TE AsylGH Erkenntnis 2013/07/15 D12 434166-1/2013

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Veröffentlicht am 15.07.2013
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Spruch

D12 434166-1/2013/5E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Auttrit als Vorsitzenden und den Richter Dr. Dajani als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.03.2013, FZ. 12 10.354-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I 38/2011 als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, reiste am 09.08.2012 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Dazu wurde er ebenfalls am 09.08.2012 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und gab an, dass er seinen Herkunftsstaat verlassen habe, weil er von den Behörden geschlagen und misshandelt worden sei. Wenn er die Informationen nicht preisgebe, die die Behörden wissen wollen, werde die Strafe, die diejenigen verdienen, an ihm ausgeübt. Sein Bruder sei umgebracht worden und sein Cousin sein spurlos verschwunden.

 

Der Beschwerdeführer legte seinen russischen Inlandsreisepass vor.

 

Am 19.12.2012 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die tschetschenische Sprache niederschriftlich einvernommen und gab an, dass er einvernahmefähig sei, aber psychische Probleme habe. Er habe einen Termin bei einem Arzt gehabt, der aber verschoben worden sei.

 

In Österreich lebe eine Schwester namens XXXX (AIS-Zl. 04 04.480). Im Herkunftsstaat leben die Mutter und mehrere Schwestern des Beschwerdeführers.

 

Der Beschwerdeführer gab an, dass er gefoltert worden sei. Er habe ca. 15cm lange Narben an den Außenseiten beider Knie. Der Ellenbogen sei auch gebrochen gewesen und auch am Kopf habe er Verletzungen gehabt. Er sei erstmals im Juni oder Juli 2004 mitgenommen worden. Nach 2006 wurde seine Schwester XXXX geschlagen. 2006 sei der Beschwerdeführer wieder mitgenommen und schließlich freigelassen worden, nachdem er zugesagt habe, für sie Informant zu sein. Da er keine Informationen gehabt habe, sei er im Jänner 2008 wieder mitgenommen worden. Man habe Lösegeld für ihn bezahlt. Damit haben die Entführer Waffen gekauft. Ende März sei er noch einmal mitgenommen worden. Sein Vater habe ein Auto verkauft, um ihn freizukaufen. Beim zweiten Mal sei er geschlagen worden und habe ins Krankenhaus gemusst. Sein Vater habe deshalb einen Herzinfarkt gehabt und sei verstorben. Im Krankenhaus habe man dem Beschwerdeführer gedroht, keine Anzeige zu machen. Drei Tage nach der Einlieferung haben ihm die Ärzte geraten zu flüchten. Er sei zu einem Freund gegangen. Zu seinen Verletzungen befragt gab der Beschwerdeführer an, dass ihm die Nase, der Kiefer, das Handgelenk und die Rippen gebrochen worden seien. Am Brustbein habe er einen Riss gehabt. Der Kiefer sei mit einem Gummi an den Zähnen fixiert worden. Die Hand sei nur verbunden worden. Er habe eine Infusion bekommen. Er möchte zu einem Neurologen gehen und habe bereits einen Termin. Zu den Narben am Knie befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er im August oder September 2004 mit Schlagstöcken geschlagen worden sei. Dies sei im Rahmen der ersten Mitnahme gewesen. Danach sei er operiert worden. Die Kniescheiben seien damals gebrochen gewesen. Am Kopf habe er Verletzungen vom Knauf der Waffe gehabt. Er sei damals ungefähr ein Monat lang im Spital gewesen. Befragt wie die Knieverletzung genau entstanden sei sagte der Beschwerdeführer, er sei in XXXX an einem Busbahnhof gestanden, als er von einem unbekannten Mann in ein Auto gezerrt und auf ein Feld gebracht worden sei. Dort habe man ihn getreten und mit Händen geschlagen und nach seinem Cousin befragt. Er habe schließlich die Adresse seines Cousins verraten. Einer der Männer habe eine Waffe gezogen und gesagt, er werde dafür sorgen, dass der Beschwerdeführer rede. Er habe auch einen Baseballschläger aus dem Auto geholt und auf den Fuß des Beschwerdeführers geschlagen. Der Beschwerdeführer habe geschrieben. Dieser Mann habe auch auf das andere Knie geschlagen. Das rechte Knie sei schwerer verletzt worden. Die Männer haben dann ein Taxi gerufen, dass den Beschwerdeführer in ein Krankenhaus gebracht habe.

 

Der Beschwerdeführer habe die Russische Föderation erst im Jahr 2012 verlassen, weil er kein Geld und keine Gelegenheit gehabt habe.

 

Das Bundesasylamt beauftragte einen Facharzt für Unfallchirurgie mit der Untersuchung des Beschwerdeführers sowie Erstellung eines Gutachtens zu Frage, ob die angegebenen Misshandlungen objektivierbar seien und ob der dafür angegebene Zeitraum glaubhaft sei.

 

Dem fachärztlichen, unfallchirurgischen Gutachten vom 30.12.2012 ist zu entnehmen, dass die Narben am Knie typisch für die Versorgung von gewohnheitsmäßigen Kniescheibenverrenkungen, der operativen Entfernung einer doppelt angelegten Kniescheibe oder ähnlichem seien, nicht jedoch für die Versorgung eines Kniescheibenbruches oder eines Bandrisses. Zudem müsse festgehalten werden, dass auch bei perfekter operativer Versorgung im Röntgenbild noch Spuren von solchen Verletzungen erkennbar wären. Absolut unglaubwürdig sei weiters, dass der Beschwerdeführer nicht angeben könne, ob nach der Operation eine Ruhigstellung erfolgt sei oder nicht. Auch der angegebene Nahtentfernungstermin sei genauso wie der vierwöchige Krankenhausaufenthalt aus gutachterlicher Sicht nicht nachvollziehbar. Theoretisch möglich sei, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2004 eine Platzwunde am Kopf erlitten habe. Nicht auszuschließen sei, dass der Beschwerdeführer 2006 durch Faustschläge und Fußtritte misshandelt worden sei. Durch das Fehlen von noch sichtbaren Spuren könne natürlich kein medizinischer Beweis dafür oder dagegen erbracht werden. Bezüglich der angeblich 2008 durch Schläge und Fußtritte erlittenen Brüche der Nase, des Unterkiefers und des linken Handgelenkes könne festgehalten werden, dass es keinen medizinischen Beweis dafür gebe, dass der Beschwerdeführer einen Nasenbeinbruch bzw. einen Bruch im Bereich des linken Handgelenks erlitten habe, da solche Veränderungen auch zum heutigen Zeitpunkt radiologisch zur Darstellung gebracht werden können. Am Röntgenbild des Schädels zeige sich knapp unterhalb des linken Kieferköpfchens ein geheilter Bruch des Unterkiefers, wobei dies noch keinen Beweis dafür darstelle, dass dieser Bruch im Zuge der angegebenen Misshandlungen 2008 resultiert sei. Die Narben im Stirnbereich, die angeblich durch Misshandlungen im Jahr 2008 entstanden seien, seien sicher mehrere Jahre alt und ähnlich der Narben, welcher der laut eigenen Angaben durch eine Verletzung in der Kindheit erlitten habe. Eine Entstehung vor dem angeblichen Misshandlungszeitpunkt sei daher anzunehmen.

 

Zusammenfassend sei festzustellen, dass die Narben im Bereich der Kniegelenke von einer im Kindes- oder Jugendlichenalter durchgeführten Operation und nicht von einer Misshandlung stammen. Im Bereich der Nase und des linken Hand- und Ellenbogengelenkes habe nie ein Knochenbruch bestanden. Die knöchern geheilte Fraktur des linken Unterkiefers könne, müsse aber nicht durch den angegebenen Vorfall aus dem Jahr 2008 stammen. Bezüglich der Narben im Stirnbereich sei von einer Entstehung in der Kindheit auszugehen. Die Beurteilung der weiteren Ungereimtheiten bezüglich angeblich nicht erinnerlicher Misshandlungsdaten, Lände des Spitalsaufenthaltes, unglaubwürdige Zeiten für Nahtentfernung, Gipsruhigstellung, vorzeitige Abnahme des Schienenverbandes am Kiefer (nach zwei bis vier Wochen sei ein solcher Bruch nicht geheilt) sowie der Art und des Benehmens des Beschwerdeführers bleibe dem Auftraggeber überlassen, wobei schon festgestellt werden müsse, dass aus traumatologischer Sicht kein Substrat für eine Verletzung des zentralen oder peripheren Nervensystems attestiert werden könne.

 

Mit Schreiben vom 07.01.2013 legte der Beschwerdeführer die Sterbeurkunde seines Bruders sowie Krankenhausbestätigungen seiner Mutter vor.

 

Der Beschwerdeführer wurde am 14.02.2013 vom Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die tschetschenische Sprache von einem Organwalter niederschriftlich einvernommen und der Befund des Gutachters besprochen sowie Parteiengehör gewährt. Der Beschwerdeführer erklärte dazu, dass alles, was er bisher gesagt habe, stimme. Der Gutachter habe nicht einmal seinen Kopf angeschaut oder die Narben untersucht. Er verlange einen anderen Spezialisten. Auch das was in der Niederschrift stehe, stimme nicht.

 

Abschließend wurden dem Beschwerdeführer aktuelle Länderberichte zu Lage im Herkunftsstaat übermittelt sowie eine Stellungnahmefrist von zwei Wochen eingeräumt.

 

Mit einer schriftlichen Erklärung vom 22.02.2013 entschuldigte sich der Beschwerdeführer für sein Benehmen in der Einvernahme am 14.02.2013 und bat erneut, dass er von einem "qualifizierten Arzt, der seinen gesundheitlichen Zustand besser einschätzen könne", untersucht zu werden.

 

Mit E-Mail vom 05.03.2013 übermittelte der Beschwerdeführer einen Klinischen Befundbericht einer "Oberärztin der Klinik" vom 25.02.2013, wonach er an einer "Bipolar affektiven Störung vor dem Hintergrund einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung" leide und derzeit medikamentös behandelt werde.

 

Das Bundesasylamt zog dem Verfahren zwei Anfragebeantwortungen vom 21.12.2011 und 04.10.2012 bei, wonach die dem Beschwerdeführer verschriebenen Medikamente in der Russischen Föderation verfügbar seien.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.03.2013, Fz. 12 10.354-BAT, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I.) und der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Die belangte Behörde stellte die Identität und Nationalität des Beschwerdeführers fest und traf umfangreiche Länderfeststellungen zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers.

 

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe vorgebracht, mehrmals von den Behörden mitgenommen, befragt und misshandelt worden zu sein. Er habe dabei deutlich sichtbare Narben sowie für Laien nicht ersichtliche Verletzungen erlitten, welche sein Vorbringen beweisen würden. Der vom Bundesasylamt beauftragte gerichtlich beeidete Sachverständige habe dabei festgestellt, dass Verletzungen wie etwa die Narben im Bereich der Kniegelenke nicht auf die vom Beschwerdeführer geschilderte Weise entstanden sein können sondern vielmehr von einer im Kindes- oder Jugendlichenalter durchgeführten Operation stammen. Es gäbe keinen medizinischen Beweis, dass im Bereich der Nase und des linken Hand- und Ellenbogengelenkes jemals ein Knochenbruch bestanden habe. Die knöchern geheilte Fraktur des linken Unterkiefers könne, müsse aber nicht durch den angegebenen Vorfall aus dem Jahr 2008 stammen. Bezüglich der Narben im Stirnbereich sei von einer Entstehung in der Kindheit auszugehen. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass das Gutachten nachvollziehbar und schlüssig sei. Die Behörde verkenne nicht, dass bei einigen der Verletzungen die Entstehung nicht zweifelsfrei begründet werden könne. Jedoch sei es als Faktum anzusehen, dass vom Beschwerdeführer behauptete Brüche wie die des Handgelenkes und des Nasenbeines nicht nachweisbar seien und somit eindeutig gegen seine Darstellung sprechen. Der Beschwerdeführer habe nicht einmal versucht, die Behörde durch Richtigstellungen usw. zu überzeugen, sondern haben im Gegenteil beharrlich den Austausch des Sachverständigen und der Dolmetscherin behauptet, ohne dies substantiiert begründen zu können. Diese Forderung ergebe sich ganz offensichtlich aus dem Umstand, dass der Sachverständige ein dem Beschwerdeführer im Inhalt nicht genehmes Gutachten erstattet habe und der Beschwerdeführer von der Hoffnung geleitet werde, dass ein anderer Mediziner zu einem anderen Befunde komme. Es gebe aber keinen Anlass, das Gutachten anzuzweifeln. Der Sachverständige sei fachlich qualifiziert, zur Wahrheit und Objektivität verpflichtet und habe kein persönliches Interesse am Ausgang des Verfahrens in irgendeine Richtung. Der Beschwerdeführer hingegen habe verständlicherweise ein vitales Interesse an einem positiven Ausgang des Verfahrens und es sei aus menschlicher Sicht nachvollziehbar, dass er ein Fluchtvorbringen behaupte, welches aus seiner Sicht zur Zuerkennung eines Aufenthaltsrechtes in Österreich führen soll. Aus der mangelnden bzw. nicht vorhandenen Mitwirkung des Beschwerdeführers im Verfahren lasse sich zwar nicht zweifelsfrei ableiten, dass die behaupteten Fluchtgründe nicht glaubhaft seien. Jedoch lasse sich daraus und an der Bedeutung die er selbst den Verletzungen zuschreibe ableiten, dass sein Vorbringen nicht geeignet sei für sich allein die Behörde von der Plausibilität des Vorbringens zu überzeugen. Da nun zum einen die mündliche Begründung nicht geeignet sei, als Substrat für die Anerkennung als Flüchtling zu dienen, zum anderen das Sachverständigengutachten mit hinreichender Sicherheit gegen seine Darstellung spreche, ziehe die Behörde daraus den Schluss, dass seine Angaben nicht glaubhaft seien. An dieser Einschätzung vermöge auch die vorgelegten Urkunden über den Tod des Bruders durch eine Schussverletzung nichts zu ändern, zumal im Jahr 2000 unbestrittener Maßen Kriegszustand geherrscht habe und kein kausaler Zusammenhang mit seiner Ausreise im Jahr 2012 herzustellen sei.

 

Es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer an einer psychischen Störung leide. Jedoch sei diese Erkrankung nicht von verfahrensrelevanter Gravität.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 04.04.2013 fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang. Zum Sachverständigengutachten führte der Beschwerdeführer aus, der Sachverständige habe festgestellt, dass seine Verletzungen an den Knien nicht auf die vom Beschwerdeführer geschilderte Weise entstanden sein können, sondern durch Operationen im Kindes- bzw. Jugendalter bedingt seien. Diese Verletzungen seien ihm - wie bereits in der Einvernahme erwähnt - im Jahr 2004 zugefügt worden, somit im Alter von 17 Jahren, was durchaus in das Jugendalter falle. Die Narben stammen von einer Operation, da durch die Schläge seine Kniescheiben zertrümmert worden seien. Da diese Verletzungen bereits neun Jahre zurückliegen, seien die Narben längst maturiert. Ab diesem Stadium sei die genaue Datierung der Narbenentstehung nicht mehr verlässlich möglich. Leider habe er keine medizinischen Befunde aus seiner Heimat, um diese zum Beweis vorzulegen. Die medizinische Versorgung in Tschetschenien sei nicht mit jener in Österreich vergleichbar. Die Ärzte haben ihm nicht klar mitgeteilt, welche Verletzungen er genau habe, sondern haben ihn nur behandelt. Keiner habe sich die Zeit genommen, mit ihm darüber zu sprechen. Daher wisse er nicht, ob sein Handgelenk, Nasenbein und Rippen gebrochen oder nur angeknackst gewesen seien. Da er durch die zahlreichen Misshandlungen in seiner Heimat traumatisiert sei, sei es ihm auch nicht möglich gewesen, angemessen auf die Fragen in der Einvernahme einzugehen bzw. alles chronologisch und detailliert zu schildern. Er habe in der Einvernahme auch angegeben, dass er unter psychischen Problemen leide, jedoch sei von Seiten der Erstbehörde viel zu wenig auf seine psychische Situation eingegangen worden. Es sei in der Beweiswürdigung lediglich kurz angeführt worden, dass psychische Erkrankungen in der Russischen Föderation behandelbar seien. Das Vorliegen seiner Traumatisierung sei jedoch als Indiz für die Glaubwürdigkeit seines Vorbringens zu sehen. Die belangte Behörde habe es jedoch unterlassen ein Gutachten über seine psychische Situation einzuholen, was einen Verfahrensmangel darstelle.

 

Der Beschwerdeführer zitierte einen Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe von September 2012, wonach Personen, welche aus dem Ausland zurückkehren, in Tschetschenien besonders gefährdet seien. Es bestehe also eine durchwegs hohe Wahrscheinlichkeit, dass er nach seiner Rückkehr nach Tschetschenien sofort wieder in das Visier der Sicherheitskräfte gerate.

 

II. Der Asylgerichtshof hat dazu erwogen:

 

1. Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in die dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakte des Beschwerdeführers sowie der im erstinstanzlichen Verfahren eingeführten Länderdokumente.

 

2. Der Asylgerichtshof geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:

 

Zur Person und den Fluchtgründen:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, am XXXX geboren und trägt den im Spruch genannten Namen. Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund der Vorlage eines russischen Inlandsreisepasses fest.

 

Der Beschwerdeführer reiste am 09.08.2012 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Der Beschwerdeführer leidet an einer "Bipolar affektiven Störung vor dem Hintergrund einer emotional instabilen Persönlichkeit". Die Erkrankung des Beschwerdeführers ist in der Russischen Föderation behandelbar, die benötigten Medikamente sind verfügbar. Außerdem ist die psychische Erkrankung nicht derart akut und lebensbedrohlich, dass sie ein Hindernis für eine Rückführung in die Russische Föderation darstellen würde.

 

Nicht festgestellt werden kann unter Zugrundelegung des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass dem Beschwerdeführer in der Russischen Föderation Verfolgung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten drohen würde.

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Gründen nicht gegeben.

 

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen würde.

 

Es besteht in Österreich kein schützenswertes Privat- oder Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK. Dem Beschwerdeführer kam zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthaltes in Österreich ein nicht auf das Asylverfahren gestütztes Aufenthaltsrecht zu.

 

Zur relevanten Situation in der Russischen Föderation/ Tschetschenien:

 

Der Asylgerichtshof schließt sich den Länderfeststellungen der belangten Behörde zur Russischen Föderation/ Tschetschenien (vgl. Seite 11 bis Seite 71 des erstinstanzlichen Bescheides) an. Bis zum Entscheidungsdatum sind dem Asylgerichtshof keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen der Ländersituation bekannt geworden.

 

Aus dem vom Bundesasylamt verwendeten Länderbericht ergibt sich eindeutig, dass eine Gruppenverfolgung ethnischer Tschetschenen nicht existiert. Auch hat sich die allgemeine Lage in Tschetschenien in gewissem Ausmaß stabilisiert, die Zahl von Übergriffen und Menschenrechtsverletzungen ist insgesamt gesehen eindeutig zurückgegangen, die Phase der aktuellen Krisensituation ist vorbei. Auch das Bestehen einer Grundversorgung ergibt sich aus den Quellen eindeutig, betrachtet man etwa die Aktivitäten verschiedener internationaler Organisationen bzw. Hilfsorganisationen. Diese Entwicklungen und die Tendenz hin zu einem inner-tschetschenischen Konflikt in den letzten Jahren zu leugnen, hieße die tatsächliche Lage zu ignorieren. Beleg ist dafür auch die Entscheidungspraxis in anderen europäischen Staaten, so liegt die Anerkennungsquote von Asylwerbern aus Tschetschenien nunmehr in der Mehrzahl der europäischen Staaten unter 10% (Irland, Schweden, Norwegen, Schweiz, Deutschland; vergleiche nur die öffentliche Statistik von UNHCR und Herzog- Liebminger in "Die innerstaatliche Fluchtalternative - ein Rechtsvergleich", Pro Libris Verlag).

 

Der Asylgerichtshof verkennt dabei andererseits nicht, dass das Regime von KADYROW eindeutig diktatorische Züge hat und dass weiterhin mannigfaltige Bedrohungsszenarien in Tschetschenien bestehen und (auch schwere) Menschenrechtsverletzungen geschehen können. Diese Szenarien rechtfertigen in vielen Fällen die Gewährung von Asyl und entspricht dies der ständigen Praxis der entscheidenden Richter des Asylgerichtshofes. In diesem Zusammenhang wurde auch wiederholt in diesen Entscheidungen ausgeführt, dass das Bundesasylamt diese mannigfaltigen Bedrohungsszenarien in der derzeitigen Situation oftmals nicht hinreichend würdigt und dass die diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes in vielen (negativen) Bescheiden betreffend tschetschenischer AntragstellerInnen zu oberflächlich bleiben, daher verfehlt sind und neuerlichen Ermittlungsaufwand auslösen. Im Ergebnis ist die aktuelle Situation in Tschetschenien daher dergestalt, dass weder von vorneherein Asylgewährung generell zu erfolgen hat, noch dass eine solche nunmehr regelmäßig auszuschließen sein wird. Die allgemeine Lage in Tschetschenien erlaubt nunmehr auch die Erlassung von negativen Entscheidungen zur Abschiebung in Fällen, in denen eine solche individuelle Verfolgung nicht besteht.

 

Im vorliegenden Verfahren konnten individuelle Fluchtgründe, wie unter der Beweiswürdigung aufgezeigt, nicht glaubhaft gemacht werden. Die allgemeine Situation in Tschetschenien ist so, dass dem Beschwerdeführer eine gefahrlose Rückkehr zumutbar sein wird. Wäre eine Situation einer systematischen Verfolgung weiter Bevölkerungsschichten derzeit gegeben, wäre jedenfalls anzunehmen, das vor Ort tätige Organisationen, wie jene der Vereinten Nationen, diesbezügliche Informationen an die Öffentlichkeit gegeben hätten. Eine allgemeine Gefährdung von allen Rückkehrern wegen des Faktums ihrer Rückkehr lässt sich aus den Quellen ebenso wenig folgern.

 

3. Die Feststellungen beruhen auf folgender Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers beruhen auf den von ihm vorgelegten unbedenklichen Personenstandsdokumenten sowie seiner diesbezüglich glaubhaften Angaben.

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den Feststellungen zur Situation in der Russischen Föderation/ Tschetschenien, die sich auf verschiedene aktuelle Länderberichte unterschiedlichster Quellen stützen können, an. An dieser Einschätzung ändert auch das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde nichts. Der Beschwerdeführer zitierte nämlich einzelne Passagen aus einem Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe von September 2012, wonach Personen, welche aus dem Ausland zurückkehren, in Tschetschenien besonders gefährdet seien. Es bestehe also eine durchwegs hohe Wahrscheinlichkeit, dass er nach seiner Rückkehr nach Tschetschenien sofort wieder in das Visier der Sicherheitskräfte gerate. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass Länderberichte wie die im Bescheid angeführten, grundsätzlich als Substrat verschiedener Einzelberichte zu betrachten sind, die naturgemäß die Lage aus verschiedenen Blickwinkeln analysieren und daher einzeln betrachtet zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können. Es ist daher auch denklogisch, dass eine zusammenfassende und ausgewogene Länderfeststellung zwar prima vista von singulär betrachteten Berichten abweicht, gleichzeitig jedoch Einzelne der Länderfeststellung widersprechende bzw. abweichende Berichte die Länderfeststellung nicht in deren Aussage bzw. Ergebnis erschüttern können. In der Folge kann daher ho. nicht davon ausgegangen werden, dass der Verweis auf neue Berichte zu einer inhaltlichen Änderung der Länderfeststellungen beitragen kann.

 

Wie das Bundesasylamt richtig ausgeführt hat, war der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen nicht in der Lage, eine asylrelevante Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat glaubhaft zu machen. Die Angaben des Beschwerdeführers sind vor allem deswegen nicht glaubwürdig, da sie mit den Ergebnissen des eingeholten medizinischen Gutachtens nicht übereinstimmen. Außerdem sind die geschilderten Vorfälle - wie noch genauer ausgeführt wird - nicht dazu geeignet, eine aktuelle Verfolgungsgefahr zu begründen.

 

Der Beschwerdeführer stützt sein Fluchtvorbringen darauf, dass er in der Russischen Föderation von 2004 bis 2008 insgesamt vier Mal von den Behörden mitgenommen, befragt und misshandelt worden sei. Bei einer der Anhaltungen im Jahr 2004 habe man ihm mit einem Baseballschläger auf die Knie geschlagen und dabei seien die Kniescheiben gebrochen. Im Rahmen einer Anhaltung im Jahr 2008 sei ihm die Nase, der Kiefer, das Handgelenk sowie die Rippen gebrochen worden. Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers beauftragte die belangte Behörde einen fachärztlichen, unfallchirurgischen Sachverständigen mit der Untersuchung des Beschwerdeführers und Erstellung eines Gutachtens zur Frage, ob die angegebenen Misshandlungen objektivierbar seien und ob der dafür angegebene Zeitraum glaubhaft sei. Wie bereits das Bundesasylamt in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides festgehalten hat, hat der gerichtlich beeidete Sachverständige dabei festgestellt, dass Verletzungen wie etwa die Narben im Bereich der Kniegelenke nicht auf die vom Beschwerdeführer geschilderte Weise entstanden sein können sondern vielmehr von einer im Kindes- oder Jugendlichenalter durchgeführten Operation stammen. Der Gutachter hat weiters glaubhaft und schlüssig dargelegt, dass es keinen medizinischen Beweis dafür gibt, dass im Bereich der Nase und des linken Hand- und Ellenbogengelenkes jemals ein Knochenbruch bestanden hat. Die knöchern geheilte Fraktur des linken Unterkiefers kann, muss aber nicht durch den angegebenen Vorfall aus dem Jahr 2008 stammen. Bezüglich der Narben im Stirnbereich ist von einer Entstehung in der Kindheit auszugehen. Auch der erkennende Senat geht davon aus, dass das Gutachten nachvollziehbar und schlüssig ist. Es ist zwar - wie die belangte Behörde zutreffend formuliert hat - nicht zu verkennen, dass bei einigen der Verletzungen die Entstehung nicht zweifelsfrei begründet werden kann. Jedoch ist es als Faktum anzusehen, dass vom Beschwerdeführer behauptete Brüche wie die des Handgelenkes und des Nasenbeines nicht nachweisbar sind und somit eindeutig gegen seine Darstellung sprechen. In Anbetracht der massiven Unterschiede zwischen den Erzählungen und dem Ergebnis des unfallchirurgischen Gutachtens ist auch der erkennende Senat überzeugt davon, dass die Fluchtgründe des Beschwerdeführers nicht der Wahrheit entsprechen bzw. sich nicht in der vom Beschwerdeführer geschilderten Weise zugetragen haben. Daran ändern auch die Erklärungsversuche im Rahmen der Beschwerde nichts. Der Beschwerdeführer rechtfertigte sich einerseits damit, dass die Verletzungen bereits neun Jahre zurückliegen, die Narben längst maturiert seien und ab diesem Stadium die genaue Datierung der Narbenentstehung nicht mehr verlässlich möglich sei. Diese Erklärung überzeugt deshalb nicht, weil der Sachverständige im Gutachten explizit sagt, dass die Narben nicht für die Versorgung eines - wie vom Beschwerdeführer geschildert - Kniescheibenbruches oder eines Bandrisses sprechen und außerdem auch bei perfekter operativer Versorgung im Röntgenbild noch Spuren von solchen Verletzungen erkennbar wären.

 

Weiters rechtfertigt sich der Beschwerdeführer in der Beschwerde damit, dass er im Krankenhaus in Tschetschenien nicht darüber informiert worden sei, ob sein Handgelenk, Nasenbein und die Rippen gebrochen oder nur angeknackst gewesen seien. Diese Erklärung ist aber als reine Schutzbehauptung zu werten, zumal er im Rahmen der Einvernahmen beim Bundesasylamt mit keinem Wort erwähnt hat, dass er über die Schwere der Verletzungen - also ob Brüche oder "nur" Prellungen und dergleichen vorliegen - aus den nunmehr dargelegten Gründen keine Auskunft geben kann, sondern immer davon sprach, dass die Nase, das Handgelenk usw. gebrochen gewesen seien.

 

Auch die Angabe in der Beschwerde, er sei durch die zahlreichen Misshandlungen in seiner Heimat traumatisiert und habe deshalb nicht angemessen auf die Fragen in der Einvernahme eingehen können bzw. alles chronologisch und detailliert schildern können ist als reine Schutzbehauptung zu werten und erklärt auch keinesfalls die Diskrepanzen zwischen seinen Aussagen und dem Ergebnis des unfallchirurgischen Gutachtens.

 

Selbst wenn man von der Glaubwürdigkeit des Vorbringens ausgehen würde, so ist dem Beschwerdeführer vorzuhalten, dass er keinerlei aktuelle Verfolgungshandlungen glaubhaft machen konnte. So ist der vorgelegten Sterbeurkunde des Bruders des Beschwerdeführers zu entnehmen, dass dieser im Jahr 2000 - somit 12 Jahre vor der Ausreise des Beschwerdeführers - an einer Schussverletzung gestorben sei. Die vom Beschwerdeführer geschilderten vier Festnahmen und Folterungen sollen in den Jahren 2004 bis 2008 stattgefunden haben. Die behaupteten Misshandlungen können schon mangels eines zeitlichen Konnexes zur mehr als vier Jahre später erfolgten Ausreise des Beschwerdeführers, ohne dass er in der Zwischenzeit irgendwelchen Verfolgungshandlungen ausgesetzt war, keine Berücksichtigung finden. (VwGH 10.03.1993, 92/01/0879 und 21.04.1993 92/01/0956). Laut gängiger Judikatur des VwGH muss die Asylrelevanz nämlich zum Zeitpunkt der Ausreise gegeben sein und sind Umstände die schon längere Zeit vor der Ausreise zurückliegen nicht mehr beachtlich, die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung muss vielmehr bis zu Ausreise andauern. (VwGH 27.06.1995, 94/20/0689).

 

Es gibt auch keine plausible Erklärung dafür, warum der Beschwerdeführer erst vier Jahre nach dem letzten angeblichen Vorfall ausgereist ist. In der Einvernahme beim Bundesasylamt erklärte er, dass er die Russische Föderation erst im Jahr 2012 verlassen habe, weil er kein Geld und keine Gelegenheit dazu gehabt habe. Diese Aussage zeigt wiederum, dass die geschilderten Anhaltungen in den Jahren 2004 bis 2008 nicht der Wahrheit entsprechen. Wäre der Beschwerdeführer tatsächlich asylrelevant verfolgt worden, wäre er sicherlich bereits früher ausgereist und hätte sich nicht jahrelang unbehelligt im Herkunftsstaat aufhalten können.

 

Insgesamt muss daher auch der erkennende Senat zum dem Schluss kommen, dass der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation nicht verfolgt wurde, sondern aus privaten Gründen ausgereist ist und seinen Herkunftsstaats somit aus asylfremden Motiven verlassen hat.

 

Auch der Beschwerde konnte kein weiteres glaubwürdiges asylrelevantes Vorbringen entnommen werden und war der Beschwerdeführer somit nicht in der Lage, ein asylrelevantes Vorbringen glaubhaft zu machen. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das Bundesasylamt zu Recht von einem nicht glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers ausgegangen ist.

 

Zur gesundheitlichen Situation des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer laut Klinischem Befundbericht vom 25.02.2013 an einer "Bipolar affektiven Störung vor dem Hintergrund einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung" leide und derzeit medikamentös behandelt werde. Die belangte Behörde zog aufgrund dieses vorgelegten Befundes Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation bei, wonach die dem Beschwerdeführer in Österreich verordneten Medikamente auch im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers verfügbar sind. Weiters ist den im angefochtenen Bescheid dargelegten Länderberichten zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers zu entnehmen, dass die medizinische Grundversorgung in Tschetschenien flächendeckend gewährleistet sei und auch psychische Erkrankungen behandelbar seien. Insoweit geht auch das Argument des Beschwerdeführers in der Beschwerde ins Leere, wonach die belangte Behörde zu wenig auf seine psychische Situation eingegangen sei. Die physische Erkrankung des Beschwerdeführers ist somit in der Russischen Föderation behandelbar. Dass der Beschwerdeführer an einer derart akuten oder lebensbedrohlichen Erkrankung leidet, die ein Hindernis für eine Rückführung in die Russische Föderation darstellen würde ist dem vorgelegten ärztlichen Schreiben nicht zu entnehmen.

 

4. Rechtliche Beurteilung:

 

Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005 idF BGBL. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Mit 1. Juli 2008 entscheidet der Asylgerichtshof gemäß Art. 129c Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, idgF, in Verbindung mit § 61 Abs. 1 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, in der geltenden Fassung in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 oder 3a leg. cit. vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Durch Einzelrichter/Einzelrichterin entscheidet der Asylgerichtshof gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 AsylG 2005 ausnahmslos über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4 leg. cit.;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 leg. cit. sowie

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

 

Der Asylgerichtshof entscheidet weiters durch Einzelrichter über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 41a AsylG 2005.

 

Eine mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung fällt gemäß § 61 Abs. 3 Z 2 leg. cit. ebenfalls in die Kompetenz des/der zuständigen Einzelrichters/ Einzelrichterin.

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Rechtsmittelverfahren gegen einen abweisenden Bescheid. Daher ist das Verfahren des Beschwerdeführers von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Asylgerichtshofes zu führen.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Zu Spruchteil I des angefochtenen Bescheides:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung".

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011).

 

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.2.1997, 95/01/0454, 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, 94/19/0183, 18.02.1999, 98/20/0468).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Da der Beschwerdeführer seine Gründe nicht hat glaubhaft machen können, liegt die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl nicht vor, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe.

 

Das Bundesasylamt hat in der Begründung des Bescheides vom 19.03.2013, FZ. 12 10.354-BAT, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage hinsichtlich der behaupteten Flüchtlingseigenschaft klar und übersichtlich zusammengefasst und den rechtlich maßgeblichen Sachverhalt in völlig ausreichender Weise erhoben.

 

Auch der Beschwerde vermag der Asylgerichtshof keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen, weshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof unterbleiben konnte, da der maßgebende Sachverhalt durch die Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war (vgl. § 41 Abs. 7 AsylG iVm § 67d AVG idgF).

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 2.3.2006, Zl. 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.1.2003, Zl. 2002/20/0533; 12.06.2003, Zl. 2002/20/0336).

 

Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde keinerlei neue Ausführungen zu seinen Fluchtgründen gemacht. In seiner Beschwerde war er keineswegs in der Lage, die im Rahmen der Einvernahmen entstandenen und vom Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid aufgezeigten vagen und wenig konkreten Angaben aufzuklären, sondern wiederholte lediglich das Grundgerüst seiner Fluchtgeschichte.

 

Soweit der Beschwerdeführer die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens rügt, ist einzuwenden, dass es grundsätzlich dem Asylwerber zukommt, dass dieser die Gründe seiner Furcht vor Verfolgung konkret und substantiiert vorbringe (VwGH 21.11.1996, Zahl 95/20/0334).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur erkannt, dass für die Glaubhaftmachung der Angaben des Fremden es erforderlich ist, dass er die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert (vgl. VwGH 26.06.1997, 95/21/0294, 95/18/1291) und dass diese Gründe objektivierbar sind (vgl. VwGH 05.04.1995, 93/18/0289), wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des "Glaubhaft-Seins" der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. auch VwGH 23.01.1997, 95/20/30303, 0304). Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen für eine Asylgewährung spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern. Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (s.a. VwGH 11.11.1991, 91/19/0143, 13.04.1988 86/01/0268). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

 

Da der Beschwerdeführer keine im Zeitpunkt der Entscheidung bestehende aktuelle Bedrohung durch Verfolgungshandlungen hat glaubhaft machen können, liegt die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl nicht vor, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe.

 

Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.

 

Zu Spruchteil II des angefochtenen Bescheides:

 

Wird der Antrag auf internationalen Schutz eines Fremden in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ordnet § 8 Abs. 1 AsylG an, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, wenn eine mögliche Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat für ihn eine reale Gefahr einer Verletzung in seinem Recht auf Leben (Art. 2 EMRK iVm den Protokollen Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe) oder eine Verletzung in seinem Recht auf Schutz vor Folter oder unmenschlicher Behandlung oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) oder für den Fremden als Zivilperson eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

 

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

 

Nach der Judikatur des EGMR obliegt es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung behauptet, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gerichtshof eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben (vgl. EGMR vom 05.07.2005 in Said gg. die Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatstaat, hat die betroffene Person auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates (vgl. EGMR vom 26.07.2005 N. gg. Finnland).

 

Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist von der Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen (vgl. EGMR vom 15.11.1996 in Chahal gg. Vereinigtes Königsreich).

 

Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Ob die Verwirklichung der im Zielstaat drohenden Gefahren eine Verletzung des Art. 3 EMRK durch den Zielstaat bedeuten würde, ist nach der Rechtsprechung des EGMR nicht entscheidend.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht.

 

§ 8 Abs. 3 iVm § 11 Abs. 1 AsylG beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Teil des Herkunftsstaates des Antragstellers, in dem für den Antragsteller keine begründete Furcht vor Verfolgung und keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht. Gemäß § 1 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter dem Herkunftsstaat der Staat zu verstehen, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder im Falle der Staatenlosigkeit, der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

 

Die Gefahr muss sich daher auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

 

Den Fremden trifft somit eine Mitwirkungspflicht, von sich aus das für eine Beurteilung der allfälligen Unzulässigkeit der Abschiebung wesentliche Tatsachenvorbringen zu erstatten und dieses zumindest glaubhaft zu machen. Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer Gefahr ist es erforderlich, dass der Fremde die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert und, dass diese Gründe objektivierbar sind.

 

Es besteht kein Hinweis auf derartige Umstände, die eine Abschiebung unzulässig machen könnten. Da der Beschwerdeführer, wie unter Spruchpunkt I ausgeführt, keine asylrelevanten Verfolgungshandlungen glaubhaft machen konnte, ist nicht davon auszugehen, dass ihm aus den von ihm vorgebrachten Ausreisegründen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Übergriffe drohen, die die von Art. 3 EMRK geforderte Intensität erreichen.

 

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seiner gesundheitlichen Situation eine Rückverbringung in die Russische Föderation die - über eine bloße Möglichkeit hinausgehende - Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung drohen würde.

 

Aus der Rechtsprechung des EGMR ergibt sich zur Frage der Relevanz von Krankheiten folgende Judikaturlinie:

 

Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter sind als im Aufenthaltsland, und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist nicht ausschlaggebend. In der Entscheidung HUKIC v Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05 wurde die Abschiebung des am Down-Syndrom leidenden Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina für zulässig erklärt und wurde ausgeführt, dass die Möglichkeit der medizinischen Versorgung in Bosnien-Herzegowina gegeben sei. Dass die Behandlung in Bosnien-Herzegowina nicht den gleichen Standard wie in Schweden aufweise und unter Umständen auch kostenintensiver sei, sei nicht relevant. Notwendige Behandlungsmöglichkeiten wären gegeben und dies sei jedenfalls ausreichend.

 

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. Auch Selbstmordabsichten hindern eine Abschiebung für sich genommen nicht. In der Beschwerdesache OVDIENKO v Finnland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes "real risk". In AYEGH v Schweden vom 07.11.2006 betonte der EGMR auch den Umstand, dass ein schlechter Gesundheitszustand durch die unsichere Lage im Aufenthaltsstaat und die Angst vor Abschiebung in den Iran bedingt sei; die (damit in Zusammenhang stehende) erklärte Selbstmordabsicht hindert die Abschiebung nicht (anderes kann gelten, wenn der/die Betreffende bereits längerer Zeit in stationärer psychiatrischer Behandlung ist. Die zuständigen Behörden müssen sich vor dem unmittelbaren Vollzug noch einmal von der Überstellungsfähigkeit überzeugen und geeignete Maßnahmen treffen, um einen Suizid zu verhindern (siehe auch KARIM v Schweden).

 

Auch Abschiebungen psychisch kranker Personen nach mehreren Jahren des Aufenthalts im Aufenthaltsstaat können in Einzelfällen aus öffentlichen Interessen zulässig sein (vgl PARAMSOTHY v Niederlande, 10.11.2005, Rs 14492/05; Mit diesem Judikat des EGMR wurde präzisiert, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach 9jährigem Aufenthalt in den Niederlanden, welcher unter posttraumatischem Stresssyndrom leidet und bereits einen Selbstmordversuch hinter sich hat, zulässig ist, da spezielle Programme für Behandlungen von traumatisierten Personen und verschiedene therapeutische Medizin in Sri Lanka verfügbar sind, auch wenn sie nicht denselben Standard haben sollten wie in den Niederlanden.)

 

In der Entscheidung RAMADAN & AHJREDINI v Niederlande vom 10.11.2005, Rs 35989/03 wurde die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Mazedonien für zulässig erklärt wurde, da Psychotherapie eine gängige Behandlungsform in Mazedonien ist und auch verschiedene therapeutische Medizin verfügbar ist, auch wenn sie nicht dem Standard in den Niederlanden entsprechen möge.

 

In KARIM v Schweden erkannte der EGMR, dass in Bangladesch ausreichende Behandlungsmöglichkeiten für traumatisierte Personen, respektive Opfer von Folter bestünden. Bei erheblichen finanziellen Kosten solcher Behandlungen kann es darauf ankommen, ob diesbezüglich Unterstützung durch den Familienverband möglich ist.

 

In der Beschwerdesache AMEGNIGAN v Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, stellte der EGMR fest, dass in Togo eine grundsätzliche adäquate Behandlung der noch nicht ausgebrochenen AIDS-Erkrankung gegeben ist und erklärte die Abschiebung des Beschwerdeführers für zulässig.

 

Schließlich sprach der EGMR in der Beschwerdesache NDANGOYA v Schweden, 22.06.2004, Nr. 17868/03, aus, dass in Tansania Behandlungsmöglichkeiten auch unter erheblichen Kosten für die in 1-2 Jahren ausbrechende AIDS-Erkrankung des Beschwerdeführers möglich ist; es sind auch familiäre Bezüge gegeben, weshalb die Abschiebung für zulässig erklärt wurde.

 

Die beiden letztgenannten Entscheidungen beinhalten somit, dass bei körperlichen Erkrankungen im allgemeinen (sofern grundsätzliche Behandlungsmöglichkeiten bestehen; bejaht zB für AIDS in Tansania sowie Togo, für Down-Syndrom in Bosnien-Herzegowina und schwere psychische Krankheiten in Bangladesh) nur Krankheiten im lebensbedrohlichen Zustand relevant sind.

 

Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Berufungsverfahren relevante Prüfungsmaßstab.

 

Der Asylgerichtshof geht im Einklang mit der Judikatur des EGMR davon aus, dass im Zusammenhang mit Krankheitsgründen eine Abschiebung grundsätzlich nur bei einer existenzbedrohenden Erkrankung und bei Fehlen jeglicher Behandlungsmöglichkeiten im Sinne des Art. 3 EMRK unzulässig wäre. Dies kann, wie oben dargelegt wurde, in der Russischen Föderation auf Basis der aktenkundigen Beweislage im Allgemeinen nicht angenommen werden, besteht eine im Sinne der Judikatur des EGMR hinreichende medizinische Grundversorgung, ebenso wenig kann dies im konkreten Fall des Beschwerdeführers angenommen werden.

 

Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer vorgebrachten gesundheitlichen Probleme wird auf die Beweiswürdigung verwiesen und ausgeführt, dass beim Beschwerdeführer keine existenzbedrohende Krankheit im Sinne der obigen Rechtsprechung vorliegt, welche den Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in die Russische Föderation in eine "unmenschliche Lage" versetzen würden.

 

Im gesamten Verfahren haben sich keine Hinweise, welche die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den Beschwerdeführer rechtfertigen würden ergeben. Es liegen also keine Umstände vor, welche einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

 

Für die Russische Föderation kann nicht festgestellt werden, dass in diesem Herkunftsstaat eine dermaßen schlechte wirtschaftliche Lage bzw. eine allgemeine politische Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Rückbringung in den Herkunftsstaat i.S.d. § 8 Abs. 1 AsylG als unrechtmäßig erscheinen ließe. Im konkreten Fall ist nicht ersichtlich, dass eine gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen wurde, die die Außerlandesschaffung des Beschwerdeführers im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen ließe. Die Abschiebung des Beschwerdeführers würde ihn jedenfalls nicht in eine "unmenschliche Lage", wie etwa Hungertod, unzureichende oder gar keine medizinische Versorgung, eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust des Lebens, versetzen. Der Beschwerdeführer ist ein rund 27jähriger Mann im arbeitsfähigen Alter und wird daher bei einer etwaigen Rückkehr den Lebensunterhalt für sich bestreiten können. Abgesehen davon verfügt der Beschwerdeführer in seiner Heimat über seine Mutter und mehrere Schwe

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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