TE OGH 2009/1/20 4Ob146/08m

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Veröffentlicht am 20.01.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Lawrence F*****, geboren am *****, der minderjährigen Christa F*****, geboren am *****, und der inzwischen volljährigen Penny F*****, geboren am *****, wegen Unterhalt und Ersatz der Kosten der vollen Erziehung, über den ordentlichen Revisionsrekurs des Vaters DI David F*****, vertreten durch Dr. Andreas A. Lintl, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 26. September 2007, GZ 21 R 210/07i-77, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses des Landesgerichts Salzburg vom 27. Juni 2008, GZ 21 R 210/07i-89, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Saalfelden vom 21. März 2007, GZ 1 P 61/06i-73, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird in den Aussprüchen über den Ersatz der Kosten der vollen Erziehung aller drei Kinder und über die Unterhaltsansprüche von Lawrence und Christa F***** als Teilbeschluss bestätigt.

Im Übrigen, also im Ausspruch über den Penny F***** zu leistenden Unterhalt, werden die Beschlüsse der Vorinstanzen aufgehoben. Insofern wird die Sache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses bleibt in Bezug auf den von Penny F***** geltend gemachten Unterhaltsanspruch dem Erstgericht vorbehalten. Im Übrigen hat der Vater die Rechtsmittelkosten selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der in Großbritannien wohnhafte Antragsgegner ist der Vater von Lawrence, Christa und Penny F*****. Lawrence und Christa sind noch minderjährig, Penny wurde am 12. Mai 2006 volljährig. Die Kinder lebten zumindest ab Anfang Oktober 2001 bei ihrer Mutter in Österreich. Da der Aufenthalt des Vaters damals unbekannt war, erhielten sie ab diesem Zeitpunkt Unterhaltsvorschuss nach § 4 Z 2

UVG.

Am 2. Mai 2002 beantragte der Jugendwohlfahrtsträger namens der Kinder, den Vater ab Oktober 2001 zur Leistung eines monatlichen Unterhalts von 350 EUR für Lawrence, 400 EUR für Christa und 450 EUR für Penny zu verpflichten. Das darüber geführte Verfahren verzögerte sich unter anderem wegen der Notwendigkeit, den Vater im Rechtshilfeweg einzuvernehmen. Am 15. November 2005 starb die Mutter und die Kinder wurden in einer Pflegefamilie untergebracht. Grundlage dafür war die Gewährung voller Erziehung iSv § 40 Abs 1 Z 1 sbg JWO. Diese Maßnahme wurde bei Penny gemäß § 44 sbg JWO auch nach Erreichen der Volljährigkeit zumindest bis Februar 2007 fortgesetzt. Der Unterhaltsvorschuss wurde mit Ende November 2005 eingestellt. Im vorliegenden Verfahren hielt der Jugendwohlfahrtsträger den Unterhaltsantrag für die Zeit bis November 2005 aufrecht. Für die Zeit ab Dezember 2005 begehrte er im eigenen Namen Ersatz für die Kosten der vollen Erziehung. Nach Ermittlung des tatsächlichen Einkommens des Vaters modifizierte er die begehrten Unterhalts- bzw Ersatzbeträge, wobei deren konkrete Höhe im Revisionsrekursverfahren nicht mehr strittig ist.

Der Vater wandte, soweit noch relevant, ein, er habe der Mutter und einer weiteren Person zur ungeteilten Hand ein Darlehen von 43.603,70 EUR (600.000 Schilling) gewährt, das ab 2003 mit jährlich 7.267,28 EUR (100.000 Schilling) zurückzuzahlen gewesen wäre. Er habe mit der Mutter vereinbart, dass der „geschuldete" Darlehensbetrag für die laufend fällig werdenden Unterhaltsansprüche der Kinder „im Wege eines Unterhaltsvorschusses" zur Verfügung stehen solle (ON 65). Statt der Rückzahlung habe die Mutter diese Beträge für den Unterhalt der Kinder verwenden sollen, was auch so geschehen sei. Daher sei den Kindern Unterhalt in Höhe von monatlich 605,60 EUR tatsächlich zugekommen. Mit dieser Vorgangsweise hätten die Parteien fortgesetzte Hin- und Rücküberweisungen von Darlehens- und Unterhaltsraten vermeiden wollen (ON 70). Weiters habe der Vater den Kindern nicht nur Naturalunterhalt geleistet, sondern der Mutter auch 11.000 britische Pfund aus dem Verkauf eines gemeinsamen Hauses in Großbritannien als Kindesunterhalt überwiesen (ON 65). Aus dem Vorbringen des Vaters und einer von ihm vorgelegten Urkunde ergibt sich, dass der „Darlehensvertrag" den Zweck hatte, die Rückzahlung von Investitionen des Vaters in ein Unternehmen der Mutter zu regeln (ON 68).

Der Jugendwohlfahrtsträger hielt dem entgegen, dass der Vater nach seinen Informationen kein Darlehen ausgezahlt habe (ON 65). Zudem könne eine Vereinbarung der Eltern mangels pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung die Kinder nicht binden (ON 69). Die „Richtigkeit" (insbesondere) der behaupteten Zahlung von 11.000 britischen Pfund könne wegen des Ablebens der Mutter nicht nachvollzogen werden (ON 65).

Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Leistung rückständigen Unterhalts für die Zeit von Oktober 2001 bis November 2005 in folgender Höhe:

Lawrence:        11.160 EUR

Christa:            13.460 EUR

Penny:              14.790 EUR

Weiters trug es dem Vater auf, dem Land Salzburg als

Jugendwohlfahrtsträger die Kosten der vollen Erziehung der drei

Kinder für die Zeit von Dezember 2005 bis Februar 2007 in folgender

Höhe zu ersetzen:

Lawrence:        4.050 EUR

Christa:            4.950 EUR

Penny:              5.550 EUR

Diese Beträge ergäben sich aus dem im Einzelnen festgestellten Einkommen des Vaters. „Irgendwelche Zahlungen" seien nicht nachgewiesen.

Das Rekursgericht gab dem auf gänzliche Abweisung der Anträge gerichteten Rekurs des Vaters nur insofern Folge, als es die Zusprüche für Christa und Penny ab April 2004 um jeweils 20 EUR im Monat reduzierte. Danach hat der Vater für die Zeit von Oktober 2001 bis November 2005 rückständigen Unterhalt in folgender Höhe zu zahlen:

Lawrence:        11.160 EUR

Christa:            13.060 EUR

Penny:              14.390 EUR

Dem Land Salzburg als Jugendwohlfahrtsträger hat der Vater für die

Zeit von Dezember 2005 bis Februar 2007 folgenden Ersatz zu leisten:

Lawrence:        4.050 EUR

Christa             4.650 EUR

Penny:              5.250 EUR

Die behauptete Vereinbarung zwischen den Eltern über die (Nicht-)Rückzahlung eines Darlehens könne die Kinder nicht binden und hindere diese daher nicht vom Vater Unterhalt zu begehren. Naturalleistungen seien nicht nachgewiesen; für die allfällige Berücksichtigung von (eigenen) Kreditrückzahlungen und Betriebskosten des Vaters habe ein ausreichendes Vorbringen in erster Instanz gefehlt. Das Unterbleiben der Einvernahme des Vaters vor dem erkennenden Gericht begründe keinen Mangel des Verfahrens, da der Vater selbst erklärt habe, dass er an keiner Verhandlung in Österreich teilnehmen werde.

Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zunächst nicht zu. Ein daraufhin vom Vater erhobener „außerordentlicher" Revisionsrekurs führte zu einem Zwischenverfahren (4 Ob 198/07g), in dessen Verlauf das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs letztlich doch zuließ. Es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob eine pflegschaftsgerichtlich nicht genehmigte Vereinbarung zwischen den Eltern den Unterhaltsanspruch der Kinder berühren könne, wenn der betreuende Elternteil die Unterhaltsbedürfnisse auf der Grundlage dieser Vereinbarung tatsächlich befriedigt habe. In diesem Fall lägen sekundäre Feststellungsmängel vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar nicht aus dem vom Rekursgericht genannten Grund, wohl aber deswegen zulässig, weil das Rekursgericht die Folgen der Volljährigkeit von Penny F***** nicht ausreichend beachtet hat. Er ist aus diesem Grund auch teilweise berechtigt.

A. Zu den Unterhaltsansprüchen der Kinder

1. Der Revisionsrekurs argumentiert im Kern wie folgt: Die Mutter sei aufgrund eines Darlehensvertrags ab Jänner 2003 zur Rückzahlung von jährlich 100.000 Schilling verpflichtet gewesen. Da der Vater auf die Zahlung verzichtet habe, seien die Darlehensraten im Sinn einer Vereinbarung zwischen den Eltern für den Unterhalt der Kinder zur Verfügung gestanden. Die Mutter habe diese Beträge auch tatsächlich in diesem Sinn verwendet, was den Unterhaltsanspruch der Kinder in diesem Umfang vermindert habe. Weiters habe er ihr 11.000 britische Pfund aus dem Verkauf einer gemeinsamen Liegenschaft als Kindesunterhalt überwiesen und den Unterhaltsanspruch insofern durch Zahlung getilgt.

2. Vereinbarungen zwischen den Eltern können sich jedenfalls nur dann auf die gesetzlichen Unterhaltsansprüche der Kinder auswirken, wenn sie pflegschaftsgerichtlich genehmigt wurden (RIS-Justiz RS0047552, RS0047513). Eine solche Genehmigung liegt hier nicht vor. Die behauptete Vereinbarung zwischen den Eltern, wonach die Mutter die von ihr nicht zu leistenden Darlehensraten statt dessen für die Kinder verwenden sollte, kann daher als solche keinesfalls zum vollständigen oder teilweisen Erlöschen der Unterhaltsansprüche führen.

3. Auch das weitere Vorbringen des Vaters, die Mutter habe die durch seinen Verzicht frei werdenden Beträge auch tatsächlich für die Kinder verwendet, führt letztlich nicht zum Ziel.

3.1. Es trifft zwar zu, dass Leistungen eines Dritten zum Erlöschen des Unterhaltsanspruchs führen können. Dies setzt jedoch voraus, dass der Dritte diese Leistungen in Erwartung des Ersatzes vom Unterhaltsschuldner erbringt; in diesem Fall erwirbt der Leistende gegen den Schuldner einen Anspruch nach § 1042 ABGB (6 Ob 544/87 = SZ 61/143 [verst Senat], RIS-Justiz RS0020019). Leistet der Dritte hingegen nicht in Erwartung des Ersatzes, so handelt es sich um einen bloßen Vorschuss, der den Unterhaltsschuldner nicht entlasten soll; der Anspruch des Berechtigten bleibt daher bestehen (3 Ob 606/90 = SZ 63/202; 7 Ob 2031/96v).

3.2. Eine solche „Drittleistung" kann auch vom betreuenden Elternteil erbracht werden. Auch hier erlischt der Unterhaltsanspruch aber nur, wenn der betreuende Elternteil in Erwartung des Ersatzes durch den Unterhaltspflichtigen leistet; sonst bleibt der Anspruch des Kindes aufrecht (6 Ob 41/00y = ÖA 2001, 264 mwN). Für die Abgrenzung zwischen diesen Fallgruppen hat die Rechtsprechung eine Zweifelsregel entwickelt (RIS-Justiz RS0047353, weiters 6 Ob 41/00y): Macht ein Kind mit Wissen des betreuenden Elternteils einen Unterhaltsanspruch geltend, so ist, solange der betreuende Elternteil nicht selbst Aufwandersatz begehrt, auf dessen Willen zu schließen, die von ihm erbrachte Leistung dem Kind nur vorschussweise zur Verfügung zu stellen. In solchen Fällen ist daher unabhängig von Mehrleistungen des betreuenden Elternteils ein Weiterbestehen des Unterhaltsanspruchs gegen den Unterhaltspflichtigen anzunehmen.

3.3. Nach Auffassung des Vaters soll hier allerdings anderes gelten. Denn die - nach seinem Vorbringen - von den Eltern vereinbarte Vorgangsweise könne nicht anders behandelt werden als die Überweisung der Darlehensraten an den Vater mit nachfolgender Rücküberweisung als Kindesunterhalt an die Mutter. Auch das „Abkürzen" dieses Vorgangs durch Einbehalten der Darlehensraten habe daher zum Erlöschen der Unterhaltsansprüche geführt.

Es kann dahinstehen, ob diese Argumentation ein Abgehen von der oben dargestellten Rechtsprechung rechtfertigen könnte. Dies setzte jedenfalls den vom Vater zu erbringenden Nachweis voraus, dass die Mutter die ersparten Darlehensraten tatsächlich für die Kinder verwendet hatte. Im vorliegenden Fall scheitert die Argumentation des Vaters allerdings schon daran, dass der Jugendwohlfahrtsträger während der gesamten Zeit, für die Unterhalt begehrt wird, nach § 9 Abs 2 UVG gesetzlicher Vertreter der Kinder zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche war. Aus diesem Grund hätte der Vater den Unterhalt nicht mehr mit schuldtilgender Wirkung an die Mutter leisten können. Auch die nicht „abgekürzte" Variante - die Mutter überweist die Darlehensrate, der Vater überweist denselben Betrag als Unterhalt an sie zurück - hätte daher nicht zum Erlöschen des Unterhaltsanspruchs führen können. Um so weniger kann das für die „abgekürzte" Variante - das angebliche „Einbehalten" der Darlehensraten - gelten.

Dieses Ergebnis ist auch aus einer analogen Anwendung von § 26 Abs 2 UVG abzuleiten. Danach hat der Unterhaltsschuldner ab Zustellung des Beschlusses an ihn die Unterhaltsbeiträge an den Jugendwohlfahrtsträger zu zahlen. Diese Bestimmung ist zwar, wie sich aus dem Zusammenhang mit § 26 Abs 1 UVG ergibt, nur auf solche Vorschüsse unmittelbar anzuwenden, denen - anders als hier (§ 4 Z 2 UVG) - ein Unterhaltstitel (§ 3 und § 4 Z 1 und Z 5 UVG) oder zumindest ein Unterhaltsantrag (§ 4 Z 4 UVG) zugrunde liegt (Neumayr in Schwimann, ABGB3 I, § 26 UVG Rz 4). Das ist jedoch ausschließlich historisch begründet: § 26 UVG gilt im Kern seit 1985. Damals folgte die Rechtsprechung noch dem Grundsatz „pro praeterito non alitur", der erst 1988 mit der Entscheidung des verstärkten Senats 6 Ob 544/87 (= SZ 61/143) aufgegeben wurde. Für die vor dem Unterhaltsantrag liegenden Zeiträume konnte daher kein Unterhalt begehrt werden. Aus diesem Grund war es auch nicht möglich, Vorschüsse, für die im Zeitpunkt ihrer Gewährung noch kein Titel bestand oder beantragt war, vom Unterhaltsschuldner als Unterhalt „hereinzubringen". Eine diesbezügliche Anordnung in § 26 Abs 1 UVG wäre sinnlos gewesen. Seit 6 Ob 544/87 (= SZ 61/143) ist das anders. Denn seither kann Unterhalt auch für die Vergangenheit festgesetzt werden, sodass auch das Hereinbringen von Unterhalt für einen vor dem Unterhaltsantrag liegenden Zeitraum möglich ist. Das legt es nahe, § 26 UVG nicht nur auf die in § 26 Abs 1 UVG genannten Arten von Unterhaltsvorschüssen anzuwenden, sondern analog auch auf Vorschüsse nach § 4 Z 2 UVG zu erstrecken. Im vorliegenden Fall ist das zwar im Ergebnis nicht erforderlich, weil der Jugendwohlfahrtsträger ohnehin nach § 9 Abs 2 UVG gesetzlicher Vertreter der Kinder war, sodass der Vater schon aus diesem Grund nicht schuldbefreiend an die Mutter zahlen konnte. Von Bedeutung wäre die Analogie jedoch im Fall einer Enthebung des Jugendwohlfahrtsträgers nach § 9 Abs 3 UVG gewesen.

3.4. Die von den Eltern angeblich gewählte Vorgangsweise konnte daher von vornherein nicht zu einem Erlöschen des Unterhaltsanspruchs führen. Der Vater wird durch dieses Ergebnis nicht unbillig belastet:

Es steht ihm frei, allfällige Ansprüche aus dem Darlehensvertrag gegen die Erben der Mutter geltend zu machen. Aus der zum Pflegschaftsakt genommenen Einantwortungsurkunde ergibt sich zwar, dass es sich dabei um die Kinder handelt. Ungeachtet dessen scheitert eine Aufrechnung der Rückforderungsansprüche mit den hier strittigen Unterhaltsforderungen jedenfalls an § 290a Abs 1 Z 10 iVm § 293 Abs 3 EO. Der Vater behauptet nicht, dass er tatsächlich einen Geldvorschuss auf den Unterhalt geleistet hätte; der Darlehensvertrag sollte vielmehr die Rückerstattung von Investitionen in das Unternehmen der Mutter regeln. Damit sind die Unterhaltsforderungen der Kinder, die das vollstreckungsrechtliche Existenzminimum nicht erreichen, jedenfalls der Aufrechnung entzogen (8 Ob 32/06y).

4. Soweit sich der Revisionsrekurs auch auf die angebliche Zahlung von 11.000 britischen Pfund an die Mutter stützt, ist er nicht gesetzmäßig ausgeführt. Denn das Erstgericht sah (auch) diese Zahlung nicht als erwiesen an und das Rekursgericht verneinte insofern die vom Vater behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Andere Gründe gegen die Richtigkeit der Rekursentscheidung macht der Revisionsrekurs nicht geltend. Damit muss er in Bezug auf die Unterhaltsansprüche von Lawrence und Christa jedenfalls scheitern.

5. Anders verhält es sich vorerst bei Penny: Sie ist am 12. Mai 2006 volljährig geworden, wodurch die nach § 9 Abs 2 UVG begründete Vertretungsmacht des Jugendwohlfahrtsträgers erlosch. Dies führte, wie der Senat in seiner Zwischenerledigung vom 23. September 2008 (4 Ob 146/08m) dargelegt hat, nach § 30 Abs 1 UVG dazu, dass die Unterhaltsforderungen von Penny für die Zeit der Vorschussgewährung im Umfang der bereits geleisteten Vorschüsse auf den Bund übergingen. Da dieser Rechtsübergang von Gesetzes wegen erfolgt und das Außerstreitverfahren, wie das Zusammenspiel der §§ 9, 27 und 30 UVG zeigt, auch der Sicherung der Rückersatzansprüche des Bundes dient, muss der Bund die Möglichkeit haben, die auf ihn übergegangenen Ansprüche geltend zu machen.

Aus diesem Grund sind die angefochtenen Entscheidungen in ihrem Ausspruch über den Unterhalt für Penny F***** aufzuheben. Zwar sind Grund und Gesamthöhe auch dieses Unterhaltsanspruchs abschließend erledigt. Das Erstgericht wird dem Bund allerdings Gelegenheit geben müssen, ein Vorbringen zur Höhe der von ihm gewährten Vorschüsse und zu allenfalls vom Vater geleisteten Rückzahlungen zu erstatten und gegebenenfalls auf dieser Grundlage zu beantragen, den Vater zur Zahlung der sich daraus ergebenden Beträge an den Bund zu verpflichten. In diesem Umfang wird sich der Penny F***** zu leistende Unterhalt vermindern.

B. Zu den Kosten der vollen Erziehung

1. Nach § 45 sbg JWO (§ 33 JWG) haben der Minderjährige und seine Eltern die Kosten der vollen Erziehung nach bürgerlichem Recht (§ 140 ABGB) zu tragen, soweit sie nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen dazu imstande sind. Maßgebend für das Bestehen und den Umfang einer Ersatzpflicht der Eltern sind daher die in § 140 ABGB genannten Kriterien (RIS-Justiz RS0078933). Diese Unterhaltspflicht hängt auch in diesem Zusammenhang nicht vom Alter des Kindes, sondern von dessen fehlender Selbsterhaltungsfähigkeit ab (2 Ob 65/00y). Kommt keine Vereinbarung über die Höhe des Ersatzes zustande, ist der Ersatzanspruch nach § 40 JWG im Verfahren außer Streitsachen festzusetzen.

2. Im vorliegenden Fall hat das Rekursgericht den Ersatzanspruch des Jugendwohlfahrtsträgers nach den Kriterien des § 140 ABGB festgesetzt. Dass die Kinder eigene Einkünfte hätten hat der Vater nicht behauptet und auch sonst lässt der Revisionsrekurs nicht erkennen, weswegen die Entscheidung des Rekursgerichts in diesem Punkt nicht zutreffen soll. Das Rechtsmittel muss daher in diesem Punkt zur Gänze scheitern.

C. Zu den Kosten des Verfahrens

1. Im Verfahren über die Unterhaltsansprüche der minderjährigen Kinder Lawrence und Christa F***** findet nach § 101 Abs 2 AußStrG kein Kostenersatz statt. Gleiches gilt nach § 40 JWG für das Verfahren über die auf § 45 sbg JWO gegründeten Ersatzansprüche des Jugendwohlfahrtsträgers. Insofern ist daher auszusprechen, dass der Vater die Kosten des Revisionsrekurses jedenfalls selbst zu tragen hat.

2. Anderes gilt für die (allenfalls teilweise auf den Bund übergegangenen) Ansprüche von Penny F*****. Denn ab dem Eintritt der Volljährigkeit gilt hier die Kostenersatzregelung des § 78 AußStrG (9 Ob 71/06s). Da der Oberste Gerichtshof über diese Ansprüche keine Sachentscheidung iSv § 78 Abs 1 Satz 2 AußStrG trifft, sind die Kosten des Revisionsrekurses der Entscheidung des Erstgerichts vorzubehalten.

Anmerkung

E898374Ob146.08m-2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0040OB00146.08M.0120.000

Zuletzt aktualisiert am

02.03.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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