TE OGH 2011/5/24 14Os37/11i

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Veröffentlicht am 24.05.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Mai 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vetter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Juan F***** A***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Gabriel P***** Pu***** und Peter B***** sowie die Berufung des Angeklagten Juan F***** A***** gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 26. Jänner 2011, GZ 38 Hv 143/10d-58, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Gabriel P***** Pu***** und Peter B***** sowie die Berufungen dieser Angeklagten und des Angeklagten Juan F***** A***** wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Gabriel P***** Pu***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 3 und 148 zweiter Fall, 15 StGB (I und II) sowie Juan F***** A***** und Peter B***** jeweils des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall und Abs 3 StGB (II) schuldig erkannt.

Danach haben - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - Juan F***** A*****, Gabriel P***** Pu***** und Peter B***** im Juni 2010 in Salzburg und Mondsee mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet und zu verleiten versucht, die diese in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten bzw schädigen sollten, und zwar:

I) Gabriel P***** Pu***** in den im Ersturteil einzeln bezeichneten Fällen (1 bis 3) gewerbsmäßig Verfügungsberechtigte durch die Vorgabe, zur Verwendung jeweils vorgelegter falscher Kreditkarten berechtigt zu sein, somit unter Benützung falscher unbarer Zahlungsmittel, zur Herausgabe von Waren und Erbringung von Leistungen,

II) Juan F***** A*****, Gabriel P***** Pu***** und Peter B***** in einverständlichem Zusammenwirken Verantwortliche der I***** Bank durch die Vorgabe, dass es sich bei dem bei der Volksbank M***** zur Einlösung übergebenen I***** Bankzertifikat um eine echte, werthaltige und am 16. Juni 2010 fällige Urkunde im Wert von einer Million Euro handle, somit unter Benützung einer falschen Urkunde, zur Überweisung des genannten Betrags auf ein Konto des Peter B*****, wobei die Tat beim Versuch blieb.

Rechtliche Beurteilung

              Die von den Angeklagten Gabriel P***** Pu***** und Peter B***** aus Z 5 und 5a, von letzterem überdies aus Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden verfehlen ihr Ziel:

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Gabriel P***** Pu*****:

Die Tatrichter haben sich mit der (den Schuldspruch II betreffenden) leugnenden Verantwortung der Angeklagten auseinandergesetzt und eingehend dargestellt, weshalb sie dieser nicht zu folgen vermochten (US 13 ff). Entsprechend dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) waren sie entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) nicht verpflichtet, sämtliche Aussagedetails - wie die Reaktion des Angeklagten Gabriel P***** Pu***** auf die Mitteilung der Volksbank M*****, dass es sich beim vorgelegten Bankzertifikat um eine gefälschte Urkunde handle - im Einzelnen zu erörtern (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428).

              Aktenwidrig (Z 5 fünfter Fall) ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder einer Urkunde in seinem wesentlichen Teil unrichtig oder unvollständig wiedergibt, nicht jedoch, wenn die Tatrichter (wie hier zum Schuldspruch I) aus dem - die subjektive Tatseite in weiterer Folge leugnenden - Aussageverhalten des Angeklagten andere als die von der Beschwerde begehrten Schlüsse gezogen haben. Im Übrigen hat das Schöffengericht die ursprüngliche Einlassung des Beschwerdeführers, wonach ihm auch bewusst gewesen sei, dass durch die Verwendung gefälschter Kreditkarten Personen geschädigt würden, korrekt wiedergegeben (vgl US 21 und ON 6/S 3).

Entgegen der weiteren Rüge (der Sache nach Z 5 vierter Fall) ist auch der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrundeliegendes Wollen oder Wissen keineswegs unzulässig, sondern bei leugnender Verantwortung methodisch gar nicht zu ersetzen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452).

              Die Tatsachenrüge (Z 5a) will nur unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof stets ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780). Mit dem Argument, der Angeklagte habe sich zu keinem Zeitpunkt geständig verantwortet und dem Hinweis auf (auch bei Kreditkartenoriginalen bestehende) Schmiergeldpraktiken in „Schwellenländern bzw Entwicklungsländern wie in Panama“ werden erhebliche Bedenken gegen das vom Schöffengericht konstatierte Wissen des Angeklagten um die Falsifikatseigenschaft der von ihm in Panama bezogenen und sodann verwendeten Kreditkarten ebensowenig aufgezeigt wie mit der These, dass nachteilige Schlussfolgerungen aus dem Erhalt und Gebrauch (ua) einer bereits im Jahr 2010 ablaufenden Kreditkarte „lebensfremd“ seien.

              Die im Wesentlichen die Ausführungen zur Mängelrüge wiederholende Reklamation unterbliebener Erörterung der Reaktion des Angeklagten auf das Bekanntwerden der Fälschung orientiert sich auch unter dem Aspekt einer Tatsachenrüge nicht an den Anfechtungsvoraussetzungen des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes, sondern überschreitet die Grenze zur im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung (RIS-Justiz RS0099674).

              Soweit der Beschwerdeführer amtswegige Erforschung des Aufenthaltsorts und der Rolle der Zeugin Luzalba Be***** sowie der Herkunft des gefälschten Bankzertifikats vermisst, legt er nicht dar, wodurch er an seinem Recht gehindert war, entsprechende Beweisaufnahmen in der Hauptverhandlung zu beantragen (RIS-Justiz RS0115823; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Peter B*****:

              Mit der Behauptung, dass die zunächst erfolgte Vorlage einer Kopie des Bankzertifikats zwecks Prüfung der „Werthältigkeit“ Vorsatz ausschließe, bekämpft die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) bloß unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter, die in diesem Umstand einen Teil eines mehrphasig angelegten Betrugsgeschehens erblickten. Mit seiner Kritik an der Ableitung der subjektiven Tatseite aus dem objektiven Geschehensablauf ist der Beschwerdeführer auf die obige Erledigung der Mängelrüge des Angeklagten Gabriel P***** Pu***** zu verweisen. Einen logischen Widerspruch zwischen den Konstatierungen, wonach der Angeklagte während seines Fluges nach Europa davon ausging, dass es sich um ein Originalzertifikat handelte, er aber bei späterer Vorlage an die Bank angab, er werde das Original zu einem späteren Zeitpunkt vorlegen (US 8), zeigt das weitere Rechtsmittel (Z 5 letzter Fall) nicht auf.

              Das Argument (der Sache nach Z 9 lit a), es sei geradezu denkunmöglich, dass ein österreichisches Bankinstitut die Kopie eines Bankzertifikats unbekannter Herkunft ohne vorhergehende Prüfung der „Werthältigkeit“ einlöse, entfernt sich prozessordnungswidrig von den dazu getroffenen Konstatierungen, wonach die Angeklagten zur Täuschung das der Verfügungsberechtigten der I***** Bank das Original des (falschen) Bankzertifikats verwendeten (US 10). Nur der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass (wie auch im Ersturteil bereits zutreffend festgehalten - US 23) die Vorlage eines falschen Bankzertifikats keineswegs absolut untauglich (§ 15 Abs 3 StGB) ist, die Auszahlung des darauf verbrieften Werts zu bewirken, weil die gehörige Prüfung der Deckung bzw der Echtheit durch Mitarbeiter der Bank auch unterlassen werden oder es trotz Einhaltung der banküblichen Kontrollmechanismen (versehentlich) zur Auszahlung der Valuta an den Einreicher kommen kann (zu ungedeckten Schecks vgl RIS-Justiz RS0120982).

              Die Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich darin, in Betreff der subjektiven Tatseite den Beweiswerterwägungen des Erstgerichts zum Vorhandensein eines Aufteilungsschlüssels, zur Herkunft des Bankzertifikats und der mit der Zeugin Be***** bestehenden Geschäftsbeziehung eigene Hypothesen entgegenzusetzen, ohne dabei erhebliche Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen hervorzurufen.

              Die das Vorliegen einer vorsätzlichen Täuschungshandlung bestreitende Rechtsrüge (Z 9 lit a) ignoriert die gegenteiligen Urteilsannahmen und verlässt damit prozessordnungswidrig den Anfechtungsrahmen des herangezogenen materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes.

              Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Gleiches gilt für die von den Angeklagten Juan F***** A***** und Gabriel P***** Pu***** angemeldeten, von Peter B***** auch ausgeführte, gegen kollegialgerichtliche Urteile in der Strafprozessordnung jedoch nicht vorgesehenen (§§ 280, 283 Abs 1 StPO) Berufungen wegen des Ausspruchs über die Schuld. Dies hat die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen wegen des Ausspruchs über die Strafe zur Folge (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E97427

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0140OS00037.11I.0524.000

Im RIS seit

09.06.2011

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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