TE OGH 2010/3/3 7Ob45/09g

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Veröffentlicht am 03.03.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Johannes Hochleitner und andere Rechtsanwälte in Perg, gegen die beklagten Parteien 1. F***** T*****, 2. R***** T*****, beide: *****, beide vertreten durch Gloss Pucher Leitner Schweinzer Burger Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen 7.440 EUR, über den Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 16. Oktober 2008, GZ 21 R 290/08t-29, womit das Urteil des Bezirksgerichts Scheibbs vom 25. Juli 2008, GZ 2 C 1440/06m-25, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache zu Recht erkannt, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 3.294,68 EUR (darin enthalten 334,98 EUR USt und 1.284,80 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin wurde im Jahr 2003 von den beiden Beklagten mit Zimmererarbeiten an deren Haus zu einem Gesamtpreis von 6.200 EUR zuzüglich 20 % USt beauftragt. Der Dachstuhl wurde am 22. 8. 2003 aufgesetzt. Am nächsten Tag wurden weitere Arbeiten durchgeführt und - abgesehen von kleineren Zusatzarbeiten, die am 2. 9. 2003 erfolgten - abgeschlossen.

Erst nachdem der Dachdecker und der Spengler auf dem Dach gearbeitet hatten, stellte sich heraus, dass der Dachstuhl in das angrenzende öffentliche Gut ragte. Die Zweitbeklagte teilte dies der Klägerin mit und es kam zu einer Besichtigung durch die Streitteile, bei der ein Kappen des Dachvorsprungs Gesprächsthema war.

Am 7. 6. 2006 stellte die Klägerin den Beklagten schließlich den Pauschalpreis von 7.440 EUR brutto in Rechnung.

Nachdem die Beklagten auch im Wege eines Inkassobüros zur Bezahlung der Rechnung aufgefordert worden waren, wandten sie sich an den Beklagtenvertreter. Dieser richtete am 1. 9. 2006 ein Schreiben an die Klägerin, in dem einleitend die Problematik des („ein Meter waagrecht“ zu errichtenden) Dachvorsprungs sowie der durch eine „Abschrägung“ (der zum öffentlichen Gut gewandten Hausecke) fünfeckigen Grundfläche des Hauses, die durch ein rechteckiges Dach „einfach überbrückt“ worden sei, angesprochen und schließlich Folgendes ausgeführt wurde:

Gemäß den Bestimmungen des Werkvertrags ist aber der Werkbesteller erst dann verpflichtet, die Zahlung zu leisten, wenn das Werk zur Gänze mängelfrei hergestellt ist. Ich habe Sie daher aufzufordern, unverzüglich diesen Dachstuhl der Lage in der Natur anzugleichen und zwar in der Form, dass die Dachecke nicht mehr in den Luftraum der Gemeinde P***** ragt, bzw bei der Abschrägung ebenfalls diesen einen Meter Ausgradung ein[zu]halten wie bestellt und von Ihnen auch bestätigt.

Die Familie T***** [= die Beklagten] erwartet, dass Sie innerhalb der nächsten 14 Tage diesen Dachstuhl ordnungsgemäß herstellen. Eine Zahlung kann natürlich aus oben dargelegten Gründen bis zur mängelfreien Überarbeitung nicht geleistet werden bzw ist die Familie T***** auch nicht verpflichtet, eine derartige Zahlung zu leisten.

...

Sollten Sie den Dachstuhl nicht ordnungsgemäß herstellen, so verweist meine Mandantschaft schon jetzt darauf, dass eine Ersatzvornahme durchgeführt wird, wobei im Zuge dieser Ersatzvornahme ihrer Firma die Kosten angelastet werden bzw die Kosten dann von ihrem Rechnungsbetrag abgezogen werden ...

Am 13. 9. 2006 wies die Klägerin den Beklagtenvertreter darauf hin, dass beabsichtigt sei, am 14. 9. 2006 den Dachstuhl abzuändern. An diesem Tag schnitt die Klägerin den Dachvorsprung ab und forderte mit Schreiben vom 18. 10. 2006 die Bezahlung der Rechnung.

Mit der am 6. 12. 2006 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin die Bezahlung des Werklohns von 7.440 EUR sA. Die Zweitbeklagte habe unter anderem eine Änderung dahingehend gewünscht, dass der Dachvorsprung nicht, wie im Einreichplan (Blg ./P) eingezeichnet, 0,5 Meter, sondern insgesamt einen Meter betragen sollte. Diese Änderung sei von der Klägerin („ohne Aufrechnung“) vorgenommen worden. Dadurch habe ein Stück des Daches über die Grundstücksgrenze in das öffentliche Gut geragt. Die Klägerin habe versucht, mit den - beruflich meist im Ausland aufhältigen - Beklagten diesbezüglich in Kontakt zu treten und mit der Erstbeklagten persönlich vereinbart, dass das Kappen des über die Grundstücksgrenze ragenden Ecks „in Ordnung gehe“, wobei die Beklagten hiefür bei ihrem nächsten Heimataufenthalt mit der Klägerin Kontakt aufnehmen würden. Da eine entsprechende Kontaktaufnahme jedoch nie erfolgt sei, habe die Klägerin die offene Rechnung nach beinahe 3 Jahren gelegt und nach erfolgloser Mahnung an ein Inkassobüro weitergeleitet. Erst danach sei die Klägerin vom Rechtsvertreter der Beklagten aufgefordert worden, innerhalb von 14 Tagen (ab 5. 9. 2006) das Dach so herzustellen, dass es nicht in das öffentliche Gut rage. Nach Durchführung der entsprechenden Arbeiten am 14. 9. 2006 sei die Sanierung mit Schreiben des Beklagtenvertreters vom 13. 10. 2006 von den Beklagten tatsachenwidrig als unfachmännisch und nicht den Regeln der Technik entsprechend bemängelt worden. Die Sanierung habe aber offenbar entsprochen, weil die Beklagten gleich darauf die Verblechung veranlasst hätten. Die eingewendete Kompensandoforderung sei nicht berechtigt, weil die Abtrennung des in das öffentliche Gut ragenden Teilstücks des Dachstuhls mit dem Erstbeklagten vereinbart und ordnungsgemäß hergestellt worden sei.

Die Beklagten beantragen Klagsabweisung. Soweit im zweiten Rechtsgang noch von Bedeutung (die Einwände der Verjährung und einer unrichtigen Dachneigung sind bereits im ersten Rechtsgang abschließend erledigt worden), wendeten sie ein, der Werklohn sei nicht fällig, weil das Werk nicht ordnungsgemäß hergestellt und die Klägerin die Abtrennung des in das öffentliche Gut ragenden Teils des Dachstuhls nicht ordnungsgemäß vorgenommen habe. Es seien ganz einfach die ins öffentliche Gut ragenden Teile abgeschnitten und wüstest hinterlassen worden. Zur entsprechenden ordnungsgemäßen Herstellung seien Schadensbehebungskosten von 6.960 EUR erforderlich, die kompensando eingewendet wurden.

Im zweiten Rechtsgang brachten die Beklagten noch vor, das Dach sei auch deshalb nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden, weil der Dachvorsprung rundum „einen Meter waagrecht“ hätte sein sollen „und nicht mehr“. Wenn der Plan der Auftragsbestätigung widersprochen habe, wäre die Klägerin verpflichtet gewesen, dies aufzuklären, um ihrer Prüf- und Warnpflicht nachzukommen. Dadurch hätte rechtzeitig aufgeklärt werden können, dass kein Überstand in das öffentliche Gut gegeben sei. Das Werk sei daher nicht vollendet, sondern nach wie vor mangelhaft, und die Klagsforderung sei nicht fällig.

Dem hielt die Klägerin entgegen, dass die Auftragsbestätigung auf der Grundlage des Einreichplans verfasst worden sei, auf dem der Dachvorsprung strichliert eingezeichnet sei und auf Wunsch der Beklagten auf „insgesamt“ einen Meter durchgeführt worden sei. Aufgrund der ordnungsgemäßen Durchführung hätte das Dach bei ordnungsgemäß eingehaltener Abstandszone nicht in das öffentliche Gut geragt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren auch im zweiten Rechtsgang ab und stellte dazu im Wesentlichen noch Folgendes fest:

Die Gesellschafterin der Klägerin, Hildegard R*****, war bis 31. 1. 2007 als Angestellte im Büro der Klägerin beschäftigt und hatte in dieser Funktion die Bestellungen bzw Aufträge zu bearbeiten. In dieser Eigenschaft hatte sie auch mit den Beklagten Kontakt, die sie bereits kannte, weil sie in unmittelbarer Nachbarschaft zu ihr und ihrer Familie in P***** lebt. Als die Gesellschafterin der Klägerin im Jahr 2003 bemerkte, dass die Beklagten einen Neubau errichteten, erkundigte sie sich bei der Zweitbeklagten, ob sie allenfalls die Klägerin beauftragen wolle. Die Zweitbeklagte überbrachte ihr einen Einreichplan, in dem das Dach des zu errichtenden Hauses als Satteldach ausgeführt war und ersuchte um Erstellung eines Anbots für Dachdecker-, Spengler- und Zimmererarbeiten, wobei sie gleichzeitig erwähnte, dass das Dach nicht so wie im Plan ausgeführt ein Satteldach, sondern ein Walmdach sein sollte und der Bestbieter den Auftrag erhalten werde.

Die Klägerin erstellte einen Kostenvoranschlag, in dem sie die Zimmererarbeiten mit 6.200 EUR netto (insgesamt daher 7.440 EUR inklusive USt) anbot. Die Zweitbeklagte teilte der Gesellschafterin der Klägerin mit, dass für die Spengler- und Dachdeckerarbeiten andere Unternehmen engagiert werden würden und erteilte der Klägerin auf Basis des Kostenvoranschlags den Auftrag, die Zimmererarbeiten für die Errichtung des Dachstuhls vorzunehmen. Sie unterfertigte eine entsprechende Auftragsbestätigung, in der ausdrücklich festgehalten war, dass die Zimmererarbeiten durch die Klägerin „laut Plan und Besprechung Dachvorsprung 1 m waagrecht“ durchzuführen seien.

Erst im Zuge weiterer Arbeiten der Dachdecker bzw Spengler auf dem von Seiten der Klägerin fertig gestellten Dach erkannten die Beklagten, dass das Ergebnis der Zimmererarbeiten nicht ihren Vorstellungen entsprach: Es war nicht bloß so, dass das Dach in das öffentliche Gut ragte, sondern dort auch den vereinbarten Überstand von einem Meter überstieg. Wenn die Klägerin den vereinbarten Dachvorsprung von 1 m „rundum“ hergestellt hätte, hätte das Dach auch nicht in das öffentliche Gut der Marktgemeinde P***** geragt. Die Klägerin hatte bei der Durchführung ihrer Arbeiten nicht beachtet, dass es sich beim Haus der Beklagten um ein fünfeckiges Haus handelte und sich der Dachvorsprung auch an der nordöstlichen Ecke des Hauses, die dem öffentlichen Gut zugewandt ist, am Verlauf der Hausmauer zu orientieren habe, damit ein gleichbleibender Dachvorsprung von 1 m hergestellt werden kann. Der Erstbeklagte, der sich damals in Nigeria aufhielt, stellte aufgrund von Fotos, die ihm die Zweitbeklagte geschickt hatte, fest, dass das Ergebnis der Arbeiten der Klägerin nicht dem Auftrag entsprach. Die Zweitbeklagte rief deshalb die Gesellschafterin der Klägerin an und wies sie darauf hin, dass der Dachstuhl weit in das öffentliche Gut ragte. Die Gesellschafterin der Klägerin schaute sich diesen Umstand gemeinsam mit dem Erstbeklagten, der Zweitbeklagten und einem Zimmermeister der Klägerin an. Dabei wurde darüber gesprochen, dass der Dachvorsprung gekappt werden könnte. Der Erstbeklagte erklärte, dass er mit jemandem sprechen wolle, der von Seiten der Klägerin die Zimmererarbeiten durchgeführt habe. Eine konkrete Vereinbarung über den Zeitpunkt, wann dies erfolgen könne, wurde nicht getroffen. Im Juni 2006 legte die Klägerin schließlich Rechnung und ließ die Beklagten im Wege eines Inkassobüros zur Bezahlung dieser Rechnung auffordern, wobei sich die Beklagten an ihren Rechtsvertreter wandten. Dieser übersandte der Klägerin das eingangs wiedergegebene Schreiben, in welchem auch ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass bei der Abschrägung des Daches auch die vereinbarte Ausgradung von einem Meter einzuhalten sei. Am 14. 9. 2006 schnitt der Kläger „den Dachvorsprung“ [wie eingangs dargelegt] ab und forderte mit Schreiben vom 18. 10. 2006 die Bezahlung der Rechnung. Ein Dachvorsprung von einem Meter ist nach wie vor nicht hergestellt. Die Beklagten ließen zwar einen Kostenvoranschlag, der den Umbau des Daches zu einem Pauschalpreis von 6.960 EUR beinhalte, einholen. Ein solcher Umbau ist jedoch bislang nicht erfolgt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass die Klägerin - mangels Herstellung eines Dachvorsprungs von 1 m „rundum“ - das Werk nicht vollendet habe, weshalb der zwischen den Streitteilen vereinbarte Werklohn nicht fällig sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin auch im zweiten Rechtsgang Folge, hob das Ersturteil zur neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht nach Verfahrensergänzung auf und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Zur Beweisrüge, mit der die Klägerin die Feststellung der vereinbarten Herstellung eines Dachvorsprungs „von einem Meter rundum“ bekämpfte, führte das Berufungsgericht aus, dass hinsichtlich der Frage, was zwischen den Parteien in Bezug auf den Dachvorsprung von einem Meter an der Hausecke als vereinbart anzusehen sei, noch eine umfassendere tatsachenmäßige Abklärung erforderlich sei, falls dies rechtlich relevant sein sollte. Im Hinblick auf das widerstreitende Parteienvorbringen und die divergierenden Beweisergebnisse genüge es hier nicht, im Urteilssachverhalt bloß pauschal von einer Vereinbarung zu sprechen. Allerdings komme es auf diese Beweisfrage aus rechtlichen Gründen gar nicht an. Die Beklagten hätten nämlich erst im zweiten Rechtsgang vorgebracht, das Werk sei deshalb nicht auftragsgemäß hergestellt worden, weil kein Dachvorsprung von einem Meter „rundum“ hergestellt worden sei. Im ersten Rechtsgang sei hingegen - abgesehen von dem bereits abschließend erledigten Kritikpunkt der unrichtigen Dachneigung - nur der Umstand des Überragens des Dachstuhls in das öffentliche Gut bemängelt worden. Insoweit sei das Berufungsgericht in seiner Aufhebungsentscheidung im ersten Rechtsgang aber davon ausgegangen, dass bereits im September 2003 zwischen den Streitteilen ein Konsens darüber bestanden habe, den von den Beklagten damals erhobenen Beschwerdepunkt des Hineinragens des Dachvorsprungs in das öffentliche Gut als Mangel anzusehen und einer - zeitlich nicht fixierten - Verbesserung durch die Klägerin zuzuführen. Durch diesen Konsens, der anhand des Parteivorbringens im ersten Rechtsgang (§§ 266, 267 ZPO) und den unbestritten gebliebenen Sachverhaltselementen des Ersturteils im ersten Rechtsgang ermittelt worden sei, sei der vereinbarte Verbesserungsumfang „endgültig derart abgesteckt“ worden, dass lediglich das beanstandende Hineinragen des Dachvorsprungs in das öffentliche Gut sach- und fachgerecht zu beseitigen und keine darüber hinausgehende Kürzung des Dachvorsprungs auf ein ganz bestimmtes Ausmaß (ein Meter „rundum“) vorzunehmen sei. Nach ständiger Rechtsprechung komme mit der Zusage der Verbesserung des Mangels zwischen den Vertragsteilen eine neue Vereinbarung über die behaupteten Mängel und die Verbesserung zustande, woraus prinzipiell ein modifizierter Erfüllungsanspruch erwachse. Dass die Streitteile eine andere Verbesserungsvereinbarung getroffen hätten, sei (auch) im zweiten Rechtsgang gar nicht releviert worden und könne im weiteren Verfahren als abschließend geklärter Streitpunkt gar nicht mehr releviert werden. Das erst knapp 3 Jahre nach der dargestellten Parteieinigung verfasste anwaltliche Schreiben, in dem eine Verbesserung in der Form gefordert werde, dass die Dachecke nicht mehr in den Luftraum der Gemeinde P***** rage „bzw bei der Abschrägung ebenfalls diesen Meter Ausgradung einzuhalten wie bestellt und von Ihnen auch bestätigt“, habe am zustande gekommenen Konsens nichts mehr zu ändern vermocht, das heißt den dadurch abgesteckten Verbesserungsumfang nicht mehr erweitern können. Ein Durchgriff auf eine allenfalls ursprünglich vereinbarte geringere Dimensionierung des Dachvorsprungs (also eine solche, die hinter der Abgrenzung zum öffentlichen Gut noch zurückbleibe) aus dem Titel der Gewährleistung und als Rechtfertigung für die Zurückbehaltung des Werklohns komme aufgrund der modifizierten Verbesserungsvereinbarung nicht mehr in Betracht. Daher gehe jegliches Vorbringen, das sich bloß auf die ursprünglich getroffenen Abmachungen beziehe (insbesondere eben jenes über eine Dimensionierung des Dachvorsprungs von einem Meter „rundum“), ins Leere.

Da der vom Erstgericht herangezogene Abweisungsgrund nicht zum Tragen komme, sei weiterhin die der Klagsführung zugrunde liegende Mängelsanierung vom 14. 9. 2006 zu prüfen. Diese sei nach Auffassung der Berufungswerberin sach- und fachgerecht erfolgt und habe die Fälligkeit des Werklohnanspruchs ausgelöst. Die Beklagten hätten hingegen mangelnde Fälligkeit des Werklohns eingewendet, weil das Werk - im Sinn des Verbesserungskonsenses - noch immer nicht ordnungsgemäß hergestellt und daher mangelhaft sei, wobei auch eine diesbezügliche Kompensandoforderung geltend gemacht werde. All dies bedürfe noch einer tatbestandsmäßigen Klärung und einer abschließenden rechtlichen Beurteilung, weil das Erstgericht - von einer vom Berufungsgericht nicht geteilten Rechtsansicht ausgehend - die erforderliche Verfahrensergänzung unterlassen habe.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil klärungsbedürftig sei, inwieweit bei Bestehen einer Verbesserungsvereinbarung noch auf - darin nicht mehr angesprochene - Aspekte des ursprünglichen Vertragsinhalts zurückgegriffen werden könne und bis zu welchem Zeitpunkt bzw Verfahrensstadium es dem Werkbesteller überhaupt zuzubilligen sei, dass er ein entsprechendes Vorbringen noch „nachschießen“ bzw modifizieren dürfe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt werde.

Die Klägerin beantragt in ihrer „Revisionsrekurs-“ (richtig: Rekurs-)Beantwortung, das Rechtsmittel der Beklagten zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Zunächst ist im Hinblick auf die dazu erstatteten Ausführungen in der Rechtsmittelbeantwortung der Klägerin festzuhalten, dass die Beklagten zu Recht keinen „Revisionsrekurs“ erhoben und sich auch nicht auf eine erhebliche Rechtsfrage „gemäß § 528 Abs 1 ZPO“, sondern darauf gestützt haben, das Berufungsgericht sei von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen; ist doch dann, wenn - wie hier - der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO für zulässig erklärt wurde, die Anfechtung dieser berufungsgerichtlichen Entscheidung nur möglich, wenn das Rechtsmittel die unrichtige Lösung einer im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage geltend macht, widrigenfalls selbst ein gemäß der Bestimmung des § 519 Abs 2 Satz 1 ZPO zutreffend zugelassener Rekurs zurückgewiesen werden muss (RIS-Justiz RS0048272; RS0102059; 10 ObS 20/09b mwN; 8 Ob 62/09i mwN; 1 Ob 51/09w uva). Entgegen dem Standpunkt der Klägerin ist der Rekurs der Beklagten daher nicht schon deshalb zurückzuweisen, weil sie die Auffassung vertreten, die Rekurszulässigkeit gründe sich nicht auf die im Ausspruch des Berufungsgerichts angeführten Rechtsfragen, sondern darauf, dass die Berufungsentscheidung von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abweiche.

Zu Unrecht beruft sich die Klägerin in ihrer Rechtsmittelbeantwortung auch darauf, dass das Erstgericht ohnehin von einer (vom Berufungsgericht ebenfalls angenommenen) „Verbesserungsvereinbarung“ zwischen den Streitteilen ausgegangen sei. Fest steht in diesem Zusammenhang nämlich nur, dass anlässlich der gemeinsamen Besichtigung des zu weit vorragenden Dachvorsprungs „darüber gesprochen“ wurde, dass dieser „gekappt werden könnte“ und der Erstbeklagte erklärte, dass er „mit jemandem sprechen wolle“, der von Seiten der Klägerin die Zimmererarbeiten durchgeführt hatte, wobei eine konkrete Vereinbarung über den Zeitpunkt, wann „dies“ (Anm: also eine solche Besprechung) erfolgen könnte, nicht getroffen wurde. Die dazu erstatteten Ausführungen der Klägerin in ihrer Rechtsmittelbeantwortung stehen mit dem Akteninhalt nicht in Einklang.

Demgegenüber hält der Rekurs zutreffend fest, dass den Feststellungen (auch jenen, die - in diesem Zusammenhang wortgleich - im ersten Rechtsgang getroffen wurden) keine Vereinbarung der Streitteile über die Mängelsanierung zu entnehmen ist. Die Rekurswerber wenden sich daher mit Recht gegen die berufungsgerichtliche Beurteilung dieses Umstands als „abschließend erledigten“ Streitpunkt, der im zweiten Rechtsgang nicht mehr aufgerollt werden könne (vgl dazu Pimmer in Fasching/Konecny² § 496 ZPO Rz 77). Insoweit weicht die Entscheidung des Berufungsgerichts von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0042031; 9 Ob 4/09t mwN) ab, weil es den Beklagten eben nicht verwehrt war, sich im zweiten Rechtsgang auf die auftragswidrige Errichtung des „einen Meter waagrecht“ herzustellenden Dachvorsprungs zu berufen:

Wird das erstgerichtliche Urteil wegen Feststellungsmängeln in Anwendung von § 496 Abs 1 Z 3 ZPO aufgehoben, tritt das Verfahren in den Stand vor Schluss der Verhandlung erster Instanz zurück, sodass die Parteien grundsätzlich alle ihnen im Verfahren bis dahin zustehenden Befugnisse wahrnehmen, neue Tatsachen vorbringen, neue Beweismittel anbieten und Behauptungen des Gegners bestreiten können und nicht zuletzt auch das Begehren ergänzen oder ändern können. Nur die Beantwortung jener Fragen, die vom Rechtsmittelgericht auf der Grundlage des gegebenen Sachverhalts bereits abschließend entschieden wurden - hier also die Einwände der Verjährung und einer unrichtigen Dachneigung (Berufungsentscheidung ON 21, Seite 13 und 14 = AS 187 und 189) -, können als abschließend erledigte Streitpunkte im fortgesetzten Verfahren nicht mehr aufgerollt werden (1 Ob 41/08y mwN; RIS-Justiz RS0042435; RS0042441). Die Behauptung, der Dachvorsprung sei auch an der strittigen Stelle (nur) mit 1 m parallel zur Hauswand (und eben nicht größer) auszuführen gewesen, korrespondiert aber ohnehin mit der Behauptung, der Dachstuhl rage dort vereinbarungswidrig in das öffentliche Gut.

Nicht zu folgen ist auch dem Standpunkt des Berufungsgerichts, dass die Frage, was zwischen den Parteien in Bezug auf einen Dachvorsprung von einem Meter an der betreffenden Hausecke als vereinbart anzusehen ist, noch einer „umfassenderen tatsachenmäßigen Abklärung“ bedürfe. Dabei wird nämlich das eigene Vorbringen der Klägerin übersehen, wonach die Beklagten unter anderem (neben der - unstrittig vereinbarten - Umstellung von einem Sattel- auf ein Walmdach [vgl dazu insb die Blg ./10]) auch eine Änderung dahingehend wünschten, dass der Dachvorsprung „nicht wie im Plan (Blg ./P) eingezeichnet“ 0,5 Meter sondern „insgesamt“ einen Meter betragen sollte, wobei diese Änderung seitens der Klägerin „ohne Aufrechnung“ vorgenommen worden sei (Seite 3 in ON 12 = AS 71 bzw 83).

Dass eine diesbezügliche Vereinbarung, die den ursprünglichen Plan (mit strichlierter Einzeichnung des Dachvorsprungs) abänderte, zwischen den Streitteilen getroffen wurde, hat die Klägerin also ohnehin zugestanden. Dieser Umstand ist daher unstrittig und bedurfte keiner (weiteren) Nachweise. Demgemäß hat die Klägerin nicht einmal behauptet, dass zwischen den Streitteilen vereinbart worden sei, den Dachvorsprung an irgendeiner Stelle des Hauses (doch) auf mehr als einen Meter zu verlängern: Selbst ihr zuletzt erstattetes Vorbringen, die Auftragsbestätigung sei auf der Grundlage des Einreichplans „verfasst“ worden, bietet nämlich keinen Anhaltspunkt für ein einvernehmliches Abgehen von den bereits akzeptierten Abänderungswünschen und eine Rückkehr zu der im Einreichplan eingezeichneten rechteckigen Form des Daches; stünde doch die Annahme einer solchen besonderen Vereinbarung über das Ausmaß des Dachvorsprungs an der betreffenden Hausecke damit in Widerspruch, dass die Klägerin selbst ausdrücklich vorgebracht hat, dass der Dachvorsprung „nicht wie im Plan eingezeichnet ... sondern insgesamt 1 m ... aufweisen“ sollte. Die Beklagten bezeichneten in ihrer Berufung im ersten Rechtsgang ihr Werk selbst ausdrücklich als mangelhaft, weil der Dachstuhl (mit dem strittigen Eck) in das öffentliche Gut ragte. Diese Mangelhaftigkeit hätte sich jedoch nur dann sinnvoll vermeiden lassen, wenn der Dachvorsprung im vereinbarten Ausmaß von 1 m an allen fünf Seiten des Hauses ausgeführt worden wäre und nicht bei der dem öffentlichen Gut zugewandten (schmalen) Seite einen weit ausladenden Spitz gebildet hätte.

In diesem Zusammenhang sind insbesondere auch die - nicht (mehr) bekämpften - Feststellungen zu berücksichtigen, dass

- das Dach an der betreffenden Stelle nicht nur in das öffentliche Gut ragte, sondern auch den (vereinbarten) Überstand von einem Meter überstieg;

- dann, wenn die Klägerin einen Dachvorsprung von einem Meter „rundum“ hergestellt hätte, das Dach in das öffentliche Gut gar nicht hineingeragt hätte;

- die Klägerin bei der Arbeitsdurchführung (= Herstellung eines Walmdaches) nicht beachtet hat, dass es sich beim Haus der Beklagten um ein fünfeckiges Haus handelte (vgl Blg ./10);

- sich der Dachvorsprung (auch) an dieser, dem öffentlichen Gut zugewandten Seite, am Verlauf der Hausmauer zu orientieren gehabt hätte, um einen gleichbleibenden Dachvorsprung herzustellen.

Von dieser Tatsachengrundlage ausgehend hat das Erstgericht die Fälligkeit des Werklohns mangels Vollendung des Werks (unterbliebene Herstellung des vereinbarten Dachvorsprungs „von einem Meter rundum“) zutreffend verneint und das Klagebegehren schon aus dieser Überlegung zu Recht abgewiesen. Die Rechtssache erweist sich daher als spruchreif im klageabweisenden Sinn, weshalb das Ersturteil spruchgemäß wiederherzustellen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 und 41 ZPO. Die Beklagten haben (auch) im Rechtsmittelverfahren voll obsiegt.

Textnummer

E93597

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0070OB00045.09G.0303.000

Im RIS seit

12.05.2010

Zuletzt aktualisiert am

23.06.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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