TE OGH 2009/10/28 7Ob207/09f

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Veröffentlicht am 28.10.2009
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** A*****, vertreten durch Hämmerle, Häusle und Schwendinger Rechtsanwaltskanzlei in Dornbirn, gegen die beklagte Partei D***** AG *****, vertreten durch Breitmeyer Decker Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 54.459,90 EUR (sA), über die außerordentliche Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 3. Juli 2009, GZ 4 R 118/09y-60, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird von D*****-Aktiengesellschaft auf D***** AG ***** berichtigt.

2. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zu 1.: Die Änderung der Firma der Beklagten ergibt sich aus dem Firmenbuch (FN 32002m Handelsgericht Wien), weshalb die Parteibezeichnung gemäß § 235 Abs 5 ZPO von Amts wegen zu berichtigen ist.

Zu 2.: Nach § 61 VersVG ist der Versicherer leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Es handelt sich dabei um einen sekundären Risikoausschluss (7 Ob 20/08d mwN ua). Grobe Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Gesetzesstelle liegt vor, wenn sich das Verhalten des Schädigers aus der Menge der sich auch für den Sorgsamsten nie ganz vermeidbaren Fahrlässigkeitshandlungen des täglichen Lebens als eine auffallende Sorglosigkeit heraushebt (RIS-Justiz RS0030477; RS0030359; RS0031127). Dabei wird ein Verhalten vorausgesetzt, von dem der Handelnde wusste oder wissen musste, dass es geeignet ist, den Eintritt eines Schadens zu fördern. Die Schadenswahrscheinlichkeit muss offenkundig so groß sein, dass es ohne weiteres naheliegt, zur Vermeidung eines Schadens ein anderes Verhalten als das tatsächlich geübte in Betracht zu ziehen (RIS-Justiz RS0030272; RS0031127). Zur Annahme grober Fahrlässigkeit ist es erforderlich, dass bei Vorliegen eines objektiv groben Verstoßes dem Täter dieser auch subjektiv schwer vorwerfbar sein muss (7 Ob 121/03z mwN ua). Als brauchbare Anhaltspunkte, von denen die Beurteilung im Einzelnen abhängen kann, kommen die Gefährlichkeit der Situation, die zu einer Sorgfaltsanpassung führen sollte, der Wert der gefährdeten Interessen, das Interesse des Handelnden an seiner Vorgangsweise und schließlich die persönlichen Fähigkeiten des Handelnden in Betracht (7 Ob 301/99m; 7 Ob 74/02m ua). In diesem Sinn ist es für das Versicherungsvertragsrecht anerkannt, dass grobe Fahrlässigkeit dann gegeben ist, wenn schon einfachste, naheliegende Überlegungen nicht angestellt und Maßnahmen nicht ergriffen werden, die jedermann einleuchten müssen (RIS-Justiz RS0030331; RS0080371).

Ob eine Fehlhandlung wegen ihres besonderen Gewichts oder einzelne, für sich genommen nicht grob fahrlässige Handlungen in ihrer Gesamtheit und Häufung die Annahme grober Fahrlässigkeit rechtfertigen, bildet bei Vertretbarkeit der immer von den Umständen des Einzelfalls abhängigen Beurteilung grundsätzlich keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0044262). Die Revision ist daher nur dann zulässig, wenn der Sachverhalt auch bei weitester Auslegung den von der Judikatur für die Annahme oder die Verneinung grober Fahrlässigkeit aufgestellten Kriterien nicht entspricht (7 Ob 12/04x; 7 Ob 20/08d uva).

Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Der Kläger hat einen Halogenscheinwerfer mit einer Leistung von 500 Watt in seinem Gastlokal verwendet, obwohl solche Scheinwerfer nicht zur Verwendung in Innenräumen geeignet sind und sich ein entsprechender Sicherheitshinweis in der dem Scheinwerfer beigeschlossenen Gebrauchsanweisung befand. Laut Gebrauchsanweisung, die der Kläger allerdings nicht gelesen hat, muss der Montageabstand der Leuchte vom Boden mindestens 2 m betragen. Der Kläger, der eine HTL absolvierte, wusste aber ohnehin, dass gewisse Abstände einzuhalten sind und dass ein Halogenscheinwerfer nicht in der Nähe von brennbaren Teilen aufgestellt werden darf. Er musste vor Ausbruch des Brandes wahrgenommen haben, dass es zu einer großen Hitzeentwicklung durch den Halogenscheinwerfer kam, nachdem er diesen zwecks Ausleuchtung des Barbereichs am Boden stehend von 8:30 Uhr bis 9:20 Uhr durchgehend eingeschaltet hatte. Ihm war auch die leichte Entzündbarkeit von Reinigungsmitteln bekannt und er wusste auch, dass sich in seinem Lokal Ratten befanden, sodass er auch damit rechnen musste, dass sich der Halogenscheinwerfer nicht jedenfalls ausschalten werde, weil der Bewegungsmelder allenfalls durch herumlaufende Ratten immer wieder ausgelöst werden konnte. Unter diesen Umständen kann die Ansicht des Berufungsgerichts, das Verhalten des Klägers, den Halogenscheinwerfer im Gastlokal zu verwenden und das Lokal ohne Ausschalten des Scheinwerfers für längere Zeit zu verlassen, sei als grob fahrlässig zu qualifizieren, nicht als Fehlbeurteilung angesehen werden, die aus Gründen der Rechtssicherheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte.

Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 7 Ob 301/99m ausgeführt, dass eine Festlegung der Umstände, wann die betriebsbereite Aufstellung eines Bauscheinwerfers, der nach der Erzeugervorschrift nur im Außenbereich verwendet werden darf, in einem geschlossenen Raum als grob und wann noch als leicht fahrlässig zu beurteilen sei, zufolge der großen Bandbreite der denkbaren Fallkonstellationen nicht möglich ist. Dass hier die Verwendung eines wegen der großen Hitzeentwicklung nur für den Betrieb im Freien geeigneten Scheinwerfers in einem geschlossenen Raum aufgrund der festgestellten Umstände des vorliegenden Einzelfalls vom Berufungsgericht als in hohem Maße sorglos beurteilt wurde, begegnet keinen Bedenken. Richtig wendet der Revisionswerber zwar ein, dass lediglich festgestellt werden konnte, dass der Brand durch den Halogenscheinwerfer ausgelöst wurde, nicht aber, welche Materialien sich als erstes entzündet haben und dass etwa die vom Kläger verwendeten Reinigungsmittel, Putztücher, Kartons etc näher als 1 m vom Scheinwerfer entfernt gewesen wären. Die Rechtsmeinung des Berufungsgerichts, dies könne aber dahingestellt bleiben, weil aufgrund der übrigen feststehenden Umstände ein grob fahrlässiges Vorgehen des Klägers auch dann angenommen werden müsse, wenn nicht feststehe, dass sich, als dieser das Gastlokal verließ, leicht entzündliche oder brennbare Stoffe in unmittelbarer Nähe (innerhalb des Sicherheitsabstands von 1 m) des Scheinwerfers befanden, ist vertretbar. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers hat das Berufungsgericht dadurch die Frage der Beweislastverteilung nicht verkannt.

Mangels eines tauglichen Grundes für die Zulassung ist das außerordentliche Rechtsmittel des Klägers daher zurückzuweisen. Gemäß § 510 Abs 3 ZPO bedarf dies keiner weiteren Begründung.

Textnummer

E92352

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0070OB00207.09F.1028.000

Im RIS seit

27.11.2009

Zuletzt aktualisiert am

16.06.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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