TE Vfgh Erkenntnis 2013/12/12 KR2/2013

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Veröffentlicht am 12.12.2013
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

B-VG Art126a, Art127 Abs3, Abs8
RechnungshofG 1948 §15 Abs6, §16

Leitsatz

Feststellung der Befugnis des Rechnungshofes zur Einsichtnahme in bestimmte Unterlagen zum Zweck der Gebarungsüberprüfung der "ZIT - Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH"

Spruch

I. 1. Dem Antrag auf Feststellung, dass der Rechnungshof befugt ist, in die "vollständige (ungeschwärzte) Anlage zum Präsidiumsbeschluss der Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien. vom 28. Oktober 2010" zum Zwecke der Überprüfung der Gebarung der ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH Einsicht zu nehmen, wird stattgegeben.

2. Dem Antrag auf Feststellung, dass der Rechnungshof befugt ist, in die "vollständige[n] Unterlagen aller Generalversammlungen der MQM GmbH, insbesondere a) Einladungen, Tagesordnungen und Beilagen (einschließlich sämtlicher Vereinbarungen bzw. Verträge), b) Tischvorlagen (inkl. Präsentationen), c) Protokolle und d) Beschlüsse (inkl. Umlaufbeschlüsse)" zum Zwecke der Überprüfung der Gebarung der ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH Einsicht zu nehmen, wird stattgegeben.

3. Dem Antrag auf Feststellung, dass der Rechnungshof befugt ist, in die "Aufstellung der per 31. Dezember 2012 vermieteten Flächen (Flächen, Mietzinslisten usw.)" zum Zwecke der Überprüfung der Gebarung der ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH Einsicht zu nehmen, wird insoweit stattgegeben, als die ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH diese Unterlagen als Gesellschafterin der Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH tatsächlich erhalten hat.

Der darüber hinausgehende Antrag wird abgewiesen.

4. Dem Antrag auf Feststellung, dass der Rechnungshof befugt ist, in "alle darüber hinausgehenden mietvertraglichen Unterlagen der MQM GmbH und Mietverträge" zum Zwecke der Überprüfung der Gebarung der ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH Einsicht zu nehmen, wird insoweit stattgegeben, als die ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien diese Unterlagen als Gesellschafterin der Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH tatsächlich erhalten hat.

Der darüber hinausgehende Antrag wird abgewiesen.

5. Dem Antrag auf Feststellung, dass der Rechnungshof befugt ist, in "sämtliche Unterlagen zu den vorbereitenden und finalisierenden Verhandlungen der ZIT in Bezug auf ihr Abtretungsangebot samt Nachbesserung für ihre Gesellschaftsanteile an der MQM GmbH ('Exit Strategie')" zum Zwecke der Überprüfung der Gebarung der ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH Einsicht zu nehmen, wird stattgegeben.

II. Die ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH ist schuldig, diese Einsichtnahme bei sonstiger Exekution zu ermöglichen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Antrag und Vorverfahren

1. Der Rechnungshof stellte am 30. August 2013 gemäß Art126a B-VG den (zu KR2/2013 protokollierten) Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge

"A.    feststellen, dass der Rechnungshof befugt ist, zum Zwecke der Gebarungsüberprüfung Media Quarter Marx insbesondere in folgende Unterlagen der ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH Einsicht zu nehmen:

1.     vollständige (ungeschwärzte) Anlage zum Präsidiumsbeschluss der Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien. vom 28. Oktober 2010;

2.     vollständige Unterlagen aller Generalversammlungen der MQM GmbH, insbesondere

a)     Einladungen, Tagesordnungen und Beilagen (einschließlich sämtlicher Vereinbarungen bzw. Verträge),

b)     Tischvorlagen (inkl. Präsentationen),

c)     Protokolle und

d)     Beschlüsse (inkl. Umlaufbeschlüsse);

3.     Aufstellung der per 31. Dezember 2012 vermieteten Flächen (Flächen, Mietzinslisten usw.);

4.     alle darüber hinausgehenden mietvertraglichen Unterlagen der MQM GmbH und Mietverträge selbst;

5.     sämtliche Unterlagen zu den vorbereitenden und finalisierenden Verhandlungen der ZIT in Bezug auf ihr Abtretungsangebot samt Nachbesserung für ihre Gesellschaftsanteile an der MQM GmbH ('Exit Strategie').

B.     aussprechen, dass die ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH schuldig ist, diese Einsichtnahme zum Zwecke der Gebarungsüberprüfung bei sonstiger Exekution zu ermöglichen."

2. Dem Antrag des Rechnungshofes liegt folgender – außer Streit stehender – Sachverhalt zugrunde:

2.1. Am 22. November 2012 stellten mehrere Mitglieder des Gemeinderates der Stadt Wien gemäß §73a Wiener Stadtverfassung das Verlangen auf Gebarungsüberprüfung der Stadt Wien beziehungsweise der ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH (im Folgenden: "ZIT") in Bezug auf die Gesellschaftsgründung der Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH (im Folgenden: "MQM") und die Entwicklung des "Media Quarter Marx". Der Rechnungshof wurde dabei ersucht, zu vier (von insgesamt 15) Fragestellungen eine Prüfung in eventu durchzuführen, "sofern Tatsachen und Anhaltspunkte hervortreten, dass die Gemeinde Wien bzw. die Wirtschaftsagentur Wien bzw. die ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern die Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrscht".

Der Rechnungshof teilte der ZIT mit Schreiben vom 7. Februar 2013 mit, dass näher genannte Prüfer beauftragt worden seien, die Gebarung der ZIT hinsichtlich der Gesellschaftsgründung der MQM, der Entwicklung des Media Quarter Marx sowie der Neu Marx Standortmarketing GmbH zu überprüfen. In weiterer Folge übermittelte der Rechnungshof der ZIT eine Unterlagen- und Fragenliste mit dem Ersuchen um Beantwortung bis spätestens 25. Februar 2013. Zugleich ersuchte der Rechnungshof um die Vorlage mehrerer näher bezeichneter Unterlagen.

2.2. Diesem Ersuchen entsprach ZIT jedoch nur teilweise, die Übermittlung (unter Pkt. I.1. angeführter) nach Ansicht des Rechnungshofes betreffend die MQM gebarungsrelevanter Unterlagen unterblieb. Im Zuge weiterer Korrespondenz übermittelte die ZIT zwar ergänzende Unterlagen, doch wurde am 18. April 2013 eine von den Vertretern der ZIT, dem Leiter der Rechtsabteilung der Wirtschaftsagentur Wien und den Bevollmächtigten des Rechnungshofes unterfertigte Niederschrift über das Vorliegen einer Meinungsverschiedenheit im Sinne des Art126a B-VG aufgenommen. Die seitens der ZIT daraufhin übermittelten Dokumente bemängelte der Rechnungshof als unvollständig beziehungsweise (durch Schwärzungen) unleserlich.

3. Der Rechnungshof stellte daraufhin am 30. August 2013 den vorliegenden Antrag, in welchem er hinsichtlich der vollständigen Vorlage und Einsicht in folgende Unterlagen eine Meinungsverschiedenheit im Sinne des Art126a B-VG erblickt (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"1. vollständige (ungeschwärzte) Anlage zum Präsidiumsbeschluss der Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien. vom 28. Oktober 2010:

Der Gesellschafterbeschluss der ZIT vom 25. März 2011 stützt sich hinsichtlich der Abtretung von Gesellschaftsanteilen an der MQM GmbH (Call-Option) auf einen Präsidiumsbeschluss der Wirtschaftsagentur Wien vom 28. Oktober 2010. Dieser Beschluss enthält auch die Zustimmung des Präsidiums der Wirtschaftsagentur Wien zu Verhandlungen und zum Abschluss von (Miet-)Verträgen für das Media Quarter Marx mit der echo medienhaus ges.m.b.H. (bzw. der A.W.H. Beteiligungsgesellschaft m.b.H. oder mit diesen verbundenen Unternehmen). Die Anlage dazu war teilweise geschwärzt. Mit dem genannten Unternehmen sollte ein sogenannter 'Ankermieter' gewonnen werden. Dieser sollte zudem rd. 20 % der Gesamtmietfläche anmieten.

2. vollständige Unterlagen aller Generalversammlungen der MQM GmbH, insbesondere

a)     Einladungen, Tagesordnungen und Beilagen (einschließlich sämtlicher Vereinbarungen bzw. Verträge),

b)     Tischvorlagen (inkl. Präsentationen),

c)     Protokolle und

d)     Beschlüsse (inkl. Umlaufbeschlüsse);

3. Aufstellung der per 31. Dezember 2012 vermieteten Flächen (Flächen, Mietzinslisten usw.);

4. alle darüber hinausgehenden mietvertraglichen Unterlagen der MQM GmbH und Mietverträge selbst;

Wie in der Niederschrift am 18. April 2013 festgehalten, weigerte sich die ZIT, dem Rechnungshof sämtliche mietvertragliche Unterlagen der MQM GmbH und die Mietverträge selbst (nach dem Wissensstand des Rechnungshofes zumindest elf Verträge) zu übergeben.

Die ZIT führte in ihrem Begleitschreiben zu den übergebenen Unterlagen vom 24. April 2013 (Beilage ./21) selbst aus, dass die ZIT Unterlagen auf ihre mietvertragliche Relevanz geprüft habe. Überall dort, wo eine solche vorgelegen sei, 'mussten die Unterlagen entsprechend bereinigt werden'. Dies ist – nach den von der ZIT in diesem Schreiben selbst gemachten Angaben – durch Schwärzungen, den Entfall von Beilagen oder dadurch erfolgt, dass die entsprechenden Unterlagen überhaupt nicht übermittelt wurden.

Die nach Aufnahme der Niederschrift vom 18. April 2013 von der ZIT am 24. April 2013 nachträglich übergebenen Unterlagen, die Entscheidungsgrundlage für die Beschlüsse der Gesellschafter in ihrer Funktion als Mitglieder der Generalversammlung der MQM GmbH waren, waren in wesentlichen Teilen – und zwar über den Inhalt von Mietverträgen hinausgehend – geschwärzt und unvollständig, und zwar wie folgt:

-   Mehrere Vereinbarungen bzw. Verträge wurden nicht vorgelegt. Dabei bezog sich eine Vereinbarung auf Ausbauleistungen bei der Errichtung des Media Quarter Marx. Infolge der Schwärzung von Textpassagen war überdies bei zwei Vereinbarungen der Gegenstand der seitens der Gesellschafter (u.a. der ZIT) an die Geschäftsführung der MQM GmbH erteilten Ermächtigungen nicht nachvollziehbar (z.B. Ermächtigung zu einer Vereinbarung mit der Marx Media Vienna GmbH).

-   Wesentliche Textpassagen von Umlaufbeschlüssen sowie von Protokollen zu Generalversammlungen der MQM GmbH waren geschwärzt.

-   Ebenso geschwärzt waren mehrere Beilagen zu Generalversammlungen. Die Schwärzungen betrafen Änderungsevidenzen bei Bauleistungen sowie Aufstellungen zu Abrechnungen, Außenständen und offenen Mieterlösen der MQM GmbH.

Über die nicht vorgelegten mietvertraglichen Unterlagen und Mietverträge hinaus sind damit weitere wesentliche Gebarungsvorgänge nicht überprüfbar. Konkret betrifft dies

-   die Abwicklung der Bauleistungen und Gesamterrichtungskosten des Media Quarter Marx in geschätzter Höhe von rd. […] EUR (Stand 2013),

-   die finanzielle Lage bzw. Liquiditätssituation der MQM GmbH und

-   die Zahlungsverpflichtungen sowie rechtlichen bzw. finanziellen Risiken in Zusammenhang mit den von der MQM GmbH geschlossenen Vereinbarungen und Verträgen.

Der Rechnungshof merkt diesbezüglich an, dass das Stimmverhalten der ZIT bei Beschlussfassungen in der Generalversammlung der MQM GmbH und Umlaufbeschlüssen – samt den zugrundeliegenden Informationen, Vertragsurkunden, usw. – als Gebarungshandeln der ZIT im Rahmen ihrer Beteiligungsverwaltung zu qualifizieren ist und dass die diesbezüglichen Unterlagen dem Rechnungshof jedenfalls uneingeschränkt zur Verfügung zu stellen wären.

5. sämtliche Unterlagen zu den vorbereitenden und finalisierenden Verhandlungen der ZIT in Bezug auf ihr Abtretungsanbot samt Nachbesserung für ihre Gesellschaftsanteile an der MQM GmbH ('Exit Strategie'):

Aufgrund eines nachträglichen Schreibens der Wirtschaftsagentur Wien vom 11. Juli 2013 stellte sich heraus, dass die von der ZIT dem Rechnungshof am 24. April 2013 übergebenen Unterlagen betreffend vorbereitende und finalisierende Verhandlungen der ZIT in Bezug auf ihr Abtretungsanbot samt Nachbesserung für ihre Gesellschaftsanteile an der MQM GmbH ('Exit Strategie') unvollständig waren (Beilage ./22). Nach den Angaben der Wirtschaftsagentur Wien in ihrem Schreiben vom 11. Juli 2013 führte die ZIT sämtliche vorbereitenden und finalisierenden Verhandlungen in Bezug auf das Abtretungsanbot samt Nachbesserung für die Gesellschaftsanteile an der MQM GmbH (40 %), sodass die ZIT diese Unterlagen – der Anforderung des Rechnungshofes vom 15. Februar 2013 entsprechend – umfassend und vollständig vorzulegen gehabt hätte.

Dazu ist anzumerken, dass es dem Rechnungshof infolge der unvollständigen Übermittlung von Unterlagen durch die geprüfte Stelle nicht möglich ist, sämtliche Unterlagen exakt und vollständig anzugeben, die ihm von der geprüften Stelle vorenthalten werden. Es ist daher nicht auszuschließen, dass weitere wesentliche gebarungsrelevante Unterlagen vorliegen, von denen der Rechnungshof bislang keine Kenntnis hat."

Seinen Antrag begründete der Rechnungshof wie folgt (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"II. DIE ZIT – DIE TECHNOLOGIEAGENTUR DER STADT WIEN GMBH ALS TOCHTERGESELLSCHAFT DER WIRTSCHAFTSAGENTUR WIEN. EIN FONDS DER STADT WIEN. UND IHRE BETEILIGUNG AN DER MEDIA QUARTER MARX ERRICHTUNGS- UND VERWERTUNGSGESELLSCHAFT MBH

II.1.

Die (nunmehrige) 'Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien.' (ursprüngliche Bezeichnung: Wiener Wirtschaftsförderungsfonds; in der Folge grundsätzlich: Wirtschaftsagentur Wien) ist ein Fonds im Sinne von §19 des Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetzes, LGBl Nr 14/1988, zuletzt geändert mit LGBl Nr 56/2010.

Zielsetzung des Fonds ist gemäß §2 Abs1 seiner Satzung in der Fassung des Beschlusses des Vorstandes vom 20. Jänner 2011 (Beilage ./2), durch Förderung der Wiener Wirtschaft zur Stärkung der Wirtschaftskraft Wiens und zur Strukturverbesserung der Wiener Wirtschaft durch geeignete Maßnahmen beizutragen; zu diesen, ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken zählen insbesondere folgende Maßnahmen:

a) der Erwerb von bebauten und unbebauten Grundstücken, die aufgrund ihrer Widmung, Lage und Beschaffenheit ganz oder teilweise für die Ansiedlung oder die Erweiterung von Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungsunternehmen geeignet sind (Betriebsbaugründe) oder künftighin für einen derartigen Verwendungszweck in Frage kommen,

(...)

f)     Bereitstellung von aufgeschlossenen, baureifen Betriebsbaugründen für gesamtwirtschaftlich förderungswürdige Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungsunternehmen,

(...)

i)     Finanzierung und Durchführung baulicher Adaptierungen an bestehenden Betriebsobjekten und Neubau solcher Betriebsgebäude. (...)

Organe des Fonds sind gemäß §4 der Satzung der Vorstand, das Präsidium, der Präsident, der Beirat und die Geschäftsstelle.

Zum Vorstand:

Gemäß §5 der Satzung entsendet die Stadt Wien den für das Finanzwesen zuständigen Amtsführenden Stadtrat als Präsidenten, den für das Liegenschaftswesen zuständigen Amtsführenden Stadtrat als Vizepräsidenten sowie fünf weitere Vertreter in den Vorstand (Abs1). Die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, die Wirtschaftskammer Wien, der Österreichische Gewerkschaftsbund und die Vereinigung Österreichischer Industrieller haben das Recht, je einen Vertreter in den Vorstand zu entsenden (Abs2). Die nunmehrige Bank Austria AG und die nunmehrige Erste Österreichische Spar-Casse-Bank AG haben das Recht, je einen Vertreter in den Vorstand zu entsenden (Abs3).

Gemäß §5 Abs6 der Satzung werden die Beschlüsse grundsätzlich mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen und der gleichzeitigen Mehrheit der Stimmen jener Vorstandsmitglieder gefasst, deren entsendende Körperschaft eine Einlage geleistet hat; dabei handelt es sich nach den Ausführungen in der Präambel um die Stadt Wien, die nunmehrige Bank Austria AG und die nunmehrige Erste Österreichische Spar-Casse-Bank AG.

Gemäß §7 (Aufgaben des Vorstandes) obliegt dem Vorstand die Beschlussfassung in allen grundsätzlichen Angelegenheiten. Dazu gehören u.a.

a)     die Genehmigung des Wirtschaftsplanes,

b)     die Genehmigung des Rechnungsabschlusses,

c)     die Festlegung von Richtlinien für Kauf und Verkauf von Liegenschaften und Immobilien, (...)

e)     die Aufnahme von Krediten über 5 Millionen Schilling, (...)

g)     die Beschlussfassung über die Geschäftsordnung des Vorstandes, des Beirates und der Geschäftsstelle oder

h)     die Bestellung der Geschäftsführer, (...).

Zum Präsidium:

Das Präsidium besteht gemäß §8 Abs1 der Satzung aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und aus zwei weiteren Vertretern des Vorstandes, deren Auswahl der Stadt Wien zusteht. In näher bestimmten Angelegenheiten gehören Vertreter der Kreditinstitute dem Präsidium mit beratender Stimme an. Gemäß §8 Abs3 der Satzung können die Beschlüsse nur mit Stimmeneinhelligkeit gefasst werden.

Gemäß §8 Abs4 obliegt dem Präsidium die Beschlussfassung in folgenden Angelegenheiten:

a)     Durchführung von Vorstandsbeschlüssen in jenen Fällen, in denen der Vorstand eine Angelegenheit grundsätzlich beschließt und die Bestimmung der näheren Umstände dem Präsidium überträgt,

b)     Beschlussfassung über den Ankauf und Verkauf von Liegenschaften und Objekten,

c)     Erstattung von Verwertungsvorschlägen für städtische Betriebsbaugebiete,

d)     Abwicklung von bzw. Mitwirkung bei Wirtschaftsförderungsaktionen der Stadt Wien,

e)     Abschluss von Miet- und Pachtverträgen,

f)     Beschlussfassung über die Geschäftsordnung des Präsidiums.

Gemäß §9 Abs1 der Satzung vertritt der Präsident den Fonds nach außen und vollzieht die Beschlüsse des Vorstandes und des Präsidiums; er bedient sich dazu der Geschäftsstelle.

Gemäß §11 Abs1 der Satzung besteht die Geschäftsstelle aus dem Leiter der Geschäftsstelle, zwei weiteren Geschäftsführern und der erforderlichen Anzahl weiterer Angestellten. Sie besorgt unter der Leitung der Geschäftsführer die Aufgaben des Fonds, soweit sie nicht dem Präsidenten, dem Vorstand oder dem Beirat vorbehalten sind.

Der Beirat besteht gemäß §10 der Satzung aus sämtlichen Vorstandsmitgliedern und 15 weiteren, von der Stadt Wien entsendeten Vertretern. Ihm obliegt die Vorberatung aller Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Vorstandes fallen.

II.2.

Die 'ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH' (ursprüngliche Firmenbezeichnung: 'ZIT Zentrum für Innovation und Technologie GmbH') steht seit ihrer Gründung im Jahr 2000 im Alleineigentum der 'Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien.' (Beilage ./3).

II.3.

Die Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 1. Februar 2007 (Beilage ./4) gegründet.

Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt […] EUR. Davon haben übernommen:

die VBM Beteiligungsmanagement GmbH (FN 288878x) eine Stammeinlage von […] EUR und die ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH (FN 203631h; ursprüngliche Firma: ZIT Zentrum für Innovation und Technologie GmbH) eine Stammeinlage von […] EUR.

Diese Beteiligungsverhältnisse bestehen seit der Gesellschaftsgründung unverändert fort (laut Firmenbuchauszug Beilage ./5).

II.4.

Der Gesellschaftsvertrag der Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft mbH vom 1. Februar 2007 enthält folgende hinsichtlich der Willensbildung und Beschlussfassung der Gesellschaftsorgane wesentliche Bestimmungen:

Gemäß §7 Abs5 ('Geschäftsführung und Vertretung') ist die Zustimmung der Gesellschafter mit einem Konsensquorum von zumindest 80 % (achtzig Prozent) der abgegebenen Stimmen in bestimmten Fällen jedenfalls erforderlich. Als Fälle werden ausdrücklich genannt:

[…]

Gemäß §7 Abs6 haben die Geschäftsführer jeweils bis zum Ablauf des letzten Monats des Geschäftsjahres ein Budget für das Folgegeschäftsjahr aufzustellen, das unter anderem ein Umsatz-, Investitions-, Personal- und Finanzbudget sowie eine Liquiditätsvorschau zu enthalten hat, und dieses der Generalversammlung zur Genehmigung vorzulegen. Sollte die Generalversammlung das von den Geschäftsführern vorgelegte Jahresbudget nicht mit dem erforderlichen Quorum von 80 % der abgegebenen Stimmen genehmigen, wird das Budget des letzten Geschäftsjahres gemäß §7 Abs7 sinngemäß fortgeschrieben.

Gemäß §11 des Gesellschaftsvertrages ist die Verpfändung von Geschäftsanteilen oder Teilen hievon nur mit Zustimmung der übrigen Gesellschaften wirksam. Ist die Übertragung von Geschäftsanteilen oder von Teilen hievon beabsichtigt, so besteht ein Aufgriffsrecht der(s) übrigen Gesellschafter(s).

II.5.

Zusätzlich zu dem Gesellschaftsvertrag wurde am 12. März 2007 – ebenfalls in der Form des Notariatsaktes – ein Syndikatsvertrag (Beilage ./6) zwischen der nunmehrigen 'Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien.', der nunmehrigen 'ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH' und der 'VBM Beteiligungsmanagement GmbH' abgeschlossen.

Gemäß Pkt. I. Abs2 des Syndikatsvertrages war beabsichtigt, dass die MQM GmbH von der nunmehrigen Wirtschaftsagentur Wien im Einzelnen bezeichnete Liegenschaften in 1030 Wien kauft und dort gemäß einem angeschlossenen Lageplan ein Bebauungsobjekt errichtet und verwertet. Einzige Aufgabe der MQM GmbH ist es, diese Grundstücke zu erwerben, darauf ein Medienquartier zu errichten und zu verwerten (Pkt. II. Abs5). Die Syndikatspartner verpflichteten sich, gemäß detaillierten Bestimmungen Eigenkapital zur Finanzierung des Projektes laut angeschlossener Wirtschaftlichkeitsberechnung (angestrebter Eigenkapitalanteil von rd. 20 % bei einer Gesamtinvestition von rd. […] EUR) beizustellen oder für dessen Einbringung durch Konzerngesellschaften zu sorgen (Pkt. II. Abs4 und 6, Pkt. VI.).

Zur Geschäftsführung in der MQM GmbH wurde in Pkt. III. vereinbart, dass die MQM GmbH zwei Geschäftsführer hat, wobei die nunmehrige ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH und die VBM Beteiligungsmanagement GmbH berechtigt sind, je einen Geschäftsführer zu nominieren. Sie sind auch jeweils berechtigt, den von ihnen jeweils nominierten Geschäftsführer jederzeit durch einen neuen zu ersetzen. Die Syndikatspartner sind daher verpflichtet, durch Gesellschafterbeschluss die Bestellung bzw. Abberufung und Neubestellung der betreffenden Person zu erwirken. Entscheidungen der Geschäftsführer erfolgen einstimmig. Im Falle von Meinungsverschiedenheiten entscheidet die Generalversammlung der MQM GmbH.

Gemäß Pkt. IV. des Syndikatsvertrages führt in den Gesellschafterversammlungen für die Dauer jeweils eines Geschäftsjahres abwechselnd ein Vertreter des Syndikatspartners den Vorsitz. Die Generalversammlung der MQM GmbH ist zugleich die Syndikatsversammlung der Syndikatspartner.

Für den Fall der Übertragung von Geschäftsanteilen an einen Rechtsnachfolger, der nicht Vertragspartner des vorliegenden Vertrages war, war eine Verpflichtung zur Überbindung von Rechten und Pflichten aus dem Syndikatsvertrag auf den Rechtsnachfolger vorgesehen (Pkt. IX.).

II.6.

Laut §7 Abs4 der Erklärung über die Errichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vom 13. Dezember 2000 (Beilage ./7) darf die 'ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH' im Einzelnen angeführte Geschäfte, insbesondere den Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen an anderen Gesellschaften (Z1), Investitionen ab im Einzelnen festgelegten Wertgrenzen (Z7) und die Gewährung von Darlehen und Krediten (Z8) sowie die Übernahme von Bürgschaften und sonstigen Haftungen (Z9) ihrerseits nur mit Zustimmung ihres einzigen Gesellschafters, der Wirtschaftsagentur Wien, vornehmen, wobei jedenfalls ein einstimmiger Beschluss des Präsidiums der Wirtschaftsagentur Wien vorliegen muss.

Darüber hinaus war gemäß einem Gesellschafterbeschluss der Wirtschaftsagentur Wien vom Februar 2009 von der Wirtschaftsagentur Wien die Buchhaltung der ZIT zu führen und waren die ZIT und deren Beteiligungsgesellschaften – somit auch die MQM GmbH – im Beteiligungscontrollingsystem der Wirtschaftsagentur Wien zu erfassen.

II.7.

Bei dem nach Gründung der MQM GmbH tatsächlich errichteten Media Quarter Marx handelt es sich um ein Medienzentrum mit rd. 35.000 m2 Bruttogeschoßfläche im Stadtteil Erdberg im dritten Wiener Gemeindebezirk, das im Jahr 2012 seinen Betrieb aufnahm. Diesem Public-Private-Partnership-Projekt gingen zwei Beschlüsse der nunmehrigen 'Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien.' (Beilagen ./8 und ./9) aus den Jahren 2003 und 2005 voraus. Sie betrafen

-   den Beschluss betreffend den Erwerb von Liegenschaften in St. Marx durch die Wirtschaftsagentur Wien und

-   den Beschluss betreffend die Gründung einer Projektgesellschaft (= spätere MQM GmbH) zwecks Errichtung eines Medienzentrums, an der private Investoren beteiligt sein sollten.

Der zweitgenannte Beschluss legte darüber hinaus fest, dass die Projektgesellschaft die zuvor von der Wirtschaftsagentur Wien erworbenen Liegenschaften kaufen und in der Folge auf diesen ein Medienzentrum mit einem Investitionsvolumen von rd. […] EUR errichten sollte. Der Anteil der Fremdfinanzierung (= Bankenfinanzierung) am Projekt sollte voraussichtlich zwischen 75 % und 85 % betragen (bei einer Ausstattung der Gesellschaft mit Stamm- bzw. Eigenkapital von 15 % bis 25 %).

II.8.

Die MQM GmbH besorgt die laufende Buchführung, die Bilanzierung und das Controlling nicht selbst, sondern lässt diese Aufgaben von der Wirtschaftsagentur Wien besorgen. So schloss die MQM GmbH am 24. August 2011 eine rückwirkend mit 1. Jänner 2011 in Kraft getretene Vereinbarung über die Inanspruchnahme von Dienstleistungen der Abteilung Finanzen und Controlling der Wirtschaftsagentur Wien (siehe Beilage ./10).

Darüber hinaus beauftragte die Wirtschaftsagentur Wien die ZIT sowohl im Dezember 2008 als auch im Jänner 2010 mit Leistungen im Hinblick auf das Projekt Media Quarter Marx, für die eigentlich die MQM GmbH zuständig gewesen wäre.

II.9.

Das Präsidium der Wirtschaftsagentur Wien beschloss am 28. Oktober 2010, die Geschäftsführung der – 100%igen Tochtergesellschaft – ZIT zu ermächtigen und zu beauftragen, mit der VBM Beteiligungsmanagement GmbH eine Optionsvereinbarung abzuschließen, mit der die VBM Beteiligungsmanagement GmbH das Recht erhält, innerhalb einer Laufzeit von drei Jahren den derzeit von der ZIT gehaltenen Geschäfts-anteil an der MQM GmbH um ein fix vereinbartes, wertgesichertes Abtretungsentgelt in der Höhe von […] EUR zu erwerben oder an eigener Stelle einen dritten Erwerber zu denselben Konditionen namhaft zu machen (Beilage ./11).

In der Folge bot die ZIT mit Notariatsakt vom 28. März 2011 unwiderruflich einen Geschäftsanteil von 39,9 % des Stammkapitals der ITN Medienberatungsgesellschaft mbH und einen Geschäftsanteil von 0,1 % des Stammkapitals der SAPIO Medienstandort Immobilien-Verwaltungsgesellschaft mbH um einen wertgesicherten Gesamtabtretungspreis von […] EUR zum Kauf an, wobei das Anbot bis spätestens 31. Dezember 2013 bindend ist. Gleichzeitig wurde eine Vereinbarung über die Nachbesserung des Kaufpreises geschlossen (Beilage ./12). Eine Sicherstellung des vereinbarten Kaufpreises durch eine Bankgarantie oder Treuhandschaft wurde nicht vereinbart, sodass die ZIT – als 100%ige Tochtergesellschaft der Wirtschaftsagentur Wien – das Risiko der Einbringlichkeit zu tragen hat.

Bisher wurde das – weiterhin rechtlich bindende – Abtretungsanbot nicht angenommen.

[…]

IV. ZUSTÄNDIGKEIT DES RECHNUNGSHOFES ZUR GEBARUNGSÜBERPRÜFUNG
DER ZIT – DIE TECHNOLOGIEAGENTUR DER STADT WIEN GMBH

WEIGERUNG DER ZIT, DEM RECHNUNGSHOF DIE EINSICHT IN DIE NÄHER BEZEICHNETEN UNTERLAGEN ZU GESTATTEN – RECHTLICHE AUSFÜHRUNGEN

IV.1.

[…]

Die 'Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien.' ist ein Fonds i.S.d. Art127 Abs1 B-VG, weil er von Personen verwaltet wird, die hiezu mehrheitlich von Organen des Landes Wien bestellt sind (Kroneder-Partisch in Korinek/Holoubek, Kommentar zum B-VG, Rz 15 zu Art126b B-VG), wodurch ein maßgeblicher Einfluss der öffentlichen Hand sichergestellt ist. Daraus resultiert gemäß Art127 Abs3 letzter Satz B-VG wiederum eine Prüfzuständigkeit des Rechnungshofes für Unternehmungen, die von der 'Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien.' beherrscht werden bzw. an welchen diese mit mindestens 50 % des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist (Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle [2000], Rz 10 und 11 zu Art126b Abs2 B-VG). Es ist demnach auch eine Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Gebarungsprüfung der ZIT, an welcher die Wirtschaftsagentur Wien mit 100 % des Stammkapitals beteiligt ist, gegeben.

Darüber hinaus liegt eine Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Gebarungskontrolle der Wirtschaftsagentur Wien auch gemäß Art127 Abs3 i.V.m. Art126b Abs2 B-VG vor, weil die Wirtschaftsagentur Wien als ein von der Stadt Wien tatsächlich beherrschtes Unternehmen anzusehen ist. Die Stadt Wien beherrscht die Wirtschaftsagentur Wien durch organisatorische Maßnahmen. Dies im Hinblick darauf, dass die Stadt gemäß den Bestimmungen der Satzung der Wirtschaftsagentur Wien den Präsidenten, den Vizepräsidenten sowie fünf weitere Vorstandsmitglieder und damit insgesamt sieben Mitglieder von insgesamt 13 Vorstandsmitgliedern entsendet; diese von der Stadt Wien entsandten Mitglieder haben die Möglichkeit, die übrigen Mitglieder bei Mehrheitsbeschlüssen zu überstimmen. Dass ohne Zustimmung der Stadt Wien im Vorstand der Wirtschaftsagentur Wien keine Entscheidungen getroffen werden können, wird überdies dadurch sichergestellt, dass Vorstandsbeschlüsse nicht bloß von der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, sondern gleichzeitig die Mehrheit der Stimmen erfordern, die eine Einlage geleistet haben. Die letztere Mehrheit kann von den Vertretern der Stadt Wien jedenfalls sichergestellt werden, zumal neben der Stadt Wien nur die beiden oben genannten Bankinstitute (im Vorstand mit je einer Stimme) vertreten sind.

Überdies werden sämtliche stimmberechtigten Mitglieder des Präsidiums von der Stadt Wien entsandt, zumal dieses aus dem Präsidenten und Vizepräsidenten und aus zwei weiteren von der Stadt Wien ausgewählten Vorstandsmitgliedern besteht.

Sämtliche wichtigen Entscheidungen, insbesondere zur Durchführung von Projekten, zum Ankauf oder zur Verwertung von Liegenschaften oder zum Abschluss von Bestand- und Mietverträgen werden vom Vorstand oder vom Präsidium getroffen, in welchen den Vertretern der Stadt Wien eine dominierende Rolle zukommt.

Der Vorstand bestellt seinerseits die zur Besorgung der laufenden Geschäfte verantwortlichen Geschäftsführer.

Es liegt demnach eine Beherrschung durch organisatorische Maßnahmen vor, die zumindest der Stellung eines 50%igen Anteilsinhabers entspricht.

Die Gebarung der Wirtschaftsagentur Wien unterliegt demnach auch gemäß Art127 Abs3 i.V.m Art126b B-VG der Kontrolle durch den Rechnungshof. Daraus resultiert gemäß Art127 Abs3 letzter Satz B-VG wiederum eine Prüfzuständigkeit des Rechnungshofes für Unternehmungen, die von der Wirtschaftsagentur Wien beherrscht werden bzw. an welchen diese mit mindestens 50 % des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist, sodass eine Zuständigkeit des Rechnungshofes auch zur Gebarungsprüfung der ZIT, einer 100%igen Tochterunternehmung der Wirtschaftsagentur Wien, gegeben ist.

Dies wird von der Wirtschaftsagentur Wien und der ZIT auch nicht bestritten, sondern in einem externen Rechtsgutachten betreffend die 'Zulässigkeit der Gebarungsprüfung durch den Rechnungshof' vom 13. Februar 2013 ausdrücklich festgestellt (Beilage ./23).

IV.2.

Die ZIT anerkannte grundsätzlich die Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Kontrolle ihrer eigenen Gebarung sowie der Gebarung der MQM GmbH, an welcher sie beteiligt ist, und auf deren Geschäftsführung sie darüber hinaus als Syndikatspartnerin aufgrund eines Syndikatsvertrages einwirkt. Die ZIT ließ jedoch eine vollständige Überprüfung ihrer diesbezüglichen Gebarung nicht zu. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass sie die in Abschnitt III.11. angeführten Unterlagen trotz Aufforderung des Rechnungshofes nicht vorlegte und die Einsichtnahme in diese Unterlagen nicht zuließ.

Es liegt demnach eine Meinungsverschiedenheit über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit des Rechnungshofes regeln, im Sinne von Art126a B-VG und §36a VfGG vor. Der Verfassungsgerichtshof kann gemäß Art126a B-VG nicht bloß zur Entscheidung über die Befugnis zur Prüfung eines Gebarungsbereiches oder eines Rechtsträgers schlechthin angerufen werden, sondern auch zur Entscheidung über die Zuständigkeit zur Vornahme bestimmter Prüfungsakte oder einzelner Prüfungsmaßnahmen im Rahmen einer grundsätzlich unbestrittenen Überprüfung (VfSlg Nr 7944/1976; Kroneder-Partisch in: Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, Rz 10 zu Art126a B-VG, Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle, Rz 2 zu Art126a B-VG mwN). Diesbezüglich hat die Neufassung des Art126a B-VG (B-VG-Novelle BGBl Nr 508/1993) sowie der §§36a bis 36f VfGG (VfGG-Novelle BGBl Nr 510/1993) keine Änderung bewirkt. Im Bericht des Verfassungsausschusses zur VfGG–Novelle (1143 BlgNR 18. GP) wird zum neu gefassten §36a VfGG Folgendes ausgeführt: 'Wie schon bisher werden daher auch künftig nicht nur Fragen der Prüfungsunterworfenheit eines Rechtsträgers überhaupt, sondern auch Meinungsverschiedenheiten über die Zulässigkeit einzelner Amtshandlungen des Rechnungshofes im Rahmen einer grundsätzlich unbestrittenen Gebarungsüberprüfung an den Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung herangetragen werden können.'

IV.3.

Die Meinungsverschiedenheit bezieht sich im vorliegenden Fall auf die Auslegung der verfassungsgesetzlichen und der einfachgesetzlichen Bestimmungen über Umfang und Ausmaß der Gebarungskontrolle durch den Rechnungshof. Dazu ist im Einzelnen Folgendes auszuführen:

Gemäß Art127 Abs1 zweiter Satz B-VG hat sich die Überprüfung durch den Rechnungshof auf die ziffernmäßige Richtigkeit, die Übereinstimmung mit den bestehenden Vorschriften, ferner auf die Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Gebarung zu erstrecken; sie umfasst jedoch nicht die für die Gebarung maßgebenden Beschlüsse der verfassungsmäßig zuständigen Vertretungskörper.

Das aufgrund von Art128 B-VG erlassene Bundesgesetz über den Rechnungshof (Rechnungshofgesetz 1948 – RHG), BGBl 1948/144, i.d.g.F. enthält in seinem §15 Bestimmungen über die Gebarungsprüfung durch den Rechnungshof im selbstständigen Wirkungsbereich der Länder (gemäß §16 RHG einschließlich der Stadt Wien), die sich insbesondere auf die Gebarungsprüfung von Unternehmungen beziehen.

Gemäß §15 Abs6 RHG ist der Rechnungshof befugt, die Gebarung im Ganzen oder hinsichtlich gewisser Teilgebiete zu prüfen. Zu diesem Zweck kann er jederzeit alle erforderlichen Auskünfte und die Einsendung von Rechnungsbüchern,
-belegen und sonstigen Behelfen (wie Geschäftsstücke, Verträge, Korrespondenzen) verlangen, an Ort und Stelle in die Rechnungsbücher, -belege und die sonstigen Behelfe Einsicht nehmen sowie die Vornahme von Kassen-(Verlagskassen-)Prüfungen veranlassen und an diesen Amtshandlungen durch seine Organe teilnehmen.

Auch §15 Abs2 RHG, der sich auf näher angeführte Abschlussprüfungen von Unternehmungen bezieht, stimmt hinsichtlich der Kompetenzen des Rechnungshofes zur Einsichtnahme in Gebarungsunterlagen mit §15 Abs6 RHG zum größten Teil wörtlich überein.

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis VfSlg Nr 7944/1976 zum Ausdruck gebracht, dass er von einem weiten Begriff der Gebarung ausgeht. Der Verfassungsgerichtshof führte diesbezüglich Folgendes aus:

'Die derzeit geltende, auf dem Bundesverfassungsgesetz, BGBl 143/1948, und dem RechnungshofG 1948, BGBl 144/1948, beruhende Regelung hat den Prüfungsmaßstab über die ziffernmäßige Richtigkeit, die Übereinstimmung mit den bestehenden Vorschriften, die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Gebarung hinaus noch auf deren Sparsamkeit ausgedehnt.

Der Inhalt dieser Regelungen lässt erkennen, dass der Gesetzgeber schon von Anfang an die Gebarung als ein über das bloße Hantieren mit finanziellen Mitteln (Tätigen von Ausgaben und Einnahmen, Verwalten von Vermögensbeständen) hinausgehendes Verhalten verstanden hat, nämlich als jedes Verhalten, das finanzielle Auswirkungen (Auswirkungen auf Ausgaben, Einnahmen und Vermögensbestände) hat. Die schrittweise Erweiterung des Prüfungsmaßstabes macht deutlich, dass sich die Gebarungskontrolle auch auf solches Verhalten zu erstrecken hat, das für die Beurteilung der Gebarung unter den Gesichtspunkten der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit maßgeblich ist.'

Ausgehend von diesem Begriffsverständnis der Gebarung ist davon auszugehen, dass die ZIT dem Rechnungshof die Einsichtnahme in gebarungsrelevante Schriftstücke bzw. Teile von Schriftstücken verweigert hat. Dies aus folgenden Erwägungen:

Zu Pkt. 1.: vollständige (ungeschwärzte) Anlage zum Präsidiumsbeschluss der Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien. vom 28. Oktober 2010 (siehe Beilage ./11):

Dieser Präsidiumsbeschluss umfasst u.a. die Zustimmung der Wirtschaftsagentur Wien zu Verhandlungen und dem Abschluss von (Miet-)Verträgen mit der echo medienhaus ges.m.b.H. bzw. A.W.H. Beteiligungsgesellschaft m.b.H. oder mit diesen verbundenen Unternehmen im Bürogebäude des Media Quarter Marx. Mit diesem Unternehmen sollte ein sogenannter 'Ankermieter' gewonnen werden, weil andere potenzielle Mieter 'sehr zurückhaltend' agierten. Alleine durch diese Verträge sollten rd. 20 % der Gesamtmietfläche des Media Quarter Marx vergeben werden. Da der Wert der Büroimmobilie maßgeblich vom Vermietungsgrad abhängt und ein hoher Vermietungsgrad den Marktwert der zum Verkauf angebotenen Geschäftsanteile der ZIT an der MQM GmbH steigert, ist für das Gesamtverständnis des Beschlusses der Inhalt der durch Schwärzung unleserlich gemachten Textpassage unverzichtbar.

Zu Pkt. 2. bis 5.:

2. vollständige Unterlagen aller Generalversammlungen der MQM GmbH (siehe Beilage ./21), insbesondere

a)     Einladungen, Tagesordnungen und Beilagen (einschließlich sämtlicher Vereinbarungen bzw. Verträge),

b)     Tischvorlagen (inkl. Präsentationen),

c)     Protokolle und

d)     Beschlüsse (inkl. Umlaufbeschlüsse);

3. Aufstellung der per 31. Dezember 2012 vermieteten Flächen (Flächen, Mietzinslisten usw.);

4. alle darüber hinausgehenden mietvertraglichen Unterlagen der MQM GmbH und Mietverträge selbst;

5. sämtliche Unterlagen zu den vorbereitenden und finalisierenden Verhandlungen der ZIT in Bezug auf ihr Abtretungsanbot samt Nachbesserung für ihre Gesellschaftsanteile an der MQM GmbH ('Exit Strategie') (siehe Beilage ./22).

Eine Gesamtbeurteilung des gegenständlichen Public-Private-Partnership-Projekts (PPPProjekt MQM) erfordert eine vollständige Einsichtnahme in die Unterlagen aller mit dem Projekt befassten Rechtsträger (MQM GmbH, ZIT, Wirtschaftsagentur Wien, Stadt Wien). Indem die ZIT die Unterlagen zeitlich verzögert und unvollständig vorgelegt hat, insbesondere indem Textpassagen unleserlich gemacht oder Beilagen weggelassen wurden, hat sie diese vollständige Einsichtnahme in die gebarungsrelevanten Unterlagen nicht ermöglicht.

Zur Relevanz der Mietverträge und der diesbezüglichen Abschnitte von Generalversammlungsprotokollen und Gesellschafterbeschlüssen für die Gebarung der ZIT ist Folgendes auszuführen:

Das Stimmverhalten der ZIT bei Beschlussfassungen in der Generalversammlung der MQM GmbH und Umlaufbeschlüssen – samt den zugrundeliegenden Informationen, Vertragsurkunden, etc. – ist als Gebarungshandeln der ZIT im Rahmen ihrer Beteiligungsverwaltung zu qualifizieren. Die ZIT hat sich im Gesellschaftsvertrag ein entsprechendes Zustimmungsrecht in der Generalversammlung insbesondere zum Abschluss von Bestandverträgen ausdrücklich ausbedungen, sodass die Ausübung dieses Rechtes samt den darauf bezüglichen Entscheidungsgrundlagen nunmehr Teil ihres eigenen gebarungswirksamen Handelns ist. Die diesbezüglichen Unterlagen wären dem Rechnungshof bereits aus diesem Grund uneingeschränkt zur Verfügung zu stellen gewesen.

Überdies ist in diesem Zusammenhang noch auf Folgendes zu verweisen:

Vor dem Hintergrund, dass das Präsidium der Wirtschaftsagentur Wien am 28. Oktober 2010 die ZIT ermächtigt hat, ein verbindliches Abtretungsanbot hinsichtlich ihrer Gesellschaftsanteile an der MQM GmbH zu einem Abtretungspreis von […] EUR zu legen und die ZIT im März 2011 tatsächlich ein derartiges Anbot gelegt hat, stellt die Überprüfung der Angemessenheit des vereinbarten Kaufpreises im Hinblick auf möglicherweise nicht genutzte Erlöspotenziale (z.B. Leerstände, zu geringe Miethöhen) ein Hauptthema der Gebarungsüberprüfung dar. Die Überprüfung sämtlicher Mietverträge im Media Quarter Marx (zumindest elf Mietverträge) ist in diesem Zusammenhang von grundlegender Bedeutung, weil der Wert der Gesellschaftsanteile entscheidend von der Ausgestaltung dieser Mietverträge abhängt. Angesichts der schwachen Marktlage im Bereich Büroimmobilien in Wien sind Immobilienprojekte mit hoher Rendite für Investoren und Immobilienfonds von besonderem Interesse. Es wäre zu prüfen, ob es sich beim Media Quarter Marx um ein derartiges Immobilienprojekt mit hoher Rendite und entsprechend hohem Marktwert handelt, dies im Hinblick auf die Vermietungssituation, die jeweiligen Mieterlöse, die Bonität der Mieter oder die von diesen abgegebenen Kündigungsverzichte und übernommenen Instandhaltungsverpflichtungen. Die Mieterlöse – pro Jahr rd. […] EUR – stellen im Wesentlichen den Gesamtumsatzerlös der MQM GmbH dar. Was die Mietverträge im Media Quarter Marx betrifft, haben die ZIT und die Wirtschaftsagentur Wien jedoch durch Schwärzung unleserlich gemachte Schriftstücke vorgelegt und die Vorlage von relevanten Beilagen verweigert. Es wurde dem Rechnungshof solcherart die Einsichtnahme in Unterlagen verweigert, die insbesondere zur Beurteilung des Abtretungsanbotes vom März 2011 unter den Gesichtspunkten der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit unerlässlich sind.

Was die Gebarungsrelevanz weiterer nicht vorgelegter – über die mietvertraglichen Unterlagen und Mietverträge hinausgehender – Vereinbarungen und Verträge sowie geschwärzter Beilagen zu Generalversammlungsprotokollen betrifft, ist anzumerken, dass wegen des Fehlens dieser Unterlagen die Abwicklung der Bauleistungen, die Gesamterrichtungskosten des Media Quarter Marx in geschätzter Höhe von rd. […] EUR (Stand Frühjahr 2013), die finanzielle Lage bzw. Liquiditätssituation der MQM GmbH und die Zahlungsverpflichtungen sowie rechtlichen bzw. finanziellen Risiken in Zusammenhang mit den von der MQM GmbH geschlossenen Vereinbarungen und Verträgen nicht abschließend geprüft werden können.

Zusammenfassend ergibt sich, dass die Unterlagen, in welche die ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH dem Rechnungshof keine Einsicht gewährt hat, im Sinne der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung für die Beurteilung der Gebarung der ZIT im Hinblick auf deren Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit jedenfalls relevant sind.

IV.4.

Die ZIT verweigert die Vorlage von gebarungsrelevanten Unterlagen bzw. die Einsichtnahme in diese im Wesentlichen mit der Begründung, dass sie aufgrund privatrechtlicher Verträge zur Herausgabe der Unterlagen nicht berechtigt sei und die Herausgabe der Unterlagen einen Verstoß gegen gesellschaftsrechtliche Treuepflichten gegenüber der MQM GmbH darstellen würde.

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 28.11.2003, KR1/00 (VfSlg Nr 17.065) festgehalten, dass die geprüfte Stelle nicht befugt ist, die Einsicht in gebarungsrelevante Unterlagen zu Zwecken der allgemeinen Gebarungsprüfung zu behindern oder von Bedingungen abhängig zu machen. Vielmehr haben die geprüften Stellen ohne Rücksicht auf sonst bestehende Verschwiegenheitspflichten die nötigen Auskünfte zu erteilen und die Einsicht auch in vertrauliche Unterlagen zu dulden. Der Rechnungshof hat allerdings bei seiner Berichterstattung regelmäßig eine Interessenabwägung zwischen privaten Geheimhaltungsinteressen und dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe der Kontrollergebnisse vorzunehmen. Im Einzelnen führte der Ver-fassungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis unter Bezugnahme auf die einschlägige Literatur aus wie folgt:

'Diese (teilweise) Behinderung der Einschau erfolgte zu Unrecht. Auch wenn der ORF ... im Ergebnis letztlich zu Recht der Auffassung anhing, dass eine Einschau in die Gehaltskonten zum Zweck der namentlichen Einkommensberichterstattung gemäß §8 Abs1 bis 3 BezBegrBVG rechtlich nicht zulässig sei, so war er dennoch nicht befugt, auch die Einsicht zu Zwecken der allgemeinen Gebarungsprüfung zu behindern oder von Bedingungen abhängig zu machen. Die Antwort auf die Frage, wie weit bei einer solchen Einsicht gewonnene Ergebnisse bei der Berichterstattung im Rahmen der Gebarungsprüfung veröffentlicht werden dürfen, ergibt sich aus den einschlägigen Rechtsvorschriften [vgl. etwa Berka, Rechnungshofkontrolle im Spannungsfeld von Öffentlichkeit und Geheimnisschutz, in: Korinek (Hrsg.), Die Kontrolle wirtschaftlicher Unternehmungen durch den Rechnungshof, 1986, S. 419, insbesondere S. 434 ff.], ist aber nicht der Gestaltung durch den Rechnungshof und die geprüfte Stelle zugänglich.

Zu Recht weist Berka (aaO, S. 435) darauf hin, dass 'die geprüften Stellen dem Rechnungshof ohne Rücksicht auf sonst bestehende Verschwiegenheitspflichten die nötigen Auskünfte zu erteilen und die Einsicht auch in vertrauliche Unterlagen zu dulden' haben. Daraus erfließt aber keineswegs eine umfassende Informationspflicht des Rechnungshofes gegenüber der Allgemeinheit, vielmehr hat der Rechnungshof bei seiner Berichterstattung regelmäßig eine Interessenabwägung zwischen privaten Geheimhaltungsinteressen und dem öffentlichen Interesse der Bekanntgabe der Kontrollergebnisse vorzunehmen [vgl. Kroneder-Partisch, Art126d B-VG, in: Korinek/Holoubek (Hrsg.), Bundesverfassungsrecht, Rz 14 (2001)]:

(...)

c) Wie aus dem Gesagten hervorgeht, hat der ORF, indem er zwar Einsicht in die Gehaltskonten des Generalintendanten, der Intendanten und der Direktoren zuließ, in andere Gehaltskonten aber gänzlich, also auch für Zwecke der allgemeinen Gebarungsprüfung verweigerte, die Gebarungsprüfung in unzulässiger Weise behindert. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass er befürchten musste, der Rechnungshof würde im Zuge der Gebarungsprüfung gewonnene Informationen – in unzulässiger Weise – für einen Einkommensbericht im Sinne des §8 Abs3 BezBegrBVG verwenden. Dies erklärt zwar das Verhalten des ORF, der nur so die von ihm befürchtete und für rechtswidrig erachtete Veröffentlichung verhindern und zu einer verfassungsgerichtlichen Klärung der strittigen Frage gelangen konnte, rechtfertigt es aber nicht.'

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die ZIT nicht berechtigt, dem Rechnungshof die Einsichtnahme in die gebarungsrelevanten Unterlagen aufgrund der von ihr ins Treffen geführten privatrechtlichen Verpflichtungen zu verweigern. Vielmehr wäre die ZIT zur vollständigen Vorlage der Unterlagen verpflichtet. Dem Rechnungshof obliegt in der Folge bei Wahrnehmung seines verfassungsgesetzlichen Auftrages zur Berichterstattung an die allgemeinen Vertretungskörper sowie der Verpflichtung zur Veröffentlichung seiner Berichte die Abwägung der Interessen der Wahrung des Grundrechtes auf Datenschutz sowie von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen mit dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe der Kontrollergebnisse (siehe zu letzteren auch die ausdrückliche Bestimmung in §15 Abs2 letzter Satz RHG).

Insoweit sich die ZIT darauf beruft, dass sich vom Rechnungshof angeforderte Unterlagen (auch) auf die Gebarung der MQM GmbH beziehen würden, ist ihr zu entgegnen, dass diese Unterlagen Teil ihrer eigenen Gebarung im Rahmen der Beteiligungsverwaltung sind und die Unterlagen für ihre eigenen unternehmerischen Entscheidungen im Zuge dieses Projektes als Gesellschafterin und Syndikatspartnerin und überdies im Hinblick auf ihr Abtretungsanbot über die Geschäftsanteile an der MQM GmbH von maßgeblicher Bedeutung waren und sind. Es ist für die Befugnisse des Rechnungshofes zur Einsichtnahme im Übrigen nicht von Bedeutung, ob die entsprechenden Unterlagen allenfalls auch bei einem anderen Rechtsträger aufliegen würden."

4. Dem Antrag des Rechnungshofes trat die ZIT in ihrer Äußerung mit folgender Begründung entgegen:

"1     Einleitung

Die Bedeutung von Public Private Partnership Modellen ('PPP Modellen') für die öffentliche Hand.

Die Umsetzung von PPP Modellen bringt für die öffentliche Hand zahlreiche Vorteile mit sich:

Ganz grundsätzlich ist die Realisierung größerer Investitionsvorhaben angesichts immer knapper werdender Mittel für die öffentliche Hand zusehends schwieriger. Die Ko-Finanzierung von Großprojekten durch einen finanzstarken privaten Partner ist oft einzige Möglichkeit, deren Umsetzung zu ermöglichen. Die Praxis hat aber gezeigt, dass PPP Modelle aus Sicht der öffentlichen Hand noch zahlreiche weitere bedeutsame Vorteile mit sich bringen:

?   Erzielung von Kosteneinsparungen und Steigerung der Effizienz durch die mit der Auslagerung von Verwaltungstätigkeiten verbundene Etablierung fexiblerer Einheiten,

?   schnellere Projektabwicklung durch privatwirtschaftliche Organisation ('time to market'),

?   Synergie- und Größenvorteile,

?   Risikoverteilung zwischen öffentlicher Hand und Privaten,

?   Nutzung des spezifischen Know How des Privaten.

Auch die ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH nutzt diese vielfältigen Vorteile, die PPP — Modelle für den öffentlichen Investor mit sich bringen, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.

Der private Partner erwartet sich in PPP-Modellen von der öffentlichen Hand vor allem einen strategisch orientierten und verlässlichen Investitionspartner, der in der Lage ist, für einen stabilen Rahmen seiner Investitionen zu sorgen. Stabilität ist dabei nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht gefordert, sondern vor allem auch in Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Investitionen zugrunde gelegt wer-den. Wesentlicher Teil dieses rechtlichen Rahmens ist auch die Frage, ob und wie weit PPP — Projektgesellschaften jenen öffentlich rechtlichen Vorschriften unterliegen, die die effiziente Verwendung öffentlicher Mittel sicherstellen sollen. Zu erwähnen sind hier etwa das Stellenausschreibungsgesetz, das Bundesbeschaffungsgesetz, die vergaberechtlichen Vorschriften sowie die bundesverfassungsrechtlichen Vorschriften über die Prüfkompetenz des Rechnungshofes.

Private Investoren stehen diesen Vorschriften in der Regel ablehnend gegenüber: die Gewinnorientierung des Privaten sorgt schon per se dafür, dass vorhandene Mittel effizient und sparsam verwendet werden, womit der einzige Regelungszweck dieser Vorschriften erfüllt ist. Übrig blieben aus Sicht des Privaten nur die mit der Einhaltung der genannten Vorschriften verbundenen erheblichen Personal- und Kostenaufwände, denen statt eines realisierbaren wirtschaftlichen Vorteils zusätzlich das trotz entsprechender gesetzlicher Verschwiegenheitsverpflichtungen bestehende Risiko gegenüberstünde, dass Geschäftsgeheimnisse an die Öffentlichkeit gelangen.

Dies sei unseren Ausführungen vorangestellt.

2      Sachverhalt

2.1 Aufgrund des Umfangs der Beilagen wird im Sinne der Verfahrensökonomie überall dort, wo sachverhaltsrelevante Beilagen bereits vom Rechnungshof vorgelegt worden sind, auf diese verwiesen. Diesem Schriftsatz beigelegt sind nur Dokumente, die dem VfGH noch nicht vorliegen. Diese sind im Unterschied zu den Beilagen des Rechnungshofs - mit Buchstaben bezeichnet.

[…]

2.2    Beteiligungsverhältnisse

Die ZIT – Die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH (im Folgenden auch 'ZIT') ist eine 100 %-ige Tochtergesellschaft des nach dem Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz gegründeten Fonds 'Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien.' (im Folgenden auch 'Wirtschaftsagentur').

 

Die Media Quarter Marx Errichtungs- und Verwertungsgesellschaft m.b.H. (im

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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