TE OGH 2009/3/17 14Os5/09f

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Veröffentlicht am 17.03.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. März 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klugar als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mag. Gerhard P***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16. Oktober 2008, GZ 052 Hv 83/08t-14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag. Gerhard P***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB schuldig erkannt. Danach hat er in der Zeit von 27. Februar 2007 bis 28. April 2008 in Wien und Oberösterreich mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Verfügungsberechtigte zweier im Urteil näher bezeichneter Unternehmen in mehreren Angriffen durch Täuschung über entstandene Zahlungsverpflichtungen unter Verwendung falscher (1/a, b, d und 2), in einem Fall inhaltlich unrichtiger (1/c) Rechnungen, in denen er in der Rubrik „Zahlungsempfänger" seine eigenen Gehaltskontodaten angab, zur Überweisung von Geldbeträgen in (mit Ausnahme des Faktums 1/c jeweils 3.000 Euro und insgesamt 50.000 Euro übersteigender Höhe [gesamt: 99.418,70 Euro]) verleitet und zu verleiten versucht (1/d), wodurch die Getäuschten in diesem Umfang am Vermögen geschädigt wurden oder werden sollten.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen der Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Der der Sache nach erhobene Einwand unvollständiger Begründung (Z 5 zweiter Fall) der Feststellungen zur Einkommens- und Vermögenslosigkeit des Angeklagten zufolge unterlassener Erörterung seiner Angaben in der Hauptverhandlung, wonach er „ein Haus im Wert von etwa 1 Mio Euro besitzt, welches unbelastet ist", lässt nicht erkennen, inwiefern dieser Umstand unter Zugrundelegung des - insoweit unbestrittenen - Urteilssachverhalts, nach dem er Verfügungsberechtigte der geschädigten Unternehmen durch Täuschung über entstandene Zahlungsverpflichtungen gegenüber Dritten zu Überweisungen auf sein Girokonto verleitete, für die Feststellung über Vorliegen oder Nichtvorliegen einer entscheidenden Tatsache von Bedeutung sein sollte.

Die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite des Betrugs und zu gewerbsmäßiger Tatbegehung stützten die Tatrichter auf den äußeren Geschehensablauf, die Vielzahl der - zuletzt vermehrten - Angriffe (innerhalb eines Zeitraums von ca 14 Monaten) und die schlechte finanzielle Situation des Beschwerdeführers, der nach eigenen Angaben mit dem betrügerisch erlangten Geld seinen Schuldenberg abbauen wollte (US 7). Zu einer gesonderten Erörterung der - in der Beschwerde isoliert und aus dem Zusammenhang gerissen zitierten - Passage seiner Verantwortung, wonach er mit den vom Unternehmen E***** herausgelockten Geldern (Schuldspruch 2) „die letzten offenen Beträge vom Haus" bezahlen wollte (ON 13 S 21), bestand schon deshalb keine Veranlassung, weil sich daraus eine Einschränkung des beabsichtigten Tatzeitraums nicht ableiten lässt, der zudem - dem Beschwerdestandpunkt zuwider - für die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung ein „längerer", aber kein „zeitlich unbegrenzter" sein muss (Jerabek in WK² § 70 Rz 7). Überdies übergeht die Beschwerde, dass der Angeklagte in diesem Zusammenhang ausdrücklich bestätigte, dass er noch zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung Schulden in Höhe von ca 100.000 Euro hatte (ON 13 S 13, 15), unterlässt damit die erforderliche Betrachtung des ins Treffen geführten Beweisergebnisses in seinem inneren Sinnzusammenhang und verfehlt solcherart den Bezugspunkt einer Mängelrüge.

Gleiches gilt für die als im Widerspruch zur Feststellung auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatzes stehend bezeichnete Verantwortung des Beschwerdeführers zu angeblicher Bereitschaft, den Schaden aus künftigen Gehaltszahlungen gutzumachen, weil außer Acht gelassen wird, dass die Rückzahlung bloß unter der - nicht eingetretenen und vom Beschwerdeführer eigenen Angaben zufolge nicht ernstlich erwarteten - Bedingung ausreichender finanzieller Mittel ins Auge gefasst wurde (ON 13 S 23).

Abgesehen davon, dass das Erstgericht das Bestehen von Ansprüchen des Beschwerdeführers gegen die geschädigte R***** nicht generell, sondern - in Übereinstimmung mit seiner eigenen Einlassung und den Angaben des Zeugen Mag. Gerhard H***** (ON 13 S 9 f, 23 und 35 f) - bloß das Vorliegen kompensabler Gegenforderungen verneinte (US 6), verkennt die Beschwerde mit ihrer - der Sache nach neuerlich auf Z 5 zweiter Fall gestützten - Kritik unterlassener Auseinandersetzung mit Beweismitteln zu ausständigen Gehalts-, Sonder- und Bonuszahlungen, dass selbst das Bestehen einer kompensablen Gegenforderung einen auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatz nicht per se ausschließt. Dazu ist nämlich auch ein erkennbarer Aufrechnungswille zur Tatzeit erforderlich (RIS-Justiz RS0094353, Kirchbacher/Presslauer in WK² § 146 Rz 121; Leukauf/Steininger Komm3 § 146 RN 58), welcher aber weder indiziert ist, noch vom Angeklagten behauptet wurde.

Soweit die Beschwerde die Erheblichkeit der genannten Beweismittel unter dem Aspekt eines - aus „künftigen Gehalts- und Lohnzahlungen" bestehenden - präsenten Deckungsfonds nachzuweisen versucht, verfehlt sie ebenfalls ihr Ziel, weil beim Betrug jede vorübergehende Vermögensverminderung für einen wirtschaftlich nicht ganz bedeutungslosen Zeitraum zum Schadenseintritt führt (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK² § 146 Rz 74) und auch ein (nach den Verfahrensergebnissen indes gerade nicht vorliegender, vgl auch ON 13 S 13 f) tatsächlich präsenter Deckungsfonds (zur Definition:

Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 133 Rz 97 ff; EvBl 2001/144; 11 Os 80/99; 15 Os 95/93, 13 Os 156/03) einen Schaden und damit den objektiven Tatbestand des Betrugs nicht ausschließt und nur in sehr engen Grenzen für die innere Tatseite von Bedeutung sein kann, nämlich dann, wenn der Täter von vorneherein vorbehaltlos gewillt und in der Lage war, über diese Vermögenswerte auf solche Weise zu verfügen, dass (bereits) ein Schadenseintritt zur Gänze verhindert wird (RIS-Justiz RS0094306; vgl Kirchbacher/Presslauer in WK² § 146 Rz 122 iVm Rz 74; Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 146 Rz 168).

Die Behauptung, ein Schaden sei zufolge späterer Schadensgutmachung durch Verrechnung mit den bestehenden Gegenforderungen gar nicht eingetreten (der Sache nach Z 9 lit a), legt nicht dar, warum einem nachträglichen (zudem bloß teilweisen [US 7]) Schadensausgleich strafbefreiende Wirkung zukommen sollte.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst unter Verweis auf die Ausführungen der Mängelrüge Feststellungen zu bestehenden Gegenforderungen und zur angeblichen Bereitschaft des Beschwerdeführers, den eingetretenen Schaden gut zu machen, lässt aber nicht erkennen, aus welchem Grund derartige Konstatierungen schuld- oder subsumtionsrelevant sein sollen. Der Vollständigkeit halber wird insoweit auf die diesbezüglichen Darlegungen zur Mängelrüge verwiesen.

Soweit die Subsumtionsrüge (Z 10) zum Schuldspruchsfaktum 1/c die Verwirklichung der Qualifikation nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB mit der Begründung bestreitet, es sei keine falsche, sondern bloß eine inhaltlich unrichtige Urkunde verwendet worden (wovon die Tatrichter im Übrigen ohnehin ausgingen [US 3 und 6]), legt sie nicht methodengerecht, das heißt folgerichtig aus dem Gesetz entwickelt, dar, weshalb dieser Umstand sich auf die rechtliche Beurteilung der allein maßgebenden Subsumtionseinheit nach § 29 StGB durch das Erstgericht auswirken sollte, und bringt solcherart den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzesgemäßen Darstellung. Gleiches gilt für die unter dem selben Nichtigkeitsgrund aufgestellte - dem Zusammenrechnungsgrundsatz des § 29 StGB gänzlich entgegenstehende - bloße Behauptung, „Schadensbeträge aus mehreren selbständigen Betrugsstraftaten" wären „nicht zusammenzurechnen". Letztlich geht der Vorwurf rechtsirriger Subsumtion der Tathandlungen auch unter § 148 StGB an den tatrichterlichen Feststellungen vorbei, wonach der Beschwerdeführer in der Absicht gehandelt hat, sich durch die wiederkehrende Tatbegehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 9). Aus welchem Grund der Begriff „fortlaufend" hier einen kürzeren Zeitraum als zumindest mehrere Wochen bezeichnen soll (vgl RIS-Justiz RS0107402), erklärt die Beschwerde nicht. Soweit mit dem Vorbringen die Urteilsannahmen substratlos kritisiert werden, wird die Subsumtionsrüge nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt. Unter dem Aspekt unvollständiger Begründung (Z 5 zweiter Fall) wurde der Einwand bereits oben behandelt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Anmerkung

E9054614Os5.09f

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0140OS00005.09F.0317.000

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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