TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/23 D12 244242-0/2008

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Veröffentlicht am 23.10.2008
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Spruch

D12 244242-0/2008/11E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Auttrit als Vorsitzenden und den Richter Dr. Dajani als Beisitzer über die Beschwerde des G.A., geb. 00.00.1983, StA. Ukraine alias Weißrussland, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.11.2003, FZ. 03 26.136-BAE, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Ukraine, stellte am 29.08.2003 unter dem Namen N.M. einen Asylantrag. Er gab hierzu an, russischer Staatsangehöriger zu sein und in Grosny, Tschetschenien, geboren zu sein. Am 04.09.2003 wurde das Asylverfahren wegen Abwesenheit des Asylwerbers eingestellt. Im Rahmen einer Anhaltung vor der Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt am 13.10.2003 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, sein Asylverfahren fortzuführen. Daraufhin wurde er am 29.10.2003 vom Bundesasylamt, Außenstelle Eisenstadt im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes zu seinen Fluchtgründen niederschriftlich einvernommen und gab an, dass er Staatsangehöriger von Weißrussland und Angehöriger der russischen Volksgruppe sei.

 

Sein damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Eisenstadt, vom 05.11.2003, FZ. 03 26.136-BAE, richtig und vollständig wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben wird.

 

Das Bundesasylamt hat den Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 05.11.2003, FZ. 03 26.136-BAE, gemäß § 7 AsylG abgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Weißrussland gemäß § 8 AsylG zulässig sei.

 

Gegen diesen am 07.11.2003 zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 20.11.2003 fristgerecht Berufung erhoben. In seiner Begründung wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen seine schon vor dem Bundesasylamt gemachten Angaben und führte darüber hinaus aus, das Bundesasylamt habe keinerlei Informationen bzw. Feststellungen bezüglich der Situation im Heimatstaat getätigt. Dies lasse auf ein mangelndes Ermittlungsverfahren schließen. Es sei für den Beschwerdeführer damit auch nicht ausreichend nachvollziehbar, wie die Behörde zu der Ansicht gelange, dass er keiner Verfolgung in seinem Heimatland ausgesetzt sei. Auch sei die Beweiswürdigung der Erstinstanz insoferne nicht nachvollziehbar und lasse wesentliche Anhaltspunkte, die eine Glaubhaftmachung seines Vorbringens indizierten, unberücksichtigt.

 

Der Beschwerdeführer habe auf Grund einer Befehlsverweigerung eine Strafe im Ausmaß von fünf bis zehn Jahren zu befürchten. Er habe nicht gegen Regimegegner, die ihr Grundrecht der Meinungsfreiheit in Form von Demonstrationen wahrgenommen hätten, in der vorgeschriebenen Härte vorgehen wollen und sei in einen Gewissenskonflikt geraten, da er selbst Mitglied der Demokratischen Partei Belarus und somit oppositionell tätig gewesen sei. Das Problem des Beschwerdeführers gründe sich daher nicht lediglich anhand einer einfachen disziplinären Angelegenheit. Der Beschwerdeführer verwies dazu auf den Länderbericht von Amnesty International 2003 zu Belarus sowie auf einen Bericht zur Situation beim Militär des Institute for War and Peace Reporting, Belarus Reporting Service.

 

Zur Frage des Refoulement brachte der Beschwerdeführer vor, aufgrund der besorgniserregenden menschenrechtlichen Situation in Weißrussland wäre er in seinem Heimatland mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit unmenschlicher Behandlung oder Strafe ausgesetzt.

 

Seiner Berufung, die über die Caritas Eisenstadt vorgelegt wurde, legte der Beschwerdeführer drei Seiten handschriftlich verfassten Vorbringens bei.

 

Aufgrund der Abwesenheit des Beschwerdeführers wurde das Verfahren vom Unabhängigen Bundesasylamt, der damals zuständigen Berufungsbehörde, am 13.01.2004 eingestellt.

 

Am 15.11.2004 wurde der Beschwerdeführer unter dem Namen G.A. gemäß der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist, aus den Niederlanden nach Österreich rücküberstellt.

 

Am 11.03.2008 legte der Beschwerdeführer die Kopie eines Schulzeugnisses, seines Reisepasses und einer Universitätsbesuchsbestätigung vor, wonach sein Name V.A. laute und er Staatsangehöriger der Ukraine und in U., Ukraine, geboren sei.

 

II. Der Asylgerichtshof hat dazu erwogen:

 

Mit 01.07.2008 hat der Gesetzgeber den Asylgerichtshof als unabhängige Kontrollinstanz in Asylsachen eingerichtet. Die maßgeblichen verfassungsmäßigen Bestimmungen bezüglich der Einrichtung des Asylgerichtshofes befinden sich in den Art. 129c ff. B-VG. Gemäß Art. 151 Abs. 39 Z. 1 B-VG wird mit 01.07.2008 der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof. Laut Z. 4 leg. cit. sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Rechtsmittelverfahren gegen einen abweisenden Bescheid. Daher ist das gegenständliche Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) unter Beachtung der Bezug habenden Übergangsbestimmungen von dem nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung zuständigen Senat zu führen.

 

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, da der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

 

Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

 

Bezüglich der Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG (außerhalb des abgekürzten Berufungsverfahrens) hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, zum Verfahren vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat, ausgeführt, dass der Spielraum dafür - im Vergleich zu sonstigen Berufungsverfahren nach dem AVG - bei einem unabhängigen Verwaltungssenat eher geringer und jedenfalls nicht größer sei. Eine generelle Unzulässigkeit der Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG wurde damit nicht zum Ausdruck gebracht. Weiters wird darin ausgeführt, dass die Berufungsbehörde eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhalts, sondern nur dann treffen darf, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als "unvermeidlich erscheint". Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14.03.2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff "mündliche Verhandlung" im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG siehe auch Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084).

 

Bezüglich der Gesetzmäßigkeit der Ermessensausübung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG hat der VwGH ausgeführt, dass der Gesetzgeber in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren (mit nachgeordneter Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) eingerichtet hat, wobei dem Unabhängigen Bundesasylsenat die Rolle einer "obersten Berufungsbehörde" zukommt (Art. 129c Abs. 1 B-VG). In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln, und es ist gemäß § 27 Abs. 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Diese Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzgebers, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre "umfassende" Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315; VwGH vom 12.12.2002, Zl. 2000/20/0236 sowie VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0020).

 

Dieser Gesichtspunkt ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes - freilich immer unter ausreichender Bedachtnahme auf das Interesse der Partei an einer raschen Erledigung des Asylverfahrens - bei der Ermessensausübung nach § 66 Abs. 2 und 3 AVG auch einzubeziehen. Unter dem Blickwinkel einer Kostenersparnis für die Partei ist dabei vor allem auch zu beachten, dass die Vernehmung vor dem Bundesasylamt dezentral durch die Außenstellen in den Bundesländern erfolgt, während der Unabhängige Bundesasylsenat - anders als bei den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern, für die vergleichbares auf Landesebene gilt - als zentrale Bundesbehörde in Wien eingerichtet ist (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084).

 

Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zum Unabhängigen Bundesasylsenat und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. VwGH vom 16.04.2002, Zl. 99/20/0430). Die dem Unabhängigen Bundesasylsenat in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommende Rolle einer "obersten Berufungsbehörde" (Art. 129c Abs. 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem erstinstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen des Asylwerbers sachgerecht einzugehen (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0020).

 

Der Verfassungsgesetzgeber hat nunmehr den Unabhängigen Bundesasylsenat durch den Asylgerichtshof als nachprüfendes gerichtsförmiges Kontrollorgan mit umfassender Kontrollbefugnis ersetzt. Bereits aufgrund der genannten Bestimmungen des B-VG und der in ihnen erkennbar vom Verfassungsgesetzgeber vorgesehenen Kontinuität ergibt sich, dass der Asylgerichtshof die Funktion des Unabhängigen Bundesasylsenates vollständig übernimmt. Die oben genannten Kriterien, die der Verwaltungsgerichtshof für die Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren aufgestellt hat, müssen sohin auch für das vor dem Asylgerichtshof zu führende Verfahren gelten, welcher als Nachfolger des Unabhängigen Bundesasylsenat über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen erkennt und somit eine überprüfende Funktion wahrnimmt. Auch für das Verfahren vor dem Asylgerichtshof bleibt sohin festzuhalten, dass die Funktion des Asylgerichtshofes als Kontrollorgan ausgehöhlt würde und die Einrichtung des nunmehr vorgesehenen Verfahrenszuges an den Asylgerichtshof zur Formsache würde, wenn das notwendige Ermittlungsverfahren vollständig vor den Asylgerichthof verlagert würde, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen des Asylwerbers sachgerecht einzugehen.

 

Im konkreten Fall stellt sich die Lage nun so dar, dass es das Bundesasylamt zunächst unterlassen hat, Ermittlungen zur allgemeinen Lage im angegebenen Herkunftsstaat - nämlich Weißrussland - anzustellen und seiner Beweiswürdigung zugrunde zu legen. Im Rahmen seiner Beurteilung der Zulässigkeit einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 8 AsylG hat das Bundesasylamt lediglich angenommen, dass in Weißrussland eine landesweite, allgemeine, extreme Gefährdungslage nicht gegeben sei, ohne jedoch zu belegen, auf welcher Quelle diese Annahme beruht. Dem Beschwerdeführer wurde in diesem Zusammenhang auch das Parteiengehör versagt, da ihm die Ansichten des Bundesasylamtes zur Situation in Weißrussland nicht zur Kenntnis gebracht wurden und ihm Gelegenheit gegeben worden wäre, hierzu Stellung zu nehmen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 19.4.2001, Zl. 99/20/0301, ausgeführt, dass zur Abgrenzung einer konkreten, von einem Asylwerber vorgebrachten Fluchtgeschichte zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat eine - je nach Fall unterschiedlich detaillierte - Ermittlung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat notwendig sei. Darüber hinaus erweise sich die Ermittlung dieser Situation auch im Bereich der Feststellung nach § 8 AsylG 1997 iVm § 57 FrG 1997 als unentbehrlich, stelle sie doch den Hintergrund für die Beurteilung der Zulässigkeit einer der dort genannten Rückbringungsmaßnahmen dar.

 

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer nunmehr im Beschwerdeverfahren Dokumente zum Nachweis seiner Herkunft und seines schulischen und universitären Werdeganges vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass der Beschwerdeführer nicht, wie ursprünglich angegeben, Staatsangehöriger von Weißrussland sondern der Ukraine sei, sodass einerseits Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers zu treffen sind und andererseits das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen in Hinblick auf den nunmehr behaupteten Herkunftsstaat Ukraine zu prüfen ist.

 

Im fortgesetzten Verfahren wird das Bundesasylamt daher den Beschwerdeführer erneut zu seinen Fluchtgründen sowie zu allfälligen Rückführungshindernissen in Hinblick auf den Herkunftsstaat Ukraine befragen und die von ihm vorgelegten Beweismittel zu prüfen und zu würdigen haben. Zudem wird das Bundesasylamt Feststellungen zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat sowie in Bezug auf das Vorbringen des Beschwerdeführers zu treffen haben und seine Ermittlungsergebnisse einem neuerlichen Bescheid zugrunde legen müssen. Anschließend sind diese Feststellungen dem Beschwerdeführer im Rahmen einer weiteren Einvernahme gemäß § 45 Abs. 3 AVG vorzuhalten und ihm die Möglichkeit zu geben, dazu Stellung zu nehmen.

 

Da im konkreten Fall sohin zunächst der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt vom Bundesasylamt im Zeitpunkt der Entscheidung mangelhaft ermittelt wurde, insbesondere jedoch inzwischen mehr als vier Jahre nach Erlassung des Bescheides des Bundesasylamtes vom Beschwerdeführer Dokumente zur Bestätigung seiner wahren Identität und Staatsangehörigkeit vorgelegt wurden, sodass eine weitere Vernehmung des Beschwerdeführers notwendig ist, im Rahmen derer das Ermittlungsergebnis - wie im obigen Absatz angeführt - vorzuhalten ist, war der angefochtene Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückzuverweisen.

 

Die neuen Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Identität sind zwar erst im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hervorgekommen, sodass dem Bundesasylamt diesbezüglich freilich keine Versäumnisse zur Last gelegt werden können, sie erfordern jedoch eine umfassende Ergänzung des maßgeblichen Sachverhaltes. Wenn diese Sachverhaltsergänzungen nicht vom Bundesasylamt vorgenommen werden, so würde das diesbezügliche Ermittlungsverfahren vor die Beschwerdeinstanz verlagert und somit der zweitinstanzliche Verfahrensgang unterlaufen werden. Mit der Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG hat der Asylgerichtshof jedoch im gegenständlichen Fall die Möglichkeit, dem Abbau einer echten Zweitinstanzlichkeit des Verfahrens und der Aushöhlung seiner Funktion als Kontrollinstanz entgegenzuwirken (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084 sowie Zl. 2002/20/0315).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Sicherheitslage
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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