TE AsylGH Beschluss 2008/08/28 E3 265560-0/2008

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Veröffentlicht am 28.08.2008
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Spruch

E3 265.560-0/2008-7E

 

BESCHLUSS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. HERZOG-LIEBMINGER als Vorsitzende und die Richterin Dr. FAHRNER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. MITTERMAYR über die Beschwerde des E.E., geb. 00.00.1943, StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.12.2002, FZ. 90 10.306-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 63 Abs. 5 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Text

BEGRÜNDUNG :

 

I. Verfahrensgang

 

Der nunmehrige Beschwerdeführer reiste am 13.03.1989 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein.

 

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 27.02.1992, Zahl: 4.278.568/2-III/13/89, wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer Flüchtling im Sinne des Bundesgesetzes vom 03.03.1968, BGBl Nr. 126/68, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 55/1955, in der Fassung des Bundesgesetzes vom 27.11.1974, BGBl Nr. 796/74, und gemäß § 7 Abs 1 des Asylgesetzes zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist.

 

In diesem Verfahren hat der Beschwerdeführer (unter anderem) angegeben, dass zwei seiner Söhne, E.N. (geb. 1966) sowie E.G. (geb. 1969), seit 1988 als anerkannte Flüchtlinge in Österreich lebten.

 

Am 27.04.1994 leitete das Bundesasylamt ein Verfahren zwecks Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers ein, zumal dieser strafgerichtliche Verurteilungen aufwies.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.08.1994, Zahl:

BAW-6004/47/94, I-SD-77.222/89, wurde gemäß § 5 Abs 1 Z 3 AsylG 1991, BGBl 1992/8, festgestellt, dass der Beschwerdeführer keinen Anspruch mehr auf Asylgewährung hat, weil er eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet (Art 33 Abs 2 der Genfer Flüchtlingskonvention).

 

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 17.07.1996, Zahl 4.278.568/7-III/13/94, Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

 

Mit Schreiben des Bundesasylamtes vom 18.08.1997, Zahl:

BAW-6004/47/94, wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass das seinerzeit gegen ihn eingeleitete Verfahren betreffend Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. Verlust der Asylgewährung eingestellt worden ist.

 

Am 02.09.2002 holte das Bundesasylamt einen ZMR-Auszug betreffend den Beschwerdeführer ein, über welchen jedoch keine Daten für eine Meldeauskunft vorlagen. Am selben Tag wurde weiters in dessen Strafregister sowie in dessen erkennungsdienstliche Evidenz Einsicht genommen. Am 08.10.2002 holte das Bundesasylamt wiederum einen - neuerlich negativen - ZMR-Auszug hinsichtlich des Beschwerdeführers ein.

 

Mit Schreiben vom 16.10.2002 regte das Bundesasylamt beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien die Bestellung eines Abwesenheitskurators für den gegenständlichen Beschwerdeführer ein.

 

Darin wird ausgeführt, dass beabsichtigt sei, gegen diesen ein Aberkennungsverfahren gemäß § 14 Abs 1 Z 3 AsylG 1997 durchzuführen, zumal man von dessen am 04.03.2002 nach Österreich eingereisten Sohnes E.F. im Zuge dessen eigenen Asylverfahrens erfahren habe, dass dieser und sein ebenfalls in Österreich aufhältiger Bruder keinerlei Kenntnis über den derzeitigen Aufenthaltsort ihres Vaters hätten.

 

Mit Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 00.00.2002, wurde Herr Rechtsanwalt Dr. Heinrich Siegl zum Abwesenheitskurator für den Beschwerdeführer bestellt.

 

Eine Begründung ist in diesem Beschluss nicht enthalten, es wird lediglich dem Kurator eine Berichterstattung, "auch über seine Bemühungen zur Ausforschung des jetzigen aufenthaltsortes [sic!] des Kuranden" aufgetragen.

 

Mit Schreiben des Bundesasylamtes vom 19.11.2002, Zahl: 90 10.306-BAW/A, wurde der Abwesenheitskurator des Beschwerdeführers vom Ergebnis der Beweisaufnahme dahingehend verständigt, dass der Sohn des Beschwerdeführers, welcher am 04.03.2002 nach Österreich eingereist sei, zunächst angegeben hätte, er sowie sein Bruder hätten keine Kenntnisse von dessen Aufenthaltsort. Anlässlich einer Vorsprache beim Bundesasylamt am 06.11.2003 habe der Sohn des Beschwerdeführers angegeben, dass sich dieser in Schweden in Strafhaft befinden würde. Das Bundesasylamt gehe daher davon aus, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensmittelpunkt nicht mehr in Österreich habe und daher eine Asylaberkennung gemäß § 14 Abs 1 Z 3 AsylG 1997 zu erfolgen habe.

 

Die eingeräumte Möglichkeit, hiezu Stellung zu nehmen, blieb ungenutzt.

 

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des Bundesaslyamtes vom 10.12.2002, Zahl 90 10.306-BAW/A, wurde dem Beschwerdeführer das ihm mit Bescheid vom 27.02.1992 gewährte Asyl gemäß § 14 Abs 1 Z 3 AsylG aberkannt und festgestellt, dass ihm gemäß § 14 Abs 2 AsylG die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt.

 

Begründend wird ausgeführt, dass der Sohn des Beschwerdeführers angegeben habe, dass sich dieser derzeit in Schweden in Strafhaft befinde. Der Beschwerdeführer sei auch in Österreich nicht polizeilich gemeldet und habe seinen Lebensmittelpunkt in einem anderen Staat. Es sei daher die Voraussetzung für die Asylaberkennung nach § 14 Abs 1 Z 3 AsylG erfüllt.

 

Dieser Bescheid wurde dem Abwesenheitskurator am 12.12.2002 zugestellt, welcher ihn unangefochten ließ.

 

Am 25.07.2005 sprach ein Sohn des Beschwerdeführers, E.N., mit einer von diesem erteilten Vollmacht beim Bundesasylamt vor. Gemäß dieser Vollmacht befinde sich der Beschwerdeführer seit 01.12.2000 bis 30.07.2005 in Strafhaft in K., Schweden.

 

Am 13.10.2005 nahm Herr Rechtsanwalt Dr. Thaddäus Kleisinger Akteneinsicht in den Akt des Beschwerdeführers.

 

Mit Schriftsatz vom 27.10.2005 erhob der Beschwerdeführer durch den von ihm bevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. Thaddäus Kleisinger die verfahrensgegenständliche Berufung (nunmehr als Beschwerde tituliert) gegen den Bescheid vom 10.12.2002.

 

Zunächst wird zu deren Rechtzeitigkeit ausgeführt, dass der Beschwerdeführer durch Akteneinsicht seines Rechtsvertreters am 13.10.2005 Kenntnis davon erlangt habe, dass am 10.12.2002 ein Bescheid erlassen worden sei. Da das Bundesasylamt aber bereits seit 06.11.2002 gewusst habe, dass sich der Beschwerdeführer in Strafhaft in Schweden befinde, wäre es der Behörde leicht möglich gewesen, den genauen Aufenthaltsort des Beschwerdeführers zu eruieren sowie die Bestellung von Dr. Heinrich Siegl zum Abwesenheitskurator aufzuheben. Die an diesen erfolgte Zustellung sei daher rechtswidrig und die Berufung somit rechtzeitig.

 

Die Berufung selbst wurde damit begründet, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Schweden nicht freiwillig gewesen, sondern jener dort inhaftiert gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe seinen Lebensmittelpunkt nach wie vor in Österreich.

 

Überdies sei der Beschwerdeführer als Angehöriger der kurdischen Minderheit im Iran und Mitglied der demokratischen iranischen kurdischen Partei nach wie vor einer Verfolgung durch iranische Behörden ausgesetzt.

 

Die Berufung (nunmehr als Beschwerde zu werten) wurde dem Unabhängigen Bundesasylsenat am 08.11.2005 vorgelegt, welcher am 28.01.2008, GZ: 265.560/0/1Z-VIII/40/05, einen Verspätungsvorhalt an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers machte.

 

Mit Schriftsatz vom 04.02.2008 nahm der Beschwerdeführer bzw. dessen Rechtsvertreter dazu in der Form Stellung, dass er - wie bereits in der Beschwerde - darauf verwies, dass die Zustellung an den Abwesenheitskurator rechtswidrig gewesen sei, zumal bekannt gewesen sei, dass sich der Beschwerdeführer in Schweden in Strafhaft befinde.

 

Mit Einrichtung des Asylgerichtshofes wurde der gegenständliche Akt der Gerichtsabteilung E3 zugeteilt.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

Gemäß dem Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008, wurde der Asylgerichtshof - bei gleichzeitigem Außerkrafttreten des Bundesgesetzes über den unabhängigen Bundesasylsenat - eingerichtet und treten die dort getroffenen Änderungen des Asylgesetzes mit 01.07.2008 in Kraft; folglich ist das AsylG 2005 ab diesem Zeitpunkt in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 anzuwenden.

 

1. Zuständigkeit des erkennenden Senats:

 

Gemäß § 75 Abs 7 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 4/2008, sind am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

[...]

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

[...]

 

Nunmehr handelt es sich bei dem gegenständlichen Asylaberkennungsverfahren, welches am 30.06.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig war, zwar um keines gegen einen abweisenden Bescheid, sondern um ein solches, für welches der Unabhängige Bundesasylsenat als "weiterer unabhängiger Verwaltungssenat" iSd Art 129c Abs 1 B-VG idF BGBl I Nr.100/2005 gemäß § 69 Abs 4 AVG zur Entscheidung zuständig war.

 

Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation der Bestimmung des § 75 Abs 7 AsylG ist jedoch auch hier auf Art 151 Abs 39 Z 1 und Z 4 B-VG Bedacht zu nehmen, wonach der bisherige unabhängige Bundesasylsenat mit 01.07.2008 zum Asylgerichtshof wird und alle am 01.07.2008 bei letzterem anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen sind.

 

2. Anzuwendendes Verfahrensrecht:

 

2.1. Gemäß § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF, sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Gem. § 63 Abs. 5 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; die Berufungsbehörde hat die bei ihr eingebrachte Berufung unverzüglich an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten.

 

3. Zu den Entscheidungsgründen:

 

3.1. § 11 AVG lautet:

 

Soll von Amts wegen oder auf Antrag gegen einen handlungsunfähigen Beteiligten, der eines gesetzlichen Vertreters entbehrt, oder gegen eine Person, deren Aufenthalt unbekannt ist, eine Amtshandlung vorgenommen werden, so kann die Behörde, wenn die Wichtigkeit der Sache es erfordert, die Betrauung einer Person mit der Obsorge oder die Bestellung eines Sachwalters oder Kurators beim zuständigen Gericht (§ 109 JN) veranlassen.

 

Die Bestellung eines Prozesskurators erfolgt sohin - anders als nach § 116 ZPO - nicht durch die Behörde selbst, welche nur ein "qualifiziertes Antragsrecht" hat, sondern durch das Gericht (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz 2 zu § 11 AVG).

 

Ist der Aufenthalt eines Beteiligten, gegen den die Amtshandlung gerichtet ist, unbekannt, so kann die Behörde gemäß § 11 zweiter Fall AVG die Bestellung eines Kurators veranlassen. Unbekannt ist der Aufenthalt einer Person dann, wenn der Aufenthalt auch jenen Personen nicht bekannt ist, bei denen eine Kenntnis darüber vorausgesetzt werden kann (nahe Angehörige, Dienstgeber oder andere Personen, die in engem persönlichem oder geschäftlichen Kontakt mit der Person stehen). Die Behörde hat also zunächst alle zumutbaren Ermittlungsschritte zur Erforschung des Aufenthalts zu setzen (vgl. Hengstschläger/Leeb, aaO, Rz 5 zu § 11 AVG mit Hinweisen auf die Judikatur des VwGH).

 

Im gegenständlichen Fall hat die Erstbehörde aufgrund einer Aussage des (erst) am 04.03.2002 nach Österreich eingereisten Sohnes des Beschwerdeführers, E.F., dass er "und auch sein in Österreich als Flüchtling anerkannter Bruder" keinerlei Kenntnis über den derzeitigen Aufenthalt ihres Vaters hätten, die Bestellung eines Abwesenheitskurators beantragt, welchen das zuständige Bezirksgericht (soweit ersichtlich ohne weitere Ermittlungen und ohne nähere Begründung) bestellt hat.

 

E.F. spricht von einem Bruder, die Erstbehörde hat es jedoch zum einen unterlassen, diesen selbst zu befragen, und zum anderen übersehen, dass sich zwei Söhne des Beschwerdeführers, nämlich E.N. sowie E.G., bereits seit 1988 als Flüchtlinge in Österreich befinden. Folglich hat sie es auch unterlassen, auch den anderen Bruder des E.F. zum momentanen Aufenthaltsort seines Vaters zu befragen. Der Asylgerichtshof geht daher davon aus, dass die Erstbehörde nicht alle erforderlichen und zumutbaren Ermittlungsschritte zur Erforschung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers unternommen hat und die Bestellung eines Abwesenheitskurators daher zu Unrecht erfolgte.

 

Selbst wenn man davon ausginge, dass die Voraussetzungen für die Kuratorsbestellung zum Bestellungszeitpunkt (23.10.2002) gegeben waren, so war der Erstbehörde seit einer Vorsprache des Sohnes des Beschwerdeführers am 06.11.2002 bekannt, dass sich letzterer in Schweden in Strafhaft befinden würde. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt hätte die Behörde weitere Ermittlungsschritte zur Ausforschung des Aufenthaltsortes des Beschwerdeführers - etwa eine Anfrage bei den schwedischen Strafvollzugsbehörden - setzten müssen und lagen zumindest ab diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Bestellung eines Abwesenheitskurators nicht mehr vor.

 

In diesem Zusammenhang ist nochmals darauf zu verweisen, dass die Behörde zwar den Kurator nicht selbst bestellt (sondern eben das Gericht), ihr aber ein "qualifiziertes Antragsrecht" zukommt, das nach Ansicht des entscheidenden Senats nicht nur für eine Bestellung eines Kurators, sondern auch für dessen Enthebung zum Tragen kommt.

 

Dabei ist auch der Zweck der Bestimmungen zu berücksichtigen, welche die Bestellung eines Kurators für nicht handlungsfähige oder abwesende Personen regeln; diese dienen nämlich dem Schutz der betroffenen Personen. Um diesem Schutzzweck gerecht zu werden, besteht nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs (vgl. 4 Ob 2351/96f ua) auch die Befugnis des Abwesenheitskurators, für den von ihm zu Vertretenden einzuschreiten, solange der Bestellungsbeschluss aufrecht ist; dies auch dann, wenn der Kurator zu Unrecht bestellt worden ist. Solche Verfahren, welche mit einem zu Unrecht bestellten Kurator abgewickelt wurden, sind nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes jedoch - ab dem Zeitpunkt der Bestellung des Kurators - nichtig.

 

Legt man dies auf den vorliegenden Fall um, so ist ersichtlich, dass die an den - zu Unrecht bestellten (bzw. zumindest zu Unrecht nicht wieder seines Amtes enthobenen) - Abwesenheitskurator vorgenommene Zustellung des angefochtenen Bescheides nicht wirksam war.

 

Da jedoch ein schriftlicher Bescheid erst ab dem Zeitpunkt erlassen ist, in welchem eine rechtswirksame Zustellung erfolgt ist (vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahren8, Rz 427 mwN), schadet es dem Beschwerdeführer auch nicht, dass sein Abwesenheitskurator für ihn kein Rechtsmittel erhoben hat, wenngleich er dazu - wie oben ausgeführt - befugt gewesen wäre.

 

Der gegenständliche Bescheid ist jedoch nach wie vor nicht erlassen:

Wenngleich §7 ZustG besagt, dass auch dann, wenn bei der Zustellung Mängel unterlaufen, die Zustellung in dem Zeitpunkt dennoch als bewirkt gilt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist, so ist dies vorliegend nicht der Fall. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers hat nämlich lediglich im Zuge einer Akteneinsicht am 13.10.2005 (vgl. oben Punkt I.12.) Kenntnis vom Bescheid erlangt, welche Kenntnisnahme jedoch einem tatsächlichen Zukommen nach § 7 ZustG nicht gleichzusetzen ist (vgl. z. B. VwGH 31.03.2004, 2004/18/0013).

 

Zumal die rechtswirksame Zustellung konstitutiv für die schriftliche Erlassung eines Bescheides ist, liegt im Falle einer unwirksamen Zustellung kein erlassener Bescheid, mithin also kein bekämpfbarer - weil noch nicht dem Rechtsbestand angehörender - Rechtsakt vor (zum Konstitutiverfordernis einer rechtswirksamen Zustellung vgl. zB VwGH 14.05.2003, 2002/08/0206; VwGH 18.09.2002, 98/17/0310).

 

Ungeachtet einer dennoch erhobenen Berufung ist diesfalls das Verfahren nach wie vor in der Unterinstanz anhängig und dort noch nicht abgeschlossen. Entscheidet aber die Berufungsbehörde auf Grund einer Berufung, die sich gegen einen gar nicht erlassenen Bescheid richtet, in der Sache selbst, anstatt die Berufung zurückzuweisen, so ist der Berufungsbescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde belastet, weil die Zuständigkeit der Berufungsbehörde nur so weit reicht, das Rechtsmittel wegen dessen Unzulässigkeit zurückzuweisen (VwGH 17.04.1991, 90/01/0232 mit Hinweisen auf E 21.5.1968, E VS 1167/67, VwSlg 7357 A/1967).

 

Nachdem also gegenständlich (noch) keine rechtswirksame Zustellung des Bescheides erfolgt ist, ist dieser noch nicht erlassen und somit auch nicht anfechtbar. Aus diesem Grund war die dennoch vom Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter erhobene Beschwerde (vormals Berufung) gemäß § 63 Abs 5 AVG als unzulässig zurückzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Bescheidqualität, Vertretungsverhältnis, Zustellung
Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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