TE OGH 2010/7/28 9Ob75/09h

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Veröffentlicht am 28.07.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil, Dr. Hopf, Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. L***** H*****, Verkaufsleiter, *****, und 2. R***** H*****, Ordinationsgehilfin, *****, vertreten durch Krammer & Frank, Rechtsanwälte in Horn, gegen die beklagte Partei B***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch die Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 85.769,82 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. August 2009, GZ 13 R 30/09s-17, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 14. November 2008, GZ 5 Cg 61/08i-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Kläger schlossen am 4. 10. 2005 mit dem Vermögensberater K***** M***** einen Vermögensverwaltungsvertrag und leisteten in der Folge auf dessen Konto bei der Beklagten verschiedene zur Veranlagung bestimmte Zahlungen. Tatsächlich wurden diese Gelder von M***** nicht gewinnbringend veranlagt, sondern zur Befriedigung eigener Luxusbedürfnisse verwendet. Er wurde deshalb - und wegen 99 weiterer Geschädigter - wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat sich schon in zwei gleich gelagerten Parallelprozessen (8 Ob 145/09w; 8 Ob 166/09h) mit Ansprüchen anderer Geschädigter befasst, die wie die Kläger versucht hatten, von der das Konto M*****s führenden beklagten Bank den durch die betrügerischen Handlungen verursachten Kapitalverlust ersetzt zu erhalten. Dabei machten die Geschädigten insbesondere auf §§ 39 ff Bankwesengesetz (BWG), BGBl 1993/532, gestützt geltend, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die Transaktionen M*****s zu unterbinden und die Strafbehörden zu verständigen. In den Parallelprozessen wurde eine Haftung der Beklagten für die Schäden der betrogenen Personen verneint. Auch im vorliegenden Verfahren wiesen die Vorinstanzen das Klagebegehren ab.

Der Oberste Gerichtshof hat in den Parallelprozessen - unter Bezugnahme auf Vorjudikatur zu vergleichbaren Bestimmungen des BWG (4 Ob 230/06m; 1 Ob 44/07p; 8 Ob 84/08y ua) - klargestellt, dass der Zweck der Geldwäschevorschriften des BWG in der Heranziehung der Finanzinstitute zur Unterstützung der Aufsichts- und Strafbehörden bei der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung liegt. Der Schutzzweck der Sorgfaltspflichten nach §§ 39 ff BWG ist auf die Verfolgung von Allgemeininteressen gerichtet. Eine allgemeine Pflicht zur Verhinderung von betrügerischen Vortaten kann aus diesen Bestimmungen nicht abgeleitet werden (vgl RIS-Justiz RS0122479 ua), weshalb sie auch nicht auf den Schutz einzelner Geschädigter aus den Vortaten gerichtet sind. Den §§ 40 f BWG kommt kein spezifischer Individualschutz iSd § 1311 ABGB zu (8 Ob 145/09w, 8 Ob 166/09h). Gründe von dieser Rechtsprechung abzugehen, vermögen die Revisionswerber nicht aufzuzeigen.

Bezüglich der „inneren“ Revision machten die Kläger in erster Instanz geltend, dass die Veranlagung über M***** unterblieben wäre, wenn die Beklagte bereits in den Jahren 2003/2004 so reagiert hätte, wie sie dies 2006 getan habe, weil schon damals die Machenschaften M*****s offenkundig gewesen wären. Die Kläger sprachen damit die „interne“ Revision nach § 42 BWG an. Diese ist von den Kreditinstituten einzurichten, untersteht unmittelbar den Geschäftsleitern und dient ausschließlich der laufenden und umfassenden Prüfung der Gesetzmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des gesamten Unternehmens (§ 42 Abs 1 BWG). Wie schon das Berufungsgericht hervorhob, soll durch die interne Revision zur Eingrenzung des bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risikos das Risiko der unternehmerischen Fehlentscheidung bei Kreditinstituten durch eine umfassende und vorgangsnahe materielle und formelle Prüfung und Information im Unternehmen selbst minimiert werden. Die interne Revision soll im Schutzinteresse der Geschäftsleiter selbst prüfen, ob sich diese im gesellschaftlichen Auftrag und im Rahmen der aufsichtsrechtlich relevanten Vorschriften bewegen (RV 1130 BlgNR 18. GP 143). Ein substantiiertes Vorbringen, inwieweit sich aus diesem im Schutzinteresse der Geschäftsleiter eingerichteten internen Instrument eine Verpflichtung der Beklagten gegenüber den Klägern, zu denen sie in keinem Vertragsverhältnis stand, ergeben sollte, wurde von den Klägern nicht erstattet. Die Beklagte war nach dem erstinstanzlichen Vorbringen weder in die Verwaltung klägerischer Gelder durch M***** eingebunden, noch hat sie die Zahlungen der Kläger an M***** veranlasst. Soweit die Überlegungen der Kläger darauf abzielen, dass die interne Revision eine Verletzung der Sorgfaltspflichten nach §§ 39 ff BWG nicht rechtzeitig erkannt habe, kann auf die vorstehenden Ausführungen und die bereits in den Parallelprozessen ergangenen Entscheidungen bezüglich anderer Geschädigter M*****s verwiesen werden, wonach aus den §§ 39 ff BWG kein Schutz einzelner Gläubiger aus den betrügerischen Vortaten abgeleitet werden kann (8 Ob 145/09w; 8 Ob 166/09h). Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO wird von den Revisionswerbern insoweit nicht aufgezeigt.

Richtig ist, dass im erstinstanzlichen Klagevorbringen unter anderem auch davon die Rede war, dass Mitarbeiter der Beklagten ihre „schützende Hand“ über M***** gehalten haben. Spezifiziert wurde diese Behauptung allerdings nicht, insbesondere auch nicht in Richtung eines konkreten strafbaren Verhaltens von Bankangestellten. Das Berufungsgericht vermochte keine eindeutigen und ausreichenden Behauptungen einer absichtlichen oder sittenwidrigen Schädigung der Kläger durch die Beklagte iSd § 1295 Abs 2 ABGB zu erblicken. Dazu machen nun die Revisionswerber geltend, dass sich ihr Vorbringen zur „schützenden Hand“ zwar einer bildlichen Sprache bedient habe, dass es aber in seiner eigentlichen Aussage „unmissverständlich“ gewesen sei. Von den Vorinstanzen wäre daher zu prüfen gewesen, ob Mitarbeiter der Beklagten M***** in Kenntnis seiner betrügerischen Aktivitäten gedeckt haben.

Dem Standpunkt der Revisionswerber kann nicht beigetreten werden. Das erstinstanzliche Vorbringen der Kläger zur „schützenden Hand“ war keineswegs eindeutig und unmissverständlich, sondern Teil spekulativer Überlegungen. Die Kläger behaupteten in erster Instanz nicht, dass man bei der Beklagten schon früher die kriminellen Aktivitäten M*****s gekannt hätte, sondern meinten lediglich, dass die Beklagte hätte erkennen müssen, dass die Kontobewegungen M*****s mit einer legalen Tätigkeit nicht in Einklang zu bringen seien. Über diesen Ansatz wurde dann von den Klägern in erster Instanz weiter überlegt, dass die Mitarbeiter der Beklagten offenbar entweder sorglos gewesen seien „oder“ die schützende Hand über M***** gehalten haben. Selbst in der Zulassungsbeschwerde werden keine tatsächlichen Deckungshandlungen durch Mitarbeiter der Beklagten bezüglich betrügerischer Aktivitäten M*****s genannt, sondern es wird lediglich das Unterbleiben eines Erkundungsbeweises releviert, wonach zu prüfen gewesen wäre, „ob“ solche Deckungshandlungen vorgelegen seien. Die berufungsgerichtliche Auslegung und Beurteilung des Klagevorbringens, dass eine absichtliche oder sittenwidrige Schädigung der Kläger durch Mitarbeiter der Beklagten nicht eindeutig und ausreichend geltend gemacht worden sei, ist nach Lage des Klagevorbringens vertretbar. Im Übrigen sind die Revisionswerber darauf zu verweisen, dass bloße Aspekte der Auslegung des Parteienvorbringens, wie etwa die Frage, ob eine bestimmte Tatsache ausreichend konkret vorgebracht wurde, zufolge ihrer Einzelfallbezogenheit nicht geeignet sind, das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu begründen (RIS-Justiz RS0042828 ua).

Da von den Revisionswerbern auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt wird, ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Textnummer

E94698

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0090OB00075.09H.0728.000

Im RIS seit

10.09.2010

Zuletzt aktualisiert am

23.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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