TE OGH 2011/7/15 8Ob69/11x

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Veröffentlicht am 15.07.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Gerhard W*****, 2.) Johanna W*****, vertreten durch MMag. Christoph Doppelbauer, Rechtsanwalt in Wels, gegen die beklagte Partei O*****, vertreten durch Saxinger, Chalupsky, Weber & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wels, wegen Wiederaufnahme der Verfahren 3 Cg 96/03g und 3 Cg 190/03f des Landesgerichts Wels, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien (betreffend 3 Cg 190/03f) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 5. Mai 2011, GZ 3 R 18/11d-59, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. In den beiden verbundenen Vorverfahren hat die damalige Klägerin und nunmehrige Widerbeklagte aus zwei verschiedenen Konten zwei verschiedene Kreditforderungen geltend gemacht. Teile der Forderungen wurden von den damals Beklagten auch mit der Behauptung bestritten, dass in einem Vergleich auch Privatkonten des damals Erstbeklagten mitverglichen worden seien. Im Vorverfahren wurden beide Kredite getrennt beurteilt. Das Erstgericht ging davon aus, dass ein auch die Privatverpflichtungen des Erstbeklagten umfassender Vergleich nicht nachgewiesen wurde.

2. Mit ihrer Wiederaufnahmsklage machen die nunmehrigen Wiederaufnahmskläger geltend, dass ein Kontoauszug für das „Vergleichskonto“ aufgefunden worden sei, aus dem sich ergebe, dass die Rückzahlungen nicht mehr auf das schon nach dem Vergleich auf Null zu stellende „Privatkonto“, sondern saldomindernd auf das Kreditkonto des zweiten Kredits erfolgen hätte müssen.

3. Die Wiederaufnahmsklage hinsichtlich des Verfahrens betreffend den ersten Kredit ist bereits rechtskräftig zurückgewiesen worden.

4. Zum zweiten Kredit sind die Vorinstanzen unter umfassender Würdigung aller Beweisergebnisse davon ausgegangen, dass die Wiederaufnahmskläger eine Vereinbarung über einen unbedingten vergleichsweisen Erlass der Privatverpflichtungen des Erstbeklagten nicht nachweisen konnten.

5. Das Berufungsgericht hat der Berufung der Wiederaufnahmskläger nicht Folge gegeben, ihre Rechtsrüge als nicht ordnungsgemäß ausgeführt qualifiziert und die ordentliche Revision nicht zugelassen.

6. Zur verfahrensrechtlichen Behandlung der Rechtsrüge durch das Berufungsgericht wird von den Wiederaufnahmsklägern keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dargestellt. Der Oberste Gerichtshof hat daher auf die Rechtsrüge nicht weiter einzugehen (Kodek in Rechberger ZPO3 § 503 Rz 23; Zechner in Fasching/Konecny IV/1 § 503 Rz 191). Es verbleibt somit nur zu erwähnen, dass ja auch in der Vereinbarung vom 10. 9. 1991 im Zusammenhang mit dem Vergleich auf das Unternehmen und den Erstkläger und deren Schulden gemeinsam abgestellt wurde. Auch der der Vereinbarung zugrundegelegte Gesamtschuldenbetrag umfasste schon rein der Höhe nach nicht die festgestellten Privatschulden des damaligen Erstbeklagten, die er gegenüber der früheren Klägerin hatte. Dass die in diesen Gesprächen auch miteinbezogene zweite Bank bei der von ihr getroffenen Vereinbarung offenbar von einer umfassenden Bereinigung ausging, lässt sich auch daraus erklären, dass private Verbindlichkeiten des früheren Erstbeklagten dieser anderen Bank gegenüber gar nicht festgestellt wurden. Letztlich ist die Auslegung eines Vergleichs im Einzelfall regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0112106 uva).

7. Zu den verfahrensrechtlichen Argumenten der Kläger ist auf die allgemeine Struktur des Wiederaufnahmsverfahrens zu verweisen. Im Rahmen des Verfahrens zur Prüfung einer Wiederaufnahme ist zwischen dem Vorprüfungsverfahren (§ 538 ZPO), dem Hauptverfahren über die Prüfung der Wiederaufnahme (iudicium rescindens; Aufhebungs- oder Wiederaufnahmsverfahren) und - im Falle der Wiederaufnahme - dem wiederaufgenommenen Verfahren (iudicium rescissorium) zu unterscheiden (vgl etwa Fasching, LB2 Rz 2084 ff, oder Rechberger/Simotta, Grundriss des österreichischen Zivilprozessrechts Rz 1112 f). Die von der außerordentlichen Revision herangezogenen Entscheidungen (1 Ob 5/03x; 6 Ob 127/00w) über eine bloß abstrakte Eignung der neu aufgefundenen Beweismittel beziehen sich auf die Prüfung im Rahmen des Vorverfahrens. Im hier maßgeblichen Verfahren haben die Vorinstanzen aber bereits im Rahmen des Verfahrens über das Aufhebungsbegehren, also im Zuge der inhaltlichen Prüfung der Wiederaufnahmsgründe, die Wiederaufnahmsklage abgewiesen (vgl zur inhaltlichen Prüfung RIS-Justiz RS0044481). Teilweise erschöpfen sich die Argumente der außerordentlichen Revision auch in einer Bekämpfung der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Beweiswürdigung der Vorinstanzen (RIS-Justiz RS0043162 uva).

8. Insgesamt vermögen die Ausführungen der außerordentlichen Revision jedenfalls keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu begründen.

Textnummer

E97980

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0080OB00069.11X.0715.000

Im RIS seit

23.08.2011

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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