TE OGH 2009/12/11 1R358/09f

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Veröffentlicht am 11.12.2009
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1 R 358/09f

Das Landesgericht Klagenfurt hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Joham (Vorsitz), Dr. Mikulan und Dr. Steflitsch in der Grundbuchssache des Antragstellers *****, vertreten durch Großmann & Wagner Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. in Klagenfurt, wegen Eintragung eines Wohnungsgebrauchsrechts in der Liegenschaft EZ ***** GB *****, über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes St. Veit/Glan vom 11. November 2009, TZ 3343/09, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Text

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass er zu lauten hat:

"Ob der Liegenschaft EZ ***** GB *****, Bezirksgericht *****, Eigentümer: *****, geb. am *****,

wird die Einverleibung der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechts gemäß Punkt 3.) des vor dem Bezirksgericht Klagenfurt am 30. Juni 2009 zu 1 Fam 48/09x geschlossenen Vergleichs zugunsten *****, geboren am *****, bewilligt.

Hievon werden verständigt:

1.)

*****;

2.)

*****;

3.)

Großmann & Wagner Rechtsanwaltsgesellschaft mbH., Bahnhofstraße 6/1, Klagenfurt, unter Rückschluss der Vergleichsausfertigung im Original;

4.)

Marktgemeinde *****;

5.)

Finanzamt *****."

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt € 30.000,--. Der ordentliche Revisionsrekurs ist nach § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

Begründung:

Der Antragsteller ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB *****, Bezirksgericht St. Veit/Glan. Zu C-LNr 4 a ist das Wohnungsrecht gemäß Punkt XI. des Kaufvertrages vom 26. April 1984 für *****, geb. am *****, *****, geb. am *****, *****, geb. am *****, und *****, geb. am *****, einverleibt. Punkt XI. des Kaufvertrages vom 26. April 1984 lautet:

"Der Käufer nimmt zur Kenntnis, dass die im kaufgegenständlichen Haus befindlichen Wohnungen aufgrund von Benützungsverhältnissen, die nicht dem Mietengesetz unterliegen (Werkswohnungen) bewohnt sind und zwar

durch die Ehegatten *****, geb. am *****, und *****, geb. am *****, ***** im Erdgeschoss eine Küche und 2 Zimmer, ein Abstellraum im Gesamtausmaß von 86 m² und im Dachgeschoss 2 Zimmer im Gesamtausmaß von 33 m² sowie ein Kellerabteil,

durch Frau *****, geb. *****, im Erdgeschoss 2 Zimmer, eine Küche und eine Speis im Gesamtausmaß von 60 m² sowie ein Keller und durch Frau *****, geb. *****, eine Küche und ein Zimmer im Gesamtausmaß von 46 m² sowie ein Kellerabteil.

Die Benützungsgebühr beträgt S 3,50 je m2 monatlich. Der Käufer verpflichtet sich, mit Wirksamkeit für sich und seine Rechtsnachfolger, den vorgenannten Personen die angeführten Räumlichkeiten im Haus ***** Nr. 83 zu den gleichen Bedingungen und im gleichen Umfang wie bisher von der ***** gewährt wurden bzw. in Hinkunft gewährt werden, bis zu deren Tod oder freiwilligen Räumung zu belassen (Wohnrecht). ..."

Der Antragsteller begehrte nun ob der Liegenschaft EZ ***** GB *****, Bezirksgericht *****, die Einverleibung eines Wohnungsgebrauchsrechts für *****, geb. am *****, gemäß Punkt 3.) des vor dem Bezirksgericht Klagenfurt am 30. Juni 2009, 1 Fam 48/09x, abgeschlossenen Vergleichs.

Punkt 3.) des Vergleichs lautet auszugsweise wie folgt:

"... Unter der Adresse *****, *****, befindet sich eine im Eigentum des Zweitantragstellers befindliche und verbleibende Liegenschaft samt darauf errichtetem Haus.

Der Zweitantragsteller, *****, geb. am *****, räumt der Erstantragstellerin, *****, geb. am *****, das alleinige und ausschließliche Wohnungsgebrauchsrecht an den drei eine Einheit bildenden Räumen im Tiefparterre des Hauses ***** samt Mitbenutzung des Vorgartens und einer auf der Liegenschaft bestehenden Parkmöglichkeit, des Wasserbezugs und der Errichtung und des Anschlusses eines WC im Kellerbereich ein, sodass diese drei Räume zu einer Wohnung für die Erstantragstellerin umfunktioniert werden können. ..."

Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch ab. Ist eine Liegenschaft bereits mit einem Wohnrecht belastet, sei die Zustimmung der bereits intabulierten Wohnungsberechtigten zur Einverleibung eines weiteren Wohnungsgebrauchsrechts notwendig. Aufgrund der vorliegenden Urkunden könne nicht eindeutig überprüft werden, inwieweit das bereits einverleibte und das noch einzuverleibende Wohnungsgebrauchsrecht kollidierten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Antragstellers mit dem Antrag, sie dahin abzuändern, dass sein Einverleibungsgesuch bewilligt werde.

Der Rekurs ist begründet.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht geht im Grunde zutreffend davon aus, dass die nachfolgende Einverleibung eines Benützungsrechts (hier: Wohnungsgebrauchsrechts) dann unzulässig ist, wenn eine mögliche Kollision (hier: im Sinne einer räumlichen Gebrauchsüberschneidung) nicht ausgeschlossen ist (vgl. RIS-Justiz RS0016305), jedoch zulässig ist, wenn Mitbenützungsrechte nebeneinander bestehen können (vgl. 5 Ob 77/02p = immolex 2003/14, 23 = NZ 2003/560, 186 [Hoyer 188] = MietSlg 54.050). Es entspricht weiters - namentlich im Lichte des § 94 Abs 1 Z 3 GBG - ständiger Rechtsprechung, dass es dem Grundbuchsgericht verwehrt ist, eine undeutliche oder zu begründenden Zweifeln anlassgebende Urkunden auszulegen. Durch den Inhalt der Urkunden erweckte und nicht restlos beseitigte Zweifel haben daher zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs zu führen (vgl. RIS-Justiz RS0060573). Auch § 32 Abs 1 lit a GBG normiert ein inhaltliches Erfordernis der Einverleibungsgrundlagen dahin, dass das von der Einverleibung betroffene Recht in der Grundbuchsurkunde so eindeutig und unmissverständlich bezeichnet werden muss, dass keinerlei Zweifel über den Inhalt der Erklärung aufkommen kann (vgl. RIS-Justiz RS0108861). Eine ergänzende oder gar vom Wortsinn der vorgelegten Grundbuchsurkunde abweichende Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen ist dem Grundbuchsrichter verwehrt. Das hindert ihn zwar nicht daran, aus Urkunden unmittelbare logische Schlussfolgerungen zu ziehen (5 Ob 115/92 = SZ 65/123 = NZ 1993, 180); in Spekulationen oder gar Beweisaufnahmen darüber, wie eine beurkundende Erklärung tatsächlich gewollt war, hat sich der Grundbuchsrichter aber nicht einzulassen. Diese Einschränkung der grundbuchsrichterlichen Kognitionsmöglichkeit und -befugnis gilt allerdings für jeden Aspekt der Prüfung eines Eintragungsbegehrens, also auch für die Wahrnehmung von Eintragungshindernissen (5 Ob 234/00y; 5 Ob 82/08g mwN). Im vorliegenden Fall bezieht sich das bereits intabulierte Wohnungsrecht ausschließlich auf Räumlichkeiten im Erd- und Dachgeschoss und auf einzelne Kellerabteile. Das zu intabulierende Wohnungsgebrauchsrecht bezieht sich nach dem Urkundeninhalt ausschließlich auf Räume im Tiefparterre samt der Mitbenützung des Vorgartens und einer Parkmöglichkeit sowie der Errichtung der Anschlussmöglichkeit eines WC im Kellerbereich, sodass eine mögliche räumliche Gebrauchsüberschneidung nicht vorliegt. Würde man aus dem Urkundeninhalt die Möglichkeit ableiten, dass sich die fraglichen Rechte auf dieselben Räume bezögen, würde dies einer Auslegung gleichkommen, die dem Wortlaut der vertraglichen Regelung widerspricht. Wenn also eine ergänzende oder gar vom Wortsinn der vorgelegten Grundbuchsurkunde abweichende Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen dem Grundbuchsrichter zum Zweck der Gesuchsbewilligung verwehrt ist, dann muss dies auch umgekehrt für das Wahrnehmen von Eintragungshindernissen gelten. Da daher zusammengefasst der maßgebliche Punkt 3.) des Vergleichs keinerlei Anhaltspunkte dafür liefert, das einzutragende Recht beziehe sich auf dieselben Räumlichkeiten wie das bereits intabulierte Wohnungsrecht, mithin ein Eintragungshindernis nicht zu erkennen ist, war dem Rekurs Folge zu geben und das Einverleibungsgesuch zu bewilligen. Im Hinblick auf das hier zu intabulierende Wohnungsrecht war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes jedenfalls € 30.000,-- übersteigt.

Erhebliche Rechtsfragen von der grundlegenden, über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG stellten sich mit der Rekursentscheidung nicht, weshalb der ordentliche Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zuzulassen war. Landesgericht Klagenfurt

als Rekursgericht

Anmerkung

EKL001001R358.09f

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LGKL729:2009:00100R00358.09F.1211.000

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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