TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/30 B12 236489-0/2008

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Veröffentlicht am 30.10.2008
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Spruch

B12 236.489-0/2008/26E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Rohrböck als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn N. A., geb. 00.00.1979, StA. Afghanistan, vertreten durch Maga. Christine NIESNER, Evanglischer Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. März 2003, Zl. 01 21.505-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 6. Mai 2008 und am 14.10.2008 zu Recht erkannt:

 

I. Der Beschwerde des Herrn N.A. gegen Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. März 2003, Zl. 01 21.505-BAT, wird stattgegeben und Herrn N.A. gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt.

 

II. Gem. § 12 AsylG wird festgestellt, dass Herrn N.A. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

III. Spruchpunkt III des bekämpften Bescheides betreffend die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung wird ersatzlos aufgehoben.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Verfahrensgang:

 

Der Beschwerdeführer hat am 13. September 2001 beim Bundesasylamt einen Asylantrag gemäß § 3 AsylG 1997 eingebracht. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 21. Februar 2003 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an:

 

"Hinsichtlich meiner Personaldaten erkläre ich, dass mein Familienname richtig N., mein Vorname richtig A., lautet. Geboren wurde ich im Jahre 1358 (= 1979/80). Ergänzend führe ich an:

Volksgruppe: Pashtune, Religion: Sunnit.

 

Ich reiste am 4.9.2001 von J., Provinz N., in Begleitung eines Schleppers nach Pakistan, und zwar nach Peshawar. Auf dem Luftwege reiste ich in einen mir nicht bekannten arabischen Staat. Nach kurzer Zwischenlandung dort reiste ich wiederum auf dem Luftwege in ein mir unbekanntes Land. Österreich erreichte ich im September 2001 auf dem Luftwege, doch gab es auch davor nochmals eine Zwischenlandung in einem mir nicht bekannten Land.

 

Ich bin im Dorf K., Bezirk U., Provinz N., geboren. Aufgewachsen bin ich in verschiedenen Ortschaften, u. a. auch in J., ebenso in Pakistan. Ich habe eine Schwester und zwei Brüder. Wo sich meine Eltern derzeit aufhalten, weiß ich nicht. Meine Brüder wurden im Jahre 2001 von den Taliban festgenommen. Seither gelten sie als vermisst. Ich nehme an, dass die Taliban diese umgebracht haben. Meine Schwester ist krankheitsbedingt verstorben, und zwar im Jahre 1378 (= 1999/2000). Mein Vater besitzt landwirtschaftliche Grundstücke. Von diesen haben wir gelebt.

 

Ich war seit dem Jahre 1996 Mitglied der Hezbe Eslami.

 

Frage: Welcher konkrete Vorfall hat Sie zur Flucht aus Afghanistan bewogen?

 

Antwort: Mein Vater wurde während der Mujaheddin-Zeit getötet. Das war im Jahre 1993. Meine Brüder waren beide Mitglieder der Jamiat-e Eslami. Aus diesem Grunde wurden sie auch von den Taliban festgenommen und in weiterer Folge getötet. Einer meiner Brüder und ich besuchten verschiedene Kurse in J..

 

Vorhalt: Sie werden aufgefordert, anzugeben, welcher konkrete Vorfall Sie zur Flucht bewogen hat.

 

Antwort: Im Monat Juli des Jahres 2001 wurden meine Brüder festgenommen. Die Taliban warfen diesen vor, Mitglieder der Jamiat-e Eslami zu sein. Auch wurde dem einen Bruder, welcher mit mir - wie oben erwähnt - verschiedene Computer- und Englisch-Kurse besuchte, vorgeworfen, mit den Christen zusammenzuarbeiten. Meine Mutter hat lange nach meinen Brüdern gesucht. Sie meinte, dass mein Leben ebenfalls in Gefahr sei, da ich auch Mitglied der Hezbe Eslami war und Englisch- bzw. Computer-Kurse besuchte. Sie meinte, ich solle das Land daher verlassen und mein Leben damit in Sicherheit bringen.

 

Frage: Wie erklären Sie sich den Umstand, dass Sie von der Festnahme Ihrer beiden Brüder im Juli 2001 völlig unbehelligt geblieben sind?

 

Antwort: Als die Taliban im Juli 2001 zu unserem Haus kamen und meine Brüder mitnahmen, befand ich mich nicht zu Hause. Ich war im Hause meine Onkels in J..

 

Frage: Woher wollen Sie dann wissen, was konkret Ihren Brüdern seitens der Taliban vorgeworfen wurde?

 

Antwort: Es wurden viele Angehörige der Hezbe Eslami festgenommen. Früher wurde auch ich einmal festgenommen.

 

Vorhalt: Sie werden aufgefordert, auf die eigentliche Frage zu antworten. Woher wissen Sie, was konkret den Brüdern vorgeworfen wurde, wenn Sie andererseits zum Zeitpunkt deren Festnahme gar nicht zu Hause gewesen sein wollen.

 

Antwort: Zu diesem Zeitpunkt war meine Mutter auch nicht zu Hause. Nur die beiden Brüder.

 

Frage: Woher wollen Sie dann überhaupt über die angebliche Festnahme der Brüder durch die Taliban wissen?

 

Antwort: Meine Brüder wurden von unserem Haus im Dorf K. festgenommen. Dort leben unsere Verwandten und Stammesangehörigen. Diese erzählten meiner Mutter von der Festnahme meiner Brüder durch die Taliban.

 

Frage: Wann waren Sie selbst einer Festnahme - auch durch wen konkret - ausgesetzt?

 

Antwort: Ich wurde zweimal festgenommen. Einmal im Jahre 1998 durch die Taliban. 15 Tage lang wurde ich von diesen angehalten. Das zweite Mal wurde ich 4 Tage lang im Jahre 2001 durch die Taliban angehalten.

 

Frage: Bitte geben Sie die genauen Haftzeiten an.

 

Antwort: Im Jahre 1998 wurde ich im 5. Monat und im Jahre 2001 im 7. Monat festgenommen.

 

Frage: Warum ist es Ihnen nicht möglich, die genauen Haftdaten zu nennen?

 

Antwort: Das weiß ich nicht mehr. Das habe ich in der Zwischenzeit vergessen.

 

Vorhalt: Sie erklärten zu Beginn der niederschriftlichen Befragung konkret nach dem Aufenthaltsort Ihrer Eltern befragt, dass Sie während Ihres England-Aufenthaltes erfahren hätten, dass diese noch am Leben seien, doch wäre Ihnen der genaue Aufenthaltsort der Eltern nicht bekannt. Später aber bringen Sie vor, dass der Vater bereits im Jahre 1993 getötet wurde. Was sagen Sie zu diesem Widerspruch?

 

Antwort: Ich habe die Frage so verstanden, dass Sie nur nach meiner Mutter fragten.

 

Frage: Durch wen wurde der Vater im Jahre 1993 getötet?

 

Antwort: Für den Tod meines Vaters war der X zuständig. Damals waren H.A., G.H., und weitere Personen Mitglieder des Rates.

 

Frage: In Afghanistan existiert derzeit eine Übergangsregierung. Was sagen Sie dazu?

 

Antwort: Es sind wieder die Mujaheddin an der Macht, welche damals meinen Vater getötet haben. Ich bin nicht vorbestraft. Ich bin jetzt im Ausland. Ich weiß nicht, ob jemand in Afghanistan nach mir sucht.

 

Frage: Hätten Sie im Falle der Rückkehr in die Heimat etwas zu befürchten?

 

Antwort: Der von mir erwähnte X übt wieder großen Einfluss aus. Vielleicht werden mich diese festnehmen und auch töten.

 

Vorhalt: Am 13.9.2001 erklärten Sie der BPD Schwechat gegenüber konkret nach den Fluchtgründen befragt, von den Taliban aufgefordert worden zu sein, in den Krieg zu ziehen. Dies hätten Sie aber abgelehnt und seien Sie aus Angst um Ihr Leben geflüchtet. Diese Behauptungen widersprechen aber gravierend Ihren heutigen. Was sagen Sie dazu?

 

Antwort: Ich wurde dort nicht ausführlich einvernommen. Ich habe auch damals erwähnt, dass meine Brüder festgenommen wurden.

 

Vorhalt: Davon, dass Sie von den Taliban aufgefordert worden sein sollen, in den Krieg zu ziehen, haben Sie heute aber in keinster Weise gesprochen.

 

Antwort: Ich wurde dort lediglich gefragt, ob ich vor den Taliban geflüchtet bin. Dies habe ich bejaht. Ich habe damals nicht behauptet, von den Taliban rekrutiert worden zu sein.

 

Ich habe einen Personalausweis und Schuldokumente besessen. Diese sind in Afghanistan zurückgeblieben. Ich habe keine Möglichkeit, mir diese nachsenden zu lassen. Ich werde mich trotzdem bemühen, Dokumente nachschicken zu lassen.

 

Frage: Möchten Sie noch etwas angeben?

 

Antwort: Nein.

 

Frage: Sind Sie mit der Übersetzungstätigkeit der Frau Dolmetscherin einverstanden?

 

Antwort: Meine Sprache ist zwar Pashtu, doch habe ich die Dolmetscherin gut verstanden."

 

Mit Bescheid vom 20. März 2003, Zl. 01 21.505-BAT, hat das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers vom 13. September 2001 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen und ihm den Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I), seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 8 AsylG für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt II) und ihm zudem für den Fall des Eintritts der Rechtskraft der Spruchpunkte I und II gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 3 AsylG eine auf drei Monate befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III). Diesen Bescheid hat das Bundesasylamt wie folgt begründet:

 

"Aus Ihrem Vorbringen und den amtswegigen Ermittlungen gelangt die Behörde nach unten angeführter Beweiswürdigung zu folgenden Feststellungen:

 

Ihre Flucht aus Afghanistan begründen Sie mit Inhaftierungen durch die seinerzeitigen Taliban.

 

Die Situation in Ihrer Heimat hat sich grundlegend geändert.

 

Hinsichtlich der aktuellen Lage in Ihrem Heimatland werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Allgemeine Feststellung zu dem Islamischen Staat Afghanistan

 

Der Islamische Staat Afghanistan ist unterteilt in 30 Provinzen mit verschiedenen Stämmen und Religionen. Die Bevölkerung setzt sich aus Pashtunen, Tadjiken, Hazara, Usbeken, Aimaken und Turkmenen zusammen. 99% der Bevölkerung sind Moslem, davon sind ca. 88% sunnitischen Glaubens. Die Amtssprache ist Pashtu, Dari war inoffiziell verboten. Die Analphabetenquote liegt bei 90%, wobei Afghanistans Bildungsstand rückläufig ist.

 

Am 24.12.1979 marschierten sowjetische Truppen in Afghanistan ein. Erst nach 10 Jahren wurde der Krieg gegen die russische Besatzungsmacht beendet, jedoch befindet sich Afghanistan seither in einem Bürgerkrieg. Seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes und der Machtübernahme durch die Mujaheddin am 16.04.1992 ist Afghanistan eine Islamische Republik.

 

Der Krieg in Afghanistan hat mit den Terroranschlägen in den USA am 11.09.2001, für die Osama bin Laden verantwortlich gemacht wird, eine Wende erfahren. Am 07.10.2001 begannen die USA mit Militärschläge gegen die Taliban und die Terrororganisation Al Kaida in Afghanistan vorzugehen.

 

Fünf Wochen nach Beginn der amerikanischen Luftangriffe trat die große Wende im Machtgefüge Afghanistans ein. Die Nordallianz konnte in einer groß angelegten Offensive am 09.11.2001 die strategisch wichtige Stadt Mazar-i Sharif erobern. Nur wenige Tage danach fiel die 5jährige Taliban-Herrschaft in Kabul. In Herat wurde das Taliban-Regime durch einen Volksaufstand vertrieben. Mittlerweile kontrolliert die Nordallianz angeblich 90% des Landes. Kandahar, die letzte Hochburg der Taliban, wurde am 07.12.2001 von der Nordallianz eingenommen und somit wurde das Taliban-Regime gestürzt.

 

Übergangsregierung

 

Bei der am 27.11.2001 einberufenen Afghanistan-Konferenz in Petersburg/Bonn unter der Führung von UNO-Sonderbeauftragten für Afghanistan, Lakhdar Brahimi, waren vier afghanische Delegationen mit der Bildung einer multi-ethnischen Übergangsregierung betraut. Am 05.12.2001 stand die neue Übergangsregierung fest. Diese setzt sich aus 11 Pashtunen, 8 Tadjiken, 5 Hazaras, 3 Usbeken und 1-2 Personen anderer, noch unbekannter Gruppen, zusammen. Insbesondere wurde auf die Einbeziehung von Frauen Bedacht genommen. Auf der Abschlusspressekonferenz unter der Teilnahme des UN-Sonderbeauftragten für Afghanistan, Lakdhar Brahimi und Bundesaußenminister Joschka Fischer wurde das in der Nacht auf den 05.12. unterzeichnete "Agreement on provisional arrangements in Afghanistan pending the re-establishment of permanent government institutions" präsentiert, als Vorsitzender der Übergangsregierung wurde der 46jährige südafghanische Pashtunen-Führer Hamid KARZAI bestätigt.

 

In diesem Abkommen wurden ua. folgende Punkte festgelegt:

 

Allgemeine Bestimmungen

 

Die Übergangsregierung wird offiziell am 22.12.2001 die Macht in Afghanistan übernehmen.

 

Die Übergangsregierung soll eine Übergangsverwaltung einrichten, die aus einem Vorsitzenden, einer unabhängigen Kommission für die Einberufung der Loya Jirga und einem Obersten Gerichtshof, sowie auch anderen Gerichten besteht. Die Zusammensetzung, Funktionen und Verfahren der Übergangsverwaltung und der unabhängigen Kommission werden ebenfalls in diesem Abkommen festgesetzt.

 

Mit der Machtübertragung soll die Übergangsregierung die afghanische Souveränität mit unmittelbarer Wirkung sichern. In der Übergangszeit wird die Übergangsregierung Afghanistan in den äußeren Angelegenheiten vertreten und den Sitz bei den Vereinigten Nationen einnehmen. Ebenso wird die Übergangsregierung internationalen Institutionen und Konferenzen beiwohnen.

 

Die Loya Jirga soll innerhalb 6 Monate nach Bildung der Übergangsregierung einberufen und vom Exilkönig Zahir Shah eröffnet werden. Die Loya Jirga soll über eine Interimsregierung und eine Interimsverwaltung entscheiden, die Afghanistan bis zur Wahl einer repräsentativen Regierung führt. Die Regierungswahl ist innerhalb von zwei Jahren nach Einberufung der Loya Jirga abzuhalten.

 

Sobald die Interimsregierung durch die Loya Jirga etabliert worden ist, löst sich die jetzt beschlossene Übergangsregierung auf.

 

Eine konstitutionelle Loya Jirga soll innerhalb 18 Monate nach Etablierung der Interimsregierung versammelt werden, um eine Verfassung für Afghanistan zu beschließen. Zur Unterstützung der konstitutionellen Loya Jirga wird die Interimsverwaltung innerhalb von zwei Monaten nach Entstehung mit Hilfe der Vereinigten Nationen eine Verfassungskommission gründen.

 

Gesetzesrahmen und Gerichtssystem

 

Der folgende Gesetzesrahmen bezieht sich auf die Zeit bis zur Annahme der neuen Verfassung. Die Verfassung von 1964 ist gültig, sofern die Bestimmungen nicht inkonsistent mit diesem Abkommen sind. Ausgenommen von der Verfassung von 1964 sind die Bestimmungen bezüglich der Monarchie und der Exekutiv- und Legislativkörperschaften, sowie Gesetze und Vorschriften, die nicht mit diesem Abkommen oder mit internationalen gesetzlichen Verpflichtungen, denen sich Afghanistan angeschlossen hat, konform gehen. Weiters sind auch jene Bestimmungen der Verfassung von 1964 ausgenommen, in denen der Übergangsregierung die Macht erteilt wird, Gesetze und Vorschriften zu widerrufen oder zu berichtigen.

 

Die Gerichtsbarkeit in Afghanistan ist unabhängig und unterliegt dem Obersten Gericht und auch den Gerichten, die von der Interimsverwaltung eingerichtet werden. Die Interimsverwaltung wird mit Hilfe der Vereinigten Nationen eine Gerichtskommission einrichten, die ein innerstaatliches Gerichtssystem in Übereinstimmung mit islamischen Prinzipien, internationalen Standards, der Rechtsstaatlichkeit und den afghanischen gesetzlichen Tradition etablieren.

 

Übergangsverwaltung

 

Die Übergangsverwaltung wird aus einem Vorsitzenden, fünf Vizevorsitzenden und 24 anderen Mitgliedern bestehen. Jedes Mitglied außer dem Vorsitzenden, kann eine Abteilung der Übergangsverwaltung führen.

 

Die Teilnehmer der Afghanistan-Konferenz laden König Zahir Shah ein, den Vorsitz der Übergangsverwaltung zu führen. Dieser zieht es vor, dass ein für die Teilnehmer akzeptabler Kandidat zum Vorsitzenden gewählt wird.

 

Der Vorsitzende, die Vizevorsitzende und andere Mitglieder der Übergangsverwaltung wurden von den Teilnehmern der Afghanistan-Konferenz gewählt. Die Auswahl fand aufgrund der beruflichen Kompetenz und der persönlichen Integrität mit Rücksicht auf die ethnische, geographische und religiöse Zusammensetzung Afghanistans und der Bedeutung der Teilnahme von Frauen, statt.

 

Kein Mitglied der Übergangsverwaltung darf gleichzeitig der Unabhängigen Kommission für die Versammlung der Loya Jirga angehören.

 

Hamid Karzai legte am 22.12.2001 im Innenministerium in Kabul vor dem amtierenden Vorsitzenden des Obersten Gerichts den Amtseid ab. Nach seiner Vereidigung nahm Karzai seinerseits den Kabinettsmitgliedern den Amtseid ab und skizzierte einen 13-Punkte-Plan seiner Regierung. Darin versprach er laut Korrespondentenberichten, die islamischen Regeln zu achten, aber auch bürgerliche Freiheiten wie das Recht auf freie Meinungsäußerung und Glaubensfreiheit. Er versprach, für die Rechte der afghanischen Frauen einzutreten. Ebenso nannte er Sicherheit und Frieden, den Aufbau einer nationalen Armee und einer fähigen Beamtenschaft und die Reformierung des Bildungswesen als Prioritäten.

 

Bereits einen Tag nach der Angelobung kam die neue afghanische Regierung unter Interimspremier Karzai am Sonntag im Präsidentenpalast der Hauptstadt Kabul zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Wichtigster Tagesordnungspunkt: Die innere Sicherheit. Als eine der ersten konkreten Taten überlegt das Kabinett, eine Sonderkommission zur Untersuchung von Kriegsverbrechen einzusetzen. Taliban-Kommandanten, denen Grausamkeiten nachgewiesen werden können, sollen vor Gericht.

 

Die Übergangsregierung wird von der internationalen Staatengemeinschaft als rechtmäßige Vertretung anerkannt und den Sitz des Landes in der UNO und anderen Internationalen Organisationen einnehmen.

 

Vom 11.06.2002 bis zum 19.06.2002 tagte die Große Ratsversammlung "Loya Jirga" mit rund 1600 Delegierten. Hamid Karzai wurde mit einer Stimmenmehrheit von ca. 80 Prozent als neues Staatsoberhaupt Afghanistans gewählt. Seit dem 23.06.2002 steht die neue Zusammensetzung der Interimsregierung fest, die Afghanistan in den nächsten 18 Monate zu frei Wahlen führen soll. Bei der Verteilung der Ministerposten wurden die ethnischen Gruppierungen berücksichtigt, um den tonangebenden Tadjiken eine Gegengewicht zu setzen. Die Ministerien werden aus Kostengründen von 30 auf etwa 20 reduziert werden. Dazu werden aber neun beratende Kommissionen geschaffen, je eine für Verteidigung, zur Überwachung der (zahlreichen) Geheimdienste, für die Wirtschaft, die Verwaltung, den Aufbau des Justizorgane, die Zölle, für ausländische Hilfe, ausländische Investitionen und für Radio und Fernsehen.

 

Bis dato wurde der politische "Fahrplan", welcher im Bonner Abkommen festgelegt ist, eingehalten.

 

Sicherheitslage

 

Mit dem Auftrag Sicherungs- und Schutzaufgaben zu übernehmen, wurde in Kabul die International Security Assistance Ford (ISAF), stationiert. Die Vorhut der internationalen Schutztruppe für Afghanistan ist bereits am 03.01.2002 in Kabul eingetroffen. Dem ISAF-Erkundungsteam gehören Militärvertreter aus Frankreich, Deutschland, Griechenland, Spanien, Italien, den Niederlanden, Dänemark, Österreich, Schweden, Norwegen, Finnland und Rumänien an. Am 24.05.2002 hat der UN-Sicherheitsrat einstimmig das Mandat für die internationale Schutztruppe in Afghanistan um sechs Monate verlängert. Zugleich lehnte der Sicherheitsrat eine Verstärkung der 4650 Mann zählenden Truppe sowie eine Ausdehnung ihres Einsatzgebietes über die Hauptstadt Kabul hinaus ab. Am 20.06.2002 übernahm der türkische General Hilmi Akin Zorlu für sechs Monate das Kommando über die internationale Schutztruppe.

 

Wirtschaftliche Lage

 

Die derzeitige Situation in Afghanistan ist geprägt durch den nunmehr über 20jährigen Krieg, einer verheerenden Dürre im Sommer 2000 und eines schlechten Winters. Durch diese Faktoren stellt sich die Sicherheit der Bevölkerung, die Nahrungsmittelversorgung und die humanitäre Lage besonders in den Kriegsgebieten katastrophal dar. Dies hat einen gewaltigen Flüchtlingsstrom in die angrenzenden Staaten zur Folge, wodurch sich im Besonderen die Situation der afghanischen Flüchtlinge in Pakistan drastisch verschlechtert hat. Die Situation hat sich durch die Militärschläge der USA massiv verschärft.

 

Trotz widriger Umstände sind bereits viele Flüchtlinge wieder in Ihre Heimat zurückgekehrt. Zehntausende von vertriebenen Hazara haben sich in ihre Heimatprovinz Bamian in Zentralafghanistan begeben, um ihre von den Taliban zerstörten Wohnhäuser wiederaufzubauen. Der UNHCR leitet seit März 2002 ein Rückführ-Programm, das größte aller Zeiten. Bereits am 16.06.2002 ist der einmillionste Flüchtling wieder nach Afghanistan zurückgekehrt.

 

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat die Sanktionen gegen die afghanische Zentralbank aufgehoben und wurden somit die zur Taliban-Zeit blockierten Konten mit einem Guthaben von 221 Mio. Dollar freigegeben. Bei der im Januar 2002 stattgefunden Geberkonferenz in Tokio wurden Hilfszahlungen von über 5 Mio. Euro für den Wiederaufbau des schwer kriegszerstörten Landes zugesagt. Die EU ist bereits mit verschiedenen Programmen für die Unterstützung der öffentlichen Verwaltung, für die Wiederinstandstellung städtischer Infrastrukturen, für die Wiederankurbelung der Landwirtschaft und für die Minenräumung präsent.

 

Allgemeine Menschenrechtssituation im Islamischen Staat Afghanistans:

 

Als ein Mitglied der Vereinten Nationen ist Afghanistan erst im Begriff, die Menschenrechte entsprechend aufzubauen. Afghanistan hat ein Abkommen für zivile und politische Rechte, einen internationalen Vertrag für Wirtschaft, soziale und kulturelle Rechte, eine Konvention gegen Folter, eine Konvention für Rechte der Kinder und 1946 die Konvention für Privilegien und Immunität der Vereinten Nationen, ratifiziert.

 

Bei der kampflosen Einnahme der Stadt Mazar-i Sharif am 09.11.2001 wurde sofort eine Amnestie ausgerufen und die Taliban-Edikte aufgehoben. Frauen können wieder eine Arbeit nachgehen und Mädchen dürfen wieder die Schule besuchen. Am 14.11.2001 ist der von den Taliban entmachtete afghanische Präsident Burhanuddin Rabbani in seine Heimat zurückgekehrt. Als erste offizielle Amtshandlung hat Rabbani "zum Einhalt der Einheit des Staates" eine Generalamnestie verkündet. Die Amnestie gilt für die Angehörigen aller Völker und Nationalitäten des Landes, ausgenommen davon sind allerdings Kriegsverbrecher. Auch durch den Regierungschef von Afghanistan, Karzai Hamid, wurde eine Amnestie für die Taliban in Kandahar, die am 07.12.2001 kapitulierten, erlassen, mit der Bedingung, sich nicht politisch zu betätigen.

 

Langsam kehrt in Afghanistan wieder ein normales Alltagsleben ein. Frauen müssen nicht mehr die Burka tragen, Schulen wurden eröffnet, die afghanische Fluglinie hat wieder Ihren Betrieb aufgenommen. Auch finden Theatervorstellungen statt, Musik ist erlaubt und auch der Fernseher sowie Satellitenschüssel haben wieder Einzug in Afghanistan gefunden.

 

(Quellenangabe: Bericht Dr. Mostafa Danesch v. 05.04.1997; Stellungnahme von AI Zl. ASA11-97.007 v. 09.12.1997; Workshop

Afghanistan im Bundesamt v. 03.05.2001: Beitrag v. Dr. Michael

Pohly: Afghanistans Weg in die Katastrophe; Fischer Weltalmanach 2002; Aktuelle Lage in Afghanistan: Zusammenfassung v. Presseartikel, abgelegt in Länderdokumentation BAA)

 

Ihre Angaben wurden nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung wie folgt gewürdigt:

 

Die Formulierung im § 7 AsylG "wenn glaubhaft ist" bringt zum Ausdruck, dass im Asylverfahren nicht der "volle Beweis" gefordert ist, sondern, dass die "Glaubhaftmachung" genügt.

 

Ein Vorbringen wird dann glaubhaft sein, wenn es vier Grundanforderungen erfüllt:

 

1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.

 

2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

 

3. Das Vorbringen muss plausibel sein, dh. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist ua. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und

 

4. der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

 

Die Behörde geht davon aus, dass Sie Afghanistan aus den von Ihnen vorgebrachten Gründen verlassen haben.

 

Bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ist von folgender Gesetzeslage auszugehen:

 

Zu I:

 

Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass Ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Unter der Wortfolge "Verfolgung droht" sind im Sinne des Verweises auf Art 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention Ereignisse zu subsumieren, aus denen sich ein Mensch aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Wesentliche Voraussetzung für die Asylgewährung ist daher die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Diese liegt dann vor, wenn eine mit Vernunft begabte Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verfolgungsgefahr ist also bei einem Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates beziehungsweise die Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss darüber hinaus ihre Ursache in den im Gesetz genannten Gründen haben und muss Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes beziehungsweise des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet, das heißt sie muss dem Heimatstaat beziehungsweise dem Staat des vorherigen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss auch aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Vergangene Verfolgungshandlungen genügen nicht, stellen jedoch regelmäßig im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, die dem Wesen nach eine Prognose verlangt.

 

Daraus folgt, dass die Bedrohung aktuell, dh. auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides, vorhanden sein muss (vgl. Erk. des VwGH vom 22.11.1995, Zl. 95/21/0059).

 

Dieser Voraussetzung mangelt es jedoch in Ihrem Fall. Seit den von Ihnen vorgebrachten Ereignissen hat sich die Lage in Ihrem Herkunftsstaat - wie bereits oben erwähnt - grundlegend geändert. So wurde das Taliban-Regime zwischenzeitlich gestürzt. Eine Verfolgung durch die Taliban kann seitens der erkennenden Behörde daher ausgeschlossen werden.

 

Auch kehrt nach und nach wieder Ordnung in das Land ein. Die neue Regierung ist bestrebt, rechtsstaatliche Strukturen herzustellen, sodass auch nicht von einer drohenden Verfolgungsgefahr durch die Mujaheddin ausgegangen werden kann.

 

Sie vermochten also, insgesamt beurteilt, nichts vorzubringen, was unter einem der Tatbestände der Genfer Flüchtlingskonvention subsumierbar wäre. Sie sind demnach nicht Flüchtling im Sinne dieser internationalen Norm und konnte Ihnen aus diesem Grunde Asyl nicht gewährt werden.

 

Auf die zahlreichen - zum Teil gravierenden - Widersprüche und Ungereimtheiten in Ihrem Vorbringen wurde seitens der erkennenden Behörde in weiterer Folge nicht mehr eingegangen.

 

Zu II:

 

Gemäß § 8 AsylG hat die Behörde, im Falle einer Abweisung eines Asylantrages, von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

§ 8 AsylG 1997 verweist auf § 57 Fremdengesetz (FrG), BGBl I 1997/75, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass sie Gefahr liefen, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

 

Überdies ist nach § 57 Abs 2 FrG die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 1955/55, in der Fassung des Protokolles über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 1974/78).

 

Der Prüfungsrahmen des § 57 Abs 1 FrG wird durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.

 

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 57 Abs 2 FrG wurde bereits unter Spruchpunkt I geprüft und verneint.

 

Das Bundesasylamt hat somit zu klären, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass Sie Gefahr liefen, in Afghanistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele: VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336).

 

Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann ( VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 23.6.1994, 94/18/0295) und muss die drohende Maßnahme von einer bestimmten Intensität sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art 3 MRK zu gelangen.

 

Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer drohenden Gefahr im Sinne des § 57 Abs 1 FrG ist es erforderlich, dass der Fremde, die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe, konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.6.1997, 95/21/0294), und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 5.4.1995, 93/18/0289).

 

Wenngleich in Ihrem Fall eine asylrelevante Verfolgung nicht vorliegt, so bleibt für die Behörde doch zu befinden, dass sich Afghanistan in einer schwierigen Umwälzungsphase befindet, wirtschaftlich darniederliegt und daher eine Prüfung unter Zugrundelegung des Zumutbarkeitskalküls geboten ist. Für die Bewertung, ob die Lebensgrundlage nicht mehr gegeben ist, setzt das hierfür aus der Lehre und Judikatur entwickelte "Zumutbarkeitskalkül" voraus, dass der Asylwerber im in Frage kommenden Gebiet in eine ausweglose Lage gerät. Sowohl Ihre Ausführungen, wie auch die Berücksichtigung individueller, Sie betreffender Faktoren (Alter, Bildungsgrad, Berufsausübung, Volksgruppe, Anknüpfungspunkte etc.) und die derzeitige Lage in Afghanistan lassen die Behörde zum Befinden kommen, dass in Ihrem Falle die Kriterien für eine ausweglose Lage derzeit (noch) vorliegen, Ihnen somit objektiv gesehen, die Lebensgrundlage in Ihrem Herkunfts- und Heimatstaat entzogen ist.

 

Auf Basis dessen gelangt die Behörde zur Ansicht, dass Gründe für die Annahme bestehen, dass Sie im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Gefahr liefen, in Afghanistan insoweit einer unmenschlichen Behandlung unterworfen zu werden, als Ihnen die Lebensgrundlage entzogen wäre, womit festzustellen war, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nicht zulässig ist.

 

Zu III:

 

Ihr Asylantrag wurde aus anderen als den Asylsschlussgründen (vgl. § 13 AsylG) abgewiesen (siehe Spruchpunkt I). In Spruchpunkt II wurde gemäß § 8 AsylG festgestellt, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Ihrer Person in den Herkunftsstaat unzulässig ist.

 

Bei der rechtlichen Beurteilung des oben festgestellten Sachverhaltes ist von folgender Gesetzeslage auszugehen.

 

Gemäß § 15 Abs 1 AsylG ist Fremden, deren Asylantrag aus anderen Gründen als den Asylausschlussgründen (§ 13) rechtskräftig abgewiesen wurde, und die sich ohne rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet befinden, mit Bescheid eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, wenn gemäß § 8 festgestellt wurde, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist.

 

Gemäß § 15 Abs 2 AsylG hat das Bundesasylamt, würden die Fremden die Berechtigung zum Aufenthalt mit der Abweisung des Antrages verlieren, die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dieser Abweisung zu verbinden; fällt die Berechtigung zum Aufenthalt später weg, so kann sie dann erteilt werden. Verlieren die Fremden die Berechtigung zum Aufenthalt erst mit der Bestätigung der Abweisung, so hat der unabhängige Bundesasylsenat die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dem Berufungsbescheid zu verbinden. Die Verlängerung solcher befristeter Aufenthaltsberechtigungen sowie deren Widerruf obliegt jedoch dem Bundesasylamt. Gemäß § 15 Abs 3 AsylG ist die befristete Aufenthaltsberechtigung für höchstens ein Jahr und nach der zweiten Verlängerung für jeweils höchstens drei Jahre zu bewilligen.

 

Wie nunmehr durch die Judikatur des VfGH (G 138/00 vom 15.06.2001) und die Rechtspraxis des UBAS (227.659/3-I/02/02 vom 24.0ß6.2002) hinreichend klargelegt wurde, ist es Aufgabe des Bundesasylamtes unter "Bedachtnahme auf die Zielsetzung der Regelung" die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dem Bescheid gemäß § 8 AsylG verbinden, also diese gleichzeitig zu erteilen auch wenn ihre Wirkung von Gesetzes wegen erst mit der Rechtskraft der zur Beendigung des Aufenthaltsrechtes führenden Entscheidung sowie unter weiteren gesetzlichen Voraussetzungen eintritt.

 

Die Zielsetzung der Regelung des § 15 AsylG ist, dem Fremden, der aus den in § 8 leg. cit. Genannten Gründen nicht in der Lage ist, in sein Herkunftsland zurückzukehren und dessen Asylantrag aus anderen als den Asylausschlussgründen rechtskräftig abgewiesen wurde, eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, "um den plötzlichen Verlust der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung abzuwenden" (vgl VfGH vom 15.06.2001, G 138/00).

 

Da das Non-Refoulement-Verfahren gemäß § 8 AsylG ergeben hat, dass Ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in Ihren Herkunftsstaat unzulässig ist, war Ihnen nach der Judikatur des VfGH und der Rechtspraxis des UBAS eine bedingte Aufenthaltsberechtigung befristet auf drei Monate zu ereilen. Die Festlegung der Frist von drei Monaten ist von folgenden Überlegungen getragen: Mit der befristeten Aufenthaltsberechtigung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass zum Entscheidungszeitpunkt eine Rückkehr in den Herkunftsstaat unmöglich ist. Für die Bestimmung der Länge der Frist ist daher eine Prognose über die wahrscheinliche Dauer dieses Zustandes anzustellen. Die zitierte Judikatur bringt es mit sich, dass neben der allgemein schwierigen Bewertung der landesspezifischen Situation noch weitere, nicht mit hinreichender Sicherheit prognostizierbare Umstände, wie zB die Frage der Berufungseinbringung oder die Frage der Verfahrensdauer des Berufungsverfahrens, hinzukommen. Durch die Gewährung einer dreimonatigen Aufenthaltsberechtigung ab Rechtskraft der Entscheidung nach § 7 und § 8 AsylG ist jedenfalls sichergestellt, dass hinreichend Zeit für die Setzung der geboten erscheinenden Maßnahmen durch den Asylwerber besteht und somit dem Ziel des § 15 - wie es vom VfGH ausformuliert wurde - Rechnung getragen wurde.

 

Die judiziellen Vorgaben an das Bundesasylamt bezüglich des Zeitpunktes der Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung (UBAS vom 24.06.2002, 227.659/3-I/02/02: mit dem Bescheid nach § 8 verbinden) bewirken, dass die "Nebenbestimmung" des § 15 AsylG ihrerseits mit einer Nebenbestimmung versehen werden muss (UBAS vom 24.06.2002, 227.659/3-I/02/02: auch wenn ihre Wirkung von Gesetzes wegen erst mit der Rechtskraft der zur Beendigung des Aufenthaltsrechtes führenden Entscheidung .... eintreten würde). Im Sinn der gebotenen Rechtssicherheit war die vorläufige Aufenthaltsberechtigung daher zu bedingen, das heißt der Hauptteil des Bescheides (sprich die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung) ist vom Eintritt bestimmter künftiger, ungewisser Ereignisse abhängig. Diese Bedingungen ergeben sich unmittelbar aus § 15 Abs 1 und Abs 2 AsylG und umfassen

 

Das Asylverfahren ist rechtskräftig abgewiesen.

 

Die Abweisung des Asylantrages erfolgte aus anderen als den Asylausschlussgründen (§ 13 AsylG).

 

Sie besitzen im Zeitpunkt der Rechtskraft des Asylbescheides keine (sonstige) Aufenthaltsberechtigung.

 

Im Zeitpunkt der Rechtskraft des Asylbescheides sind Sie nicht österreichischer Staatsbürger oder Staatsbürger eines EU-Staates.

 

Sie befinden sich zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Asylbescheides im Bundesgebiet.

 

Im Zeitpunkt der Rechtskraft des Asylbescheides ist Ihnen kein dauerndes Aufenthaltsrecht in einem sicheren Drittstaat gewährt.

 

Auszugehen ist nämlich davon, dass die Rechtskraft der Asylentscheidung nicht die einzige gesetzliche Voraussetzung für die Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung darstellt, sodass zusätzlich zu diesem Erfordernis die weiteren genannten Bedingungen aufzunehmen waren, dies auch deshalb als mit Eintritt der Rechtskraft der Asylentscheidung keine diesbezügliche Prüfung des Vorliegens dieser Voraussetzung durch den UBAS mehr stattfinden kann. Auch ein eventueller Widerruf der bereits erteilten Aufenthaltsberechtigung kommt dann (ausgenommen für die Bedingungen 2 und 6 wie unten erläutert wird) nicht in Betracht, zumal keine gesetzliche Grundlage vorhanden ist.

 

Zu den einzelnen Voraussetzungen:

 

1. Gemäß § 15 Abs. 1 AsylG 1997 muss das Asylverfahren rechtskräftig abgewiesen worden

 

sein. Würde der UBAS etwa mit einer Zurückweisung vorgehen, oder aber sogar Asyl

 

gewähren, erlangt die nunmehr erteilte Aufenthaltsberechtigung keine Gültigkeit.

 

2. Sollte die Abweisung aufgrund der Annahme des Vorliegens eines Asylausschlussgrundes

 

(§ 13 AsylG 1997) erfolgen, so ist die gegenständliche Erteilung hinfällig.

 

3. Voraussetzung für die Gültigkeit der nunmehrigen Erteilung ist gem. § 15 Abs. 1 AsylG

 

1997 auch, dass Ihnen zwischenzeitlich nicht eine andere Aufenthaltsberechtigung, wie

 

etwa nach dem FrG, erteilt wurde.

 

Da § 15 Aufenthaltsberechtigungen nur an Fremde (nach gegenständlicher Rechtsauffassung inkludiert auch "Asylwerber") erteilt werden können, ergibt sich als weitere Gültigkeitsbedingung, dass Ihnen nicht zwischenzeitlich die österreichische Staatsbürgerschaft oder eine andere EU-Staatsbürgerschaft erteilt wurde.

 

Ebenso müssen Sie sich zum Zeitpunkt der UBAS-Entscheidung auch im österreichischen Bundesgebiet aufhalten. Beide letzteren Voraussetzungen wären allerdings voraussichtlich möglicherweise durch die in 1.) erwähnte Bedingung bereits abgedeckt. Da jedoch die Entscheidung des UBAS in jenen Fällen nicht hypothetisch vorhergesehen werden kann, waren die Bedingungen 4 und 5 dennoch hier zu vermerken.

 

Sollte Ihnen zwischenzeitlich ein dauerndes Aufenthaltsrecht in einem sicheren Drittstaat erteilt werden, so erlangt die jetzige Erteilung gem. § 15 Abs. 4 AsylG 1997 keine Gültigkeit.

 

Die Bedingungen 2 und 6 waren trotz der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit des Widerrufs aufzunehmen, da einer Nichterteilung Vorrang gegenüber einem Widerruf zukommt.

 

Die Prüfung des Vorliegens der genannten Voraussetzungen wird in der Folge von jener Behörde durchgeführt werden müssen, welche sich in irgendeiner Art und Weise in ihrer Tätigkeit auf das Vorliegen der § 15-Aufenthaltsberechtigung zu stützen beabsichtigt."

 

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 27. März 2003 durch persönliche Übernahme zugestellt. Mit Schriftsatz vom 10. April 2003 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und III. des angefochtenen Bescheides. Am 24. April 2003 brachte der Beschwerdeführer ergänzende Ausführungen zu seiner Beschwerde ein, wonach er in Afghanistan von den Taliban verfolgt werde, da er Mitglied der Jamiat-e Eslami gewesen sei. Seine Brüder seien aus ebendiesem Grund von den Taliban festgenommen und vermutlich in weiterer Folge getötet worden. Zum Zeitpunkt der Festnahme habe sich der Beschwerdeführer selbst nicht zu Hause, sondern bei seinem Onkel befunden, weshalb er der Festnahme entgangen sei. Auch von den Mujaheddin fühle sich der Beschwerdeführer bedroht, da diese seinen Vater getötet hätten. Er sei umgebracht worden, weil er vormals mit dem kommunistischen Machthaber Najibullah sympathisiert habe. Nun fürchte der Beschwerdeführer, dass jene sich nunmehr wieder an der Macht befindlichen Mujaheddin, die seinen Vater getötet hätten, ihn aus demselben Grund umbringen würden. Zur Situation in Afghanistan wurden weiters mehrere Berichte internationaler Institutionen zitiert.

 

In der Einvernahme zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Bundesasylsenat am 24. Oktober 2007, an der auch der dem Beschwerdeverfahren beigezogene Sachverständige für Afghanistan, Dr. S.R., teilnahm, brachte der Beschwerdeführer Folgendes zu Protokoll:

 

"EL: Sind die erstinstanzlichen NS inhaltlich richtig und rückübersetzt worden?

 

BW: Ja. Es gibt schon ein paar Fehler, weil der Dolmetscher ein Perser war, meine Muttersprache ist Pashtu. Ich habe gesagt, dass meine Schwester schwer krank und war man hat geschrieben, dass sie tot wäre. Nach dem Sturz des Najib Bullah des kommunistischen Regimes in Afghanistan kamen die Mujaheddin an die Macht. Mein Vater mit der Hezbe Islami zusammen gearbeitet, nachher hat er die Position gewechselt und hat sich der S.H. angeschlossen, ich war nicht Mitglied der Hezbe Islami, dass wurde fälschlicher Weise protokolliert. Ich habe nur die Geschichte meines Vaters erzählt. Der Dolmetscher hat falsch übersetzt, er hat einmal von Hezbe Islami gesprochen und einmal von Jamiat Islami. Am Anfang der Mujeheddin war mein Vater bei der Hezbe Islami. Es gibt noch viele andere Fehler.

 

EL: Erzählen Sie kurz Ihren Lebenslauf?

 

BW: Mein Name ist A. Sohn von N.M., mein Nachname ist N.. Mein Muttername ist B.H.. Ich habe 2 Brüder gehabt, sie sind gestorben, einer hieß N.E., der andere H.W.. Meine Brüder sind getötet worden, meine Schwester A. ist noch am Leben. Ich bin vom Distrikt U., Dorf K., Provinz N.. Ich bin vom Stamm M., wir sind nur unter den M. bekannt. Meine Mutter stammt aus L. und stammt von A.-Stamm vom Substamm.

 

EL: Wo sind Sie geboren?BW: Im Jahre 00.00.1358 (00.00.1979)geboren.

 

EL: Wo haben Sie die Schule besucht?

 

BW: Mein Vater war Absolvent der Fakultät für Erziehungswissenschaften. Er hat sein Beruf als Lehrer ausgeübt.

 

EL: Wo waren Sie in der Schule?

 

BW: Ich habe von der 1. Klasse bis zur 10.Klasse die höhere Schule in J. besucht, die 11.Klasse im Gymnasium. Die 12.Klasse habe ich in Peshawar absolviert.

 

EL: Was haben Sie gearbeitet?

 

BW: Nach dem Abitur bin ich zurück N., ich habe in J. Englisch- und Computerkurse privat besucht und gelegentlich habe ich bei unseren Feldern gearbeitet. Aufgrund meiner Schwierigkeiten ist es mir nicht gelungen, die Zeugnisse für die Kurse, mitzunehmen, ich habe nur die Schulzeugnisse die bei meinem Freund waren in Peshawar, zu bekommen.

 

EL: Warum haben Sie Afghanistan verlassen?

 

BW: Da mein Vater ein gebildeter Mensch war hatte er gute Beziehungen mit vielen Personen in N., er hat auch als Büroleiter von S.H. gearbeitet. Als S.H. umgebracht wurde, wurde auch mein Vater getötet. Mein Vater war über alle Vorhaben von S.H. informiert, deshalb hat die X unter der Führung von Q.H. und H.A. meinen Vater ermordet. Nach dem Begräbnis meines Vaters haben wir N. verlassen und sind nach L. gegangen. Sie haben vorgehabt meinen Bruder und mich auch umzubringen. Wir sind nach L. gegangen, dann haben wir an verschiedenen Orten gelebt, weil wir Angst hatten, manchmal in L., manchmal in P.. Der Bruder von S.H. hat als Rache viele Mitglieder von X umgebracht. Dadurch wurde auch für uns die Lebensbedingungen in Afghanistan noch härter. Als die Taliban an die Macht kamen sind wir wieder nach U. zurückgegangen, aber die Leute der X waren auch wieder unter den Taliban an der Macht. Sie haben wieder Schwierigkeiten gemacht. Unter den Deckmantel der Talibanbewegung haben die Mitglieder oder Anhänger der X meine zwei Brüder festgenommen und getötet, in der letzten Zeit des Taliban.

 

SV: Welche politischen Einstellungen hatten Ihre Brüder?

 

BW: Nach der Ermordung meines Vaters hat mein älterer Bruder manchmal mit dem Bruder von S.H. namens M.H. zusammengearbeitet. Deswegen wurden meine Brüder verhaftet und umgebracht, mir würde das Gleiche passieren. Meine Mutter hat mir vorgeschlagen, als meine Brüder ermordet worden sind, dass ich fliehen solle.

 

EL: Warum war die X nach der Ermordung Ihres Vaters hinter Ihnen und Ihren Brüdern her?

 

BW: Ich habe Ihnen schon vorher gesagt, dass mein Vater für S.H. gearbeitet hat. Die X hat vermutet, da mein Vater für S.H. gearbeitet hat, dass meine Familie die Dokumente von S.H. haben, weil mein Vater ja schon tot war. Sie wollten die Dokumente endgültig vernichten.

 

SV: Um welche Dokumente hat es sich gehandelt? Welchen Inhalt haben diese?

 

BW: Mein Vater hat für S.H. alles vorbereitet. Mein Vater war der einzige vertraute von S.H.. Dadurch dass meine Mutter aus demselben Stamm wie S.H. stammt, gab es auch einen Verbindung zu uns. Alle Geheimnisse von S.H. waren bei meinem Vater.

 

EL: Welche Geheimnisse?

 

BW: Die X hatte Angst gehabt, dass die Nomaden an die Macht kommen können. Mein Vater als Schriftführer hat alle Pläne für S.H. geschmiedet und vorbereitet, daher hatte die X die Befürchtung das mein Vater diese Pläne an seine Familie weitergegeben hat. Nachdem Tod meines Vater und S.H. hat mein Bruder mit M.H.

 

zusammengearbeitet, daher war die Gefahr für uns erhöht.

 

EL: Von wem werden Sie jetzt verfolgt?

 

BW: Jetzt momentan ist die D.H., Bruder des Q.H. und sein Sohn Z.H., sowie H.A., sie sind noch immer an der Macht.

 

EL: Warum verfolgen die Leute Sie jetzt noch?

 

BW: Sie wollen nicht dass ein männliches Wesen in unserer Familie am Leben bleibt, weil sie das als Gefahr für die Zukunft sehen, dass wir sie verfolgen könnten.

 

SV: Was hat Ihr Vater vor den Mujaheddin gemacht?

 

BW: Ich habe vorher gesagt, er war Lehrer in verschiedenen Provinzen in Afghanistan.

 

EL: Hat er politisch gearbeitet?

 

BW: Ich war zu dieser Zeit sehr jung, ich weiß es nicht, aber er hat sich mit den Mitgliedern der VDPA getroffen.

 

SV: Wollen Sie bitte darüber erzählen?

 

BW: Er war Lehrer, er kannte viele Leute von unserer Gegend, er ging auf manche Veranstaltungen. Wenn wir ihn fragten, wohin er ging, sagte er nur, er hat zu tun.

 

EL: Hatte er eine politische Funktion?

 

BW: Ich weiß nur, dass er Lehrer war, über eine konkrete politische Aufgabe weiß ich nichts.

 

SV: Das was Sie erzählt haben, dass Ihr Vater gemeinsam mit S.H. umgebracht wurde ist sehr allgemein. Daraus entsteht keine private Feindschaft, es war die Feindschaft innerhalb der Mujaheddin Gruppen, wobei Ihr Vater zufällig umgekommen ist, gibt es einen Grund für eine Privatfeindschaft?

 

BW: Als mein Vater getötet wurde, hat eine Person M.S. den Anspruch erhoben auf unsere Grundstücke. Sie haben die Grundstücke zu sich genommen. Als die Taliban an die Macht kamen, haben wir einen Großteil von unseren Grundstücken zurückbekommen, die Grundstücke die noch okkupiert waren, darauf haben wir verzichtet. Unter der jetzigen Regierung wurden uns die Grundstücke wieder weggenommen. Wenn meine Mutter manchmal nach Peshawar kommt, können wir telefonieren, sie hat mir von den Vorfällen erzählt.

 

BW ergänzt nach Rückübersetzung, dass er am 00.00.1358 geboren ist (= 00.00.1979).

 

Weiters sei die Feindschaft mit der X wegen S.H. zu einer Privatfeindschaft geworden."

 

Durch den o.g. Sachverständigen wurde mit 4. März 2008 eine schriftliche Stellungnahme erstellt, der nachfolgende Ausführungen zu entnehmen sind:

 

"(...)

 

Ad Ortsangaben des BW:

 

Die Angaben des BW zu seiner Herkunft und seiner Schulbildung sind authentisch. Es gibt ein Distrikt Namens U. in der Provinz N., wo auch die Angehörigen der Stämme A. und M., zu dem die Familie des BW zugehört, leben. Das Dorf, wo genau der BW gewohnt hat, existiert im Distrikt U.. (siehe Beilage 1 und 2)

 

Hinsichtlich des Bildungsstands- und Berufe des Vaters des BW:

 

Nach meinen Recherchen in Wien hat der Vater des BW tatsächlich Erziehungswissenschaften in J. studiert und anschließend war er in der Zeit der Monarchie und während der kommunistischen Herrschaft Lehrer. Hinsichtlich der Zusammenarbeit des Vaters des BW mit einem Mujaheddinkommandanten namens S.H. möchte ich ausführen, dass nach dem Sturz des kommunistischen Regimes die Kommunisten, je nach ihrer ethnischen- und Stammeszugehörigkeit, sich den jeweiligen Mujaheddinkommandanten angeschlossen haben, damit sie überleben. Sie haben für die Mujaheddin sowohl als zivile Beamte, Militärs, Spitzel und als Privatsekretäre gearbeitet. Ob tatsächlich der Vater des BW für S.H. gearbeitet hat, kann ich nicht bestätigen, weil diese Angaben des BW nicht spontan waren.

 

Hinsichtlich der Verfolgungsgrund des BW:

 

Wenn der Vater des BW ein Sekretär von S.H. war und er mit S.H. nicht an den kämpferischen Auseinandersetzungen teilgenommen hat, oder wenn er nur zufällig beim Angriff auf S.H. getötet wurde, wird der BW wegen seinem Vater nicht verfolgt. S.H., ein Anführer der O. (die paschtunischen Nomaden im Osten Afghanistans), wurde tatsächlich nach der Machtübernahme der Mujaheddin in N. von seinen Gegnern aus der Reihe der Mujaheddin getötet. Daran war die X beteiligt. (vg. Christensen, Asger: Aiding Afghanistan: The Background and prospects for Reconstruction a fragment Society. S. 79, Online.)

 

Dabei sind Dutzende Menschen, auch Zivilisten, die mit S.H. zusammenarbeiteten, getötet worden. S.H. war ein Kommandant der Mujaheddin, der mit anderen Mujaheddin wie Q.H. und H.A. mehrmals in kriegerischen Auseinandersetzungen geraten war. Deshalb wurde er in einem Hinterhalt von den Anhängern von Q.H. und H.A. getötet. Daraufhin hat sein Bruder, M.H. seinen Stamm aus der Reihe der O. organisiert und ist gemeinsam mit seinen Kämpfern und Personen, die gegen Q.H. waren, gegen die Kommanda

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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