TE OGH 1987/3/4 3Ob28/87

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Veröffentlicht am 04.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei V*** DER

Ö*** B*** V***, Linz,

Blütenstraße 15, vertreten durch Dr.Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück und Dr.Peter Wagner, Rechtsanwälte in Linz, wider die verpflichtete Partei Verlassenschaft nach dem am 29.Dezember 1985 verstorbenen, zuletzt in Wilhering, Katzing 5, wohnhaft gewesenen Landwirt Franz W***, vertreten durch den Kurator Walfriede W***, Landwirtin, Wilhering, Katzing 5, diese vertreten durch Dr.Hans Maxwald und Dr.Georg Maxwald, Rechtsanwälte in Linz, (nunmehr infolge Einantwortung: Verpflichtete Partei: Walfriede W***) wegen 100.000 S samt Anhang, infolge des außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 27.August 1986, GZ 13 a R 453/86-6, womit infolge Rekurses der verpflichteten Partei und der Verbotsberechtigten Walfriede W*** der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 29.April 1986, GZ 8 a E 1997/86-1, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Die verpflichtete Partei Walfriede W*** hat der betreibenden Partei die mit 5.657,85 S (darin 514,35 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die betreibende Versicherungsgesellschaft beantragte am 25.April 1986, ihr zur Hereinbringung der vollstreckbaren Geldforderungen von 100.000 S samt 4 % Zinsen seit dem 1.Februar 1985 und der Kosten von 5.132,05 S, 2.776,36 S und 377,85 S sowie der Kosten des Exekutionsantrages auf Grund des rechtskräftigen Versäumungsurteiles des Landesgerichtes Linz vom 20.Mai 1985, GZ 7 Cg 62/85-2, sowie der Beschlüsse des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 3.Juli 1985, GZ 8 a E 3857/85-1, und vom 22.August 1985, GZ 8 a E 3857/85-4, wider die verpflichtete Verlassenschaft nach dem am 29.Dezember 1985 verstorbenen Schuldner Franz W*** die Exekution mittels zwangsweiser Pfandrechtsbegründung durch bücherliche Einverleibung des Pfandrechtes auf die der verpflichteten Partei zugeschriebene Hälfte der Liegenschaft EZ 52 KG Dörnbach zu bewilligen. Zur Zeit des Einlangens dieses Exekutionsantrages waren laut Buchstand bücherliche Eigentümer der Liegenschaft EZ 52 KG Dörnbach N*** Nr. 5 zu Katzing je zur Hälfte der am 25.August 1929 geborene Franz W*** und die am 1.August 1938 geborene Walfriede (auch Walfrieda) W***. Zu TZ 2046/1983 war auf dem Anteil des Franz W*** zugunsten der Walfriede W*** und auf dem Anteil der Walfriede W*** zugunsten des Franz W*** das vertragliche Veräußerungs- und Belastungsverbot einverleibt (C-LN 16 und 17). Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution am 29.April 1986 und verfügte die Zustellung an die Verbotsberechtigte Walfriede W***, die auch, weil sich noch niemand zum Nachlaß des am 29. Dezember 1985 verstorbenen Franz W*** zum Erben erklärt hatte, zum Kurator der verpflichteten Partei bestellt wurde. Gegen den Exekutionsbeschluß erhoben die verpflichtete Partei und die Verbotsberechtigte Rekurs, weil das einverleibte Belastungsverbot der Begründung eines Zwangspfandrechtes entgegen stehe und so lange zu beachten sei, als es im Grundbuch eingetragen sei, selbst wenn es mit dem Tod des Belasteten erlösche. Das Rekursgericht teilte unter Berufung auf die zu einem gleich gelagerten Sachverhalt ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 3.Juli 1962, 3 Ob 96/62, EvBl. 1962/486 die Rechtsansicht der Rekurswerber. Selbst wenn durch Vorlage der Sterbeurkunde das materiell-rechtliche Erlöschen des Rechtes nachgewiesen worden wäre, hindere das einverleibte Belastungsverbot bis zu seiner Löschung den Zugriff auf das unbewegliche Vermögen. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entschieden wurde.

Die betreibende Partei bekämpft den abändernden Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs. Sie strebt die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Exekutionsbewilligungsbeschlusses an und erblickt die Voraussetzungen der Anfechtung nach dem § 78 EO und dem § 528 Abs. 2 in Verbindung mit § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO darin, die Entscheidung EvBl. 1962/486 stehe zu anderen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes im Widerspruch und werde von der Lehre kritisiert.

Rechtliche Beurteilung

Der Nachlaß nach dem am 29.Dezember 1985 verstorbenen Franz W*** wurde inzwischen am 22.Mai 1986 zu A 17/86 des Bezirksgerichtes Linz-Land der Erbin Walfriede W*** eingeantwortet. Verpflichtete Partei dieses Exekutionsverfahrens ist daher nunmehr die früher als Vertreterin des Nachlasses und als Verbotsberechtigte eingeschrittene Alleinerbin nach Franz W***. In neuerer Zeit wurde zu der aufgeworfenen Rechtsfrage vom Obersten Gerichtshof nicht Stellung genommen. In der Lehre wurden Bedenken gegen die in der Entscheidung EvBl. 1962/486 vertretene Ansicht geäußert (Heller-Berger-Stix 905 f). Der Revisionsrekurs ist daher nach § 78 EO iVm § 528 Abs. 2 und § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig.

Das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

In der Entscheidung EvBl. 1962/486 hat der Oberste Gerichtshof in dem vergleichbaren Fall, daß der betreibende Gläubiger auf Grund eines rechtskräftigen Titels mit dem durch die Vorlage der Sterbeurkunde nachgewiesenen Erlöschen des für Eheleute wechselseitig einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes zur Hereinbringung einer Geldforderung die zwangsweise Pfandrechtsbegründung in erster Instanz erwirkt hatte, ausgeführt:

Das nach § 364 c ABGB begründete einverleibte Verbot binde nur den ersten Eigentümer und erlösche mit seinem Tod (SZ 25/95). Solange aber das Verbot im Grundbuch nicht gelöscht sei, bleibe die exekutionsrechtliche Bedeutung bestehen, daß nach § 94 GBG die Begründung des Zwangspfandrechtes nur zulässig sei, wenn aus dem Grundbuch in Ansehung der Liegenschaft oder des Rechtes kein Hindernis gegen die begehrte Eintragung hervorgehe. Die gegenstandslos gewordene Eintragung könne auf Anregung eines Beteiligten amtswegig gelöscht werden (§§ 131 ff GBG). Solange diese Löschung nicht erfolgte, stehe aber der Grundbuchsstand der Bewilligung der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung entgegen. Auf die Entscheidung SZ 27/93 könne sich die betreibende Partei nicht berufen, weil es sich dort um die mit einer unheilbaren Nichtigkeit behaftete Eintragung eines solchen Verbotes zugunsten einer Gebietskörperschaft gehandelt habe.

Daß das durch Eintragung in das Grundbuch gegen Dritte wirksame Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht nur die vertragsmäßige, sondern auch die zwangsweise Einverleibung des Pfandrechtes hindert, ist herrschende Ansicht (Heller-Berger-Stix 904 f; SZ 28/196; NZ 1985, 114; NZ 1986, 86). Ergibt sich allerdings schon aus der Eintragung, daß das Verbot zugunsten einer anderen als der im § 364 c ABGB genannten Personen und daher unzulässig im Grundbuch eingetragen wurde, so ist auf das Verbot nicht Bedacht zu nehmen und die beantragte zwangsweise Pfandrechtsbegründung dennoch zu bewilligen (Heller-Berger-Stix 905; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 364 c; SZ 27/93; SZ 43/102).

Die schon aus der bücherlichen Eintragung oder den ihr zugrunde liegenden Urkunden erkennbare Unzulässigkeit der erfolgten Verbücherung unterscheidet sich von dem hier zu beurteilenden Fall, daß die Gegenstandslosigkeit der bücherlichen Eintragung offenkundig ist, nicht wesentlich. In beiden Fällen besteht die bücherliche Einverleibung als die zwangsweise Pfandrechtsbegründung scheinbar hindernde Grundbuchssperre zu Unrecht. Der in der Entscheidung EvBl. 1962/486 enthaltene Hinweis auf den Unterschied, daß es sich in einem Fall um ein schon ursprünglich zu Unrecht eingetragenes Verbot, im anderen um ein zulässig verbüchertes, aber unwirksam gewordenes Belastungsverbot handelt, ist nicht überzeugend. Der dritte Senat geht daher von der Rechtsansicht in EvBl. 1962/486 ab und schließt sich der in Heller-Berger-Stix 905 f vertretenen Meinung an, daß dann, wenn der Tod des Belasteten wie hier durch das beim selben Gericht anhängige Verlassenschaftsverfahren nachgewiesen ist, das Anlaß zur sofortigen Löschung bietende Unwirksamwerden der bücherlichen Eintragung infolge des Todes des Belasteten (Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 15 zu § 364 c; Koziol-Welser 7 II 42; SZ 25/95; NZ 1974, 188 ua) auch bei der Entscheidung über den Antag auf Begründung des Zwangspfandrechtes zu beachten ist. Besteht kein Zweifel, daß das eingetragene vertragliche Belastungsverbot erloschen und die Eintragung daher gegenstandslos ist - die Löschung solcher Eintragungen erfolgt in der Regel wie auch hier erst im Zuge der Verbücherung der Ergebnisse der Verlassenschaftsabhandlung -, dann steht im Sinne des nach § 88 Abs. 2 EO anzuwendenden § 94 GBG der beantragten Eintragung des Zwangspfandrechtes ein Hindernis auch nach dem Grundbuchsstand in Wahrheit nicht mehr entgegen. Dies führt zur Wiederherstellung des erstgerichtlichen Exekutionsbewilligungsbeschlusses, zumal selbst die verpflichtete Partei und früher Verbotsberechtigte in ihrem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs zutreffend davon ausgingen, daß das Belastungsverbot mit dem Tod des Belasteten erloschen und die Eintragung daher gegenstandslos geworden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 EO.

Anmerkung

E10327

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0030OB00028.87.0304.000

Dokumentnummer

JJT_19870304_OGH0002_0030OB00028_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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