TE OGH 2010/11/30 10ObS167/10x

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Veröffentlicht am 30.11.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Irene Kienzl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Gabriele Jarosch (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei E***** B*****, vertreten durch Mag. Peter Freiberger, Rechtsanwalt in Mürzzuschlag, gegen die beklagte Partei Steiermärkische Gebietskrankenkasse, 8011 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1, wegen Rückforderung von Kinderbetreuungsgeld (Streitwert 857,27 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. Oktober 2010, GZ 7 Rs 116/10y-27, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG ist der Empfänger einer Leistung nach dem KBGG auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen verpflichtet, wenn sich ohne sein Verschulden aufgrund des von der Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse übermittelten Gesamtbetrags der maßgeblichen Einkünfte ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt hat. Gegen diese verschuldensunabhängige Rückzahlungsverpflichtung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl VfGH, 26. 2. 2009, G 128/08 ua).

Im vorliegenden Fall wurde die maßgebende Zuverdienstgrenze von 14.600 EUR unbestritten um 562,26 EUR (= ca 4 %) überschritten, sodass eine bloß geringfügige Überschreitung der Zuverdienstgrenze im Sinne des Härtefalltatbestands des § 1 lit a KBGG-Härtefälle-Verordnung vorliegt. Es war daher nach der aufhebenden Entscheidung des erkennenden Senats vom 16. 6. 2009, 10 ObS 91/09v, im zweiten Rechtsgang nur noch die Frage zu prüfen, ob diese bloß geringfügige Überschreitung der Zuverdienstgrenze für die Klägerin unvorhersehbar war.

Nach der bereits vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl RIS-Justiz RS0124751) ist das Kriterium der „Unvorhersehbarkeit“ dann gegeben, wenn die Überschreitung der Zuverdienstgrenze trotz Anlegung eines zumutbaren Sorgfaltsmaßstabs nicht erkannt werden konnte. Den Leistungsbezieher trifft eine Überprüfungspflicht hinsichtlich der Höhe der zu erwartenden Einkünfte. Es wurde vom erkennenden Senat ebenfalls ausgesprochen, dass die Frage der Unvorhersehbarkeit der Überschreitung der Zuverdienstgrenze und auch des zumutbaren Sorgfaltsmaßstabs jeweils nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden kann (10 ObS 137/09h; 10 ObS 208/09z).

Das Berufungsgericht ist bei seiner Entscheidung den vom Obersten Gerichtshof für die Beurteilung dieser Frage entwickelten Grundsätzen gefolgt. Die Klägerin hat über ihren eigenen Wunsch in der Zeit nach Beendigung des Wochengeldbezugs und vor Beginn des Karenzurlaubs ihren noch offenen Urlaubsanspruch von 48 Tagen konsumiert. Sie musste daher jedenfalls wissen, dass sie während der Zeit der Konsumation ihres Urlaubs Lohnansprüche gegenüber ihrem Arbeitgeber hat und es sich bei diesen ihr für den Zeitraum des Urlaubs zufließenden Lohnzahlungen zweifellos um Einkünfte handelt, die für die Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte (§ 8 KBGG) heranzuziehen sind. Weiters war der Klägerin nach den Feststellungen der Vorinstanzen auch bewusst, dass sie neben dieser Fortzahlung ihres Entgelts während des Urlaubs von ihrem Arbeitgeber auch die ihr noch zustehenden Sonderzahlungen (Urlaubsgeld) ausbezahlt erhalten wird. Wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage zu dem Ergebnis gelangte, dass die Überschreitung der Zuverdienstgrenze durch die von der Klägerin selbst ausdrücklich begehrte Auszahlung des Entgelts für ihren noch offenen Urlaubsanspruch für sie auch dann nicht „unvorhersehbar“ gewesen sei, wenn sie die - grundsätzlich zutreffende - Auskunft der Steuerberatungskanzlei, wonach die Auszahlung von Urlaubsgeld (Sonderzahlung) zu keinen Problemen beim Bezug des Kinderbetreuungsgelds führen könne, offenbar missverstanden habe, kann darin jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden.

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Schlagworte

12 Sozialrechtssachen,Sozialrecht

Textnummer

E95972

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:010OBS00167.10X.1130.000

Im RIS seit

17.01.2011

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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