TE OGH 2010/3/25 5Ob216/09i

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.03.2010
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 19, wegen Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 136 GBG ob Miteigentumsanteilen der Liegenschaft EZ ***** GB *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 29. Juni 2009, AZ 17 R 127/09m, mit dem über Rekurs der Antragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 17. November 2008, TZ 7706/08, bestätigt wurde, den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

1. Die teilweise Zurückziehung des ordentlichen Revisionsrekurses betreffend das Begehren auf Vormerkung des Pfandrechts gemäß § 38 lit c GBG wird zur Kenntnis genommen.

2. Im übrigen Umfang, nämlich betreffend das Begehren auf Berichtung des Grundbuchs gemäß § 136 GBG, wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.

Text

B e g r ü n d u n g :

Ob der Liegenschaft EZ ***** GB ***** ist sub B-LNR 4a zu ¼-Anteil das Eigentumsrecht für Friedrich A*****, geboren *****, einverleibt. Hinsichtlich dieses Miteigentumsanteils ist sub C-LNR 7a das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten Michaela R*****-A*****, geboren *****, einverleibt.

Die Antragstellerin begehrte unter Vorlage einer - nicht beglaubigten - Kopie einer Sterbeurkunde, wonach „Friedrich Johann Albrecht A*****” am ***** verstorben sei, sowie aufgrund eines näher bezeichneten Rückstandsausweises vom 13. 8. 2008

1. die Einverleibung der Löschung des sub C-LNR 7a zugunsten Michaela R*****-A***** einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbots und

2. zur Sicherstellung der Forderung der Antragstellerin gegen die Verlassenschaft nach dem am ***** verstorbenen Friedrich A***** an Abgaben im Betrag von 50.180,77 EUR die Vormerkung des Pfandrechts ob dem ¼-Anteil B-LNR 4.

Im Antrag wurde zur Wahrung der Rechte der Verlassenschaft die Beschlusszustellung an das Erstgericht zu einem mit dem Aktenzeichen angeführten Verlassenschaftsakt begehrt.

Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch ab. Zum Antrag auf Einverleibung der Löschung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots seien nur der grundbücherliche Eigentümer oder der aus dem Verbot Begünstigte berechtigt. Überdies seien Urkunden, aufgrund deren eine Eintragung erfolgen solle, im Original beizulegen. Bei der von der Antragstellerin vorgelegten Sterbeurkunde handle es sich dagegen nur um eine Kopie.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Antragstellerin sei im Verfahren zur Grundbuchsberichtigung gemäß § 136 GBG zwecks Wahrung öffentlicher Interessen antragslegitimiert. Rechtlich führte das Rekursgericht - soweit nach teilweiser Zurückziehung des Revisionsrekurses noch wesentlich - aus, die Berichtigung nach § 136 GBG setze voraus, dass die Unrichtigkeit des Grundbuchsstandes offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen sei. Soweit der Nachweis durch die Erklärung eines Beteiligten erbracht werden könne, genüge eine gerichtlich oder notariell beglaubigte Privaturkunde. Der Grundbuchsrichter habe bei seiner Entscheidung nur die vorgelegten Urkunden, das Grundbuch und die sonstigen Grundbuchsbehelfe heranzuziehen. Die Antragstellerin habe nur eine nicht ausreichende, weil unbeglaubigte Kopie einer Sterbeurkunde vorgelegt. Der Umstand, dass das Verlassenschaftsverfahren nach Friedrich A***** beim Erstgericht geführt werde, worauf die Antragstellerin im Zusammenhang mit den zu verständigenden Behörden hingewiesen habe, komme dieser deshalb nicht zugute, weil der Grundbuchsrichter bei seiner Entscheidung andere Amtsakten nicht heranzuziehen habe. Das Erstgericht habe daher den Antrag auf Grundbuchsberichtigung nach § 136 GBG mit Recht abgewiesen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands jeweils nicht 20.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zur Frage, ob zur Berichtigung des Grundbuchs nach § 136 GBG die Vorlage einer Kopie der Sterbeurkunde samt dem Hinweis auf das beim selben Gericht anhängige Verlassenschaftsverfahren ausreiche, „erscheint eine Klarstellung des Höchstgerichts geboten“.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Stattgebung ihres Grundbuchsgesuchs; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Nach Erhebung ihres Rechtsmittels zog die Antragstellerin ihren Revisionsrekurs betreffend ihr Begehren auf Pfandrechtsvormerkung zurück, was mit deklarativ wirkendem Ausspruch zur Kenntnis zu nehmen war (5 Ob 37/08i mwN).

Im übrigen Umfang, nämlich betreffend das Begehren auf Berichtung des Grundbuchs gemäß § 136 GBG ist der Revisionsrekurs aus dem vom Rekursgericht genannten Grund, insbesondere zur Klarstellung der Verfahrensrechtslage im Hinblick auf den RIS-Justiz RS0010779 zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Die Antragstellerin hält der Rechtsansicht des Rekursgerichts - zusammengefasst - entgegen, dass der Tod des Verbotsbelasteten bereits durch das beim Grundbuchsgericht anhängige Verlassenschaftsverfahren ausreichend nachgewiesen sei. Dazu hat der Oberste Gerichtshof Folgendes erwogen:

1. Zunächst hat das Rekursgericht die Legitimation der Antragstellerin zum Begehren auf Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 136 GBG durch Einverleibung der Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbots im Hinblick auf deren dokumentierte Gläubigerstellung im Ergebnis mit Recht bejaht (§ 2 Abs 1 Z 3 AußStrG; vgl auch 5 Ob 51/88 = NZ 1988/134 [GBSlg] = SZ 51/151).

2. Gibt das Grundbuch die wirkliche Rechtslage nicht richtig wieder, so ist gemäß § 136 Abs 1 GBG auf Ansuchen die zur Berichtigung erforderliche Eintragung vorzunehmen, ohne dass die sonst für eine solche Eintragung von diesem Bundesgesetz geforderten Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wenn die Unrichtigkeit offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist. Soweit dieser Nachweis durch die Erklärung eines Beteiligten erbracht werden kann, genügt eine gerichtlich oder notariell beglaubigte Privaturkunde.

3. Die in § 87 Abs 1 GBG normierte Verpflichtung, Urkunden im Original beizulegen, bezieht sich nur auf Grundbuchsurkunden, also solche, aufgrund deren eine konstitutiv wirkende Eintragung erfolgen soll (vgl RIS-Justiz RS0061070). Dagegen genügt als Grundlage der Eintragung im Fall des § 136 GBG der „Nachweis der Unrichtigkeit”; er tritt an die Stelle der sonst (§§ 31 ff GBG) geforderten urkundlichen Unterlagen. Dieser Nachweis ist dann erbracht, wenn die Unrichtigkeit offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist (vgl RIS-Justiz RS0061010). Die Antragstellerin hat hier dem Erstgericht eine - nicht beglaubigte - Kopie einer Sterbeurkunde vorgelegt. Eine solche (schlichte) Kopie ist keine öffentliche Urkunde iSd § 136 Abs 1 GBG. Damit eine Kopie die Qualität einer öffentlichen Urkunde erlangt, ist deren gerichtliche (§ 187 AußStrG) oder notarielle (§ 77 NO) Beglaubigung erforderlich (vgl 5 Ob 269/08g = NZ 2010/13, 52 [Hoyer]).

4. Das Rekursgericht ist aber auch zutreffend von der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats ausgegangen, wonach der Grundbuchsrichter bei seiner Entscheidung, namentlich nach § 136 GBG grundsätzlich nur die vorgelegten Urkunden, das Grundbuch und die sonstigen Grundbuchsbehelfe, nicht aber andere Amtsakten heranzuziehen hat (RIS-Justiz RS0040040 [T1]). „Offenkundig” ist nämlich eine Tatsache nur dann, wenn diese das Gericht kennt, ohne dass dieses Wissen erst aus bestimmten Unterlagen gewonnen werden müsste. Es reicht daher nicht aus, wenn Tatsachen erst durch Einsichtnahme etwa in Akten desselben Gerichts zu ersehen sind (vgl RIS-Justiz RS0040040 [T3]).

5.1. Von der zuvor dargestellten Rechtsprechungslinie abweichend enthält der Rechtssatz RIS-Justiz RS0010779 die Aussage, wenn der Tod des rechtsgeschäftlich Verbotsbelasteten durch das beim selben Gericht anhängige Verlassenschaftsverfahren nachgewiesen sei, sei dies bei der - nach den Bestimmungen des Grundbuchsgesetzes zu treffenden (§ 88 Abs 2 EO) - Entscheidung über den Antrag auf Begründung eines Zwangspfandrechts zu beachten. Dieser Rechtssatz beruht auf der Entscheidung 3 Ob 28/87 (= SZ 60/39), in welcher der 3. Senat von der in 3 Ob 96/62 (= EvBl 1962/486, 626) vertretenen Rechtsansicht, solange die Löschung eines Belastungsverbots noch nicht erfolgt sei, stehe der Grundbuchsstand der Bewilligung der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung entgegen, abgegangen war. Er vertrat insbesondere unter Berufung auf Heller/Berger/Stix EO4, 905 f die Ansicht, dass dann, wenn der Tod des Belasteten - wie in dieser Entscheidung - durch das beim selben Gericht anhängige Verlassenschaftsverfahren nachgewiesen sei, das Anlass zur sofortigen Löschung bietende Unwirksamwerden der bücherlichen Eintragung infolge des Todes des Belasteten auch bei der Entscheidung über den Antrag auf Begründung des Zwangspfandrechts zu beachten sei. Bestehe kein Zweifel, dass das eingetragene vertragliche Belastungsverbot erloschen und die Eintragung daher gegenstandslos sei - die Löschung solcher Eintragungen erfolge in der Regel erst im Zuge der Verbücherung der Ergebnisse der Verlassenschaftsabhandlung -, dann stehe iSd nach § 88 Abs 2 EO anzuwendenden § 94 GBG der beantragten Eintragung des Zwangspfandrechts ein Hindernis auch nach dem Grundbuchsstand in Wahrheit nicht mehr entgegen.

5.2. Bei Heller/Berger/Stix EO4, 905 f wird allerdings im Zusammenhang mit dem Nachweis des Ablebens des Eigentümers ausgeführt, dass dieser „durch eine dem § 31 Abs 1 GBG 1955 und dem § 9 (EO) entsprechende Urkunde nachgewiesen sein muß” und dass dann, „wenn das Bewilligungsgericht auch Grundbuchsgericht (sei), ... es über Vorlage der Sterbeurkunde außer der Exekutionsbewilligung die Löschung (des Belastungsverbots) anzuordnen (habe)”. Von einem Nachweis des Ablebens des Liegenschaftseigentümers durch die bloße Einsichtsmöglichkeit in den beim selben Gericht anhängigen Verlassenschaftsakt ist an der bezogenen Literaturstelle keine Rede.

5.3. Auch in den weiteren in RIS-Justiz RS0010779 ausgewiesenen Entscheidungen wird nicht die Ansicht vertreten, es reiche nach den Regeln des Grundbuchsverfahrens zum Nachweis des Ablebens des verbotsbelasteten Liegenschaftseigentümers die bloße Möglichkeit der Einsicht in den bei Gericht erliegenden Verlassenschaftsakt anstelle eines Nachweises iSd § 136 Abs 1 GBG. Der Entscheidung 3 Ob 13/88 (= RPflSlgE 1989/24) lag ein Antrag zugrunde, mit dem die betreibende Partei einen erstgerichtlichen Mantelbeschluss samt Einantwortungsurkunde vorgelegt hatte. Zu 5 Ob 51/88 (= NZ 1988/134 [GBSlg] = SZ 51/151) war dem Grundbuchsgesuch die Sterbeurkunde angeschlossen. Aus der Begründung der Entscheidung 5 Ob 42/89 = NZ 1990, 99 geht nicht hervor, wie der Nachweis des Ablebens des verbotsverpflichteten Liegenschaftseigentümers erbracht worden war, und auch in 5 Ob 55/05g (= NZ 2006/638 [GBSlg]) war diese Frage nicht entscheidungsrelevant.

5.4. In 1 Ob 233/98s (= NZ 2000, 70 = ecolex 1999/95) wird zwar die durch 3 Ob 28/87 (= SZ 60/39) begründete Rechtsansicht, (gemeint wohl:) dass ein Veräußerungs- und Belastungsverbot nach § 364c ABGB bereits mit dem Tod des Verbotsbelasteten erlösche und damit die betreffende Grundbuchseintragung gegenstandslos werde, als ständige Rechtsprechung bezeichnet. Die in 3 Ob 28/87 (= SZ 60/39) weiters vertretene Ansicht, zum Nachweis des Ablebens des Verbotsbelasteten reiche die bloße Möglichkeit der Einsicht in den beim selben Gericht erliegenden Verlassenschaftsakt, ist dagegen tatsächlich (wie die detaillierte Judikaturanalyse zeigt) vereinzelt geblieben und wird vom erkennenden Senat somit nicht geteilt.

6. Im Ergebnis folgt daher:

Für die Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 136 Abs 1 GBG durch Einverleibung der Löschung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots infolge Ablebens des Verbotsbelasteten ist dessen Tod durch Vorlage einer öffentlichen Urkunde, etwa einer gerichtlich (§ 187 AußStrG) oder notariell (§ 77 NO) beglaubigten Abschrift/Kopie einer Sterbeurkunde nachzuweisen. Die bloße Möglichkeit, dass sich der Grundbuchsrichter (Rechtspfleger) diese Kenntnis durch Einsicht in den beim selben Gericht erliegenden Verlassenschaftsakt verschaffen könnte, reicht nicht.

Da das Gesuch der Antragstellerin auf Berichtigung des Grundbuchs somit nicht den Anforderungen des § 136 Abs 1 GBG entsprach, erfolgte dessen Abweisung zu Recht. Dem Revisionsrekurs musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

Schlagworte

7 Grundbuchsachen,

Textnummer

E93749

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0050OB00216.09I.0325.000

Im RIS seit

31.05.2010

Zuletzt aktualisiert am

02.05.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten