TE OGH 2009/7/28 7Nc12/09p

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Veröffentlicht am 28.07.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller und Dr. Hoch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard K*****, vertreten durch Dr. Harald Mlinar, Rechtsanwalt in St. Veit an der Glan, gegen die beklagte Partei Ö*****, Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, *****, vertreten durch Dr. Eva Krassnigg, Rechtsanwältin in Wien, wegen 16.684,92 EUR (sA), über den Delegierungsantrag des Klägers den Beschluss

gefasst:

Spruch

Zur Verhandlung und Entscheidung dieser Rechtssache wird anstelle des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien das Landesgericht Klagenfurt bestimmt.

Text

Begründung:

Der Sohn des Klägers, der bei der Beklagten eine Unfallversicherung abgeschlossen hatte, wurde am 29. 6. 2008 in K*****, Bezirk St. Veit an der Glan, von einem Schnellzug erfasst und tödlich verletzt. Mit der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eingebrachten Klage begehrt der Kläger als nach dem Versicherungsvertrag Bezugsberechtigter von der Beklagten eine Versicherungsleistung in Höhe des Klagsbetrags.

Die Beklagte wendete mangelnde Aktivlegitimation des Klägers ein. Der Versicherungsvertrag sei zugunsten einer Bank verpfändet und das Bezugsrecht für die Dauer der Verpfändung zugunsten der Pfandgläubigerin abgeändert worden. Im Übrigen sei aufgrund von Obliegenheitsverletzungen Leistungsfreiheit gegeben. Der Klagevertreter legte ein an ihn gerichtetes Schreiben der Bank (Pfandgläubigerin) vom 24. 4. 2009 folgenden wesentlichen Inhalts vor:

„Wir, die R*****, reg.Gen.m.b.H., erklären ausdrücklich und rechtsverbindlich, dass wir der Aufhebung der Verpfändung obiger Versicherung zugestimmt haben, keine Ansprüche aus dieser Verpfändung geltend machen werden und daher mit einer klagsweisen Geltendmachung der Ansprüche aus dieser Unfallversicherung durch den Vater des Verstorbenen, Herrn Gerhard K*****, einverstanden sind."

In der Verhandlung am 19. 6. 2009 beantragte der Kläger die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Klagenfurt. Es sei in Kärnten ein Lokalaugenschein durchzuführen. Er selbst und auch alle von den Streitteilen beantragten Zeugen hätten ihren Wohnsitz in Kärnten.

Die Beklagte sprach sich gegen eine Delegierung aus, weil die Rechtssache wegen der - ungeachtet des Schreibens vom 24. 4. 2009 aufrechten - Verpfändung im Sinn einer Klagsabweisung spruchreif sei. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien wies in seiner gemäß § 31 Abs 3 JN erstatteten Äußerung darauf hin, dass sowohl der Kläger als auch alle neun beantragten Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt hätten. Ein Lokalaugenschein sei notwendig. Die beantragte Delegierung sei daher zweckmäßig, zumal das Verfahren wegen der Zustimmung der Pfandgläubigerin zur Aufhebung der Verpfändung noch nicht spruchreif sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Delegierung ist berechtigt.

Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung soll allerdings nur den Ausnahmefall darstellen. Keinesfalls soll durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (stRsp; RIS-Justiz RS0046324; RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung beziehungsweise Verbilligung des Verfahrens zu bewirken verspricht. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn sich die Wohnorte der Zeugen und einer oder beider Parteien im Sprengel des anderen Gerichts befinden (10 Nc 69/07i ua).

In diesem Sinn ist dem Delegierungswerber und der Äußerung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien beizupflichten, dass die Voraussetzungen für eine Delegierung hier vorliegen, weil schon in Anbetracht des Wohnsitzes aller zu vernehmenden Personen im Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt und der voraussichtlichen Notwendigkeit der Durchführung eines Ortsaugenscheins an der Unfallstelle die Zweckmäßigkeit zu bejahen ist. In ständiger oberstgerichtlicher Judikatur wird vertreten, dass es in der Regel zweckmäßig ist, einen Schadenersatzprozess aus einem Verkehrsunfall bei dem Gericht durchzuführen, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignete (RIS-Justiz RS0046149). Dieser Grundsatz ist auch auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbar, der aus einem Eisenbahnunfall resultiert. Der Ansicht des Beklagtenvertreters, die Rechtssache sei wegen mangelnder Aktivlegitimation des Klägers bereits spruchreif, steht das Schreiben der Pfandgläubigerin vom 24. 4. 2009 entgegen.

Anmerkung

E915357Nc12.09p

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0070NC00012.09P.0728.000

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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