs. 2 StGB, 15 StGB wegen des Verbrechens der terrorostischen Vereinigung; §§ 15, 278a StGB wegen des Verbrechens der kriminellen Organisation; §§ 83 Abs. 1 StGB, 15 wegen des Vergehens der Körperverletzung, § 269 Abs. 1 1.Fall StGB wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt; §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung und § 83 Abs. 1 StGB wegen des Vergehens der Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt, rechtskräftig mit 17.10.2016, wobei gemäß § 43a Abs. 3 StGB unter Anwendung des § 5 Z 9 JGG ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 20 Monaten, Probezeit: 3 Jahre, bedingt nachgesehen wurde.

Seitens der belangten Behörde ist ein Aberkennungsverfahren eingeleitet worden.

Seit der der Verurteilung zugrundeliegenden Tat ist ein Zeitraum von ca. einem Jahr und vier Monaten vergangen.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der oben festgestellte und für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den im gegenständlichen Verfahren maßgebenden Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Laut § 1 BFA-VG, BGBl I 87/2012 idF BGBL I 144/20134 beinhaltet dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Die relevanten Bestimmungen aus dem FPG lauten:

Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

5. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde. (§ 92 Abs. 1 FPG auszugsweise)

Die Versagungsgründe des § 14 Abs. 1 Z 3 lit d, e und Z 5 Passgesetz 1992 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle des Reisepasses der Fremdenpass tritt. (§ 92 Abs. 1a FPG)

Liegen den Tatsachen die in Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 1a angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben. Im Übrigen gilt § 14 Passgesetz 1992. (§ 92 Abs. 3 FPG)

Ein Fremdenpass ist zu entziehen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden; (§ 93 Abs. 1 FPG auszugsweise)

Konventionsreisepässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen. (§ 94 Abs. 1 FPG)

§§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt. (§ 94 Abs. 5 FPG)

3.3. Rechtliche Beurteilung:

3.3.1. Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung ist, ob Tatsachen eingetreten sind, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden, insbesondere ob durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.

Das Gesetz sieht dabei in § 92 Abs. 3 FPG eine eigene Beweisregel zugunsten dieser Annahme vor, weshalb, da seit der der Verurteilung u. a. wegen der Verbrechens der terrorostischen Vereinigung und der kriminellen Organisation, zugrundeliegenden Tat noch kein Zeitraum von drei Jahren vergangen ist, ist von einem Versagungsgrund auszugehen, weil im Rahmen der Prognoseprüfung aufgrund eines objektiven Tatbestands anzunehmen ist, dass eine Wiederholungsgefahr besteht.

Hinweise darauf, dass entgegen der gesetzlich vorgesehenen Beweisregel trotzdem von einer positiven Prognose betreffend das zukünftige Verhalten des Beschwerdeführers auszugehen ist, wurden im Verfahren nicht ausreichend begründet eingebracht. Wenn vorgebracht wird, der Beschwerdeführer bereue seine Tat, und verhalte sich seither vorbildlich, stehe in keinem Naheverhältnis zu terroristischen Vereinigungen oder anderen strafrechtlich relevanten Gruppierungen, habe bereits vor längerer Zeit den Kontakt zu jenen Menschen abgebrochen, die ihn auf die schiefe Bahn gebracht hätten, nehme seine Termine bei der Bewährungshelferin und dem Leiter der katholischen Seelsorge der Justizanstalt Wien Josefstadt gewissenhaft war und strebe eine Schulausbildung an, so mag dies zutreffen, ändert aber nichts an der Tatsache, dass auch an der Verhinderung weiterer einschlägiger Straftaten ein großes öffentliches Interesse besteht.

Auch kann das Vorbringen, der Beschwerdeführer benötige ein Dokument, welches seinen Status als Asylberechtigten in Österreich bescheinigt, ansonsten seine Zukunftsgestaltung, auch im Hinblick auf seine Chancen am Arbeitsmarkt erschwert würde, an der negativen Prognoseentscheidung nichts ändern, da bei der Versagung eines Konventionsreisepasses auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen ist (VwGH, 24.06.2010, 2009/21/0084, mwN).

Aus dem Verfahren ergeben sich daher keine Umstände, die es erlauben würden, entgegen der Annahme, die ihren Ausdruck in § 92 Abs. 3 FPG findet, bereits jetzt von einer positiven Zukunftsprognose auszugehen.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. war daher abzuweisen.

3.3.2. Ausschluss der aufschiebenden Wirkung

Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

Es haben sich keine Hinweise dahingehend ergeben, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung fallgegenständlich zu Unrecht erfolgt wäre.

Ein Konventionsreisepass ist zur Darlegung der Flüchtlingseigenschaft bzw. zur legalen Arbeitsaufnahme des Fremden in Österreich nicht erforderlich. (VwGH 07.11.2012, 2012/18/0024).

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. war daher ebenfalls abzuweisen.

3.3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Nach § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(§ 24 Abs. 2 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

Die Beschwerde richtet sich nicht gegen die getroffenen Feststellungen bzw. gegen den der rechtlichen Beurteilung zugrundeliegenden Sachverhalt, sondern gegen die Prognoseentscheidung, die durch die belangte Behörde getroffen wurde. Diese wiederum kann gegenständlich, im Lichte der kurzen Zeitdauer seit der der Verurteilung zugrundeliegenden Tat sowie des weiteren Vorbringens des Beschwerdeführers und der diesbezüglich relevanten höchstgerichtlichen Rechtsprechung auch ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung einer rechtlichen Prüfung unterzogen werden.

Das Bundesverwaltungsgericht hielt daher die Durchführung einer mündlichen Verhandlung für nicht erforderlich.

3.4. Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die gegenständliche Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall, Entziehung, Entziehungsbescheid,
Entziehungsgrund, Konventionsreisepass, Reisedokument,
strafrechtliche Verurteilung, Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W132.2173723.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.11.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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