TE OGH 2011/8/30 2Ob60/11d

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.08.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

 Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter S*****, vertreten durch Hosp, Hegen, Rechtsanwaltspartnerschaft in Salzburg, gegen die beklagte Partei Margita G*****, vertreten durch Waltl & Partner, Rechtsanwälte in Zell am See, sowie der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei S***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Josef Dengg, Dr. Milan Vavrousek, Mag. Thomas Hölber, Rechtsanwälte in St. Johann im Pongau, wegen 7.634,66 EUR sA über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 17. November 2011, GZ 22 R 423/10z-20, womit das Urteil des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 25. August 2010, GZ 5 C 270/10d-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei sowie der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei die jeweils mit 744,43 EUR (darin enthalten 124,07 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 5. November 2009 ereignete sich kurz nach 16:00 Uhr auf dem H*****weg im Ortsgebiet von Bad Gastein auf Höhe des Hauses Nr 5 ein Unfall, bei dem der dem Kläger gehörige PKW beim Überfahren eines versenkbaren Sperrpfostens (Pilomat) beschädigt wurde. Der Pilomat wurde im Jahr 2007 von mehreren Eigentümern der Liegenschaften am H*****weg, darunter der Beklagten („Obfrau“), als Ersatz für eine Schrankenanlage montiert und soll die Durchfahrt über den H*****weg, der großteils über private Grundflächen verläuft, auf berechtigte Personen beschränken.

Im Bereich des Pilomaten befindet sich ein deutlich sichtbares Fahrverbotsschild. Daneben weisen weitere Schilder auf den Pilomaten hin. Ihr Text lautet: „ACHTUNG Automatisch ausfahrbare Straßensperre. Kommt nach einer Minute wieder hoch. Durchfahrt Tag & Nacht unbedingt freihalten!“ hin. Ca 80 m talwärts des Pilomaten und somit in Fahrtrichtung des Klägers gesehen vor dem Pilomaten befindet sich überdies ein grünes Schild, das darauf hinweist, dass es sich beim H*****weg um eine Privatstraße handelt und die Durchfahrt auf eigene Gefahr erfolgt. Auf Höhe des Pilomaten befindet sich am Haus Nr 5 ein Schlüsselschalter und daneben eine elektronische Steuerung, die allerdings im Unfallszeitpunkt deaktiviert war.

Der Pilomat besteht aus einem Metallrohr mit 20 bis 30 cm Durchmesser, das nahezu niveaugleich zur Fahrbahn in der Straße eingelassen ist. Wenn der Pilomat ausfährt, wird am oberen Rand eine aufgeklebte 3 cm breite rote Reflexfolie sichtbar, die übrige Fläche ist weiß mit roten Streifen versehen. Blinkleuchten, die das Ausfahren des Pilomaten anzeigen, sind weder am Pilomat selbst noch in unmittelbarer Umgebung angebracht.

Zur Zeit des Unfalls kurz nach 16:00 Uhr herrschte noch Tageslicht bei beginnender Dämmerung (der astronomische Sonnenuntergang an diesen Tag war in Bad Gastein um 16.44 Uhr), und heiterer Witterung.

Der Kläger fuhr mit seinem PKW auf dem Weg zum Hotel M*****, das bergwärts des H*****wegs liegt. Er hatte sich verfahren und versuchte „irgendwie“ den Berg hinauf zum Hotel zu kommen, das er bereits aus der Entfernung gesehen hatte. Er ignorierte sowohl den Hinweis auf die Privatstraße im unteren Bereich des H*****wegs als auch das Fahrverbotsschild und die Hinweisschilder beim Pilomaten. Kurz vor der Unfallstelle kam ihm ein Fahrzeug entgegen, für das der Poller abgesenkt worden war, sodass dieser bei Annäherung des Klägers mit seinem Fahrzeug im Boden versenkt und daher nicht wahrnehmbar war. Der Kläger konnte auch das Wiederausfahren des Pollers nicht wahrnehmen, weil er sich zu diesem Zeitpunkt bereits unmittelbar davor befand. Der Poller fuhr ca 20 cm aus und beschädigte das ihn überfahrende Fahrzeug des Klägers. Auch der Pilomat wurde durch den Kontakt mit dem Klagsfahrzeug beschädigt.

Der Kläger begehrt insgesamt 7.634,66 EUR sA mit dem Vorbringen, der Pilomat sei völlig unvorhergesehen und entgegen den technischen Maßgaben ausgefahren. Er sei unzureichend beschildert gewesen, insbesondere hätten optische bzw akustische Einrichtungen bzw eine Lichtschranke gefehlt, weshalb der beklagten Partei eine Verletzung der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflichten anzulasten sei. Die Beklagte sei als Anrainerin bzw Mitglied der Interessenweggenossenschaft für den Pilomaten verantwortlich.

Die Beklagte bestritt. Der Pilomat sei nicht über ihre Veranlassung aufgestellt worden. Sie sei weder Halterin noch Betreiberin der Anlage die sich auch nicht auf ihrem Grundstück befinde. Die Anlage, entspreche dem Stand der Technik. Im Übrigen handle es sich um eine Privatstraße, die nur für den Anrainerverkehr offenstehe und entsprechend gekennzeichnet sei. Der Kläger habe diese Straße unzulässig und rechtswidrig benutzt, weshalb die Beklagte nicht wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten oder aufgrund der Wegehalterhaftung hafte. Zur Zeit des Vorfalls habe einwandfreie Sicht geherrscht. Der Pilomat sei eindeutig erkennbar gewesen und dem Kläger sei ein Aufmerksamkeitsfehler vorzuwerfen. Die Reparaturkosten des Pilomaten inklusive eines Unkostenpauschales wurden aufrechnungsweise eingewendet.

Die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei (Schlosserei) schloss sich diesem Vorbringen an.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien bestehe nicht. Die Wegehalterhaftung iSd § 1319a ABGB scheide im Hinblick darauf aus, dass weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen worden seien. Eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten sei zu verneinen, weil der das Fahrverbotsschild missachtende Kläger als unbefugter Benutzer anzusehen sei und die Beklagte als Mitbetreiberin der Anlage ihren Verkehrssicherungspflichten durch die Beschilderung im ausreichenden Maße nachgekommen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Selbst wenn man die Anlage als Werk iSd § 1319 ABGB ansehe, sei die Haftung der Beklagten zu verneinen. Die Einhaltung der im Einzelfall erforderlichen Schutzvorkehrungen und Kontrollmaßnahmen, die vernünftiger Weise nach der Verkehrsauffassung erwartet werden könnten, seien eingehalten worden. Auch wenn vor dem Erstgericht ein Parallelfall einer Beschädigung eines Fahrzeugs durch denselben Poller anhängig sei, handle es sich dort um einen anders gelagerten Sachverhalt. Dort sei ein berechtigter Benutzer der Privatstraße durch die elektronische Steuerung des Pilomaten zu Schaden gekommen, die im Zeitpunkt des hier zu beurteilenden Vorfalls bereits deaktiviert gewesen sei. Gegenüber einem unberechtigten Benutzer seien weitere Handlungen nicht erforderlich gewesen.

Die ordentliche Revision wurde nachträglich gemäß § 508 ZPO zugelassen, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob ein versenkbarer Pilomat als Werk iSd § 1319 ABGB zu qualifizieren sei, ebenso wenig vorliege wie zur Frage, ob in diesem Fall gegenüber dem Besitzer des Werks, der gleichzeitig Wegehalter sei, die Haftung nach § 1319 ABGB durch jene des § 1319a ABGB als Spezialnorm verdrängt werde und letztlich auch nicht zur Frage, ob ein Poller bestimmte technische Voraussetzungen erfüllen bzw in bestimmter Weise abgesichert und gekennzeichnet sein müsse, um der Verkehrssicherungspflicht zu genügen. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung solcher Pilomaten im Straßenverkehr liege eine Rechtsfrage von über den Anlassfall hinausgehender Bedeutung vor.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag dem Klagebegehren stattzugeben, in eventu die Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte sowie die Nebenintervenientin auf Beklagtenseite beantragen jeweils die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Das Rechtsmittel macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Frage der berechtigten oder unberechtigten Benutzung nicht von Bedeutung sei. Bei Missachtung eines Fahrverbots sei ein Rechtswidrigkeitszusammenhang dann nicht gegeben, wenn keine Gefahren verwirklicht würden, die das beschränkte Fahrverbot verhindern solle. Der Pilomat sei als Werk iSd § 1319 ABGB anzusehen bzw eine Analogie insoweit zulässig. Der Oberste Gerichtshof habe sogar eine Absperrkette im Sinne dieser Bestimmung behandelt. Auch hätten die Vorinstanzen verkannt, dass der Poller im konkreten Fall versenkt und daher für den Kläger nicht erkennbar gewesen sei. Insoweit seien die Sicherheitsvorkehrungen nicht ausreichend gewesen. Auch ein berechtigter Verkehrsteilnehmer hätte den im Boden versenkten Pilomaten nicht wahrnehmen können. Ausreichende Sicherheitseinrichtungen seien mangels Signaltons, Lichtsignals oder Warnleuchte, die in einem gewissen Zeitabstand vor dem Hebevorgang des Sperrpfostens aktiviert werde, nicht vorhanden gewesen.

2. Nach der ständigen Judikatur ist der Begriff des „Werkes“ iSd § 1319 ABGB weit auszulegen. So wurden auch Schranken und Straßenabsperrungen als solche Werke angesehen (RIS-Justiz RS0029880 [T1 und T5]). Auch die sinngemäße Anwendung des § 1319 ABGB auf ähnliche Fälle ist zulässig (RIS-Justiz RS0029932).

Darüber hinaus ist nach dem Gesetzeszweck der Begriff des „Einsturzes“ oder der „Ablösung“ auf alle anderen Gefahren, die sich aus der Statik oder Dynamik eines Werks ergeben, auszudehnen, wie zB die Verletzung beim Betreten eines in die Höhe schnellenden Sprungdeckels, der einen in die Tiefe führenden Fluchtschacht abdeckt, Baugrubenschächte, Kanaldeckel, Schranken, Absperrungen etc darunter fallen (RIS-Justiz RS0029932 [T11, T13, T14, T29]).

Ungeachtet der extensiven Auslegung und der Analogiefähigkeit hängt die Haftung nach § 1319 ABGB aber davon ab, dass sich eine typische Gefahr des Werks verwirklicht hat (RIS-Justiz RS0029932 [T32]). In diesem Sinne wurde die typische Gefahr eines Plakatständers als Werk darin gesehen, dass dieser aufgrund unzureichender Standsicherheit oder äußerer Einflüsse umstürzen kann. Dagegen wurde die bloß der Sicherung des Plakatständers dienende Kette, über die ein Passant stürzte, als bloßes Hindernis angesehen (2 Ob 256/09z = T35 in RS0029932).

Im Sinne dieser extensiven Interpretation des Werkbegriffs des § 1319 ABGB bzw seiner analogen Anwendung sind die Vorinstanzen daher auch im vorliegenden Fall zu Recht zur Auffassung gelangt, dass der in die Fahrbahn eingelassene Pilomat ein solches Werk darstellt.

3. Zum Verhältnis zwischen § 1319 ABGB und § 1319a ABGB:

3.1. § 1319 ABGB ist ein speziell geregelter Tatbestand der heute allgemein anerkannten Verkehrssicherungspflichten. Im Unterschied zu letzteren, bei denen der Geschädigte die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nach allgemeinen deliktischen Grundsätzen behaupten und beweisen muss, reicht für eine Haftung nach § 1319 ABGB die Feststellung, dass der Einsturz oder die Ablösung auf die mangelhafte Beschaffenheit des Gebäudes (Werks) zurückzuführen ist. Sodann muss der Schädiger den Nachweis führen, dass er alle Vorkehrungen zur Verhinderung des Schadens getroffen hat (Harrer in Schwimann, Praxiskommentar3 § 1319 ABGB Rz 2).

3.2. Ist ein Wegehalter gleichzeitig Besitzer einer im Zuge des Weges bestehenden Anlage, würde bei uneingeschränkter Bejahung der Anspruchskonkurrenz beider Tatbestände die Haftungsbeschränkung des § 1319a ABGB auf grobes Verschulden und Vorsatz in Ansehung solcher Anlagen gegenstandslos. Eine solche Auslegung verbietet sich nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach § 1319a ABGB als Spezialnorm § 1319 ABGB im Allgemeinen verdrängt (RIS-Justiz RS0107589). Eine Ausnahme wurde nur für Fälle angenommen, in denen ein besonderes Interesse des Wegehalters am betreffenden Werk bestand (RIS-Justiz RS0107589 [T1]).

3.3. Ist aber ein auf einem Weg aufgeführtes Werk iSd § 1319 ABGB nicht zugleich eine Anlage iSd § 1319a ABGB, so bleibt nach der neueren Rechtsprechung die Anspruchskonkurrenz zwischen den beiden Bestimmungen grundsätzlich weiterhin bestehen. Als „im Zuge eines Weges befindliche Anlagen“ sind solche zu verstehen, die dem Verkehr auf dem Weg dienen. Wo die Funktion einer Baulichkeit als Verkehrsweg klar im Vordergrund steht, ist § 1319a ABGB gegenüber § 1319 ABGB als lex specialis anzusehen (zB Treppe im Zuge eines Weges - 1 Ob 260/08d = RIS-Justiz RS0029924 [T7]). So wie in 2 Ob 256/09z ein in einer Fußgängerzone aufgestellter Plakatständer als nicht der besseren Benutzbarkeit der Verkehrsfläche dienend, sondern diese behindernd und daher nicht als im Zuge des Weges befindliche Anlage iSd § 1319a Abs 2 ABGB qualifiziert wurde, hindert auch der hier zu beurteilende Pilomat die Benutzung und ist daher nicht als im Zuge des Weges befindliche Anlage iSd § 1319a ABGB anzusehen. Es hat daher im vorliegenden Fall bei der Anspruchskonkurrenz zu verbleiben.

4. Grundsätzlich ist das Maß der Zumutbarkeit geeigneter Vorkehrungen gegen einen Schadenseintritt iSd § 1319 ABGB nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (RIS-Justiz RS0029874; RS0029991). Vom Eigentümer des Bauwerks werden nach der ständigen Rechtsprechung nur solche Schutzvorkehrungen verlangt, die vernünftiger Weise nach der Auffassung des Verkehrs zu erwarten sind (RIS-Justiz RS0030049). Sie bestimmen sich nach der Größe und Schwere der drohenden Gefahr, wobei zu prüfen ist, welche Schutzvorkehrungen und Kontrollen ein sorgfältiger Eigentümer getroffen hätte, und die Verletzung der objektiv gebotenen Sorgfaltspflicht jedenfalls die Erkennbarkeit oder doch Vorausehbarkeit der Gefahr voraussetzt (RIS-Justiz RS0030049 [T4, T9 und T12]). Der Besitzer kann sich nur durch den Beweis entlasten, dass er Vorkehrungen getroffen hat, die vernünftigerweise nach der Auffassung des Verkehrs erwartet werden konnten (1 Ob 93/00h = [T13] in RIS-Justiz RS0023525; RS0030035). Im vorliegenden Fall waren die Vorkehrungen im Hinblick auf die festgestellte Beschilderung ausreichend.

5. Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht verlangt Sicherungsmaßnahmen zum Schutz aller Personen, deren Rechtsgüter durch die Schaffung einer Gefahrenlage verletzt werden können. Der Verkehrsicherungspflichtige muss die Anlage für die befugten Benutzer im Verkehr sichern und im gefahrlosen Zustand erhalten und diese vor erkennbaren Gefahren schützen (1 Ob 269/00s = [T2] in RIS-Justiz RS0023801). Diese Verkehrssicherungspflichten dienen daher grundsätzlich nur dem Schutz der Personen, die sich befugter Weise im Gefahrenbereich aufhalten (RIS-Justiz RS0027526; 10 Ob 237/02d). IdR wird jemand nicht für schutzwürdig erachtet, der sich unbefugt in den Gefahrenbereich begibt, weil er nicht damit rechnen kann, dass Schutzmaßnahmen zugunsten unbefugt Eindringender getroffen werden (8 Ob 114/04d = [T3] in RIS-Justiz RS0114361).

Die Verkehrssicherungspflicht wird aber nicht immer schon alleine dadurch ausgeschlossen, dass der Verletzte in ein fremdes Rechtsgut eingedrungen ist (RIS-Justiz RS0023801; 2 Ob 89/07p). Unter besonderen Voraussetzungen, nämlich dann, wenn eine unerwartete oder große Gefährdung droht oder die Möglichkeit besteht, dass Personen versehentlich in einen Gefahrenbereich gelangen oder dass Kinder oder andere nicht einsichtsfähige Personen gefährdet werden, kann der Inhaber der Gefahrenquelle im Rahmen einer umfassenden Interessensabwägung die Pflicht zur Ergreifung zumutbarer Maßnahmen auch für unbefugt eindringende Personen treffen (10 Ob 237/02d; RIS-Justiz RS0023819; Harrer aaO § 1295 ABGB Rz 49 f).

Dass eine dieser besonderen Voraussetzungen für die Bejahung von Verkehrssicherungspflichten auch gegenüber unbefugten Benutzern im vorliegenden Fall in Anbetracht des Klägers bestünde, behauptet selbst dieser nicht.

Dass der Pilomat im Zeitpunkt der Annäherung des Klägers an die Unfallstelle im Boden versenkt und daher nicht erkennbar war, ändert an der Beschilderungssituation nichts und konnte den Kläger daher nicht zur Überzeugung führen, zum Befahren des Weges berechtigt zu sein.

6. Der Revisionswerber beruft sich weiters auf Judikatur, wonach der Rechtswidrigkeitszusammenhang eines Fahrverbots nur solche Gefahren hindern will, die das beschränkte Fahrverbot verhindern sollte.

Diese Judikatur betrifft Fälle, in denen ein Benutzer, der einen Verkehrsunfall verschuldete, dem Unfallgegner dessen unberechtigte Benutzung entgegen hielt. In diesem Zusammenhang wurde ausgesprochen, dass die durch ein beschränktes Fahrverbot zu verhindernde, spezifische Gefahr in der Massierung des Verkehrs auf einer Straße mit begrenzten Verkehrsteilnehmerbereich liege und diese Gefahr nicht verwirklicht sei, wenn sich der Unfall auch bei der Beteiligung eines berechtigten Verkehrsteilnehmers (Anrainers) ereignet hätte (2 Ob 7/07d; RIS-Justiz RS0027750).

Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Vielmehr geht es hier nicht um die Gefahren, die das beschränkte Fahrverbot verhindern sollte oder nicht, sondern um eine Absperrung zur Durchsetzung dieses Fahrverbots.

Es hat daher bei der abweislichen Entscheidung der Vorinstanzen zu bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO.

Schlagworte

Gruppe: Verkehrsrecht,Verkehrsopfergesetz

Textnummer

E98476

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0020OB00060.11D.0830.000

Im RIS seit

11.10.2011

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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