TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/17 S10 401893-1/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.10.2008
beobachten
merken
Spruch

S10 401.893-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. ROSENAUER als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn O.E., geb. 00.00.1990, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.09.2008, Zahl: 08 06.857-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 3 AsylG 2005 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Text

BEGRÜNDUNG

 

1. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Der Verfahrensgang vor der erstinstanzlichen Behörde ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt und stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:

 

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF) ist seinen Angaben zufolge Staatsbürger von Nigeria und gehört der Volksgruppe der Delta Ebo an, Geburtsort W., ledig, und hat am 05.08.2008 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht. Im Zuge der niederschriftlichen Befragung vor einem Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes der PI EAST Ost Traiskirchen am selben Tag gab er im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Pidgin English im Wesentlichen Folgendes an:

 

Er habe Anfang Juni 2008 seinen Heimatort W. mit einem LKW verlassen und sei nach Lagos gefahren. Dort habe er sich mit Hilfe eines Bekannten auf einem Schiff versteckt und sei illegal nach Europa gelangt. Den Ankunftshafen habe er nicht gekannt. Versteckt auf einem LKW habe er sodann nach London fahren wollen, sei jedoch nach Wien gebracht worden. In Wien sei er ausgestiegen und mit dem Zug nach Traiskirchen gefahren, wo er um Asyl angesucht habe. Die Reise habe insgesamt ungefähr zwei Monate gedauert. Die genaue Reiseroute könne er nicht angeben.

 

Zu seinen Fluchtgründen gab der BF an, es habe in Nigeria Streitigkeiten mit Nachbarn wegen des Grundbesitzes gegeben. Dabei seien Angehörige beider Familien getötet worden. Es seien auch Anzeigen gegen den Vater des BF erstattet worden. In Nigeria drohe ihm Gefängnis.

 

Auf Vorhalt des Eurodac-Treffers vom selben Tag, nach welchem der BF bereits am 31.05.2007 einen Asylantrag in Griechenland gestellt habe, änderte der BF sein Vorbringen dahingehend, dass er sich von Mai 2005 bis November 2007 in Athen und in der Folge in Patras aufgehalten habe. In Samos habe er 30 Tage gewohnt, bis ihm gesagt worden sei, er müsse das Land verlassen. Er habe Berufung erhoben und habe einen "positiven Bescheid" erhalten. Bei der Antragstellung in Samos habe er einen falschen Namen verwendet, bei der Berufung seinen richtigen Namen. Er sei sodann aus Angst vor Übergriffen von in Griechenland aufhältigen Verwandten seiner Nachbarn in Nigeria geflohen. Er habe nicht gewusst, dass Griechenland zur EU gehöre und habe Angst gehabt, zu sagen, dass er dort um Asyl angesucht habe.

 

Er habe weder in Österreich noch im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union Verwandte.

 

1.2. Am 23.09.2008 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme, in der der BF im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Igbo-Agbor und eines Rechtsberaters im Wesentlichen Folgendes vorbrachte:

 

Beweise für seine Fluchtgründe habe er keine, er könne jedoch solche aus dem Internet beschaffen.

 

Die Frage, ob er weitere Gründe gegen seine Rückführung nach Griechenland habe, verneinte der BF.

 

Auf die Frage, was er mit "positivem Bescheid" gemeint habe, antwortete der BF, er habe eine "pink card" erhalten.

 

In Österreich kenne er eine Frau, mit der er sich gelegentlich treffe. Sie seien jedoch kein Paar. Diese Frau gebe ihm manchmal Geld.

 

1.3. Ein AFIS-Abgleich ergab, dass der BF bereits in Griechenland erkennungsdienstlich behandelt worden war und am 03.05.2007 sowie am 31.05.2007 in Griechenland jeweils einen Asylantrag gestellt hatte. Da die erstinstanzliche Behörde ein Vorgehen nach § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 (in der Folge AsylG) beabsichtigte, wurde dem BF mit Schriftstück vom 18.08.2008, vom BF übernommen am 21.08.2008, mitgeteilt, dass seit 14.08.2008 Konsultationen mit Griechenland gemäß der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates (in der Folge Dublin II VO) geführt würden und somit die 20-Tages-Frist gemäß § 28 Abs. 2 AsylG für Verfahrenszulassungen nicht mehr gelte.

 

1.4. Am 14.08.2008 stellte das Bundesasylamt an die zuständige Behörde in Griechenland ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß der Dublin II VO, auf das Griechenland nicht antwortete. Mit Schreiben vom 29.09.2008 wurde den griechischen Behörden mitgeteilt, dass gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II VO Griechenland zur Prüfung des Antrags des BF zuständig sei.

 

1.5. Das Bundesasylamt hat mit dem verfahrensgegenständlichen angefochtenen Bescheid vom 30.09.2008, Zahl: 08 06.857-EAST Ost, den Antrag auf internationalen Schutz, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. c der Dublin II VO Griechenland zuständig sei. Gleichzeitig wurde der BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass die Abschiebung nach Griechenland zulässig sei.

 

Die Erstbehörde traf in diesem Bescheid Feststellungen zur Person des BF, zur Begründung des Dublin-Tatbestandes, zu seinem Privat- und Familienleben sowie zur Lage im Mitgliedstaat Griechenland.

 

Festgestellt wurde weiters, dass keine Umstände, die gegen eine Ausweisung des Beschwerdeführers sprechen, ermittelt werden konnten.

 

Beweiswürdigend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen des BF in seiner Gesamtheit unglaubwürdig gewesen sei.

 

Bezüglich der Entscheidung über die Überstellung nach Griechenland war nach Ansicht der Erstbehörde unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen eine Verletzung von Art. 3 und Art. 8 EMRK nicht festzustellen, wodurch von der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO kein Gebrauch zu machen war.

 

1.6. Gegen diesen Bescheid hat der BF fristgerecht mit Schriftsatz vom 07.10.2008, eingelangt am 07.10.2008 bei der Erstbehörde, Beschwerde erhoben ("Berufung"). Darin macht er Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhalts des Bescheides geltend.

 

Der BF bringt in seiner Beschwerde vor, er habe in der niederschriftlichen Einvernahme sehr wohl mehr über die Vorfälle in Griechenland erzählen wollen. Die Erstinstanz habe darüber hinaus keine Ermittlungen bezüglich der Sicherheit in Griechenland angestellt. Es sei ihm in Griechenland nicht möglich gewesen, einen Asylantrag zu stellen, er habe vielmehr eine Ausreiseanordnung erhalten. Diese wurde in der Beschwerde als Beilage angeführt, lag der Beschwerde aber tatsächlich nicht bei. Aus den vom BF in der Beschwerde vorgebrachten Länderfeststellungen und Presseberichten gehe hervor, dass es in Griechenland gravierende Mängel im Asylverfahren gebe und daher nicht mit einem fairen Verfahren, sondern vielmehr mit einer willkürlichen Entscheidung zu rechnen sei.

 

1.7. Die gegenständliche Beschwerde samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt langte am 10.10.2008 beim Asylgerichtshof ein.

 

2. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.

 

2.1. Anzuwendendes Recht:

 

Mit Datum 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 4/2008) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin II VO zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Asylbehörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist die Zurückweisung eines Antrages nach Maßgabe des § 10 Abs. 3 und Abs. 4 AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden.

 

Gemäß § 41 Abs. 3 AsylG ist in einem Verfahren über eine Berufung gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Berufung gegen die Entscheidung des Bundesasylamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Berufung gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

 

Die Dublin II VO ist eine Verordnung des Gemeinschaftsrechts im Anwendungsbereich der 1. Säule der Europäischen Union (vgl. Art. 63 EGV), die Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen von Drittstaatsangehörigen trifft. Sie gilt also nicht für mögliche Asylanträge von EU-Bürgern, ebensowenig ist sie auf Personen anwendbar, denen bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Das Grundprinzip ist, dass Drittstaatsangehörigen das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren in einem Mitgliedstaat zukommt, jedoch nur in einem Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit sich primär nicht aufgrund des Wunsches des Asylwerbers, sondern aufgrund der in der Verordnung festgesetzten hierarchisch geordneten Zuständigkeitskriterien ergibt.

 

Art. 10 Abs. 1 Dublin II VO bestimmt, dass jener Mitgliedstaat, dessen Land-, See- oder Luftgrenze ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten hat, für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist, wenn der Grenzübertritt insbesondere auf der Grundlage der Daten nach Kapitel III der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 (Eurodac-VO) festgestellt wird.

 

Gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II VO ist der Mitgliedstaat, der nach der Dublin II VO zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist, gehalten, einen Antragsteller, der sich während der Prüfung seines Antrags unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe des Art. 20 Dublin II VO wiederaufzunehmen.

 

Beantwortet der ersuchte Mitgliedstaat bei Vorliegen von Angaben aus dem Eurodac-System das Wiederaufnahmegesuch nicht binnen zwei Wochen, so wird angenommen, dass er die Wiederaufnahme des Asylwerbers akzeptiert (Art. 20 Abs. 2 lit. c in Verbindung mit lit. b Dublin II VO).

 

Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO kann jeder Mitgliedstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den Kriterien der Art. 6 bis 13 Dublin II VO nicht zuständig ist.

 

2.2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

 

2.2.1. Es ist zunächst zu überprüfen, welcher Mitgliedstaat nach den hierarchisch aufgebauten (Art. 5 Abs. 1 Dublin II VO) Kriterien der Art. 6-12 bzw. 14 und 15 Dublin II VO, beziehungsweise dem Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin II VO zur inhaltlichen Prüfung zuständig ist.

 

Im vorliegenden Fall ist dem Bundesasylamt zuzustimmen, dass eine Zuständigkeit Griechenlands gemäß Art. 20 Abs. 2 lit. c in Verbindung mit Art. 16 Abs. 1 lit. c der Dublin II VO besteht. Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben.

 

2.2.2. Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher - entsprechend den Ausführungen in der Berufung - noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.

 

Das Bundesasylamt legt seinen Feststellungen zur Lage im Mitgliedstaat Griechenland lediglich einen aus März 2005 stammenden Bericht des Centre of planning and research zugrunde. Darin wird der rechtliche Rahmen der Gesundheitsversorgung für Asylwerber in Griechenland kursorisch erläutert.

 

Zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Bescheiderlassung musste der Erstbehörde bekannt sein, dass seitens verschiedener Organisationen ua. die Aufnahmebedingungen für Asylwerber in Griechenland scharf kritisiert wurden sowie UNHCR sich in einem Positionspapier vom 15.04.2008 gegen die Überstellung von Asylwerbern nach der Dublin II VO nach Griechenland ausgesprochen hat.

 

Daher kommt dem Vorbringen des BF zu seiner Sicherheit in Griechenland sowie zu seinem dortigen Asylverfahren qualifizierte Relevanz zu. Die angenommene Unglaubwürdigkeit dieses Vorbringens des BF wird seitens der Erstbehörde jedoch lediglich mit einem Verweis auf die dortigen Länderfeststellungen begründet, was aber schon deshalb zu kurz greift, als sich diese Feststellungen einzig auf den oben angeführten Bericht aus März 2005 beziehen und eine beweiswürdigende Auseinandersetzung mit der angeführten UNHCR-Position (oder etwa dem Bericht von NOAS, Norvegian Helsinki Committee und Greek Helsinki Monitor vom 09.04.2008 "A gamble with the rights of asylum-seekers in Europe, Greek asylum-policy and the Dublin II regulation" oder Berichten von Ärzte ohne Grenzen) nicht stattfindet. Unter diesem Gesichtspunkt kann die vorliegende Entscheidung mangels geeigneter sachverhaltsmäßiger Grundlagen zur Beurteilung der Notwendigkeit eines Selbsteintritts im vorliegenden Einzelfall keinen Bestand haben (siehe schon ähnlich UBAS 05.05.2008, 318.977-1/2E-XV/53/08).

 

Der Asylgerichtshof vertritt dabei im Einklang mit der Ansicht der Europäischen Kommission (siehe Pressemitteilung vom 09.04.2008) und dem englischen Court of Appeal (EWCA Civ 464) nicht die Ansicht, dass die derzeitige Erkenntnislage den Schluss rechtfertigt, dass in allen Dublin II-Fällen in Bezug auf Griechenland pauschal das Selbsteintrittsrecht ausgeübt werden muss. Die notwendige Einzelfallprüfung macht es aber im gegenständlichen Fall erforderlich, zunächst den Berufungswerber näher zu den von ihm behaupteten Bedrohungen während seines bisherigen Aufenthaltes in Griechenland zu befragen und sodann diese Aussagen auf deren Glaubwürdigkeit zu prüfen (auch unter dem Aspekt, dass die griechischen Behörden im vorliegenden Fall noch überhaupt keine Mitteilung an österreichische Behörden übersandt haben). Weiters werden zu den hier entscheidungsrelevanten Punkten, insbesondere zu den vom BF geltend gemachten Bedrohungen in Griechenland und zu seinem dortigen Asylverfahren geeignete weitere Erhebungen einzuholen sein. Ohne die solcherart bezeichneten Erhebungen kann aus Sicht des Asylgerichtshofes nicht von Entscheidungsreife gesprochen werden.

 

2.3. Im fortgesetzten Verfahren wird die Erstbehörde (sofern eine neuerliche Erlassung einer Unzuständigkeitsentscheidung nach § 5 AsylG beabsichtigt ist) ein ergänztes Beweisverfahren durchzuführen und diese Unrichtigkeiten zu korrigieren haben.

 

2.4. Als maßgebliche Determinante für die Anwendbarkeit des § 41 Abs. 3 AsylG in diesem Zusammenhang ist die Judikatur zum § 66 Abs. 2 AVG heranzuziehen, wobei allerdings kein Ermessen des Asylgerichtshofes besteht.

 

Auch der Asylgerichtshof ist - wenn auch gemäß § 41 Abs. 3 AsylG nicht bei Beschwerden gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung (in diesem Fall ist statt dessen die fast gleichlautende Bestimmung des § 41 Abs. 3 3. Satz AsylG anzuwenden) - zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG berechtigt (vgl. dazu VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315 und 21.11.2002, 2000/20/0084; ferner VwGH 21.09.2004, Zl. 2001/01/0348). Eine kassatorische Entscheidung darf vom Asylgerichtshof nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann getroffen werden, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Im vorliegenden Fall hat das Bundesasylamt, wie dargestellt, keine ordnungsgemäß begründete Entscheidung (vgl. Art. 19 Abs. 2 1. Satz Dublin II VO und Art. 20 Abs. 1 lit. e 2. Satz Dublin II VO) erlassen. Der Asylgerichtshof war auf Basis der Ergebnisse des Verfahrens des Bundesasylamtes praktisch nicht mehr in der Lage, innerhalb der zur Verfügung stehenden kurzen Entscheidungsfristen (§ 37 Abs. 3 AsylG) eine inhaltliche Entscheidung zu treffen. Der angefochtene Bescheid konnte daher unter dem Gesichtspunkt des § 41 Abs. 3 AsylG keinen Bestand mehr haben.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG entfallen.

Schlagworte
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten