TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/11 D3 317802-2/2008

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Veröffentlicht am 11.09.2008
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Spruch

D3 317802-2/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Clemens Kuzminski als Einzelrichter über die Beschwerde des A.A., geb. 00.00.1979, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.08.2008, FZ. 08 05.982-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs 1 AVG iVm § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 i.d.g.F. hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

 

II. Gemäß § 10 Abs 3 AsylG 2005 i.d.g.F. ist die Durchführung der Ausweisung bis zum 15.11.2008 aufzuschieben.

Text

Entscheidungsgründe:

 

Der Antragsteller ist am 01.01.2008 zusammen mit seiner Ehefrau und seinen drei Kindern mit einem Taxi von Polen kommend, wo er und seine Familie am 25.12.2007 einen Asylantrag gestellt haben, nach Österreich eingereist. Der Asylwerber stellte am 01.01.2008 in der Erstaufnahmestelle Ost einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 02.01.2008 wurde er von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Traiskirchen einer Erstbefragung unterzogen.

 

Am 05.01.2008 richtete das Bundesasylamt an Polen ein Ersuchen um Wiederaufnahme des Antragstellers gemäß Artikel 16 Abs 1 lit c der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.02.2003 (Dublin II VO) mit zweiwöchiger Antwortfrist - es lag ein Eurodac Treffer vor - welches am selben Tag elektronisch über DubliNET übermittelt wurde.

 

Die Mitteilung über die Führung von Konsultationen wurde dem Asylwerber gemäß § 29 Abs 3 Z 4 AsylG am 08.01.2008, sohin innerhalb der 20-Tagesfrist nach der Antragseinbringung, übermittelt.

 

Mit Mitteilung vom 09.01.2008 erklärte sich Polen gem. Art. 16 1 lit. c) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-VO) für zuständig.

 

Am 15.01.2008 wurde der Asylwerber einer medizinischen Untersuchung unterzogen. Die gutachterliche Stellungnahme von Dr. I.H., Ärztin für Allgemeinmedizin und psychotherapeutische Medizin, hat ergeben, dass bei dem Asylwerber keine belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung vorliege.

 

Am 21.01.2002 wurde der Antragsteller einer niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost in Gegenwart eines Rechtsberaters, unterzogen und sind ihm unter anderem Länderfeststellungen zu Polen vorgehalten worden.

 

Der nunmehrige Berufungswerber brachte im Verfahren folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt vor: Im Lager Dembak in Polen sei es sehr schmutzig und völlig überfüllt gewesen. Der Berufungswerber habe in diesem Lager auch für fünf bis sechs Tage nichts zu essen bekommen und habe die Rettung, die der Berufungswerber für seinen Sohn geholt habe, diesen bloß angeschaut und sei wieder gefahren. In Österreich sei sein Sohn sofort medizinisch behandelt worden. Zudem sei es in Polen nicht sicher, da Russland sehr nahe sei. Die "UBOP" könnte kommen und den Berufungswerber abholen. Dieser hätte Gerüchte von Flüchtlingen gehört, dass etliche Personen abgeholt worden seien. Er selbst habe niemanden von ihnen getroffen, da er nur sehr kurz in Polen gewesen sei. Der Berufungswerber sei außerdem bei der ersten Flucht nach Österreich von den tschechischen Behörden aufgegriffen und nach Polen zurückgeschickt worden. In Polen habe man ihm gesagt, dass, wenn er nochmals Richtung Österreich flüchte, er nach Russland abgeschoben werden würde. An die Polizei habe er sich nicht gewendet, da das Lager im Wald, und die Polizei 20 Kilometer davon entfernt sei. Weiters habe der Berufungswerber nicht in Polen um Asyl angesucht, sondern sei dazu gezwungen worden.

 

Das Bundesasylamt hat mit dem verfahrensgegenständlichen angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und gleichzeitig ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Asylantrages gemäß Artikel 13 iVm 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.02.2003 Polen zuständig sei. Gleichzeitig wurde gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG eine Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgesprochen und gemäß § 10 Abs 4 AsylG festgestellt, dass die Abschiebung zulässig sei. Die Erstbehörde stellte hierbei fest, dass keine Gründe glaubhaft gemacht wurden, die ein zwingendes Selbsteintrittsrecht Österreichs begründen würden. Weiters wurde festgestellt, dass die Überstellung nach Polen keine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeutet.

 

Gegen diesen persönlich ausgefolgten Bescheid wurde durch den Berufungswerber fristgerecht Berufung erhoben.

 

Die Berufung samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt langte am 27.02.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat ein.

 

Mit Bescheid vom 07.03.2008, Zahl 317802-1/2E-XIII/65/2008, wies der Unabhängige Bundesasylsenat die Berufung vom 25.02.2008 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.02.2008, Zl. 08 00.015-EAST-Ost, gemäß §§ 5, 10 AsylG ab. Begründend wurde ausgeführt, dass das Bundesasylamt zu Recht von der Zuständigkeit Polens ausgegangen sei. Zu Artikel 8 MRK wurde ausgeführt, dass wohl eine Beziehung zu der erwachsenen Schwester der Gattin des Berufungswerbers bestehen würde, jedoch kein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis erkennbar sei, welches Österreich zu einem Selbsteintritt verpflichten würde. Nach ausführlicher Darlegung der Rechtsprechung des EMGR und des UBAS wurde festgehalten, dass die Qualifikation von Frau Dr. H. durch die Berufung nicht in Zweifel gezogen hätte werden können und dass deren Schlussfolgerung es liege keine psychische Belastung vor zutreffend sei, wobei auch hervorzuheben sei, dass nur eine die Überstellungsfähigkeit ausschließende psychische Störung überhaupt entscheidungsrelevant sei. Auch von Amts wegen seien keine Hinweise auf den fehlenden Zugang zur Krankenversorgung oder eine mangelnde Versorgung von Asylwerbern in Polen erkennbar, sodass der Bescheid des Bundesasylamtes zu bestätigen gewesen sei.

 

Dieser Bescheid wurde am 7.3.2008 gemäß § 23 Abs 2 ZustellG im Akt hinterlegt und erwuchs damit in Rechtskraft.

 

Am 10.07.2008 stellte der Asylwerber einen weiteren, seinen zweiten und nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Am 11.07.2008 wurde der Beschwerdeführer von der Polizeiinspektion Traiskirchen im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung einvernommen. Er habe gemeinsam mit seiner Familie Österreich im Februar 2008 verlassen, da er seine baldige Abschiebung befürchtete. Bis zum 10.07.2008 sei er ständig im Lager Katoviza in Polen gewesen. Hinsichtlich seines Fluchtgrundes gab er an, dass er diesen schon ausführlich geschildert habe. Zusätzlich wolle er angeben, dass er während seines letzten Aufenthalts in Polen von seinen Verfolgern aufgespürt worden sei. Er sei am 7.7.2008 in der Nähe des Lagers in ein Lebensmittelgeschäft gegangen. In der Nähe sei ein Auto stehen geblieben und es seien vier Menschen ausgestiegen. Er sei von diesen angegriffen und mit einem schweren Gegenstand auf den Kopf geschlagen worden. Er sei bei diesem Vorfall in das Auto gestoßen worden. Seine Gattin hätte sich eingemischt. Sie sei an der Hand verletzt worden und dann ohnmächtig geworden. Er hätte fliehen können, könne jedoch aus diesem Grund nicht mehr in Polen bleiben. Er fühle sich in Polen nicht sicher. Überdies hätte er seit seinem Aufenthalt in Polen im Februar 2008 keine einzige Ladung erhalten.

 

Am 16.07.2008 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs 3 Z 4 AsylG davon in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei seinen Asylantrag wegen des Vorliegens einer entschiedenen Sache zurückzuweisen.

 

Am 28.07.2008 wurde der Antragsteller von Frau Dr. H. untersucht. Diese verneinte das Vorliegen einer belastungsabhängigen krankheitswertigen psychischen Störung.

 

Am 31.07.2008 wurde der Asylwerber im Beisein eines Rechtsberaters unter Beiziehung eines Dolmetschers der tschetschenischen Sprache zur Wahrung seines Parteiengehörs hinsichtlich der Ausweisung nach

Polen, wie folgt einvernommen:

 

F: Haben Sie sich einer Rechtsberatung unterzogen?

 

A: Ja.

 

F: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die Befragung zu absolvieren?

 

A: Ja.

 

Erklärung: Ihre Angaben sind Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren und Sie sind verpflichtet, wahrheitsgemäße und vollständige Angaben zu machen. Diesen Angaben kommt in der Erstaufnahmestelle verstärkte Glaubwürdigkeit zu.

 

Alle persönlichen Daten und Vorbringen in diesem Verfahren unterliegen der österreichischen Gesetzgebung hinsichtlich Amtsverschwiegenheit und Datenschutz.

 

F: Haben Sie Beweismittel oder identitätsbezeugende Dokumente, die Sie vorlegen können und welche Sie bisher noch nicht vorgelegt haben?

 

A: Nein.

 

F: Haben Sie einen Vertreter beziehungsweise einen Zustellbevollmächtigten in Ihrem Asylverfahren?

 

A: Nein.

 

F: Haben Sie in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet)?

 

A: Nein.

 

F: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft? Falls dies der Fall ist, beschreiben Sie diese Gemeinschaft.

 

A: Nein.

 

F: Sie haben bereits im Jänner 2008, unter der Zahl 08 00 015, einen Asylantrag gestellt, der wegen Verfahrenszuständigkeit Polens für Ihr Asylverfahren rechtskräftig zurückgewiesen wurde. Die Ausweisung nach Polen konnte nicht durchgeführt werden, zumal Sie sich dieser durch Untertauchen entzogen haben. Warum stellen Sie neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz?

 

A: Was soll ich sonst machen?

 

Vorhalt: Sie haben am 16.07.2008 eine Verfahrensanordnung des Bundesasylamtes gem. §29/3/4 AsylG 2005 übernommen, in welcher Ihnen mitgeteilt wurde, dass, seitens des Bundesasylamtes die Absicht besteht, Ihren Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Es ist auch weiterhin beabsichtigt, Ihre Ausweisung aus Österreich nach Polen zu verfügen. Sie haben nunmehr Gelegenheit, zur geplanten Vorgehensweise des Bundesasylamtes Stellung zu beziehen. Möchten Sie eine Stellungnahme abgeben?

 

A: Ich war in Frankreich und dann wieder in Polen, aber in Polen habe ich wieder Probleme gehabt.

 

F: Wann und wie haben Sie Österreich verlassen und warum?

 

A: Ich bin mit dem Zug Ende Feber nach Frankreich gefahren. Ich wollte nicht nach Polen.

 

F: Wo waren Sie seitdem aufhältig und wie lange genau?

 

A: Ich war zuerst eineinhalb Monate in Frankreich und dann haben Sie mich von Frankreich nach Polen gebracht.

 

F: Waren Sie auch in einem anderen europäischen Land?

 

A: Nein, nur in Frankreich.

 

F: Wurden Ihnen außer in Polen und in Österreich noch in einem anderen Land die

 

Fingerabdrücke abgenommen?

 

A: Ja, in Frankreich.

 

V: Sie wurden am 29.02.2008 in Frankreich erkennungsdienstlich behandelt, das bestätigt das Ergebnis des Eurodacabgleiches Ihrer Fingerabdrücke. Was sagen Sie dazu?

 

A: Ja, das stimmt, ich wurde von Frankreich dann wieder nach Polen gebracht.

 

F: Kann es sein, dass Sie gar nicht in Polen waren, sondern von Österreich nach Frankreich gereist sind und nunmehr auch von Frankreich nach Österreich gekommen sind?

 

A: Doch ich war in Polen.

 

V: Ihre Angaben waren heute unglaubwürdig und nicht wahrheitsgetreu und auch im ersten Verfahren wurden Ihre Angaben von beiden Instanzen als unglaubwürdig eingestuft. Was sagen Sie dazu?

 

A: Ich sage aber die Wahrheit.

 

F: Haben Sie wegen dieser angeblichen neuen Vorfälle in Polen bei der Polizei oder irgendwo anders eine Anzeige gemacht?

 

A: Meine Frau hat es dem Lagerleiter erzählt, aber bei der Polizei waren wir nicht. Wir müssen zuerst immer zum Lagerleiter.

 

Mit Bescheid vom 05.08.2008, Zahl: 08 05.982-EAST-Ost, wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz vom 10.07.2008 gemäß § 68 Absatz 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück und wies den Asylwerber gemäß § 10 Absatz 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen aus.

 

In der Begründung des Bescheides wurden die oben zusammenfassend wiedergegebene Einvernahme im ersten Verfahren und die schon vollinhaltlich wiedergegebene Einvernahme im gegenständlichen Verfahren dargestellt und anschließend allgemeine Feststellungen zum Asylverfahren in Polen, zur Versorgung von Asylwerbern und zum Refoulement von Tschetschenen getroffen.

 

In der Beweiswürdigung wurde anschließend ausgeführt, dass hinsichtlich des Feststehens der Identität des Antragstellers auf das erste Verfahren verwiesen werde. Die Feststellungen hinsichtlich des ersten Verfahrens würden sich aus der Aktenlage ergeben. Dass die Zustimmungserklärung Polens aus dem ersten Verfahren noch aufrecht sei, würde sich daraus ergeben, dass am 13.03.2008 eine schriftliche Mitteilung an Polen ergangen sei, wonach die Überstellung auf Grund des Untertauchens des Antragstellers ausgesetzt werde. Da sich zwischenzeitig keine Änderung ergeben hätte, welche einen Zuständigkeitswegfall Polens bewirken würden und sich die relevante Lage in Polen nicht verändert habe, sei Polen nach wie vor für die Prüfung des Asylantrages zuständig. Soweit der Antragsteller seinen neuen Antrag durch das Vorbringen in Polen von unbekannten Männern verfolgt zu werden stützen wolle, sei zu bemerken, dass dieses Vorbringen nicht glaubhaft sei, zumal er es in keinster Weise belegen oder sonst glaubhaft habe machen können. Er habe sich insofern widersprochen, als dass er bei der Polizei angegeben habe nur in Polen gewesen zu sein, in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt jedoch ausgeführt habe, dass er zumindest 1,5 Monate in Frankreich gewesen sei. Aufgrund der Widersprüche und unplausiblen Angaben seien die Angaben daher als unglaubwürdig zu qualifizieren gewesen.

 

In der rechtlichen Begründung wurde zu Spruchpunkt I. nach ausführlicher Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Rechtssprechung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Asylwerber keine Änderung der maßgeblichen Sachlage, weder im Hinblick auf den Sachverhalt, noch in der Rechtslage, glaubhaft habe machen können und eine solche Änderung auch nicht von Amts wegen erkennbar sei.

 

Zu Spruchteil II. führte das Bundesasylamt aus, dass die Ausweisung grundsätzlich notwendig sei, um den rechtswidrigen Aufenthalt zu beenden und dass diese, da die gesamte Familie davon betroffen sei und eine Änderung der Bindungen an Österreich nicht vorgebracht worden sei, zulässig sei.

 

Gegen den Bescheid des Bundesasylamts richtet sich die gegenständliche, fristgerecht am 02.09.2008 eingebrachte Beschwerde, in welcher auch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass das Ermittlungsverfahren des Bundesasylamtes mangelhaft gewesen sei, zumal es verabsäumt worden sei, auf sein individuelles Vorbringen einzugehen. Die Einvernahme habe nur 20 Minuten gedauert und er sei auch nicht nach Verwandten in Österreich befragt worden. Die Behörde sei auch in keiner Weise auf den von ihm vorgebrachten Vorfall, bei dem ihm von in Zivil gekleideten Polizisten Waffen auf offener Straße angeboten worden seien, er diese aber abgelehnt habe und weggelaufen sei, eingegangen. Überdies habe er Angst nach Polen zurückzukehren, da einer seiner Verwandten nach Russland ausgeliefert und dort inhaftiert worden sei. Eine Überstellung nach Polen würde auch einen Eingriff in Artikel 8 MRK bewirken, da er ein sehr enges Verhältnis zu seiner Cousine pflege. Diese würde ihn finanziell unterstützen und er sei gemeinsam mit dieser in Tschetschenien aufgewachsen. Schließlich sei von einer generellen Traumatisierung aller Tschetschenen auszugehen, welche auch in seinem Fall vorliege. Er würde regelmäßig Medikamente einnehmen und es sei zu befürchten, dass es im Falle seiner Abschiebung zu einer Retraumatisierung kommen würde. Als Beweis wurde dazu laut Beschwerde ein Gutachten von Dr. K., Verein Hemayat, vorgelegt. Der beigelegte psychotherapeutische Kurzbericht ist jedoch von Dr. U. unterzeichnet.

 

Am 08.09.2008 langten die Beschwerde und die Verwaltungsakten beim Asylgerichtshof ein.

 

Der Asylgerichtshof hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 61 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes, soweit nicht etwas anders in § 61 Abs 3 AsylG vorgesehen ist. Gemäß § 61 Abs 3 Z 1 lit c und Z 2 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG und über die mit dieser Entscheidung verbundene Ausweisung.

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, dann, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 und 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

Ist - wie im vorliegenden Fall - Sache im Sinn des § 66 AVG der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht und hat demnach entweder das Rechtsmittel abzuweisen oder den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlG 2066A/1951; VwGH 17.12.1965, 929/65; VwGH 30.10.1991, 91/09/0069; VwGH 30.5.1995, 93/08/0207; Walter/Thienel Verwaltungsverfahren2, 1433). Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages aufgrund geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgebracht werden (vgl. VwGH 30.06.1992, Zl. 89/07/0200; 20.04.1995, Zl. 93/09/0341). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, Zl. 99/01/0400; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

 

Die Rechtskraft eines ergangenen Bescheides steht der meritorischen Entscheidung über einen neuerlichen Antrag nur dann nicht entgegen und berechtigt daher die Behörde nur dann nicht zur Zurückweisung des Antrages, wenn in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt eine Änderung eingetreten ist. Dabei kann nur eine solche Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 24.03.1993, Zl 92/12/0149; 10.06.1998, Zl 96/20/0266). Die objektive (sachliche) Grenze der Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", das heißt durch die Identität der Verwaltungssache, über die mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten, bestimmt. Die durch den Bescheid entschiedene Sache (i.S.d. § 8 AVG) wird konstituiert durch die Relation bestimmter Fakten (die den Sachverhalt bilden) zu bestimmten Rechtsnormen (die den Tatbestand umschreiben) [vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, (1998), Anm 12 zu § 68 AVG]. Die Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich andererseits das neue Parteibegehren im Wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266; 21.09.2000, Zl. 98/20/0564). Eine Modifizierung des Vorbringens, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern.

 

Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren aufgrund des selben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ergibt, auch im Falle des selben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des rechtskräftig gewordenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen (VwGH vom 16.01.1990, Zl 89/08/0163; VwGH vom 30.09.1994, Zl 94/08/0183; Walter-Thienel a.a.O.). Wie sich aus § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG und der dazu ergangenen Judikatur ergibt, setzt eine nachträgliche Änderung des Sachverhaltes, der unter Umständen das Vorliegen einer entschiedenen Sache hindert, voraus, dass es sich um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel handelt (VwSlg 15.445A/1928, VwGH vom 18.12.1996, Zl 95/20/0672; Walter-Thienel Verwaltungsverfahren², 1492 mit weiteren Hinweisen) und nicht um Tatsachen, die erst nach Abschluss des Verfahrens hervorgekommen sind.

 

Im Sinne der Rechtsprechung des VwGH war zunächst von Amts wegen zu prüfen, ob der Bescheid, welcher die entschiedene Sache begründen soll, ordnungsgemäß zugestellt wurde, da ohne ein solche der Bescheid nicht in Rechtskraft erwachsen kann und diese eine Vorrausetzung der entschiedenen Sache darstellt (VwGH 28.02.2008, 2005/01/0473-6). Da der Asylwerber am 7.3.2008 weder im ZMR noch im GVS mit einer aktuellen Adresse aufschien, auch sonst keine Abgabestelle bekannt war und der Antragsteller über keinen Zustellbevollmächtigten verfügte, bedingte die somit rechtmäßige Hinterlegung im Akt gemäß § 23 Absatz 3 ZustellG die Zustellung. Der Bescheid erwuchs damit in Rechtskraft.

 

Das Bundesasylamt ist zutreffender Weise davon ausgegangen, dass Polen nach wie vor zur Prüfung des gegenständlichen Asylantrags zuständig sei, da sich die Überstellungsfrist auf Grund des Untertauchens des Beschwerdeführers, worüber Polen mit Schreiben vom 13.03.2008 auch in Kenntnis gesetzt wurde, auf 18 Monate verlängerte (Artikel 19 Abs 4 Dublin-II-VO).

 

Im Verfahren ist somit nunmehr zu prüfen, ob sich die persönliche Situation des Beschwerdeführers oder die Verhältnisse im Zielstaat seit rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens derart geändert haben, dass eine neuerliche Prüfung iSd § 5 AsylG durchzuführen gewesen wäre.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. VwGH E vom 24.02.2000, Z 99/20/0173; 21.10.1999, Z 98/20/0467; 24.03.1993, Z 92/12/0149). Die belangte Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers auseinander zu setzen.

 

Das Bundesasylamtamt hat sich mit dem neuen Vorbringen, dass der Antragsteller nach Polen zurückgekehrt sei und dort von ihm unbekannten Männern bedroht und geschlagen worden zu sein, in der Beweiswürdigung auseinandergesetzt und kam zu dem Schluss, dass dieses auf Grund der widersprüchlichen Angaben des Antragstellers unglaubwürdig sei. In der Beschwerde wurde bemängelt, dass das Bundesasylamt auf diesen Vorfall nicht eingegangen sei. Das Bundesasylamt hat sich entgegen der Ansicht der Beschwerde mit dem Vorbringen, wie dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen ist, wenn auch nur kurz, aber konkret auseinandergesetzt. Zu der Beschwerde ist zu bemerken, dass der Sachverhalt in dieser im Widerspruch zu dem in der Ersteinvernahme durch die Polizei Geschilderten ist, zumal der Antragsteller nunmehr erstmals von dem Angebot, Waffen käuflich zu erwerben, berichtete. Es kann somit nicht von einem glaubhaften Kern des Vorbringens gesprochen werden, sodass nicht vom Vorliegen eines neuen Sachverhalts auszugehen ist, der eine inhaltliche Prüfung erfordert hätte.

 

Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass selbst wenn man von der Glaubwürdigkeit des Vorbringens ausgehen würde, für den Antragsteller damit nichts gewonnen wäre, da es sich bei Polen um einen Rechtsstaat mit funktionierender Staatsgewalt handelt. Er hätte sich somit an die Polizei in Polen wenden können und von dieser Schutz erhalten können. Überdies bestünde für den Antragsteller die Möglichkeit sich in ein anderes Lager verlegen zu lassen, womit er sich dem Zugriff dieser Personen ebenfalls entziehen könnte.

 

Auch im Hinblick auf Artikel 3 MRK - der absolute Refoulementschutz muss stets konkret zum Zeitpunkt der Ausweisung geprüft werden - ist nicht erkennbar, dass die Rückführung des Asylwerbers nach Polen zu einem unzulässigen Eingriff führen würde, zumal ein solcher schon im ersten Verfahren verneint wurde. Es ist nichts hervorgekommen, womit diese Beurteilung in Frage gestellt hätte werden können. Der Beschwerdeführer wurde, wie schon im ersten Verfahren, von Frau Dr. H., einer Spezialistin mit längjähriger Erfahrung, untersucht, die keine Hinweise auf das Bestehen einer schweren psychischen Störung feststellen konnte. Der erkennende Gerichtshof gibt dem Gutachten von Frau Dr. H. den Vorzug, da sie auf Grund ihrer Tätigkeit besonders qualifiziert ist und die Gutachterin des vom Beschwerdeführer vorlegten Berichtes von der These einer generellen Traumatisierung aller Tschetschenen ausgeht. Selbst wenn man dem Befundbericht von Dr. U. den Vorzug geben würde, wäre dem Antragssteller damit nicht geholfen, da die Überstellung eines psychisch Kranken nach der schon im Erstverfahren ausführlich dargelegten Rechtsprechung des EGMR nur in ganz besonderen Einzelfällen unzulässig wäre. Wie aus dem Bescheid des Bundesasylamtes erkennbar ist, besteht in Polen jedoch auch eine psychologische Grundversorgung, was in der Beschwerde nicht angezweifelt wurde. Selbst wo Dr. U. ausführt, dass durch die Überstellung des Asylwerbers die Gefahr einer Retraumatisierung bestehe, geht sie von einer bloßen Verschlechterung, nicht jedoch von einer lebensbedrohenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes aus. Es war somit insgesamt kein neuer Sachverhalt erkennbar, der die zurückweisende Entscheidung im Hinblick auf Artikel 3 MRK unzulässig machen würde.

 

Die erkennende Behörde kann auch keine Anhaltspunkte dafür finden, dass durch die Rückschiebung des Beschwerdeführers nach Polen eine Verletzung von Art 8 MRK drohen würde. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und minderjährigen Kindern und Ehegatten, sondern auch verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Eltern und erwachsenen Kindern oder weiter entfernten Verwandten, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Die Kernfamilie des Beschwerdeführers hat, wie dieser in Österreich um Asyl angesucht. Ihre ersten Asylanträge wurden genauso wie der des Antragstellers gemäß § 5, 10 AsylG abgewiesen. Die nunmehrigen Anträge wurde dementsprechend ebenso gemäß § 68 AVG zurückgewiesen und sie gemäß § 10 AsylG nach Polen ausgewiesen. Die Beschwerden dagegen blieben erfolglos. Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben ist daher insoweit nicht erkennbar, da der Beschwerdeführer mit seiner gesamten Familie nach Polen ausgewiesen wurde.

 

Hinsichtlich der in Österreich als anerkanntem Flüchtling lebenden Cousine des Beschwerdeführers ist zu bemerken, dass das Vorliegen eines besonderen Abhängigkeitsverhältnisses zu dieser schon im ersten Verfahren geprüft und verneint wurde. Das ein solches nunmehr bestehen würde, ist nicht erkennbar, zumal der Asylwerber in der Beschwerde ausführt, dass er wohl von der Cousine finanziell unterstützt werde, jedoch nicht bei dieser lebe. Überdies hat der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme im gegenständlichen Asylverfahren die Frage nach in Österreich lebenden Familienangehörigen - die Behauptung in der Beschwerde dahingehend nicht befragt worden zu sein widerspricht dem von dem Beschwerdeführer unterzeichneten Protokoll vom 31.07.2008 - verneint, woraus erkennbar ist, dass keine enge Bindung besteht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Alters oder einer Krankheit besonders auf die Hilfe seiner Familienangehörigen angewiesen wäre, sodass insgesamt in der Ausweisung nach Polen keine Verletzung von Art 8 MRK erkannt werden kann.

 

Da sohin nicht ersichtlich ist, dass ein neuer Sachverhalt bzw. eine neue Rechtslage vorliegt, hat das Bundesasylamt den neuerlichen Asylantrag zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Bei der Setzung einer solchen Aufenthalts beendenden Maßnahme kann ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienleben vorliegen (Art. 8 Abs. 1 EMRK). In seinem Erkenntnis vom 29. September 2007, Zahl B 1150/07-9, führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass das öffentliche Interesse an einer Ausweisung höher wiege, als das Interesse eines Fremden an der Fortsetzung seines Privatlebens, wenn dieses sich bloß auf die lange Aufenthaltsdauer, verursacht durch rechtswidrigen Aufenthalt bzw. aussichtslose Anträge, stütze. Eine Verletzung von Art 8 MRK sei nicht denkbar, wenn die belangte Behörde das Interesse an einer geregelten Einreise und der Befolgung österreichischer Gesetze höher bewerte, als den langjährigen tatsächlichen Aufenthalt im Inland.

 

Das Asylverfahren ist, wie sich aus dem vorangehenden Entscheidungsteil ergibt, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Es liegt kein Aufenthaltstitel, wonach ein rechtmäßiger Aufenthalt nach dem Asylgesetz gegeben ist, vor. Es liegt auch kein sonstiger Aufenthaltstitel vor und ergibt sich somit der rechtswidrige Aufenthalt des Fremden. Zur Beendigung dieses rechtswidrigen Aufenthaltes ist daher grundsätzlich eine Ausweisung geboten. Ein Eingriff in das Privat- oder Familienleben durch die Ausweisung wurde schon in der Begründung zu Spruchteil I. verneint, sodass die Ausweisung des Antragstellers nach Polen zu verfügen war.

 

§ 10 Abs 3 AsylG sieht für den Fall, dass die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Da die Gattin des Beschwerdeführers im neunten Monat schwanger ist, war ihrer durch die Schwangerschaft bedingten gesundheitlichen Situation durch die Gewährung eines Aufschubs gemäß § 10 Abs. 3 AsylG Rechnung zu tragen.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist "Familienangehöriger" iSd AsylG ua. der Elternteil eines minderjährigen Kindes, der Ehegatte oder das zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratete minderjährige Kind eines Asylwerbers. Gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG gilt der Antrag des Familienangehörigen (das Gesetz verweist auf § 2 Z 22 - gemeint ist § 2 Abs. 1 Z 22 - AsylG) eines Asylwerbers auf internationalen Schutz als "Antrag auf Gewährung desselben Schutzes". Die Behörde hat gemäß § 34 Abs. 4 AsylG Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind "unter einem" zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang.

 

Der Beschwerdeführer, seine Gattin und ihre gemeinsamen Kinder sind Familienangehörige (iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG) der jeweils anderen. Vor dem Hintergrund der Familieneinheit war auch für den Beschwerdeführer die Durchführung der Ausweisung bis zum 15.11.2008 aufzuschieben.

 

Aufgrund des schlüssig begründeten Bescheides der Erstbehörde in Zusammenhalt mit dem Berufungsvorbringen kann von der Durchführung einer Berufungsverhandlung gemäß § 67d AVG in Verbindung mit § 41 Abs 7 AsylG 2005 abgesehen werden.

 

Auf den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war angesichts der Verfahrensergebnisse nicht weiter einzugehehen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Ausweisung aufgeschoben, Familienverfahren, Identität der Sache, neu entstandene Tatsache, Prozesshindernis der entschiedenen Sache, Zustellung
Zuletzt aktualisiert am
23.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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