TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/13 S13 402343-1/2008

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Veröffentlicht am 13.11.2008
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Spruch

S13 402.343-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Kirschbaum als Einzelrichterin über die Beschwerde des G.R., geb. 00.00.1968, StA. Algerien, p.A. European Homecare GmbH, Otto-Glöckel-Str. 24, Hauptgebäude, 2514 Traiskirchen, gegen den Bescheid des Bundesasylamts vom 24.10.2008, FZ. 08 08.288, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 5, 10 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Verwaltungsverfahren und Sachverhalt

 

Verfahren vor dem Bundesasylamt

 

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Algeriens, reiste am 08.09.2008 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein.

 

Am 09.09.2008 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz. Eine Eurodac-Abfrage (AS 17) ergab, dass er bereits am 06.08.2008 und am 27.08.2008 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz in Italien gestellt hatte.

 

Am selben Tag wurde die Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der PI Traiskirchen EAST, in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Französisch durchgeführt. Dabei wurde der Beschwerdeführer mit dem Ergebnis der Eurodac-Abfrage konfrontiert (AS 17).

 

Am 17.09.2008 stellte das Bundesasylamt an die zuständige Behörde in Italien ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist (in der Folge: Dublin II-VO) (AS 1).

 

Am 19.09.2008 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG zurückzuweisen und dass zu diesem Zwecke seit dem 17.09.2008 Konsultationen mit Italien gemäß der Dublin II-VO geführt werden (AS 49).

 

Mit Schreiben vom 04.10.2008, einglangt beim Bundesasylamt am 06.10.2008, erklärte sich Italien gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers bereit (AS 33).

 

Am 16.10.2008 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesasylamt EAST OST nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit des Rechtsberaters sowie eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Arabisch einvernommen.

 

Mit Bescheid vom 24.10.2008, FZ 08.08-288 - EAST Ost, zugestellt am selben Tag, wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück (in der Folge: angefochtener Bescheid) (AS 133 ff.).

 

Im angefochtenen Bescheid weist das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers mit der Begründung zurück, dass gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der Dublin II-VO Italien für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist (I.). Der Beschwerdeführer wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien ausgewiesen und demzufolge festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Italien gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig ist (II.).

 

Beschwerde

 

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer am 29.10.2008 Beschwerde beim Bundesasylamt erhoben. Die Beschwerde langte am 03.11.2008 beim Asylgerichtshof ein.

 

In der Beschwerdeschrift bringt der Beschwerdeführer vor, dass der angefochtene Bescheid infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilungen, Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig sei.

 

Beweismittel

 

Als Beweismittel hat der Asylgerichtshof das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Erstbefragung am 09.09.2008 und in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 16.10.2008 und weitere Beweismittel verwendet.

 

Parteivorbringen des Beschwerdeführers

 

1. In der Erstbefragung am 30.01.2008 hat der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes angegeben (AS 17):

 

Der Beschwerdeführer hat vorgetragen, dass er sein Heimatland Ende Juli verlassen habe, weil er dort als Landwirt durch Terroristen bedroht und gestört worden sei. Die Terroristen hätten auch Menschen getötet.

 

Er sei schlepperunterstützt mit einem kleinen Boot am 06.08.2008 in Sardinien gelandet. Anschließend sei er (stets mit einem Flugzeug) nach Venedig, von dort nach Rom, dann nach Gorisia gekommen. Von dort habe er die Grenze nach Frankreich überquert, wo er sich einen Tag aufgehalten habe, um dann erneut nach Italien zurück zu kehren, von wo er am 27.08.2008 Italien ab Udine verlassen habe und mit dem Zur nach Wien gekommen sei.

 

In Italien sei er bei seiner Ankunft auf Sardinien von der Polizei aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt worden. Er sei aufgefordert worden, Italien zu verlassen. Die Flüge innerhalb Italiens hätten die dortigen Behörden organisiert. Er sei auf Grund der Aufforderung Italien zu verlassen nach Frankreich gereist, sei aber nach Udine zurück gekehrt, um nach Wien zu gelangen. Insgesamt sei er in Italien zweimal angehalten und erkennungsdienstlich behandelt worden, am 06.08.2008 und am 27.08.2008. Insgesamt sei er in Italien etwa 20 Tage in Haft gewesen.

 

Er wolle nicht nach Italien zurück, da er dort kein Essen bekommen habe und auch die Unterkunft dürftig gewesen sei.

 

Familienangehörige habe er in Österreich keine.

 

2. In der Einvernahme am 15.02.2008 hat der Beschwerdeführer sein Vorbringen wie folgt ergänzt bzw. geändert (AS 68):

 

Zu seiner Ausreise aus dem Heimatland hat der Beschwerdeführer angegeben, dass er Algerien mit der Absicht verlassen habe, entweder in Österreich, in Dänemark oder in Norwegen zu leben.

 

Zu seinem Aufenthalt in Italien hat der Beschwerdeführer angegeben, dass er dort keinen Asylantrag gestellt habe. Konfrontiert mit dem Ergebnis der Eurodac-Abfrage hat er angegeben, dass bei der erkennungsdienstlichen Behandlung kein Dolmetscher anwesend gewesen sei.

 

Zu den Gründen befragt, die einer Ausweisung nach Italien entgegen stehen können, hat der Beschwerdeführer ausgesagt, dass man sich dort "nicht um ihn gekümmert" habe. Man bekomme keine Verpflegng und keine Unterkuft, es sei kalt gewesen und ein, zwei Monate im Freien zu leben sei schwer. Auf den Vorhalt, dass er nach eigenen Angaben gar nicht solange in Italien gewesen sei, hat der Beschwerdeführer ausgesagt, dass ihm dies aber drohen könne, wenn er nach Italien zurück müsse. Auf Vorhalt der Länderdokumentation betreffend die Versorgungslage von Flüchtlingen in Italien, aus der sich u.a. ergibt, dass jeder Asylwerber prinzipiell Zugang zu den vorhandenen Versorgungseinrichtungen (Nahrung, Kleider, Unterbringung, Gesundheitsvorsorge etc) habe, hat der Beschwerdeführer ausgesagt, dass er das anderes erlebt habe, man habe ihn eingesperrt. Wenn man ihn nach Italien zurück schicke, werde er sich ein anderes Land aussuchen und dort hingeben.

 

3. In der Beschwerdeschrift hat der Beschwerdeführer sein Vorbringen wie folgt ergänzt bzw. geändert:

 

Unter Berufung auf den Jahresbericht 2007 von Amnesty International, einen Bericht auf der Internetseite "proasyl.de" vom 05.07.2006, einen Artikel der BBC vom 12.09.2006, den "Newsletter" der Organisaton "ProAsyl" vom Juni 2008 sowie einen Bericht des Menschrechtskommissars des Europarates vom 28.07.2008 hat der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgebracht, dass er bei einer Abschiebung nach Italien Gefahr laufe, kein ordnungsgemäßes Asylverfahren zu erhalten und mangels ausreichender Unterbringungsmöglichkeiten keine Versorgung und keine Unterstützung zu erhalten sowie Übergriffen in den Haftzentren ausgesetzt zu sein.

 

Weitere Beweismittel

 

1. Laut Eurodac-Abfrage vom 08.09.2008 hatte der Beschwerdeführer bereits am 06.08.2008 und am 27.08.2008 in Italien einen Asylantrag gestellt (vgl. AS 5).

 

2. Die italienischen Behörden haben sich mit Schreiben vom 04.10.2008 gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c) Dublin II-VO zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers für zuständig erklärt (vgl. AS 33).

 

3. Die im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerdeschrift angegeben Quellen zur Versorgungssituation und zum Asylverfahren in Italien. Insoweit wird auf den Akt der Verwaltungsinstanz und auf die Beschwerdeschrift verwiesen.

 

Sachverhalt nach Beweiswürdigung

 

Nach Würdigung des Vorbringens des Beschwerdeführers und der sonstigen Beweismittel stellt sich dem Asylgerichtshof folgender Sachverhalt dar:

 

1. Der Beschwerdeführer reiste am 06.08.20008 in Italien ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag. Nach etwa 3 Wochen verließ er Italien, und reiste er nach einem kurzen Zwischenaufenthalt in Frankreich von Italien aus am 08.09.2008 illegal nach Österreich ein.

 

Diese Feststellungen ergeben sich sowohl aus dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers als auch aus der Eurocac-Abfrage und der Zustimmung zur Wiederaufnahme der italienischen Behörden.

 

2. Es besteht keine konkrete Gefahr, dass der Beschwerdeführer in Italien keinen Zugang zu einem rechtsstaatlichen Asylverfahren und zur Grundversorgung hat.

 

Diese Feststellung ergibt sich aus den insoweit nicht zu beanstandenden Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid. Dieser stützt sich nämlich maßgeblich auf aktuelle Informationen aus den Monaten März, April, Juli und Oktober 2008 des Polizeiattachés der Österreichischen Botschaft in Italien und auf weitere als zuverlässig anzusehende Quellen wie insbesondere den Bericht des Europaparlaments über die Lage von Flüchtlingen in den 27 EU-Mitgliedstaaten vom Dezember 2007.

 

Daraus ergibt sich im Wesentlichen, dass Flüchtlinge, die - wie der Beschwerdeführer - auf dem Seeweg in Italien ankommen, zunächst in ein Erstaufnahmelager an der Küste kommen. Steht die Identität nicht fest, so könnnen die Flüchtlinge in manchen Lagern bis zu 20 Tage in Einem "Zentrum für Identifikationen" inhaftiert werden, um die notwendigen Feststellung zu ermöglichen. Personen, dereren Identität feststeht, werden hingegen sogleich in einem der von den Gemeinden betriebenen Asylwerberheimen untergebracht. Asylanträge, die bei der Grenzpolizei oder der örtlichen Quästur gestellt werden, werden inhaltlich von den zehn im ganzen Land verteilten "Territorialkommission zur Anerkennung von Asylberechtigten" behandelt. Während dieser Zeit werden die Asylwerber von der Grundversorgung der Gemeinden erfasst.

 

Das Vorbringen des Beschwerdeführers vor der Verwaltungsinstanz entspricht somit der Situation eines Asylwerbers, der nach der Landung an der Küste Italien zunächst eine Asylantrag gestellte und in einem Erstaufnahmelager untergebracht, dann - wegen nicht feststehender Identität - in einem "Zentrum für Identifikationen" vorübergehend inhaftiert war und danach zur Weiterbearbeitung seines Asylantrages bei einer der "Territorialkommissionen zur Anerkennung von Asylberechtigten" an einen anderen Ort in Italien gebracht worden war. Der Beschwerdeführer hat seinen eigenen Angaben nach jedoch Italien in Richtung Frankreich verlassen, ohne das Verfahren vor der Territorialkommission abgewartet, um von Frankreich aus erneut über Italien (wo er offenbar ein zweites Mal aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt wurde sowie einen erneuten Asylantrag stellte) nach Österreich einzureisen.

 

Die den Länderfeststellungen widersprechenden Angaben des Beschwerdeführer, er habe nichts zu essen bekommen und man bekomme in Italien keine Unterkunft erscheinen dem Asylgerichtshof als Schutzbehauptungen, die als solche von den mehrfach untermauerten Feststellungen im angefochtenen Bescheid widerlegt werden. Insoweit der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift sich dabei inbesondere auf Berichte über die Rechsstaatswidrigkeit des italienischen Asylverfahrens stützt, ist zunächst festzustellen, dass diese gegenüber den im angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Information veraltet sind, da es sich um Berichte vom Juli 2006 handelt. Seine aktuelleren Berichte betreffend die schwierige Situation in bestimmten Lagern sind schließlich für die im vorliegenden Verfahren zu treffenden Sachverhaltsfeststellungen unrelevant. Sie betreffen nämlich im Wesentlichen die Erstaufnahmelager, welche im Falle des Beschwerdeführers wegen seines bereits gestellten Asylantrages und der offenbar bereits erfolgten Weiterleitung an ein der Territorialkommission im Falle der Rücküberstellung nach Italien nicht mehr zuständig wären.

 

3. Der Beschwerdeführer leidet nicht an einer belastungsabhängigen, krankheitswertigen psychischen Störung oder einer sonstigen somatischen Erkrankung, welche einer Überstellung nach Italien entgegenstehen könnten.

 

Der Beschwerdeführer hat im Verfahren vor dem Bundesasylamt keine gesundheitliche Beschwerden vorgebracht und aus dem Akt der Verwaltungsinstanz ergeben sich auch keine sonstigen Anhaltspunkte dafür anzunehmen, dass der Beschwerdeführer gesundheitliche oder psychische Probleme hat.

 

4. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Verwandten oder sonstigen Bezugspersonen, wie er im Verfahren vor dem Bundesasylamt selbst angegeben hat.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Rechtlicher Rahmen

 

Gemäß § 73 Abs. 1 und § 75 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge: AsylG) iVm § 1 AsylG ist das oben angeführte Gesetz auf Anträge auf internationalen Schutz anzuwenden, die ab dem 01.01.2006 gestellt wurden. Daraus folgt, dass für das gegenständliche Asylverfahren das AsylG 2005 anzuwenden ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat auf Grund der Dublin II-VO zur Prüfung des Antrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG, ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Mitgliedstaat der Dublin II-VO Schutz vor Verfolgung findet.

 

Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO wird ein Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, von jenem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III (Artikeln 6 bis 13 Dublin II-VO) zuständig ist, wobei die dort geregelten Zuständigkeitskriterien nach Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO "in der in diesem Kapitel genannten Reihenfolge" Anwendung finden.

 

Gemäß Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO bestimmt, dass jener Mitgliedstaat, dessen Land-, See- oder Luftgrenze ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten hat, für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist, wenn der Grenzübertritt in besondere auf der Grundlage der Daten nach Kapitel III der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 (Eurodac-VO) festgestellt wird.

 

Gemäß Artikel 16 Abs. 1 lit. c) Dublin II-VO ist der Mitgliedstaat, der nach der Dublin II-VO zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist, gehalten, einen Drittstaatsangehörigen, dessen Antrag er abgelehnt hat und der sich unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, wieder aufzunehmen.

 

Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO kann jeder Mitgliedstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den Kriterien der Art. 6 bis 13 Dublin II-VO nicht zuständig ist. Nach der Judikatur ist dieses Selbsteintrittsrecht zwingend anzuwenden, wenn ein Asylbewerber mit dem Vollzug der Ausweisung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat der Gefahr der Folter oder unmenschlichen Behandlung (Art. 3 EMRK) oder der Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) ausgesetzt wäre (VfGH 08.03.2001, G 117/00 u.a.; VfGH 11.06.2001, B 1541/00; VfGH 15.10.2004, G 237/03 u. a.; VfGH 17.06.2005, B 336/05)

 

Gemäß § 10 AsylG ist ein Bescheid über einen Asylantrag mit einer Ausweisung in einen bestimmten Staat zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückgewiesen (Absatz 1 Ziffer 1) wird und keiner der in § 10 Absatz 2 und Absatz 3 AsylG festgelegten Gründe für die Unzulässigkeit der Ausweisung des vorliegt.

 

Gemäß § 10 Absatz 4 AsylG gilt eine Ausweisung wegen Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers.

 

§ 18 Absatz 1 AsylG besagt, dass das Bundesasylamt und der Asylgerichtshof in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken haben, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

 

Zulässigkeit der Beschwerde und Verfahren vor dem Asylgerichtshof

 

Die Beschwerde fristgerecht beim Asylgerichtshof eingebracht worden und es bestehen keine Bedenken gegen ihre Zulässigkeit.

 

Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte im Verfahren vor dem Asylgerichtshof von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung

 

Die angefochtene Entscheidung ist rechtmäßig, da das Bundesasylamt keine Verfahrensfehler begangen hat sowie zu Recht festgestellt hat, dass Österreich für die Prüfung des Asylantrags des Beschwerdeführers nicht zuständig ist und zu Recht die Ausweisung nach Italien verfügt hat.

 

Ordnungsgemäßes Verfahren vor dem Bundesasylamt

 

Der Asylgerichtshof stellt zunächst fest, dass das Verwaltungsverfahren rechtmäßig durchgeführt wurde.

 

Dem Beschwerdeführer wurde insbesondere durch die Erstbefragung, die Einvernahme mit vorhergehender Rechtsberatung und schließlich durch das erneute Parteigehör unmittelbar vor Erlass des angefochtenen Bescheides - alle jeweils unter Zuhilfenahme geeigneter Dolmetscher - ausreichend rechtliches Gehör gewährt. Ihm wurde weiters vor der ersten Einvernahme und innerhalb von 20 Tagen ab Einbringen seine Antrags schriftlich mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Asylantrag wegen Zuständigkeit Italien zurückzuweisen (§§ 28, 29 AsylG).

 

Das Bundesasylamt hat auch nicht gegen die Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln verstoßen (§ 18 AsylG). Insbesondere hat die Verwaltungsinstanz dem angefochtenen Bescheid ausführliche Ermittlung im Hinblick auf das Asylverfahren und die Grundversorgung der Asylwerber in Italien zugrunde gelegt.

 

Unzuständigkeit Österreichs

 

Der Asylgerichtshof stellt fest, dass das Bundesasylamt keine Beurteilungsfehler begangen hat als es feststellte, dass für die Prüfung des Asylantrags des Beschwerdeführers ausschließlich Italien zuständig ist.

 

Zur Zuständigkeit Italiens

 

Was zunächst die Feststellung der Zuständigkeit Italien betrifft, so hat das Bundesasylamt diese Zuständigkeit im angefochtenen Bescheid zwar fälschlicherweise auf Art. 16 Absatz 1 lit. c i.V.m. Art. 20 Abs. 1 c Dublin II-VO gestützt. Inhaltlich ist die Feststellung jedoch richtig, da sie sich die Zuständigkeit aus Art. 10 Abs. 1 Dublin-II-VO ergibt. Der Beschwerdeführer hatte nämlich - wie sich aus dem oben I.4. unter 1. festgestellten Sachverhalt - das Gebiet der Mitgliedstaaten durch illegale Einreise in Italien betreten.

 

Zur Zuständigkeit Österreichs durch Selbsteintritt

 

Schließlich besteht auch keine Pflicht Österreichs, vom Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch zu machen. Im vorliegenden Fall besteht nämlich kein Grund anzunehmen, dass die Nichtzulassung zum Asylverfahren in Österreich wegen der damit verbunden Ausweisung nach Italien im konkreten Fall einen Verstoß der österreichischen Behörde gegen die Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 3 oder Art. 8 EMRK darstellt.

 

Was eine Verletzung von Art. 3 EMRK betrifft, so ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt (I.4. unter 2.), dass der Beschwerdeführer nicht konkret Gefahr läuft, durch die Überstellung nach Italien einer unmenschlichen Behandlung unterworfen zu werden.

 

Was eine Verletzung von Art. 8 EMRK betrifft, so stellt der Asylgerichtshof fest, dass das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid zu Recht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass - wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt (I.4. unter 3.) ergibt - die Verweigerung eines Asylverfahrens in Österreich mangels familiärer Beziehungen keinen Verstoß gegen diese Bestimmung bedeuten kann

 

Es liegt auch kein Eingriff auf das Recht auf Schutz des Privatlebens vor, da in der Person des Beschwerdeführers nicht von einer verfestigten Integration in Österreich gesprochen werden kann.

 

Rechtmäßigkeit der Ausweisung

 

Was die Rechtmäßigkeit der Ausweisung nach Deutschland betrifft, so ergibt sich diese zunächst unmittelbar aus § 10 Absatz 1 Z. 1 AsylG, da der Antrag auf internationalen Schutz - wie oben unter 3.2. dargelegt - vom Bundesasylamt zu Recht zurück gewiesen wurde.

 

Es ergeben sich auch weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus sonstigen Anhaltspunkten Gründe dafür anzunehmen, dass die sofortige Ausweisung wegen Verstoßes gegen § 10 Abs. 2 AsylG iVm.

Artikel 3 EMRK oder gegen § 10 Abs. 3 iVm. Artikel 8 EMRK unzulässig wäre. Insoweit verweist der Asylgerichtshof auf die oben unter

3.2.2. gemachten Ausführungen.

 

Da die Ausweisung nach Österreich rechtmäßig ist, hat das Bundesasylamt auch zu Recht festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung zulässig ist. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 10 Abs 4 AsylG.

Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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