TE OGH 2009/2/10 5Ob285/08k

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Veröffentlicht am 10.02.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1.) Franz F*****, 2.) Renate H*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Herbert Troyer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die Antragsgegnerin G*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Ebner Aichinger Guggenberger, Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen § 22 Abs 1 Z 9 WGG iVm § 19 Abs 1 WGG, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 15. Oktober 2008, GZ 54 R 152/08d-9, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 1. August 2008, GZ 18 Msch 25/07h-6, bestätigt wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben. Die Antragsteller sind schuldig, der Antragsgegnerin deren mit 490,40 EUR bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 81,73 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Antragsteller sind Hauptmieter jeweils einer Wohnung des im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Hauses ***** in *****.

Die Antragsgegnerin hat in den Jahren 2003 bis 2005 umfangreiche Sanierungsarbeiten an diesem und anderen Häusern durchgeführt. Sie hat den Antragstellern für die Jahre 2003 bis 2005 Abrechnungen über die Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge übermittelt und die Möglichkeit eingeräumt, in die zu den Abrechnungen gehörenden Belege Einsicht zu nehmen. Eine Übermittlung der den Arbeiten zugrunde liegenden Angebote und Kostenvoranschläge hat die Antragsgegnerin abgelehnt.

Die Antragsteller hingegen vertreten den Rechtsstandpunkt, eine ordnungsgemäße Abrechnung der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge im Sinn des § 19 Abs 1 WGG umfasse auch die Vorlage der betreffenden Anbote und Kostenvoranschläge der Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten sowie den darauf bezogenen Schriftverkehr.

Mit den vorliegenden, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Anträgen nach § 22 Abs 1 Z 9 WGG begehren die Antragsteller, der Antragsgegnerin die Vornahme einer ordnungsgemäßen Abrechnung durch Einsichtgewährung in die den Arbeiten zugrunde liegenden Angebote und den darauf bezogenen Schriftverkehr sowie sämtliche Rechnungen hinsichtlich der (ebenfalls von der Antragsgegnerin verwalteten) Objekte ***** und *****aufzutragen.

Das ursprüngliche Begehren, auch Unterlagen über vereinnahmte Provisionen für Planungstätigkeit und Bauaufsicht vorzulegen, ist nicht mehr verfahrensgegenständlich.

Zur Begründung führen die Antragsteller aus, eine Überprüfung der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Arbeiten, die im Zuge einer Großinstandsetzung mehrerer Häuser durchgeführt worden seien, könne ohne Kostenvoranschläge nicht erfolgen. Dem die Rechnung Prüfenden müsste die Möglichkeit gegeben werden, die einzelnen Rechnungsposten auf Übereinstimmung mit den seinerzeit abgegebenen Angeboten zu überprüfen, sodass eine Einheit dieser Unterlagen bestehe.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung der Anträge und wendete ein, Gegenstand der Abrechnungsverpflichtung nach § 19 Abs 1 WGG sei bloß die Legung einer Abrechnung samt Belegeinsicht über die getätigten Aufwendungen. Eine Verpflichtung, Anbote und Kostenvoranschläge aufzulegen, bestehe nicht. Die Richtigkeit der Abrechnung von Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen könne nur als Vorfrage in einem Verfahren auf deren Erhöhung (§ 14 Abs 2 WGG) oder auf Rückzahlung (§ 14d Abs 7 WGG) geprüft werden.

Das Erstgericht wies die Anträge ab. Es bestehe keine gesetzliche Verpflichtung der Antragsgegnerin, im Zuge der Abrechnung der Verwendung von Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen die von den Antragstellern geforderten Unterlagen zugänglich zu machen. „Belege" im Sinn des § 19 Abs 1 WGG seien Beweismittel über die erfolgte Verwendung, also Rechnungen über Rechtsgeschäfte. Darüber hinaus gehende Unterlagen wie Vertragsurkunden, Anbote oder Kostenvoranschläge seien von der Vorlagepflicht im Rahmen einer Rechnungslegung nicht erfasst.

Das ergebe sich auch aus der Systematik des WGG, wonach § 22 WGG die Individualrechte einzelner Mieter oder Nutzungsberechtigter im Außerstreitverfahren regle, § 23 WGG hingegen die Pflichten der Geschäftsführung und Verwaltung der gemeinnützigen Bauvereinigung nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit, wobei sich die Kontrolle darüber aus den §§ 27 ff WGG ergebe. Den einzelnen Mietern oder Nutzungsberechtigten stehe eine laufende Kontrolle der Einhaltung dieser Grundsätze nicht zu.

Einem dagegen von den Antragstellern erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

§ 19 Abs 1 erster Satz WGG verpflichte die eine Baulichkeit verwaltende Bauvereinigung, spätestens zum 30. 6. eines jeden Jahres jedem Mieter oder Nutzungsberechtigten je eine Abrechnung unter anderem über die Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge nach § 14 Abs 1 Z 5 WGG für das vorausgegangene Kalenderjahr zu legen und in geeigneter Weise Einsicht in die Belege zu gewähren. Für die Frage, welche Unterlagen darunter zu verstehen seien, komme es entscheidend darauf an, ob im Verfahren auf Durchsetzung der Abrechnungspflicht die materielle oder nur die formelle Richtigkeit der Abrechnung zu prüfen sei. Ordne das Gesetz, wie etwa auch bei der Abrechnungspflicht hinsichtlich der Hauptmietzinse nach § 20 Abs 3 MRG, nicht ausdrücklich an, dass die materielle Richtigkeit einer Abrechnung zu prüfen sei, werde der Rechnungspflicht eines Vermieters bereits dann entsprochen, wenn er eine formell vollständige Abrechnung vorlege (RIS-Justiz RS0106492 zur Hauptmietzinsabrechnung). Auch im gegenständlichen Fall habe die Bauvereinigung nur eine formell richtige Abrechnung über den Verbrauch der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge zu legen. Es bestehe daher nur in diesem Umfang Anspruch auf Belegeinsicht. Das darüber hinausgehende Begehren, Einsicht auch in Angebote, Kostenvoranschläge oder Schriftverkehr zu erlangen, sei von § 19 Abs 1 WGG iVm § 22 Abs 1 Z 9 WGG nicht gedeckt.

Die Richtigkeit der Mittelverwendung sei nur im Verfahren nach § 14 Abs 2 WGG (Erhöhung von Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen) oder § 14d Abs 8 WGG (Rückzahlung von Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen) zu prüfen.

Das Rekursgericht erklärte den Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung für zulässig, weil zur Frage der Qualität der Abrechnungspflicht nach § 19 Abs 1 erster Satz WGG noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der Sachbeschlüsse der Vorinstanzen im Sinne einer Stattgebung des Antrags. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin beantragte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig.

Er ist jedoch nicht berechtigt.

Gemäß § 14d Abs 1 WGG hat eine Bauvereinigung im Interesse einer rechtzeitigen und vorausschauenden Sicherstellung der Finanzierung der Kosten der jeweils erkennbaren und in absehbarer Zeit notwendig werdenden Erhaltungsarbeiten sowie von nützlichen Verbesserungsarbeiten die Entrichtung von Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen zu verlangen. Dieses Verlangen hat sie dem Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten spätestens zwei Monate vor dem Entgeltstermin schriftlich mit der Verpflichtung bekannt zu geben, dass der geforderte Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag, soweit er den Betrag nach § 14 Abs 2 Z 3 WGG übersteigt, innerhalb von zehn Jahren verwendet wird. Mit einem derartigen Verlangen sind auch Art, Umfang und Kostenschätzungen der finanzierenden Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten bekannt zu geben (§ 14d Abs 4 WGG).

Dem steht eine jährliche Abrechnungspflicht gegenüber. Spätestens zum 30. 6. eines jeden Jahres ist jedem Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten je eine Abrechnung über die Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge für das vorausgegangene Kalenderjahr zu legen und in geeigneter Weise Einsicht in die Belege zu gewähren.

Zutreffend und in Übereinstimmung mit höchstgerichtlicher Rechtsprechung hat das Rekursgericht den Umfang dieser im außerstreitigen Verfahren durchsetzbaren Abrechnungspflicht am Zweck der Verpflichtung gegenüber den Berechtigten orientiert (vgl 5 Ob 19/81 = für viele MietSlg 34/8) und daran auch die Art der vorzulegenden Belege gemessen. Infolge Einheit von Rechnungslegung und Belegeinsicht (vgl 5 Ob 285/06g mwN) würde eine unvollständige Belegeinsicht die Erfüllung der Rechnungslegungspflicht verhindern.

Die Revisionsrekurswerber meinen, im Zug der Rechnungslegung über die Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge stünden ihnen Informationsrechte über die Erfüllung von Verwalterpflichten zu, denen mit einer bloß ziffernmäßigen Überprüfbarkeit nicht genügt werde.

Mit dem Anspruch, die Abrechnung müsse eine inhaltliche und materielle Überprüfung der Verwaltertätigkeit im Bereich der Verwendung der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge möglich machen, zielen sie im Ergebnis auf eine der Bestimmung des § 20 Abs 3 WEG iVm § 34 WEG vergleichbare Verwalterpflicht ab.

§ 20 Abs 3 WEG regelt, dass der Verwalter den Wohnungseigentümern nach den Regelungen des § 34 WEG eine ordentliche und richtige Abrechnung zu legen hat. Einer solchen (durch die WRN 1999 verschärften) Abrechnungspflicht wird durch ein bloß in sich schlüssiges, rechnerisch richtiges, vollständiges und plausibles Zahlenwerk nicht entsprochen. Vielmehr muss Ergebnis der Abrechnung das tatsächlich Geschuldete als Ergebnis einer auch inhaltlich korrekten Abrechnung sein (vgl 5 Ob 167/03z = SZ 2004/42 = wobl 2004/67 [Call] ua).

Diese Rechnungslegungspflicht mit ihrer Durchsetzbarkeit im außerstreitigen Verfahren ist allerdings Spezialrecht im Verhältnis zwischen Wohnungseigentümern und Verwalter, sodass sich allgemeine Grundsätze in anderen wohnrechtlichen Abrechnungsbestimmungen daraus nicht ableiten lassen (vgl 5 Ob 167/03z).

Normieren Bestimmungen wie hier § 19 Abs 1 WGG oder vergleichbar §§ 20, 21 MRG oder §§ 17 - 19 HeizKG nur die Verpflichtung, Rechnung zu legen, reicht ein schlüssiges, plausibles und vollständiges Zahlenwerk aus, die Ordnungsgemäßheit einer Abrechnung zu bewirken (vgl zum MRG: RIS-Justiz RS0106492; RS0070567; RS0070610; zum HeizKG: 5 Ob 285/06g; vgl Schuster in Schwimann2 Rz 5 zu § 19 WGG).

Damit steht auch in Einklang, dass § 14d Abs 4 letzter Satz WGG den Mietern nur in eingeschränktem Umfang Informationsrechte über die durch den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag voraussichtlich abzudeckenden Kosten zugesteht (vgl Heindl in Schwimann2 Rz 3 zu § 14d WGG, Würth/Zingher/Kovanyi Miet- und Wohnrecht21 Rz 3d zu § 14d WGG; Prader WGG Anm 13 zu § 14d).

Es reicht also zur Erfüllung einer Abrechnungsverpflichtung nach § 19 Abs 1 WGG aus, dass der Abrechnungsempfänger in die Lage versetzt wird, die in der Abrechnung aufgelisteten Positionen insofern kontrollieren zu können, als es um die Verrechenbarkeit der betreffenden Position nach Maßgabe ihrer tatsächlichen Leistung und Fälligkeit geht (vgl RIS-Justiz RS0111891; RS0070610; RS0070567; RS0070032). Wenn der Maßstab für die Ordnungsgemäßheit einer Abrechnung nur deren Nachvollziehbarkeit bzw formelle Vollständigkeit hinsichtlich der im Verrechnungszeitraum durchgeführten Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten ist, ist mit der Verpflichtung zur Vorlage von Rechnungsbelegen als Teil der Abrechnungspflicht (vgl RIS-Justiz RS0083541; RS0070655) das Auslangen zu finden (vgl Schuster in Schwimann2 Rz 3 und 6 zu § 19 WGG). Die in der Jahresabrechnung auszuweisenden Ausgaben haben nämlich nur insoweit Bedeutung, als sie dann, wenn sie zu Unrecht eingesetzt wurden, den zur Deckung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten zur Verfügung stehenden Betrag nicht mindern (vgl 5 Ob 2420/96k).

Durch einen solchen im Überprüfungsumfang eingeschränkten Rechnungslegungsanspruch eines Mieters oder Nutzungsberechtigten nach § 19 Abs 1 WGG tritt schon deshalb kein Rechtsschutzdefizit auf, weil mit dem besonderen Verfahren nach § 22 Abs 1 Z 11 WGG ein Außerstreitverfahren zur Verfügung steht, in dem unter Prüfung der Richtigkeit des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags (vgl 5 Ob 2420/96k) die Rückzahlung von Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen und ein entsprechender Rückzahlungstitel durchgesetzt werden kann (vgl RIS-Justiz RS0107479). Gleiches gilt für Verfahren über die Zulässigkeit der Erhöhung von Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen nach § 14 Abs 2 WGG.

Zu Recht haben daher die Vorinstanzen das gesetzlich nicht gedeckte Begehren der Antragsteller abgewiesen.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 22 Abs 4 WGG iVm § 37 Abs 3 Z 17 MRG.

Textnummer

E90059

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0050OB00285.08K.0210.000

Im RIS seit

12.03.2009

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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