TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/18 D3 258400-2/2008

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Veröffentlicht am 18.09.2008
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Spruch

D3 258400-2/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Clemens Kuzminski als Einzelrichter über die Beschwerde des G.D., geb. 00.00.1977, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.09.2008, FZ. 08 07.522-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG iVm § 10 AsylG als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

Der Antragsteller, ein georgischer Staatsangehöriger und Angehöriger der georgischen Volksgruppe und orthodoxen Bekenntnisses, reiste am 28.01.2005 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am gleichen Tag unter dem Namen G.D., geb 00.00.1997, einen Asylantrag.

 

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Zl 05 01.292-EAST Ost, vom 15.02.2005 gemäß § 5 Abs 1 AsylG zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages gemäß Art 16 Dublin-II-VO die Slowakei zuständig sei und der Antragsteller in die Slowakei ausgewiesen.

 

Der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung gab der Unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 18.10.2005, Zl 258.400/0-VI/42/05, statt, ließ den Asylantrag zu und verwies die Sache zur Durchführung eines materiellen Asylverfahrens an das Bundesasylamt zurück.

 

Mit Aktenvermerk 13.04.2006 leitete das Bundesasylamt gemäß § 27 Abs 2 AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren ein.

 

Am 11.05.2006 wurde der Antragsteller vom Bundesasylamt, Außenstelle Wien, unter Beiziehung eines Dolmetschers der georgischen Sprache, wie folgt einvernommen:

 

Frage: Möchten Sie zu Ihrem bisherigen Vorbringen noch etwas ergänzen?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Haben Sie zwischenzeitlich Kontakt mit Ihrem Heimatland aufgenommen?

 

Antwort: Ja, ich habe meine Mutter angerufen.

 

Frage: Welche Neuigkeiten gibt es aus Ihrem Heimatland?

 

Antwort: Meine Mutter hat mir erzählt, dass ich so wie früher wieder gesucht werde. Ich bin ein wichtiger Zeuge bei einem Prozess. Der Prozess ist schon im Laufen und noch nicht abgeschlossen.

 

Frage: Von wem werden Sie gesucht?

 

Antwort: Von der Militärprokuratur.

 

Frage: Können Sie nunmehr irgendwelche Dokumente oder Beweismittel vorlegen?

 

Antwort: Nein. Aber ich habe meinen Militärausweis, meine Geburtsurkunde und einige Ladungen zu Hause. Mein Reisepass befindet sich beim Militär.

 

Frage: Warum haben Sie sich bisher nicht bemüht, diese Dokumente vorzulegen?

 

Antwort: Ich dachte, meine Mutter wird mir das bis Ende April schicken. Ich habe sie jetzt im April darum gebeten, als ich von meinem Einvernahmetermin erfahren habe.

 

Frage: Waren Sie jemals politisch tätig?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Hatten Sie jemals Probleme mit den Behörden Ihres Heimatlandes?

 

Antwort: Nur mit dem Militär.

 

Frage: Waren Sie jemals in Haft?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Warum haben Sie Ihr Heimatland verlassen und warum stellen Sie in Österreich einen Asylantrag?

 

Antwort: Nach Beendigung meiner Schule im Jahr 1994 habe ich fünf Jahre lang die Universität, die Technische Universität in Tbilisi, besucht. Ich habe das Studium, d.h. die Ausbildung für Steuer und Finanzen im Jahr 1999 abgeschlossen. Im Jahr 2000 bekam ich dann eine Ladung, dass ich meinen Militärdienst für zwei Jahre absolvieren muss. Ich habe den Militärdienst angetreten und war als Grenzbeamter an der armenisch-georgischen Grenze tätig. Ich habe meinen Grenzdienst bis zum Jahr 2002 abgeleistet. Dann habe ich den Vertrag mit dem Militär verlängert und wollte als Berufssoldat weitermachen. Ich habe einen Vertrag für drei Jahre abgeschlossen. Ich wurde befördert und unter mir standen noch zehn Personen. Ich war Oberoffizier. Im Jahr 2004 haben dann meine Probleme begonnen. Ich habe jemanden namens G.G. kennen gelernt. Er war für den Bezirk A. zuständig. Er war vom Dienstgrad Kaptain. Er lud mich in ein Restaurant ein. Dort haben wir getrunken und vertraulich über vieles gesprochen. Er hat mir viele Geheimnisse über das, was auf der Grenze passiert, erzählt. Er sagte, dass es bestimmte Transporte, bestimmte LKW¿s gibt, die ich an der Grenze nicht kontrollieren sollte. Diese Autos sollten ausgerechnet dann kommen, wenn ich im Dienst bin und ich sollte diese nicht in den Journalbericht eintragen. Ich war zunächst nicht damit einverstanden und wollte meine Stelle nicht verlieren. Ich sagte, dass ich auch Vorgesetzte habe und deren Befehle befolgen muss und dass ich sie über die Vorkommnisse an der Grenze informieren muss. Er hat mir aber versichert, dass meine Vorgesetzten auch wissen, worum es geht und dass ich mir darüber keine Gedanken machen muss. Ein Jahr lang habe ich bestimmte Autos, insgesamt fünf, nicht kontrolliert. Ich habe auch Geschenke wie Zigaretten und alkoholische Getränke dafür bekommen. Ich habe die Fahrzeuge zwar nicht kontrolliert, aber trotzdem eingetragen. Es gab dann Anrufe von oben. Als ich diese Anrufe bekam, war mir klar, dass ein Fahrzeug kommt, das ich nicht kontrollieren sollte. Am 00.00.2004 kamen Geheimdienstleute und nahmen mich zusammen mit zwei anderen Sergeanten und einem der illegalen LKW Fahrer fest. Erst später habe ich erfahren, was in den LKW¿s war. Wir wurden nach Tbilisi gebracht, zuerst zur A. Prokuratur, wo wir eine Nacht lang blieben. Dort gab es eine Befragung. Ich habe gesagt, dass ich an allem schuld bin und sie die anderen drei freilassen sollen. Am nächsten Tag brachten Sie uns ins Ministerium nach Tbilisi. Ich weiß nicht, welches Ministerium das war, aber wir wurden dort hin gebracht, in den Bezirk O. in Tiflis. Ich wurde dort auch befragt. Ich wurde dort auch geschlagen, meine Hand wurde gebrochen, ich wurde deshalb sogar hier in Österreich in Baden operiert. Ich wurde ohnmächtig und bin dann in einem Spital aufgewacht. Wie ich später erfahren habe, handelte es sich bei den Waren im LKW um Marken bzw. Etiketten, die dann auf Zigaretten und Getränke geklebt wurden. Wie ich dann später fahren habe, war der LKW Fahrer, der festgenommen wurde, mit dem Staatsanwalt der Stadt B. verwandt. Die gehören alle zur Mafia. Auch der Polizeichef hat mit den Personen, die falsche Marken geschmuggelt haben, zu tun. Wie ich später erfahren habe, war der Polizeichef auch ein Freund des Staatsanwaltes.

 

Frage: Schildern Sie bitte, was geschah, nachdem Sie ins Krankenhaus eingeliefert wurden!

 

Antwort: Es kam eine Person zu mir und sagte, dass ich die ganze Schuld auf mich nehmen soll. Er wollte mir dafür 10.000.- US Dollar geben und sagte, dass ich ein Jahr ins Gefängnis sollte, dann würde die Sache vertuscht werden. Es war mir klar, dass ich mit einem Jahr nicht davonkomme, sondern bestimmt 10 Jahre Haft bekomme. Ich habe ihn dann um drei Tage Bedenkzeit gebeten, ich wollte mit Familienangehörigen darüber sprechen. Er hat mir nur einen Tag gegeben. Er hat mich bedroht, entweder mach ich das oder man würde mich umbringen. Ich bin dann vom Spital weggelaufen und ich war bei meinem Onkel in A. aufhältig und habe mich dort versteckt. Ich war bis zum 20.12.2004 bei meinem Onkel. Dann bin ich in die Slowakei und anschließend nach Österreich gefahren. Diese drei Personen, der Staatsanwalt, der Fahrer und der Polizeichef mussten zu einer Gerichtsverhandlung kommen und ich müsste dort auch anwesend sein. Ich bin aber nicht persönlich gegangen, sondern habe meinen Anwalt geschickt. Mein Journaldienstbuch ist nicht mehr aufgetaucht. Die beiden Sergeanten, die mit mir festgenommen wurden, haben zuerst für mich ausgesagt, dann aber gegen mich gesprochen. Der Polizeichef hat dann später Selbstmord begangen, der Fahrer wurde erschossen. Der Staatsanwalt lebt noch immer, ist bei bester Gesundheit und fährt einen Mercedes.

 

Frage: Haben Sie nun all Ihre Fluchtgründe angegeben?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Was hätten Sie bei einer Rückkehr in Ihr Heimatland zu befürchten?

 

Antwort: Falls ich nicht umgebracht werde, steckt man mich ins Gefängnis. Ich werde wahrscheinlich festgenommen und werde die Schuld auf mich nehmen.

 

Frage: Wo genau haben Sie Dienst gemacht, als Sie die LKW¿s nicht kontrolliert?

 

Antwort: An der armenisch-georgischen Grenze in Ac..

 

Frage: Wie lange waren Sie dort stationiert?

 

Antwort: Fast vier Jahre lang, beinahe meine ganze Zeit beim Militär.

 

Frage: Welchen Dienstgrad hatten Sie zuletzt?

 

Antwort: Unteroffizier.

 

Frage: Wie wird man Unteroffizier?

 

Antwort: Ich habe in der Universität auch eine parallele Militäreinschulung gehabt und war dann Unteroffizier.

 

Frage: Welche Voraussetzungen müssen vorliegen bzw. welche Ausbildung muss man machen, um Unteroffizier zu werden?

 

Antwort: Ich habe zwei Jahre beim Militär absolviert. Diese Jahre musste ich machen und ich habe an der Universität studiert. So wurde ich Unteroffizier.

 

Frage: Für welches Ministerium haben Sie gearbeitet?

 

Antwort: Für das Verteidigungsministerium.

 

Frage: Wie heißt der georgische Verteidigungsminister?

 

Antwort: Früher waren Targamadze, dann Georgadze. Es kommen und gehen immer so viele, ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wer kommt und geht.

 

Frage: Schreiben Sie die Dienstgrade des georgischen Militärs, beginnend mit dem geringsten, auf!

 

Anmerkung: Diese Aufzeichnungen werden zum Akt genommen.

 

Frage: Wann haben Sie G.G. kennen gelernt?

 

Antwort: Das war im März 2004.

 

Frage: Wer ist diese Person genau?

 

Antwort: Er war auch Berufssoldat, er hat sich als Capitan vorgestellt. Wofür er zuständig war und was er in seinem Bezirk zuständig war, weiß ich nicht. Es saßen damals mehrere Personen am Tisch, ich war nicht allein.

 

Frage: Warum sind Sie auf seinen Vorschlag, LKW¿s nicht zu kontrollieren, eingegangen?

 

Antwort: Er hat mir mitgeteilt, dass es sich dabei um Militärgeheimnisse handelt, um die ich mich nicht kümmern muss.

 

Frage: Sie waren vier Jahre an dieser Grenze. Haben Sie vorher jemals von derartigen Vorfällen Kenntnis erlangt?

 

Antwort: Es gab solche Vorfälle, aber das waren Kleinigkeiten, man brachte Holz oder Lebensmittel.

 

Frage: Haben Sie diese Ladungen kontrolliert oder nicht?

 

Antwort: Ich habe nichts gemacht, mein Vorgesetzter hat das gemacht. Er hat das ohne Zeugen gemacht. Er hat mich weggeschickt, zu anderen Kontrollpunkten.

 

Frage: Woher wissen Sie dann davon?

 

Antwort: Das waren keine Geheimnisse, jeder hat das gewusst.

 

Frage: Wie lange wurden Sie vom Geheimdienst festgehalten?

 

Antwort: Ich war einen Tag in A., dann zwei Tage im Ministerium. Dort wurde ich geschlagen und anschließend kam ich ins Spital.

 

Frage: Wie lange waren Sie im Spital?

 

Antwort: Ca. zehn Tage. Am zehnten Tag bin ich geflüchtet.

 

Frage: In welchem Spital waren Sie?

 

Antwort: Ein einfaches Spital, es gehörte nicht zum Gefängnis. Es war ein unbewachtes Militärspital in Tbilisi.

 

Frage: Welche Verletzungen hatten Sie erlitten?

 

Antwort: Meine rechte Hand war gebrochen, ich hatte eine Gehirnerschütterung und meine Leber war angeschwollen. Sie haben mir auch auf die Rippen geschlagen. Sie haben auch meine Wirbelsäule verletzt, sie ist seither schief.

 

Frage: Woher haben Sie erfahren, dass der LKW Fahrer mit dem Staatsanwalt von B. verwandt ist?

 

Antwort: B. ist eine kleine Stadt, dort wusste das jeder. Der Polizeichef kommt auch aus B..

 

Frage: Wann haben Sie davon erfahren?

 

Antwort: Im Spital. Meine Verwandten und Eltern haben es mir gesagt. Sie waren fast jeden Tag bei mir.

 

Vorhalt: Ihre Eltern waren dort? Bei der Aufnahme Ihrer persönlichen Daten haben Sie angegeben, dass Ihr Vater nicht mehr lebt!

 

Antwort: Ich meinte damit meine Mutter.

 

Frage: Wer hat Ihnen 10.000.- US Dollar geboten?

 

Antwort: Das war ein Unbekannter. Ich weiß bis heute nicht, wer das war.

 

Frage: Warum sind Sie nicht weiter bei Ihrem Onkel geblieben?

 

Antwort: Früher oder später hätten sie mich geschnappt. Ich konnte ja nicht ewig zu Hause sitzen, sie hätten mich frührer oder später gefunden.

 

Frage: Wann hat die Gerichtsverhandlung stattgefunden, zu der Sie ihren Anwalt geschickt haben?

 

Antwort: Das war Ende September, Anfang Oktober 2004. Das genaue Datum kann ich nicht nennen. Ich war zu diesem Zeitpunkt bei meinem Onkel.

 

Frage: Wie haben Sie dann von der Verhandlung erfahren?

 

Antwort: Ich habe eine Ladung nach Hause bekommen. Meine Mutter hat sie mir dann gebracht. Befragt gebe ich an, dass mich meine Cousine T. D. vertreten hat.

 

Frage: Wo hat diese Gerichtsverhandlung stattgefunden?

 

Antwort: In A.. Das Gericht ist irgendwo im Zentrum. Genaueres kann ich dazu nicht angeben.

 

Frage: Woher wissen Sie, dass der Polizeichef Selbstmord begangen hat und der Fahrer des LKW erschossen wurde?

 

Antwort: Von meiner Familie.

 

Frage: Was hat dieser Prozess ergeben?

 

Antwort: Ich werde gesucht. Ich glaube, es gibt noch keine endgültige Entscheidung. Ich weiß nicht, was noch passieren wird.

 

Frage: Haben Sie versucht, sich an übergeordnete Behörden zu wenden?

 

Antwort: Soviel ich weiß, war meine Mutter bei anderen Instanzen in Tbilisi, beim Obersten Gericht, aber das hat nichts gebracht. Sie haben versprochen, die Sache nochmals aufzurollen, ich glaube aber nicht, dass etwas passiert.

 

Frage: Warum stellen Sie sich dem Gericht nicht?

 

Antwort: Ich bin ein junger Mann, warum soll ich für zehn Jahre ins Gefängnis gehen?

 

Frage: Was können Sie über Ihren Onkel, bei dem Sie sich versteckt haben, angeben?

 

Antwort: Er ist ein Bruder meiner Mutter und heißt T. S.. Er war früher auch als Berufssoldat beim Militär. Er hat seine Karriere als Capitan beendet.

 

Vorhalt: Bei der Einvernahme in der EAST Ost haben Sie angegeben, dass Sie nie einen Reisepass beantragt oder besessen hätten. Sie hätten lediglich einen Identitätskarte, welche beim Militär geblieben wäre. Heute geben Sie an, dass Sie einen Reisepass und einen Militärausweis hatten. Wie erklären Sie das?

 

Antwort: Ich habe keinen Pass, ich habe damit den Personalausweis gemeint. Ich hatte nur einen Personalausweis und einen Militärausweis. Beide sind beim Militär geblieben.

 

Vorhalt: Bei der Einvernahme in der EAST Ost haben Sie weiters angegeben, dass Sie am 03.08.2004 vom Militär desertiert wären. Ihren heutigen Angaben zufolge wären Sie aber bis zum 00.00.2004 beim Militär gewesen!

 

Antwort: Was ich heute gesagt habe, ist richtig.

 

Vorhalt: Die Einvernahme in der EAST Ost wurde Ihnen auch rückübersetzt und Sie hätten die Möglichkeit gehabt, Korrekturen zu machen!

 

Antwort: Vielleicht habe ich dort falsche Zahlen angegeben.

 

Vorhalt: In der EAST Ost haben Sie auch angegeben, dass Sie im Jahr 2002 zum Militär einberufen wurden. Ihren heutigen Angaben zufolge haben Sie im Jahr 2000 mit dem Militärdienst begonnen! Wie erklären Sie das?

 

Antwort: Was ich heute sage hat gestimmt. Ich habe in Traiskirchen gelogen, ich kann nicht erklären, warum.

 

Vorhalt: Aus der im Akt befindlichen ärztlichen Stellungnahme geht hervor, dass Sie bei der Untersuchung angeben, im August 2004 für zwei Tage lang festgehalten und geschlagen worden zu sein. Das lässt sich mit Ihren heutigen Angaben zeitlich nicht in Einklang bringen!

 

Antwort: Was ich mit dem Arzt gesprochen habe, das waren alles Lügen. Ich bin normal, ich habe kein psychisches Problem.

 

Frage: Heißt das, Sie haben nur vorgegeben, ein psychisches Problem zu haben, damit Ihr Verfahren in Österreich geführt wird?

 

Antwort: Ja, das stimmt. Ich wollte nicht in die Slowakei.

 

Vorhalt: Sie haben auch angegeben, dass man zu Hause bereits wüsste, dass Sie in der Slowakei waren. Wie sollte das möglich sein?

 

Antwort: Ich habe zu Hause angerufen und das erfahren. Wie das geht, weiß ich selber nicht. Vielleicht hat meine Mutter das dummerweise weiterverbreitet. So ist das in Georgien.

 

Frage: Haben Sie Familienangehörige in Österreich?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Was müsste passieren, damit Sie wieder in Ihr Heimatland zurückkehren können?

 

Antwort: Es müsste eine andere Regierung geben.

 

Frage: Was hat das mit Ihrem Vorbringen zu tun?

 

Antwort: Ich hoffe, dass meine Sache dann wieder überprüft wird und man zu einem anderen Ergebnis kommt.

 

Frage: Warum wurden Sie in Österreich bereits strafffällig?

 

Antwort: Was habe ich gemacht? Gestohlen? Es tut mir leid, ich mach das nicht mehr.

 

Frage: Möchten Sie noch weitere Angaben zur Begründung Ihres Asylantrages machen?

 

Antwort: Ich habe Leberzirrhose und möchte hier behandelt werden.

 

Frage: Sind oder waren Sie wegen Ihrer Leber in Österreich in Behandlung?

 

Antwort: Ja.

 

Frage: Können Sie Unterlagen darüber vorlegen?

 

Anmerkung: Der AW legt einen Befund des Diagnosezentrums Meidling vor und gibt an, dreimal täglich Legalon 70, Tabletten von Madaus, nehmen zu müssen. Diese müsse er für die Leber nehmen. Er hätte noch ca. 100 Stück davon zu Hause.

 

Frage: Können Sie diesbezüglich ein Rezept vorlegen?

 

Antwort: Nein, das ist in der Apotheke.

 

Frage: Seit wann wissen Sie von Ihren Leberproblemen?

 

Antwort: Seit ich in Österreich im Gefängnis war. Ich habe noch für zwei Wochen Tabletten und muss dann wieder zum Arzt.

 

Anmerkung: Der AW gibt an, dass er versuchen wird, bis Ende Mai 2006 die o.a. Beweismittel beizubringen und wird ihm diese Frist gewährt.

 

Frage: Wie haben Sie die Dolmetscherin verstanden?

 

Antwort: Ja.

 

Nach Rückübersetzung gibt der AW an, dass der Verteidigungsminister während seiner Militärdienstzeit TEWSADZE hieß. Außerdem gibt der AW noch an, an Hepatitis B und C zu leiden. Mit Leberzirrhose habe ich Hepatitis C gemeint. Ich habe das in Österreich erfahren. Ich nehme jetzt die erwähnten Tabletten dagegen.

 

Frage: Waren Sie zu Hause deshalb in Behandlung?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Haben Sie nun alles angegeben?

 

Antwort: Ja.

 

Am 11.08.2006 ersuchten die Niederlande Österreich den Antragsteller auf Grund des Vorliegens eines Eurodac-Treffers und seiner Asylantragstellung in Österreich wieder aufzunehmen. Am 14.08.2008 stimmte Österreich dem Ersuchen zu.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.10.2006, Zl 05 01.292-BAW, wurde der Asylantrag des nunmehrigen Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen, die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG festgestellt und der Antragsteller gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen.

 

In der Begründung des Bescheides wurden die Einvernahmen im Dublin-Verfahren, sowie die oben bereits vollinhaltlich wiedergegebene Einvernahme dargestellt und anschließend Feststellungen zur Georgien getroffen, in welchen auch die bezughabenden Quellen angeführt wurden.

 

Beweiswürdigend wurde zunächst festgehalten, dass der Antragsteller keinerlei Lichtbildausweise oder sonstige Originaldokumente zur Bescheinigung seiner Identität und Nationalität in Vorlage gebracht habe. Die Angaben des Antragstellers wären jedoch nicht glaubwürdig, da er sich im Zuge der Einvernahmen widersprochen habe. So habe er bei seiner Einvernahme bei der Außenstelle Wien angegeben, dass sein Vorbringen im Dublin-Verfahren und die darauf beruhende ärztliche Stellungsnahme von Dr. V., die eine Traumatisierung bescheinigt hätte, nicht der Wahrheit entsprechen würde. Des Weiteren habe er sich hinsichtlich der zeitlichen Einordnung seines Vorbringens widersprochen. Habe er zunächst angegeben, seinen Militärdienst 2002 angetreten zu haben und am 3.4.2004 desertiert zu sein, habe er in seiner zweiten Einvernahme behauptet, dass er 2000 einberufen worden sei und am 00.00.2004 desertiert sei. Erklärend hätte er ausgeführt, bei seiner ersten Einvernahme gelogen zu haben, warum könne er jedoch nicht sagen. Auch habe er erst nach dem Vorhalt seiner früheren Aussage nie einen Reisepass besessen zu haben, ausgeführt, dass er bei seiner zweiten Einvernahme einen Personalausweis gemeint habe. Einer Person wie dem Antragsteller mit guter Schulausbildung und mehreren Jahren Militärdienst sei es jedoch durchaus zumutbar, genauere Angaben zu seinem Dienst und zur Person des Verteidigungsministers zu machen. Ebensowenig nachvollziehbar sei es, dass er in ein unbewachtes Militärkrankenhaus gebracht worden sei, wo eine unbekannte Person ihn gegen Bezahlung von 10.000 US-Dollar dazu bringen hätte wollen, die Schuld auf sich zu nehmen. Schließlich sei es nicht nachvollziehbar, warum der Antragsteller das Risiko auf sich nehme LKW's unkontrolliert über die Grenze zu lassen, wo letztendlich seine gesamte Berufslaufbahn davon abhänge. Zumindest sei jedoch von ihm zu erwarten gewesen, dass er genauere Erkundigungen über die involvierten Personen einholen würde. Schließlich hätte der Antragsteller auch genauere Angaben zu der Gerichtsverhandlung, bei der er sogar anwaltlich vertreten gewesen sei, machen können müssen. Zu seinen behaupteten Erkrankungen sei noch zu bemerken, dass er bis dato keine Befunde dafür in Vorlage gebracht habe.

 

Zu Spruchteil I. wurde rechtlich begründend festgehalten, dass der Antragsteller Verfolgung oder drohende Verfolgung aus den Gründen, wie es in der GFK taxativ aufgezählt sei, ebenso wenig glaubhaft gemacht habe, wie wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der Grundaussage dieser internationalen Norm.

 

Zu Spruchteil II wurde nach Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Judikatur ausgeführt, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 50 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz bereits unter Spruchteil I. bereits geprüft und verneint worden sei und dass der Antragsteller während des gesamten asylrechtlichen Verfahrens keinerlei glaubhafte Indizien oder Anhaltspunkte aufzeigen habe können, welche die Annahme rechtfertigen würden, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit konkret Gefahr liefe, für den Fall einer Rückkehr nach Georgien einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden. Zur individuellen Situation wurde nach Darlegung der Rechtsprechung des EGMR ausgeführt, dass der Antragsteller keine Befunde hätte vorlegen können und grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten für die von ihm angeführten Krankheiten in Georgien bestehen würden.

 

Zu Spruchteil III. wurde ebenfalls nach Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Judikatur ausgeführt, dass kein Aufenthaltstitel oder Familienbezug (Kernfamilie) zu einem dauernden aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vorliege und die Ausweisung daher keinen Eingriff in Art. 8 EMRK darstelle und sei daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

 

Der Bescheid wurde am 30.10.2006 gemäß § 23 Abs 2 ZustellG im Akt hinterlegt.

 

Im Zuge seiner Rückübernahme aus Deutschland auf Grund der Dublin-II-VO stellte der Asylwerber am 20.08.2008 einen weiteren, seinen zweiten Asylantrag.

 

Im Zuge der Erstbefragung am 21.08.2008 durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Antragssteller an, dass er auf Befehl seines Chefs bestimmte Autos ohne Kontrolle über die georgisch-armenische Grenze gelassen habe. Darüber habe er jedoch bei der Polizei ausgesagt, weswegen er vom Kopf der Bande gesucht werde. Vor zwei Wochen sei die Armee bei seiner Mutter erschienen und habe nach ihm gefragt. Überdies bestünden nun neue Probleme auf Grund des Krieges mit Russland.

 

In der am 28.08.2008 beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, durchgeführten Einvernahme gab der Antragsteller unter Beiziehung eines Dolmetschers der russischen Sprache, wie folgt, an:

 

F: Möchten Sie zu den von Ihnen im Zuge der Erstbefragung gemachten Angaben, insbesondere zu Ihrer Person oder vorgelegten Dokumenten etwas berichtigen?

 

A: Nein.

 

F: Wollen Sie Ihre Angaben über den Reiseweg welche Sie im ersten Verfahren gemacht haben aufrecht halten oder möchten Sie diese korrigieren?

 

A: Nein. Der Reiseweg stimmt.

 

F: Haben Sie in der Zwischenzeit Dokumente organisiert, aus welchen Ihre Identität hervorgeht?

 

A: Nein.

 

F: Entsprechen die von Ihnen getätigten Angaben der Wahrheit oder möchten Sie zu Ihren persönlichen Angaben etwas korrigieren?

 

A: Nein. Ich habe die Wahrheit gesagt. Ich habe nichts zu korrigieren.

 

F: Können Sie sich noch daran erinnern, welches Vorbringen Sie im ersten Verfahren im Jahr 2005 dargestellt haben?

 

A: Ja.

 

F: Haben Sie seit Ihrer ersten Antragstellung das Bundesgebiet verlassen?

 

A: Ja. Ich bin zwischenzeitlich in Deutschland und in den Niederlanden, sowie in der Slowakei gewesen.

 

F: Warum sind Sie nach Deutschland gereist?

 

A: Ich hatte eigentlich im Jahr 2002 in Deutschland schon um Asyl angesucht. Deutschland war das erste Land, wo ich um Asyl angesucht hatte.

 

F: Warum sind Sie in die Niederlande gereist?

 

A: In Holland befindet sich meine Freundin. Sie arbeitet dort. Ich wollte bei Ihr bleiben.

 

F: Wann und warum sind Sie in die Slowakei gereist?

 

A: Ich wollte aus der Ukraine meinen Reisepass holen. Als ich dann von der Ukraine zurück nach Deutschland reisen wollte, wurde ich in der Slowakei aufgegriffen.

 

F: Wenn Sie in der Slowakei und auch in Deutschland Asylanträge gestellt haben, warum haben Sie dann im Jahr 2005 in Österreich auch einen Asylantrag gestellt?

 

A: Ich wurde über die Slowakei und Österreich nach Deutschland reisen. Ich wurde hier jedoch aufgegriffen.

 

F: Warum haben Sie damals nicht gesagt, dass Sie in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben?

 

A: Das war mein Fehler. Ich weiß nicht warum.

 

F: Wie viele Asylanträge haben Sie bis dato gestellt?

 

A: Zweimal in Deutschland, einmal in der Slowakei, einmal in Holland, zweimal in Österreich.

 

F: Wurden Sie in Deutschland, der Slowakei oder in Holland straffällig?

 

A: Ja, in Deutschland. In der Slowakei und in Holland wurde ich nicht Straffällig.

 

F: Welche Delikte haben Sie in Deutschland begangen?

 

A: Ich habe dort Ladendiebstähle begangen. Ich habe mehrmals Lebensmittel, Alkohol und Schuhe gestohlen.

 

Es werden Ihnen nun allgemeine Fragen gestellt. Bitte beantworten Sie diese mit Ja oder Nein. Sie erhalten später noch die Möglichkeit, dazu nähre Angaben zu machen!

 

F: Sind Sie vorbestraft?

 

A: Ich wurde in Deutschland und in Österreich verurteilt.

 

F: Wurden Sie jemals von den Behörden Ihres Heimatlandes erkennungsdienstlich behandelt?

 

A: Nein.

 

F: Ist gegen Sie ein Gerichtsverfahren anhängig?

 

A: Ja. Ich werde in Wien von einem Gericht gesucht.

 

F: Waren Sie jemals im Gefängnis?

 

A: Ich wurde in Georgien einmal für drei Tage angehalten.

 

F: Gehörten Sie jemals einer politischen Partei an?

 

A: Nein.

 

F: Gehörten Sie jemals einer bewaffneten Gruppierung an?

 

A: Nein.

 

F: Waren Sie Mitglied bzw. Angehöriger einer kriminellen Organisation?

 

A: Nein. F: Womit haben Sie bisher Ihren Lebensunterhalt verdient?

 

A: In Deutschland habe ich Sozialhilfe erhalten. Ich habe auch Fahrkarten für die öffentlichen Verkehrsmittel erhalten. Immer wieder überweist mir meine Mutter Geld aus der Heimat. Auch meine freunde unterstützten mich. Manchmal habe ich auch "schwarz" gearbeitet.

 

F: Nennen Sie uns bitte alle Gründe, warum Sie Ihr Herkunftsland verlassen haben!

 

A: Als ich beim Wehrdienst war, wurde ich an der Georgisch-Armenischen Grenze eingesetzt. Ich war Zeuge, wie man illegal Drogen und Steuerplaketten für Zigaretten ins Land geschmuggelt hat. Alle drei Personen, die die Sachen geschmuggelt haben, kannte ich persönlich. Nach einiger Zeit wurden beide festgenommen. Ich habe als Zeuge gegen die beiden ausgesagt und wurde nach drei Tagen freigelassen. Man hat mich nach einiger Zeit jedoch unter Druck gesetzt und man verlangte von mir, dass ich meine Angaben ändern soll. Einer davon hat bei der Polizei gearbeitet. Der andere war dessen Chauffeur. Beide leben nicht mehr. Ich konnte flüchten, nachdem man mich zu erpressen begann.

 

F: Möchten Sie dem noch etwas hinzufügen?

 

A: Nein.

 

F: Wann waren diese Vorkommnisse?

 

A: Das war alles im Jänner 2002.

 

F: Warum haben Sie im Jahr 2005 erzählt, dass Ihre Probleme erst im Jahr 2004 begannen?

 

A: Ich habe ja damals nicht angegeben, dass ich nicht in Deutschland war. Deshalb habe ich erzählt, dass das Ganze im Jahr 2004 war.

 

F: Wenn Sie Deutschland verheimlichten und zu dem Ihre Fluchtgeschichte an den zeitlichen Ablauf anpassen, wie soll man Ihren Ausführungen glauben schenken?

 

A: Ich weiß nicht, wie das Ganze passieren konnte. Im Moment kann ich auch nicht nachhause. Die Lage in Georgien ist gefährlich. Meine Mutter hat mir erzählt, dass auch erst Leute von einem Kommissariat nach mir gesucht haben.

 

F: Was wollten diese Leute von Ihnen?

 

A: Ich weiß es nicht. Ich vermute, dass man mich vielleicht einberufen wollte.

 

F: Der Konflikt sowie die Kampfhandlungen sind vorbei! Russische Truppen befinden sich lediglich noch in Ossetien und in Abchasien!

 

A: Wenn das so ist, werde ich nachhause zurückkehren. Ich hatte auch schon einmal vor, dass ich meine Freundin in der Ukraine heirate und dort bleibe. Leider war mein Pass aber nicht mehr dort.

 

F: Wann wollten Sie heiraten?

 

A: Das war im März 2004. Ich bin dann in die Ukraine gereist. Bis zum 30.12.2004 war ich dann in der Ukraine auf. Dann reiste ich in die Slowakei.

 

F: Welches Vorbringen haben Sie im Jahr 2002 in Deutschland vorgebracht?

 

A: Ich habe im Prinzip das Gleiche erzählt wie hier.

 

F: Welche Entscheidung haben Sie in Deutschland erhalten?

 

A: Ich habe einen negativen Bescheid erhalten. Dagegen habe ich auch berufen. Im Juni 2003 habe ich dann auch den zweiten negativen Bescheid erhalten.

 

F: Haben Sie in der Zwischenzeit Beweismittel für Ihr Vorbringen organisiert?

 

A: Zuhause habe ich glaublich meinen Einberufungsbefehl. Die Leute welche zuletzt bei mir waren, haben nicht hinterlassen.

 

F: Wann hatten Sie das letzte Telefonat mit Ihrer Mutter?

 

A: Das war vor einer Woche. Meine Mutter wohnt in einer kleinen Stadt. Früher waren in dieser Stadt die Flüchtlinge aus Abchasien. Im Moment leben die Leute aus der Stadt Gori in der Stadt. Die Lebensmittel sind sehr teuer. Die Hotels sind alle voll mit Flüchtlingen. Im Sommer ist alles einfacher.

 

F: Haben sich Ihre Fluchtgründe seit dem Verfahren im Jahr 2005 geändert?

 

A: Bei meinen Gründen hat sich nichts geändert. Das einzige was sich geändert hat, ist die Situation, der Krieg in Georgien.

 

F: Der Konflikt in Abchasien und in Ossetien war damals auch schon relevant. Der von Ihnen ins Treffen geführte Krieg bzw. die Kampfhandlungen wurden eingestellt. Was meinen Sie konkret?

 

A: Wenn die Russen aus Georgien Ihre Truppen abziehen würde ich gerne nachhause zurückzukehren. Ich bin müde und möchte nachhause. Ich möchte in ca. drei Monaten in meine Heimat zurückkehren.

 

F: Hätten Sie Interesse an einer freiwilligen Rückkehr?

 

A: Ich möchte mich selber etwas später melden. Im Moment würde ich mich gerne med. behandeln lassen. Ich habe Hep. C und Hep. A. Auch befinde ich mich im Moment in einem Methadonprogramm. Ich möchte nicht, dass meine Mutter erfährt, dass ich zu einem Drogensüchtigen geworden bin.

 

F: Seit wann sind Sie Drogen abhängig?

 

A: Ich habe hier in Österreich begonnen "Substitol" zu nehmen. Das war beim ersten Mal als ich da war.

 

F: Warum?

 

A: Ich habe mich damals in schlechter Gesellschaft befunden. Ich war unter anderen Georgiern, die Drogen genommen haben.

 

F: Bei Ihrer Mutter leben auch Flüchtlinge aus Gori?

 

A: Ja. Es handelt sich um die Cousine meines Vaters. Sie lebte mit deren Familie in Gori. Meine Mutter ist Ärztin von Beruf. Es kommen viele Leute zu Ihr. Sie hilft den Leuten.

 

F: Sie haben am einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der rechtskräftig abgewiesen wurde. Warum stellen Sie einen neuerlichen Antrag?

 

A: Naja. Von Österreich aus glaubt man vielleicht, dass sich die Situation beruhigt hat. Dem ist jedoch nicht so. Ich hoffe, dass ich einmal Glück habe und vielleicht diesmal positiv werde.

 

Belehrung:

 

Dies ist Ihr zweites Asylverfahren. Ihr erstes Asylverfahren wurde rechtskräftig negativ abgeschlossen. Der AW wurde dahingehend manuduziert, dass entsprechend der österreichischen Gesetzeslage, niemals in einer Angelegenheit zweimal entschieden wird.

 

F: Wollen Sie sich dazu äußern?

 

A: Ich würde mich gerne bis Ende des Jahres medizinisch behandeln lassen. Dann würde ich gerne freiwillig nachhause gehen. Dann werde ich meine Mutter nehmen und mein Glück in einem anderen Land versuchen.

 

F: Was befürchten Sie im Fall der Rückkehr in Ihr Heimatland?

 

A: Im Moment wird sich vermutlich keiner über mein altes Problem kümmern. Wenn sich die Lage aber tatsächlich beruhigt hat, wird man das Verfahren wieder aufnehmen.

 

F: Haben Sie im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

 

A: Nein. Hier habe ich nur Bekannte.

 

F: Hat sich seit Ihrem Aufenthalt in Österreich am entscheidungsrelevanten Sachverhalt etwas geändert?

 

A: Ich habe keine neuen Fluchtgründe. Ich möchte nur angeben, dass meine Fluchtgründe immer noch gelten. Die Situation in Georgien ist im Moment jedoch sehr angespannt.

 

F: Welche Schritte haben Sie zu Ihrer Integration im Bundesgebiet gesetzt?

 

A: Als ich im Jahr 2005 nach Österreich kam, habe ich einen Deutschkurs besucht. Ich fahre nicht mehr schwarz. Ich gehe nicht mehr stehlen. Ich kenne auch mittlerweile die Kultur des Landes.

 

F: Was können Sie mir über die Kultur des Landes erzählen?

 

A: Ich weiß, dass Österreich und Ungarn einmal ein Land waren. Später wurde man getrennt. 1954 oder 1956 wurde Österreich unabhängig.

 

F: Sind Sie in Österreich in Vereinen oder Organisationen tätigt?

 

A: Nein.

 

F: Gingen Sie einer geregelten Beschäftigung hier nach?

 

A: Nein.

 

F: Welchen Beitrag haben Sie zum bestehenden sozialen Gefüge im Bundesgebiet geleistet?

 

A: Ich schätze es sehr, dass Österreich sehr sauber ist. Wenn ich eine Bierdose sehe, nehme ich diese und schmeiße sie in den Müll. Ich könnte z.B. auch Arbeiten verrichten.

 

F: Liegt eine anderweitige Integrationsverfestigung ihrer Person vor bzw. inwieweit würde ihr Privat- und Familienleben durch eine aufenthaltsbeendende Maßnahme beeinträchtigt werden?

 

A: Nein.

 

F: Wollen Sie noch etwas ergänzen?

 

A: Nein.

 

F: Haben Sie Fragen?

 

A: Nein.

 

Sie werden aufgefordert Bemühungen dahingehend anzustellen, für das weitere Verfahren jedenfalls identitätsbezeugende Dokumente, aber auch Bescheinigungsmittel bzw. Beweise für das Fluchtvorbringen beizuschaffen.

 

Mir wird nun zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt ist, meinen Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

F: Möchten Sie dazu Stellung nehmen?

 

A: (Ast. schüttelt den Kopf) Nein.

 

Am gleichen Tag wurde dem Antragsteller gemäß § 29 Abs 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass die Zurückweisung seines Antrages wegen des Vorliegens einer entschiedenen Sache geplant sei.

 

Am 01.09.2008 wurde der Antragssteller neuerlich vom Bundesasylamt,

Erstaufnahmestelle Ost, einvernommen. Er gab dabei wie folgt an:

 

F: Haben Sie Beweismittel oder identitätsbezeugende Dokumente, die Sie vorlegen können und welche Sie bisher noch nicht vorgelegt haben?

 

A: Nein. Ich habe keine Beweismittel.

 

F: Haben Sie einen Vertreter beziehungsweise einen Zustellbevollmächtigten in Ihrem Asylverfahren?

 

A: Nein.

 

F: Haben Sie in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet)?

 

A: Nein.

 

F: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft? Falls dies der Fall ist, beschreiben Sie diese Gemeinschaft.

 

A: Nein.

 

Vorhalt: Sie haben am 28.08.2008 eine Verfahrensanordnung des Bundesasylamtes gem. § 29/3/4 AsylG 2005 übernommen, in welcher Sie über die beabsichtigte Vorgangsweise des Bundesasylamtes in Kenntnis gesetzt wurden. Es wurde Ihnen mitgeteilt, dass seitens des Bundesasylamtes die Absicht besteht, Ihren Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Sie haben nun die Gelegenheit, dazu noch einmal Stellung zu beziehen.

 

A: Ja. Ich möchte etwas Neues erzählen. Ich möchte einen neuen Fall erzählen.

 

F: Erzählen Sie!

 

A: Am Samstag, ich muss mich korrigieren, gleich nach dem Interview, habe ich zuhause angerufen. Zu hause bei meiner Mutter. Ich sagte zu ihr, dass man mich vielleicht zurückschicken könnte, da man mir nicht geglaubt hat. Am Samstag, rief Sie mich an und sagte, dass die Leute aus K. von irgendwo erfuhren, dass ich zurückkehren soll und mich verhören und töten wollen. Diese Geschichte begann in der Schweiz im Jahr 2007. Ich glaube das war Ende Oktober 2007.

 

F: Wann und wie lange waren Sie in der Schweiz?

 

A: Ich war von September bis Ende Dezember 2007. Dann war ich schon in Deutschland.

 

F: Haben Sie in der Schweiz einen Asylantrag gestellt?

 

A: Ja.

 

F: Unter welchen Nationale haben Sie in der Schweiz einen Antrag gestellt?

 

A: Mit meinem Namen, welchen ich auch hier angegeben habe.

 

F: Was war nun in der Schweiz?

 

A: Ich war im Lager in der Stadt Basel. Dort waren auch Georgier. Die tranken Wodka und Wein. Zwei Georgier rauften miteinander. Einer schlief in der Nacht in meinem Zimmer. Um 3:30 Uhr in der Früh kam ein anderer und durchschnitt dem Schlafenden die Kehle. Dort wurde ich von der Polizei verhört und seine Verwandten verfolgen mich jetzt. Die kommen aus K.. Dort leben alle Diebe und Mafiosi.

 

F: Wie erklären Sie, dass man in Georgien offensichtlich über die Vorgehensweise der österr. Behörden bescheid weiß!

 

A: Meine Mutter wusste es jedoch. Die wissen alles. Die wissen sogar, dass ich hier beim Interview bin.

 

F: Woher wissen angeblich die Mafiosi, dass man Sie nachhause zurückbringen möchte?

 

A: Ich bin dreißig Jahre alt. Ich habe auch Freunde und Nachbarn. Sie kamen und fragten und erfuhren.

 

F: Warum verfolgt man Sie, wenn Sie an der geschilderten Tat nicht beteiligt waren?

 

A: Ich war dabei.

 

V: Ihren Schilderungen entsprechend waren Sie lediglich Zeuge. Warum sollte man Sie töten wollen?

 

A: Weil ich lebe.

 

F: Warum erzählen Sie dies nun erst jetzt?

 

A: Weil das Problem erst nach dem letzten Interview entstanden ist. Sogar mir hat man hier die gleiche Geschichte erzählt. Die anderen Georgier haben diese Geschichte mir erzählt, dass sie dies gehört hätten. Ich habe schon genug davon die Wahrheit zu erzählen.

 

F: Was steht einer Ausweisung Ihrer Person nach Georgien entgegen?

 

A: Naja, man sucht mich. Ich werde getötet oder ich komme ins Gefängnis.

 

F: Liegt eine anderweitige Integrationsverfestigung ihrer Person vor bzw. inwieweit würde ihr Privat- und Familienleben durch eine aufenthaltsbeendende Maßnahme beeinträchtigt werden?

 

A: Nein.

 

F: Wenn Sie regelmäßig mit Ihrer Mutter in Kontakt stehen, wie kommt es, dass Sie in den sechs Jahren wo Sie nun in Europa aufhältig sind, in keinem Verfahren Beweismittel für Ihr Fluchtvorbringen vorgelegt haben?

 

A: Welche Papiere hätte ich haben sollen?

 

Mit Bescheid vom 03.09.2008, Zahl 08 07.522 EAST-Ost, wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz vom 21.08.2008 gemäß § 68 Absatz 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück und wies den Antragssteller gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG nach Georgien aus.

 

In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang und die schon oben wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt. Beweiswürdigend hielt die erste Instanz fest, dass die Identität des Antragstellers nicht festgestellt werden habe können. Schon im ersten Verfahren habe er behauptet an HIV und Hepatitis erkrankt zu sein, weshalb auf die Erwägungen in diesem Verfahren verwiesen werde. Hinsichtlich seines Fluchtgrundes hätte sich keine Neuerung ergeben, zumal er sich zunächst auf das schon im Erstverfahren als unglaubwürdig beurteilte Vorbringen gestützt habe. Zu dem Vorbringen in Georgien würde Krieg herrschen sei zu bemerken, dass die Kampfhandlungen bereits beendet seien und überdies die Mutter des Antragstellers in Georgien leben würde und Flüchtlinge unterstützen würde. Das Vorbringen hinsichtlich eines in der Schweiz ermordeten Zimmerkollegen sei völlig unglaubwürdig, zumal es aus der Luft gegriffen sei und ohne jeden Bezug erstattet worden sei. Es widerspreche der Lebenserfahrung, dass ein durchschnittlich sorgfältiger Asylwerber eine tatsächlich bestehende Verfolgung verschweigen würde.

 

In der rechtlichen Begründung wurde nach ausführlicher Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Rechtssprechung zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen ausgeführt, dass der Asylwerber keine Änderung der maßgeblichen Sachlage, weder im Hinblick auf den Sachverhalt, noch in der Rechtslage, glaubhaft habe machen können. Bei dem Vorbringen handle es sich bloß um eine Bekräftigung bzw Wiederholung des bisher Vorgebrachten. Zu Spruchpunkt II. wurde nach Darstellung der bezughabenden Rechtslage und Rechtsprechung bemerkt, dass der Antragsteller keine Familie in Österreich habe, jedoch ein Eingriff in das Privatleben bestehen würde, da er beabsichtigte, sein weiteres Leben in Österreich zu verbringen. Aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer, der Tatsache, dass sich der Asylwerber seines unsicheren Aufenthalts hätte bewusst sein müssen, seiner mehrfachen Verurteilungen und des Bestehens eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes sei der Eingriff jedoch gerechtfertigt, sodass die Ausweisung zu verfügen gewesen sei.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller fristgerecht Beschwerde, nunmehr vertreten durch Goga GIORGADZE, Asyl in Not. Begründend führte er aus, dass seine Fluchtgründe im Vergleich zu seinem ersten Verfahren gänzlich andere seien. Er habe sich vom 15.9.2007 bis zum 25.12.2007 in der Schweiz aufgehalten, wo er Zeuge eines Mordes an einem Landsmann geworden sei und in der Folge auch durch die Polizei befragt worden sei. Die Verwandten des Ermordeten hätten nunmehr davon erfahren und würden ihn jetzt verfolgen. Seine Mutter hätte ihm dies auch in einem Telefonat am 30.8.2008 bestätigt. Diese Gründe seien jedoch im gegenständlichen Verfahren nicht berücksichtigt worden. Weiters führte er aus, dass bei ihm im März 2006 Hepatitis C diagnostiziert worden sei und er sich deswegen in Behandlung befinde. In der Beschwerde wurde auf ein ärztliches Attest in Anlage 1 verwiesen, die jedoch nicht übermittelt wurde. Sodann wurde aus einem Bericht zitiert, welcher die Diskriminierung von Personen mit HIV/AIDS belegen sollte, ohne dafür jedoch die Quelle anzugeben. Schließlich machte er unter Bezug auf die Rechtsprechung des EGMR geltend, dass seine Ausweisung nach Georgien eine Verletzung von Artikel 3 MRK darstelle.

 

Der gegenständliche Akt langte am 11.09.2008 beim Asylgerichtshof ein, was dem Bundesasylamt mittels Telefax vom 15.09.2008 mitgeteilt wurde.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 61 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes, soweit nicht etwas anders in § 61 Abs 3 AsylG vorgesehen ist. Gemäß § 61 Abs 3 Z 1 lit c und Z 2 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG und über die mit dieser Entscheidung verbundene Ausweisung.

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, dann, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 und 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

Ist - wie im vorliegenden Fall - Sache im Sinn des § 66 AVG der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht und hat de

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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