TE OGH 2010/8/10 1Ob134/10b

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Veröffentlicht am 10.08.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Wolfram P*****, und 2. Ruth P*****, beide *****, vertreten durch Dr. Gerhard Folk und Dr. Gert Folk, Rechtsanwälte in Kapfenberg, gegen die beklagte Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerda Schildberger, Rechtsanwältin in Bruck an der Mur, wegen Unterlassung, über den Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 25. Mai 2010, GZ 5 R 81/10m-12, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Leoben vom 23. März 2010, GZ 6 Cg 13/10y-8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 1.460,45 EUR (darin enthalten 243,41 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Kläger begehrten die Unterlassung einer konzentrierten Zuleitung von Wasser auf ihr Grundstück. Im Rubrum der Klage führten sie den „Streitwert gemäß § 5 Z 4 lit b AHK“ mit 21.800 EUR an. Eine Bewertung des Interesses nach § 59 JN sowie jeglicher Hinweis auf die Bewertungsvorschriften dieses Gesetzes fehlten.

Das Erstgericht zog den Zweifelsstreitwert des § 56 Abs 2 Satz 3 JN heran und verneinte deshalb - nach Streitanhängigkeit - seine sachliche Zuständigkeit. Es hielt ein Verbesserungsverfahren iSd § 84 Abs 3 ZPO für nicht nötig, weil sich die sachliche Zuständigkeit eindeutig aus der gesetzlichen Regelung über den Zweifelsstreitwert ergebe und eine nachträgliche Bewertung § 56 Abs 2 Satz 3 JN jeglichen Anwendungsbereich nehmen würde.

Das Rekursgericht teilte diese Auffassung und gab daher dem Rekurs der Kläger nicht Folge. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Kläger ist nicht zulässig.

Die Bezeichnung des Streitwerts nach den AHK war im Sinn der ständigen Judikatur keine ausreichende Bewertung des (insbesondere) für die Beurteilung der Zuständigkeit maßgeblichen Streitgegenstands nach § 56 Abs 2 JN (RIS-Justiz RS0042434), hier in Verbindung mit § 59 JN als Spezialfall des § 56 Abs 2 JN (RIS-Justiz RS0046484), was die Kläger in ihrem Revisionsrekurs ebenso wenig bezweifeln wie die sachliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtshofs bei Geltung des Zweifelsstreitwerts nach § 56 Abs 2 Satz 3 JN. Sie sehen aber nach wie vor die Notwendigkeit eines Verbesserungsverfahrens, um den Klägern eine nachträgliche Bewertung zu ermöglichen und so die Zurückweisung wegen sachlicher (Wert-)Unzuständigkeit zu vermeiden.

Die höchstgerichtliche Judikatur fordert ein Verbesserungsverfahren iSd § 84 Abs 3 ZPO auch in den Fällen unzureichender oder unklarer Tatsachenbehauptungen zur Prüfung der sachlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Die Verbesserungspflicht erfasst daher ungenügende Klagsangaben, die das angerufene Gericht an seiner sachlichen Zuständigkeit zweifeln lassen (1 Ob 114/04b; 1 Ob 83/04v). Wie bereits die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, liegen hier keine unzureichenden oder unklaren Tatsachenbehauptungen im Sinne der zitierten Judikatur des Obersten Gerichtshofs, insbesondere der Entscheidung 1 Ob 83/04v vor. In dieser Entscheidung ließ sich dem Klagsvorbringen nicht entnehmen, ob mehrere Forderungen aus dem Titel Werklohn/Honorar nach § 55 Abs 1 Z 1 JN zusammenzurechnen waren und damit die Wertzuständigkeit des angerufenen Gerichtshofs vorlag. Anders in diesem Fall, in dem die eindeutige gesetzliche Regelung des § 56 Abs 2 Satz 3 JN keinen Raum für Zweifel an der Wertzuständigkeit ließ: Mangels Bewertung gilt der Zweifelsstreitwert von (derzeit) 5.000 EUR (1 Ob 204/06s).

Eine vom Erstgericht ohne Verbesserungsauftrag ausgesprochene Zurückweisung der Klage fällt als behauptete Verletzung der richterlichen Anleitungspflicht nicht unter den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, sondern unter jenen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens (RIS-Justiz RS0037095). Nur im Fall einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts und Feststellungsmängeln als Folge einer Verletzung der richterlichen Anleitungspflicht, könnte der Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0037095 [T3]). Hat das Rekursgericht daher die Notwendigkeit eines Verbesserungsauftrags und damit die Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens verneint, so kann ein allfälliger Mangel des Verfahrens erster Instanz im Revisionsrekursverfahren keinesfalls geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0043919).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.

Schlagworte

Zivilverfahrensrecht

Textnummer

E94844

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0010OB00134.10B.0810.000

Im RIS seit

22.09.2010

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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