TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/09 D5 308000-1/2008

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Veröffentlicht am 09.10.2008
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Spruch

D5 308000-1/2008/7E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Vorsitzende und den Richter Dr. Peter CHVOSTA als Beisitzer über die Beschwerde des S.K. auch K., geb. 00.00.1969, (alias G.G., geb. 00.00.1969, alias Z.K., geb. 00.00.1970), StA. von Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.11.2006, FZ. 04 07.595-BAW, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 Asylgesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 (AsylG) abgewiesen.

 

II. Die Beschwerde wird gemäß § 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Beschwerdeführer, ein georgischer Staatsangehöriger, reiste seinen Angaben zufolge im Jahr 2001 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und beantragte am 16.4.2004 unter dem Namen G. G., geb. 00.00.1969, StA. v. Georgien, die Gewährung von Asyl. Mit Aktenvermerk vom 28.5.2004 stellte das Bundesasylamt das anhängige Asylverfahren des Beschwerdeführers wegen seiner Abwesenheit gemäß § 30 AsylG 1997 ein. Der Beschwerdeführer stellte sodann am 16.8.2004 unter dem Namen SCH. K., geb. 00.00.1969, StA. v. Georgien, einen weiteren Asylantrag in Österreich. Nachdem sich bei der niederschriftlichen Einvernahme am 24.8.2004 herausgestellt hatte, dass das Verfahren des Beschwerdeführers unter der Aktenzahl 04 07.595-BAW noch nicht abgeschlossen war, war das unter der Aktenzahl 04 16.442 (2. Asylantrag vom 16.8.2004) geführte Verfahren datenbereinigt worden. Erst am 31.10.2006 fand schließlich - den Asylantrag vom 16.4.2004 betreffend - die niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesasylamt statt, worin er als seine richtige Identität den Namen SCH. K., geb. 00.00.1969, StA. v. Georgien, bestätigte. Mit Bescheid vom 21.11.2006, Zahl: 04 07.595-BAW, wies das Bundesasylamt den Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 ab (= Spruchteil I.) und erklärte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Georgien für zulässig (= Spruchteil II.); weiters verfügte das Bundesasylamt darin, dass der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen werde (= Spruchteil III.). Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 4.12.2006 fristgerecht eine (als Berufung eingebrachte) Beschwerde.

 

Im Rahmen seiner "zweiten" Asylantragstellung am 16.8.2004 gab der Beschwerdeführer als Fluchtgrund an, dass er aufgrund des Kriegsbeginnes in Ossetien zwei Wochen zuvor geflohen sei.

 

Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 31.10.2006 beim Bundesasylamt gab der Beschwerdeführer, zu seinen Fluchtgründen befragt, im Wesentlichen Folgendes an:

 

Sein Freund C. sei Mitarbeiter der Mchedrioni in T. gewesen. Dieser befinde sich in Untersuchungshaft. Er sei mit ihm befreundet gewesen, weshalb die Polizei angenommen habe, dass er sein Komplize gewesen sei. 1998 sei er von der Polizei vorgeladen und verhört worden. Sein Freund C. hätte ein Verbrechen begangen, er wisse jedoch nichts Konkretes. Er sei von der Polizei diesbezüglich verhört und dann wieder entlassen worden. Nach drei Tagen sei er wiederum von der Polizei auf der Straße festgenommen und zur Dienststelle gebracht worden. Während des Verhörs sei er geschlagen worden und hätten sie gewollt, dass er gestehe, mit seinem Freund C. gemeinsam, ein Verbrechen begangen zu haben. Aufgrund seiner Verletzungen sei er ins Spital gebracht worden, und als es ihm besser gegangen sei, sei er mit Hilfe seiner Familie aus dem Spital nach Moskau geflüchtet. Er sei kein Mitglied der Mchedrioni gewesen, zwar Sympathisant, aber nie aktiv tätig gewesen. Sein Bruder sei damals Polizeibeamter in Tbilisi gewesen und habe ihm mitgeteilt, dass ein Haftbefehl gegen ihn vorliege. Wenn er nach Hause zurückkehre, werde man ihn festnehmen oder umbringen. Von seiner Hepatitis C Erkrankung wisse er seit August 2004, als ihm im Zuge einer Anhaltung, er sei alkoholisiert mit dem Auto gefahren, Blut abgenommen und untersucht worden sei.

 

Das Bundesasylamt stellte im o.a. Bescheid vom 21.11.2006 zunächst im Wesentlichen fest:

 

Die Identität des Beschwerdeführers stünde nicht fest. Fest steht, dass der Beschwerdeführer an Hepatitis C erkrankt ist. Fest steht weiters, dass gegen den Beschwerdeführer seit 21.3.2002 ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot bestehe. Es könne unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Georgien dort der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wäre. Weiters könne unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Georgien einer Gefahr im Sinne des § 50 FPG ausgesetzt wäre. Auch würden unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen keine Umstände existieren, die einer Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

 

In der Folge traf das Bundesasylamt auf Seite 11 bis 24 des o.a. Bescheides umfangreiche Länderfeststellungen zur Lage in Georgien im Allgemeinen und zur dortigen medizinischen Versorgung (von Hepatitis C und HIV) im Besonderen.

 

Beweiswürdigend führte das Bundesasylamt darin im Wesentlichen aus:

 

Die Feststellung zur Erkrankung des Beschwerdeführers an Hepatitis C ergebe sich aus dem im Akt befindlichen Haftbericht.

 

Im Asylverfahren sei es nicht ausreichend, dass der Beschwerdeführer Behauptungen aufstelle, sondern müsse er diese glaubhaft machen. Dazu müsse das Vorbringen in gewissem Maß substantiiert und nachvollziehbar sein, den Handlungsabläufen und den allgemeinen Lebenserfahrungen entsprechen und auch der Beschwerdeführer persönlich glaubwürdig auftreten. Die Aussagen des Beschwerdeführers würden aber diesen Anforderungen nicht entsprechen, da er zu wichtigen, entscheidungsrelevanten Aspekten seines Vorbringens nicht nachvollziehbare und insbesondere widersprüchliche Angaben gemacht habe. Insbesondere habe der Beschwerdeführer zu seiner Person zunächst handschriftlich auf dem am 14.4.2004 eingelangten Schreiben ("Bitte um Asyl") angegeben, dass er G. G. heiße und am 00.00.1969 geboren sei und georgischer Staatsbürger sei. Am 16.8.2004 habe der Beschwerdeführer einen weiteren Asylantrag eingebracht und habe behauptet, er heiße SCH. K. auch K. und sei am 00.00.1969 geboren. Als Grund für seinen Asylantrag habe er im Formblatt angegeben, dass er aufgrund des Kriegsanfanges in Ossetien sein Heimatland verlassen habe. Wie sich aus der am 7.2.2006 durchgeführten Niederschrift der Fremdenbehörde Wien ergebe, habe der Beschwerdeführer weiters angegeben, er heiße Z. K. und sei am 00.00.1969 alias 00.00.1970 geboren und sei georgischer Staatsangehöriger. Im Zuge der Niederschrift habe er jedoch seine Identität dahingehend geändert, dass er SCH. K. heiße. Ferner sei zum Beschwerdeführer festzuhalten, dass sich aus der im Akt befindlichen Anzeige vom 15.8.2004, wegen Begehung diverser Übertretungen nach der StVO, ergebe, dass er behauptet habe, er heiße G. alias T. S. und sei am 00.00.1979 geboren und sei georgischer Staatsangehöriger. Laut Anzeige habe der Beschwerdeführer diese Person sogar anhand des von ihm vorgehaltenen Lichtbildes bestätigt. Erst nach erfolgter Überstellung in das Kommissariat habe er seinen Namen wiederum auf SCH. K., geb. 00.00.1969, geändert. Allein daraus zeige sich, dass der Beschwerdeführer offenbar ganz bewusst mehrmals gegenüber österreichischen Behörden und Behördenorganen widersprüchliche Angaben zu seiner Person gemacht habe und allein schon deshalb als Person unglaubwürdig sei.

 

Abgesehen davon, würden sich auch aus den Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtgrund, Widersprüche und Ungereimtheiten ergeben. Im Formblatt seines Asylantrages habe der Beschwerdeführer den Beginn des Krieges in Ossetien als Fluchtgrund angegeben, was sich jedoch keinesfalls mit den von ihm im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 31.10.2006 gemachten Angaben in Einklang bringen lasse, wo er im Wesentlichen behauptet habe, dass er 1998 in Georgien von der Polizei festgenommen worden sei, er jedoch nicht wiedergeben könne, was ihm vorgeworden werde, außer, ein Komplize seines angeblich in Untersuchungshaft befindlichen Freundes C. zu sein. Gerade dabei handle es sich aber um seine Fluchtgründe und sei daher jedenfalls erwartbar, nähere Angaben über den Zeitpunkt der Festnahme sowie vor allem den Grund der Festnahme angeben zu können, da der Beschwerdeführer insbesondere sogar behauptet habe, sein eigener Bruder sei Polizist und sein Vater sogar Rechtsanwalt in Georgien gewesen, weshalb er wohl über genauere Informationen, als nur, dass man C. "eines Verbrechens verdächtigte", verfügen hätte müssen.

 

Kaum nachvollziehbar sei weiters die vom Beschwerdeführer geschilderte Flucht aus dem Spital durch "Ablenkung der beiden Bewacher mit Wein und Essen" und anschließender Flucht nach Moskau, angeblich ungeachtet der Tatsache, dass er von der Polizei gesucht werde.

 

Absolut nicht nachvollziehbar sei ferner, dass der Beschwerdeführer - als Person, nach der per Haftbefehl gesucht werde, - eine Verständigung seiner konsularischen Vertretung gewünscht hätte, was in seiner Niederschrift vom 15.8.2004 nachzulesen sei.

 

Abschließend sei jedenfalls noch zu erwähnen, dass es auch nicht logisch erscheine, warum der Beschwerdeführer einerseits behauptet habe, bereits im Jahr 2001 eingereist zu sein, er jedoch bei tatsächlichem Bestehen derart gravierender Probleme, die ihn immerhin dazu veranlasst hätten, sein Heimatland fluchtartig zu verlassen, erst im Jahr 2004 - aus der Schubhaft - einen Asylantrag gestellt habe, und sei in diesem Zusammenhang weiters darauf hinzuweisen, dass bereits seit dem Jahr 2002 ein Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer bestehe.

 

In einer Gesamtschau gelange das Bundesasylamt daher im Rahmen der Beweiswürdigung zu einem den Denkgesetzen und den Erfahrungen des Lebens entsprechenden Ergebnis, indem es aufgrund der getroffenen Feststellungen, insbesondere auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers, zu dem Schluss komme, dass der maßgebende, von diesem behauptete und den Fluchtgrund betreffende Sachverhalt, nicht den Tatsachen entspreche. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen sei daher klar widersprüchlich und absolut unglaubwürdig.

 

Bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes führte das Bundesasylamt im o.a. Bescheid zu § 7 AsylG idF BGBl. I Nr. 126/2002 (= Spruchteil I.) insbesondere aus:

 

Im gegenständlichen Fall erachte das Bundesasylamt im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Beschwerdeführers grundsätzlich als nicht glaubwürdig, sodass die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden könnten, und sei auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen gewesen.

 

In Bezug auf die Entscheidung über den subsidiären Schutz gemäß § 8 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 (= Spruchteil II.) führte das Bundesasylamt im Wesentlichen aus:

 

Wie schon in der Begründung zur Entscheidung über den Asylantrag angeführt worden sei, könne im gegenständlichen Fall von einer Glaubhaftmachung der Fluchtgründe nicht gesprochen werden, weshalb auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr im Sinne des § 50 FPG 2005 ausgegangen werden könne. Zur Infektion mit Hepatitis C werde im Hinblick auf die Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte insbesondere zu Art. 3 EMRK folgendes angegeben: Was die grundsätzlichen Behandlungsmöglichkeiten betreffe, so ergebe sich aus den Feststellungen zum Gesundheitssystem in Georgien, dass grundsätzlich eine medizinische Versorgung gesichert sei, die Kosten seien in vielen Fällen (so auch im Falle von Hepatitis C) von den Patienten selbst zu tragen. Allerdings sei dem entgegenzuhalten, dass im Fall von Lebensbedrohung eine kostenlose medizinische Behandlung notwendig sei, aber vor allem auch, dass für besonders bedürftige Patienten in einigen Krankenhäusern, die mit internationaler Hilfe unterstützt werden würden, kostenlose Behandlungsmöglichkeiten bestehen würden. Zwar verkenne das Bundesasylamt nicht, dass der Zugang zu einer allenfalls erforderlichen medizinischen Betreuung für den Beschwerdeführer in dessen Heimatland unter Umständen erschwert sein könne, jedoch sei diese - auch unter Berücksichtigung der Situation des Beschwerdeführers - nicht grundsätzlich unmöglich. Dasselbe gelte, wie in der Länderfeststellung angeführt werde, auch für Drogenersatzprogramme. Dabei sei auch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer selbst angegeben habe, dass er aus Georgien finanzielle Unterstützung erhalten habe und ihm auch im Hinblick darauf, dass sein Vater Rechtsanwalt und einer seiner Brüder Zahnarzt sei, eine Behandlung jedenfalls möglich sein müsse. Es könne daher im vorliegenden Fall nicht vom Vorliegen außergewöhnlicher, einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers, entgegenstehender Umstände ausgegangen werden.

 

In Bezug auf die verfügte Ausweisung gemäß § 8 Abs. 2 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 (= Spruchteil III.) führte das Bundesasylamt zusammengefasst aus:

 

Der Beschwerdeführer habe keine familiären Beziehungen in Österreich. Es liege somit kein Familienbezug (Kernfamilie) zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vor. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers sei nur ein vorübergehender. Die Ausweisung stelle keinen Eingriff in Art. 8 EMRK dar. Es seien auch keine weiteren Umstände ersichtlich, die für eine gegenteilige Entscheidung zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechen würden. Insbesondere unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen sowie des rechtswidrigen Aufenthaltes könne nur mit der Maßnahme der Ausweisung vorgegangen werden. Die Ausweisung stelle daher das gelindeste Mittel dar, um den illegalen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu beenden.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 4.12.2006 fristgerecht eine Beschwerde, in welcher er Folgendes geltend machte:

 

In seinem Heimatland Georgien werde immer noch nach ihm gesucht. Es werde ihm unterstellt ein Verbrechen begangen zu haben, dies allein auf Grund der Tatsache, dass er den angeblichen Täter gekannt habe. Sein Freund C. sei bereits in den Fängen der Behörden verschwunden, er wisse nicht, ob er noch lebe. Er wisse, dass auch er festgenommen werden könne und man dann in der Außenwelt nie wieder etwas von ihm hören würde. Es werde ihm ein Verbrechen angelastet, das er nicht begangen habe. Es gebe einen Haftbefehl gegen ihn, das habe er von seinem Vater erfahren. Er werde versuchen, diesen irgendwie herbei zu schaffen. Wie er bereits dem Bundesasylamt erklärt habe, sei ihm anfangs von diversen Personen geraten worden, einen falschen Namen anzugeben und auch bezüglich seiner Fluchtgründe nicht die Wahrheit zu sagen. Aus Angst habe er den Ratschlag befolgt. Auch habe er aus diesem Grund nicht gleich nach seiner Einreise einen Asylantrag gestellt, aus Angst, dass die Informationen über seinen Aufenthalt in Österreich irgendwie zu den Behörden seines Heimatlandes durchdringen könnten. Da er von der Polizei in Georgien gesucht werde, habe er anfangs seine wahre Geschichte verschwiegen. Denn er könne sich nicht an die Behörden seines Landes mit der Bitte um Hilfe wenden, da er gerade von diesen gesucht werde. Daher sei er sehr wohl Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Auch übersehe das Bundesasylamt weiters, dass der aus dem Refoulementverbot abzuleitende Schutz unabhängig vom Bestehen der Flüchtlingseigenschaft bestehe. Auch die Tatsache, dass er schwer krank sei, spiele hier eine große Rolle und müsse beachtet werden. Er leide immer noch unter den Folgen der Verletzung, die ihm damals von der georgischen Polizei zugefügt worden sei. Er fühle sich gesundheitlich nicht sehr gut; eine Abschiebung in sein Heimatland würde sich weiters negativ auf seine Gesundheit auswirken.

 

Er stelle daher die Anträge, der Asylgerichtshof möge

 

eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens aufgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens anordnen,

 

eine mündliche Verhandlung durchführen,

 

ihm nach dem AsylG 1997 Asyl gewähren,

 

gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 feststellen, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung gemäß § 57 FrG nicht zulässig sei, in eventu

 

ihm gemäß § 15 AsylG 1997 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilen,

 

Spruchteil III. ersatzlos beheben.

 

Mit Urteil des BG Meidling vom 00.00.2006, war der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen §§ 15, 127 StGB zu einer Geldstrafe von 70 Tagsätzen zu je EUR 2 verurteilt worden.

 

Mit Urteil des LG für Strafsachen Wien vom 00.00.2007, war der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 130 (1. Satz 1. Fall) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt worden, davon 6 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren.

 

(Anm.: Diese Verurteilungen des Beschwerdeführers sind laut Strafregisterauszug vom 30.9.2008 nach wie vor aktuell.)

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Der zuständige Senat des Asylgerichtshofes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

 

1.1. Das Bundesasylamt hat mit dem Beschwerdeführer eine ausführliche Befragung durchgeführt. Der aufgrund dieser ausführlichen Befragung festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und ausführliche Länderfeststellungen zur Lage in Georgien im Allgemeinen und zur dortigen medizinischen Versorgung (von Hepatitis C) im Besonderen finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid. Da die vom Bundesasylamt herangezogenen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, von einander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen des Bundesasylamtes zu zweifeln. Auch unter Berücksichtigung des im Sommer 2008 neu aufgeflammten Konfliktes im Kaukasus ist festzustellen, dass dieser aufgrund seiner räumlichen Begrenzung nicht sachverhaltsrelevant ist, denn der Konflikt betrifft die Krisengebiete Südossetien, Abchasien sowie allfällige angrenzende andere Staatsgebiete, jedenfalls nicht die Gebiete Kutaisi und T., die im Zentralraum Georgiens liegen, woher der Beschwerdeführer stammt. Festzustellen ist, dass die nach ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren getroffenen Sachverhaltsfeststellungen des Bundesasylamtes zur Gänze der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde weder die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes im o.a. Bescheid substantiiert bekämpft, noch seine erstinstanzlich vorgebrachten Fluchtgründe in glaubwürdiger Weise ergänzt bzw. konkretisiert.

 

Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur am 30.6.2008 außer Kraft getretenen (vgl. BGBl. I Nr. 87/2008) Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt nicht als geklärt anzusehen, "wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will" (VwGH 2.3.2006, Zl. 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.1.2003, Zl. 2002/20/0533; 12.6.2003, Zl. 2002/20/0336).

 

Ausgehend von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, war der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen, da sich insbesondere in der Beschwerde, in welcher die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes nicht substantiiert bekämpft wurde, kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben hat, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Asylgerichtshof im Fall des Beschwerdeführers gemäß § 41 Abs. 7 leg. cit. unterbleiben konnte.

 

1.2. Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag damit begründet:

 

Er werde in Georgien von der Polizei (per Haftbefehl) gesucht. Sein Freund C. sei Mitarbeiter der Mchedrioni in T. gewesen und in Untersuchungshaft genommen worden. Der Beschwerdeführer sei 1998 von der Polizei vorgeladen und verhört worden, weil sein Freund C. ein Verbrechen begangen habe und die Polizei ihn als Komplizen verdächtigt hätte. Dann sei er wieder entlassen worden. Drei Tage nach seinem Verhör sei er von der Polizei erneut auf der Straße festgenommen worden und auf der Dienststelle verhört worden. Sie hätten ihn geschlagen und gewollt, dass er gestehe, gemeinsam mit seinem Freund C. das Verbrechen begangen zu haben. Aufgrund der zugefügten Verletzungen sei er ins Spital gebracht worden. Als es ihm besser gegangen sei, sei ihm mit Hilfe seiner Familie die Flucht aus Georgien gelungen.

 

Das Bundesasylamt hat im o.a. Bescheid vom 21.11.2006 bereits zu Recht festgestellt, dass der Beschwerdeführer einerseits durch seine bewusst widersprüchlichen Angaben zu seiner Identität bereits als Person unglaubwürdig erscheint und dass andererseits die von ihm präsentierte Fluchtgeschichte bzw. Bedrohungssituation aufgrund der sehr vage gehaltenen bzw. oberflächlichen Angaben und aufgrund der zahlreichen Widersprüche bzw. Unstimmigkeiten innerhalb seines Vorbringens unglaubwürdig ist (siehe S 24ff des o.a. Bescheides). Lediglich zur Untermauerung der Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers werden - wie bereits vom Bundesasylamt in schlüssiger Weise ausgeführt - folgende wesentliche Aspekte hervorgehoben:

 

Zunächst fällt sofort auf, dass der Beschwerdeführer bei seiner "zweiten Asylantragstellung" behauptet hat, dass er aufgrund des Kriegsbeginnes in Ossetien geflohen sei (AS 103 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes), was sich jedoch keinesfalls mit den von ihm im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 31.10.2006 gemachten Angaben, dass er von der Polizei in Georgien gesucht werde, da diese vermute, er sei ein Komplize seines Freundes C. gewesen, in Einklang bringen lässt(!) (AS 347 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).

 

Vor dem Hintergrund, dass in Georgien sein Bruder bei der Polizei tätig gewesen sei und sein Vater den Beruf eines Rechtsanwaltes ausgeübt habe, ist es nicht nachvollziehbar, dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen ist, genauere Informationen und Details darüber zu liefern, was genau ihm von der Polizei überhaupt vorgeworfen wird. Wenn seine Fluchtgeschichte der Wahrheit entsprechen würde, wäre der Beschwerdeführer auch in der Lage gewesen, das konkrete Verbrechen, dessen er "unschuldig" verdächtigt werden soll, nennen zu können.

 

Ferner erscheint es absolut unplausibel, dass der Beschwerdeführer, der laut seinen Angaben von der Polizei in Georgien gesucht werden soll, unproblematisch aus Georgien - mit einem Visum nach Moskau - ausreisen konnte.

 

Auch spricht die Tatsache, dass der Beschwerdeführer selbst im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme angegeben hat, bereits im Jahr 2001 eingereist zu sein, jedoch erst im Jahr 2004 - aus der Schubhaft - einen Asylantrag gestellt zu haben, für den zuständigen Senat des Asylgerichtshofes eindeutig gegen das Vorliegen einer tatsächlich bestehenden Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat Georgien.

 

Daher ist insgesamt der ausführlichen und schlüssigen Beweiswürdigung des Bundesasylamtes und dessen Schlussfolgerung zu folgen, wonach bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände des vorliegenden Falles den Angaben des Beschwerdeführers zu seiner behaupteten Verfolgung keine Glaubwürdigkeit zuerkannt werden kann, sondern vielmehr die von dem Beschwerdeführer geschilderte Fluchtgeschichte eine "asylzweckbezogene", frei erfundene Rahmengeschichte ohne Wahrheitsgehalt darstellt.

 

Mit seinem Beschwerdevorbringen, worin der Beschwerdeführer letztlich lediglich seine erstinstanzlichen Angaben erneut vorgebracht hat, hat dieser den einschlägigen Argumenten des Bundesasylamtes nichts in schlüssiger Weise entgegensetzen können.

 

1.3. Wie sich aus dem im erstinstanzlichen Verwaltungsakt befindlichen Haftbericht ergibt, leidet der Beschwerdeführer an einer Hepatitis C Erkrankung (und konsumiert Substitol).

 

Bereits das Bundesasylamt hat richtigerweise unter zugrunde Legung der Länderfeststellungen zur medizinischen Versorgung in Georgien ausgeführt, dass diese in Georgien grundsätzlich gewährleistet ist, die Kosten zwar in vielen Fällen (so auch im Fall von Hepatitis C) von den Patienten zu tragen sind. Allerdings ist den Länderfeststellungen zu entnehmen, dass im Fall von Lebensbedrohungen eine kostenlose medizinische Behandlung möglich ist, aber vor allem auch, dass für besonders bedürftige Patienten in einigen Krankenhäusern, die mit internationaler humanitärer Hilfe unterstützt werden, kostenlose Behandlungsmöglichkeiten bestehen. Es ist daher davon auszugehen, dass zwar der Zugang zu allenfalls erforderlicher medizinischer Betreuung für den Beschwerdeführer im Herkunftsstaat unter Umständen erschwert sein könnte, dass es aber für diesen unter Berücksichtigung seiner familiären Situation grundsätzlich möglich ist, die benötigten Kontrolluntersuchungen und Medikamente auch in Georgien zu erhalten. Dieselben Ausführungen gelten auch - wie in den Länderfeststellungen des Bundesasylamtes angeführt - für Drogenersatzprogramme.

 

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer selbst angibt, von seiner Familie aus Georgien finanzielle Unterstützung zu erhalten, sodass davon ausgegangen werden kann, dass die Familie auch im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat im Hinblick auf anfallende Kosten für Medikamente und sonstige medizinische Behandlungen unterstützen kann. Des Weiteren ist dem Beschwerdeführer zumutbar, in Georgien einen Arbeitsplatz anzunehmen, um für seinen Lebensunterhalt (und seine Medikamente) zu sorgen.

 

Auch in seinem Beschwerdevorbringen, worin der Beschwerdeführer lediglich wiederholt hat, dass er krank sei und sich gesundheitlich nicht sehr gut fühle, hat er den einschlägigen Ausführungen des Bundesasylamtes nichts entgegensetzen können.

 

1.4. Folgendes ist als maßgebender Sachverhalt festzustellen:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Georgien, seine tatsächliche Identität konnte er aber mangels Vorlage eines entsprechenden unbedenklichen Personaldokumentes nicht nachweisen.

 

Der Beschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen, dass er in Georgien von der Polizei gesucht bzw. verfolgt werde, da diese annehme, dass er gemeinsam mit seinem Freund C. ein Verbrechen begangen habe, eine Fluchtgeschichte bzw. Bedrohungssituation konstruiert, die nicht den Tatsachen entspricht.

 

Der Beschwerdeführer ist an Hepatitis C erkrankt.

 

2. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich für den zuständigen Senat des Asylgerichtshofes rechtlich Folgendes:

 

2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (Art. 1 BGBl. I Nr. 4/2008; im Folgenden: AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1.7.2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nichts anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 sind am 1.7.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, vom Asylgerichtshof (konkret: von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat) weiterzuführen.

 

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein Beschwerdeverfahren nach leg. cit. gegen einen abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes. Daher ist das Verfahren des Beschwerdeführers von dem zuständigen Senat des Asylgerichtshofes (D/5) weiterzuführen.

 

2.2. Gemäß § 75 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 100/2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetztes 1997 zu Ende zu führen; § 44 AsylG 1997 gilt.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002, geführt.

 

Gemäß § 44 Abs. 3 AsylG 1997 sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf die Verfahren gemäß Abs. 1 anzuwenden.

 

2.3. Zu Spruchteil I. des Erkenntnisses:

 

Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht und keiner in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zugrunde liegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 25.1.2001, Zl. 2001/ 20/0011; VwGH 21.9.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/ 0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.4.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 9.3.1999, Zl. 98/01/0318). Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Fluchtalternative bzw. Schutzalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.3.1999, Zl. 98/01/0352; VwGH 21.3.2002, Zl. 99/20/0401; VwGH 22.5.2003, Zl. 2001/20/ 0268, mit Verweisen auf Vorjudikatur).

 

Das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen entspricht nicht den Tatsachen, wie schon das Bundesasylamt zu Recht festgestellt hat (siehe oben 1.2.). Auch unter Berücksichtigung des im Sommer 2008 neu aufgeflammten Konfliktes im Kaukasus ist aufgrund der räumlichen Begrenzung im Fall des Beschwerdeführers eine asylrelevante Gefährdung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK auszuschließen, zumal dieser nicht aus den betroffenen Krisengebieten Südossetien und Abchasien, sondern aus den Gebieten Kutaisi bzw. T., die im Zentralraum Georgiens liegen, stammt. Der Beschwerdeführer konnte somit nicht darlegen, dass er in seinem Herkunftsstaat konkrete Verfolgungsmaßnahmen von gewisser Intensität zu befürchten hätte und sind die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt.

 

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Georgien keine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.

 

2.4. Zu Spruchteil II. des Erkenntnisses:

 

2.4.1. Zum subsidiären Schutz:

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 hat die Behörde - im Falle einer Abweisung eines Asylantrages - von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG).

 

Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I Nr. 100/2005 ist das FrG 1997 mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I Nr. 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das jeweilige andere Bundesgesetz nunmehr auf die entsprechenden Bestimmungen des FPG verweist. Demnach wäre die Verweisung des § 8 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des FPG zu beziehen, nämlich auf § 50 FPG. Ob dies wirklich der Absicht des Gesetzgebers entspricht, braucht nicht weiter untersucht zu werden, da sich die Regelungsinhalte beider Vorschriften (§ 57 FrG 1997 und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wären, und sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG 1997 bezieht, insoweit auch auf § 50 FPG übertragen ließe.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 FrG idF BGBl. I Nr. 126/2002 ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (in der Folge: EMRK), Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Gemäß § 57 Abs. 2 und 4 FrG idF BGBl. I Nr. 126/ 2002 ist die Zurückweisung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 GFK).

 

In § 50 FPG wird das Verbot der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung Fremder in einen Staat (Refoulementverbot) wie folgt geregelt:

 

"(1) Die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

(2) Die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

(3) Fremde, die sich auf eine der in Abs. 1 oder 2 genannten Gefahren berufen, dürfen erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten, entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden.

 

(4) Die Abschiebung Fremder in einen Staat, in dem sie zwar im Sinn des Abs. 2 jedoch nicht im Sinn des Abs. 1 bedroht sind, ist nur zulässig, wenn sie aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen oder wenn sie von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten (Art. 33 Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge). (...)"

 

Der Beschwerdeführer leidet an einer Hepatitis C Erkrankung (und konsumiert Substitol).

 

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat einer Reihe von Erkenntnissen den gemäß Art. 3 EMRK bei medizinischen Rückkehrhindernissen relevanten Maßstab dargelegt. Nach der Rechtsprechung des EGMR ist die Schwelle, die überschritten sein muss, damit im Falle von Erkrankungen von einer Verletzung des Art. 3 EMRK ausgegangen werden kann, in der Tat hoch: Das einzige Urteil, in dem eine Abschiebung (nach St. Kitts) aus medizinischen Gründen für unzulässig erklärt wurde, ist D. v United Kingdom Urteil vom 2.5.1997, Reports 1997-III, § 49. In diesem Fall litt der Antragsteller an AIDS im Endstadium und war eine adäquate Behandlung nicht garantiert. Bei körperlichen Erkrankungen sind im allgemeinen (sofern grundsätzliche Behandlungsmöglichkeiten bestehen; bejaht zB für AIDS in Tansania sowie Togo AMEGNIGAN v Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, NDANGOYA v Schweden, 22.6.2004, Rs 17868/03 und für Down-Syndrom in Bosnien-Herzegowina - HUKIC v Schweden, 27.9.2005, Rs 17416/05) nur Krankheiten im lebensbedrohlichen Zustand relevant (vgl auch OVDIENKO v Finnland, 31.5.2005, Rs 1383/04). Nach EGMR (vgl auch VwGH 28.6.2005, Zl. 2005/01/0080) hat sich die Prüfung auf die allgemeine Situation im Zielland als auch auf die persönlichen Umstände des Betroffenen zu erstrecken. Für die Prüfung der allgemeinen Situation wurden Berichte anerkannter Organisationen (z.B. der WHO), aus denen jedenfalls eine medizinische erreichbare Grundversorgung, wenn auch nicht kostenfrei, hervorgeht, als ausreichend angesehen. Für die Prüfung der persönlichen Situation wurde insbesondere auf Verwandte und Bezugspersonen im Zielland abgestellt, wenn auch nicht als zwingende Voraussetzung für die Zulässigkeit der Abschiebung. Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter sind als im Aufenthaltsland und allenfalls "erhebliche Kosten" verursachen, ist nach der Judikatur des EGMR nicht ausschlaggebend.

 

Wie oben unter 1.3. ausgeführt, weist die gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers nicht jene besondere Schwere auf, die nach der obigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vorliegen muss, um die Außerlandesschaffung eines Fremden als im Widerspruch zu Art. 3 EMRK stehend zu werten.

 

Dem Beschwerdeführer ist es daher nicht gelungen, darzulegen, dass er im Falle seiner Abschiebung nach Georgien in eine "unmenschliche Lage" versetzt würde. Daher verstößt eine allfällige Abschiebung des Beschwerdeführers nicht gegen Art. 2, Art. 3 EMRK oder das VI. Zusatzprotokoll zur EMRK.

 

Der Beschwerdeführer ist in Georgien offensichtlich keiner aktuellen Gefährdungs- bzw. Bedrohungssituation iSd § 50 Abs. 1 und Abs. 2 FPG (vormals iSd § 57 Abs. 1 und Abs. 2 FrG 1997) ausgesetzt. Folglich ist gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Georgien zulässig.

 

2.4.2. Zur Ausweisung:

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 ist die Abweisung eines Asylantrages und die Feststellung der Zulässigkeit der Rückschiebung in den Herkunftsstaat gemäß Abs. 1 leg. cit. "mit einer Ausweisung zu verbinden".

 

Der Beschwerdeführer hat keinen sonstigen rechtmäßigen Aufenthalt nach dem AsylG oder nach einem anderen Bundesgesetz und ist daher der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich rechtswidrig.

 

Zur Beendigung eines rechtswidrigen Aufenthaltes ist eine aufenthaltsbeendende Maßnahme - wie beispielsweise eine "Ausweisung" - geboten. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ist grundsätzlich - schon aufgrund des Gebotes zur verfassungskonformen Interpretation - zu prüfen, ob die Ausweisung einen Eingriff in das Privat- oder Familienleben des davon Betroffenen iSd Art. 8 EMRK darstellt.

 

Das Recht auf Familie iSd Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie, sodass die "Familie" nicht durch eine aufenthaltsbeendende Maßnahme getrennt werden darf. Der Familienbegriff des Art. 8 EMRK umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Familienverhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern ist jedoch auch bei fehlendem Zusammenleben gegeben. Der Familienbegriff iSd Art. 8 EMRK umfasst aber auch andere de facto Beziehungen, die nicht auf einer Eheschließung beruhen; maßgebend ist für solche de facto Beziehungen etwa das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise.

 

Im österreichischen Bundesgebiet halten sich keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers auf. Es liegt somit für den Beschwerdeführer kein Familienbezug zu einem dauerhaft aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vor, weshalb ihn seine Ausweisung nicht in seinem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK verletzen würde.

 

Daher hat das Bundesasylamt zu Recht den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 nach Georgien ausgewiesen und beim Ausspruch des Spruchteiles III. des o.a. Bescheides die Judikatur der Höchstgerichte insofern berücksichtigt, als die Ausweisung eines Asylwerbers nur in den gemäß § 8 Abs. 1 AsylG geprüften Herkunftsstaat ausgesprochen werden darf (vgl. VfGH 17.3.2005, G 78/04, G 88/04, G 182/04 u. G 183/04; sowie VwGH 13.12.2005, Zl. 2005/05/0625).

 

2.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, gesundheitliche Beeinträchtigung, Glaubwürdigkeit, Lebensgrundlage, medizinische Versorgung, non refoulement, Sicherheitslage, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
05.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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