TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/17 E11 319418-1/2008

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Veröffentlicht am 17.11.2008
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Spruch

E11 319.418-1/2008-6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. KINZLBAUER als Vorsitzenden und die Richterin Dr. ZOPF als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Frau BIRNGRUBER über die Beschwerde der K.H., geb. am 00.00.1986, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.04.2008, FZ. 07 11.368-BAG, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2008/4 als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Die Beschwerdeführerin (nachfolgend auch BF genannt), ein Staatsangehörige von Armenien, reiste mit ihrem Gatten (D.G., E11 319.417-1/2008) am 6.12.2007 illegal nach Österreich ein und stellte am 6.12.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde sie am 6.12.2007 erstbefragt und zu den im Akt ersichtlichen Daten von Organwaltern der Polizei sowie des Bundesasylamtes (nachfolgend BAA) niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenen Bescheid vollständig wieder gegeben, weshalb an dieser Stelle hierauf verwiesen wird.

 

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte die BF keine eigenen Asylgründe vor und bezog sich auf die Angaben ihres Gatten. Dieser brachte im Wesentlichen vor, dass er befürchtet, in Armenien von der Polizei verfolgt zu werden. Er habe sich am 00.5.2007 in einem Restaurant namens P. aufgehalten, und wäre - wie sämtliches Personal als auch sonstigen Gäste - nach dem Vernehmen lauter Stimmen auf der Straße, ins Freie gelaufen. Dabei habe er eine Leiche auf dem Gehsteig liegen gesehen. Ein Polizeiwagen war bereits vor Ort gewesen. Es seien um die ermordete Person sowohl Polizisten als auch Zivilisten gestanden. Er sei daraufhin wieder ins Lokal gegangen, um seinen Kaffee auszutrinken und wollte anschließend nach Hause gehen. Im Lokal sind die Personalien von allen Anwesenden aufgenommen worden. Sie seien auch befragt worden. Der Gatte schilderte der Polizei, dass er nichts gesehen habe. Dann sei er mit dem Taxi nach Hause gefahren. Dort sei er von einem Mann, der erklärte, dass er Polizeibeamter sei, nochmals befragt worden, wobei dieser sagte, dass es gut sei, dass er nichts gesehen hätte. Weiters erklärte der Mann, dass der Gatte zu einer weiteren Einvernahme abgeholt werden würde. Am 00.5.2007 sei der Gatte von zwei Polizisten für den 00.5.2007 zu einer Zeugenaussage vorgeladen worden. Aus den Nachrichten habe der Mann erfahren, dass der Besitzer des Restaurants P., Selbstmord verübt hätte, da er aus dem Fenster des Polizeigebäudes gesprungen sei. An diesem Abend des 00.5.2007 sei der Gatte noch einmal von dem Polizeibeamten, der ihn bereits am 00.5.2007 aufgesucht hatte, zu ihm nach Hause (im Hof) gekommen. Diesmal wären sie, die Familie, von dem Beamten bedroht worden. Dies stellte sich so dar, dass der Gatte gewarnt wurde, nichts Falsches zu sagen, da ansonsten es ihm bzw. seiner Familie schlecht ergehen würde. Daraufhin bzw. auf Anraten des Vaters des Gatten seien sie zu den Verwandten nach S., Dorf N., dem Geburtsort des Gatten, gefahren. Dort hielten sie sich vom 00.5. bis zu ihrer Ausreise am 00.11.2007 unbehelligt auf.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 25.04.2008, FZ. 07 11.368-BAG, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der BF mit umfangreicher Begründung als unglaubwürdig. Diesbezüglich wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz betreffend ihres mitgereisten Ehemannes wurde im Rahmen eines Familienverfahrens gleichlautend entschieden.

 

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 6.5.2008, eingebracht durch RA Dr. Farhad PAYA, innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

 

Im Wesentlichen wurde nach Darlegung allgemeiner rechtlicher und sonstiger Ausführungen das bereits in den Einvernahmen vor dem BAA geschilderte Geschehen wiederholt. Die BF befürchte im Falle einer Rückkehr nach Armenien mit einer gravierenden Gefahr für Leib und Leben rechnen zu müssen.

 

Hinsichtlich des weiteren Verfahrensherganges bzw. des Vorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) fest.

 

III. Artikel 151 Abs. 39 Z. 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lauten:

 

(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:

 

Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.

 

Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gem. § 73 (1) Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) tritt dieses Gesetz mit der Maßgabe des § 75 (1) leg. cit in Kraft, wonach alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen sind.

 

Gegenständliches Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig, weshalb es nach den Bestimmungen des AsylG 2005 idgF zu Ende zu führen war.

 

Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren gemeinsam mit dem Verfahren ihres Gatten D.G. (Zl.: E11 319.417-1/2008) gemäß § 34 AsylG vor.

 

§ 34 AsylG lautet wie folgt:

 

(1) Stellt ein Familienangehöriger (§ 22 Z 2) von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist; einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.

 

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, es sei denn,

 

dass die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat möglich ist oder

 

dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

 

Familienangehörige sind gem. § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familieneigenschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Die Beschwerde ihres oa. Familienangehörigen wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom heutigen Tag gem. §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005, BGBl I Nr 100/2005, abgewiesen. Die BF kann für sich daraus somit nicht den Status eines Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten ableiten.

 

Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.

 

Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesasylamt hat in sehr anschaulicher Weise die zahlreichen Widersprüche in den Aussagen zu den fluchtkausalen Ereignissen aufgezeigt, um die mangelnde Glaubwürdigkeit darzulegen. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation in Armenien auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation der BF gebracht. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. für viele exemplarisch VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).

 

Sofern in der Beschwerde seitens der BF das erstinstanzliche Verfahren moniert wird, wird festgestellt, dass nach Ansicht des AsylGH, wie bereits oben ausgeführt, das BAA ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. demzufolge außer Acht gelassen werden, da die Erstbehörde dies ausreichend dargelegt hat. Der BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des BAA dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des BAA aufgekommen wären. Von der BF konnten keine nachvollziehbaren Ausführungen dargelegt werden, welche geeignet waren, vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das BAA auszugehen. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus dem Ausführungen der BF ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden.

 

Zum Vorwurf der amtswegigen Ermittlungspflicht ist festzustellen, wenn die Partei der Meinung sei, dass die Ermittlungen unvollständig oder nicht richtig sind, muss sie - im Rahmen des ihr zu gewährenden Parteiengehörs - konkrete Vorbringen erstatten, was gegen die Ermittlungsergebnisse der Behörde spricht und allenfalls Gegenbeweise vorlegen (VwGH 14.12.1995, 95/19/1046). Unterlässt sie die erforderliche Mitwirkung, kann der Behörde aus der Unterlassung weiterer Ermittlungen kein Vorwurf gemacht werden (VwGH 20.9.1999, 98/21/0138).

 

Wenn nunmehr moniert wird, dass durch den Dolmetsch elementare Textpassagen bei den Einvernahmen nicht übersetzt wurden bzw. durch diesen von Vornherein als unwichtig abgetan wurden, wird festgestellt, dass bei jeder der Einvernahmen nachgefragt wurde, ob die Ausführungen des Dolmetsch einwandfrei waren, zu konkretisieren wären oder ergänzungsbedürftig wären ("Haben Sie außer den geschilderten Problemen noch andere in der Heimat ?", "Wollen Sie noch etwas vorbringen, was nicht zur Sprache gekommen ist und Ihnen wichtig erscheint?", "Hat es während der Einvernahme Verständigungsprobleme mit dem Dolmetsch gegeben?"). Es wurde immer ausdrücklich erklärt, dass die einwandfreie Verständigung gegeben war. Die Angaben (Übersetzungen) der Dolmetscherin waren daher nicht anzuzweifeln. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Behörde die Übersetzungen der Dolmetscherin in Form eines SV-Gutachten gewürdigt hätte. Weiters erscheint es nicht plausibel, wie in der Berufungsschrift angemerkt, dass es bloß zu einer "mündlichen Übersetzung des erstinstanzlichen Bescheides im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme, die dem AW lediglich einen Überblick über den Inhalt der Entscheidung samt Begründung verschafft habe", gekommen sei. Dieser angeblichen Vorgangsweise der Behörde wird dadurch entgegen getreten, dass der Bescheid erst nach der Einvernahme verfasst und erlassen wurde. Auch wäre dem Verhandlungsleiter der Erstbehörde aufgefallen, hätte die Dolmetscherin, wie in der Beschwerdeschrift angeführt, ganze Textpassagen nicht übersetzt. Wenn noch angeführt wird, dass die Dolmetscherin über die Sicherheitsbehörden in Armenien berichtete, so ist festzustellen, dass es sich dabei um Länderfeststellungen zu Armenien handelte, die den AW zur Kenntnis gebracht wurden.

 

Zum weiteren Vorbringen, dass die Aussagen anlässlich der Einvernahmen zu den Vorfällen am 9.5.2007 mangelhaft protokolliert wurden, ist auf oa. Ausführungen zu verweisen.

 

Hinsichtlich der in der Beschwerdeschrift angeführten Beurteilung, dass im Falle der Abschiebung nach Armenien mit Misshandlungen zu rechnen wäre, da die Polizei nach ihrem Gatten sucht, ist entgegen zu halten, dass sie (die Familie) am 14.11.2007 legal aus Armenien nach der Ukraine ausgereist sind. Bei einer Ausreise aus Armenien wird jede Person mit der aufliegenden Fahndungsliste der Polizei verglichen. Da der Gatte (und Gattin) ungehindert legal ausreisen konnten, besteht offensichtlich keine Ausschreibung. Auch konnte keinerlei Beweismittel vorgelegt werden, aus denen hervorgeht, dass in Armenien von der Polizei oder einer anderen Behörde eine Ausschreibung bestehe.

 

Die Beschwerdeschrift bringt, nicht näher konkretisiert, weiters vor, dass bei der Abschiebung in die Heimat asylrelevante Verfolgung drohe und sofort Gefahr einer unmenschlichen Behandlung drohe. Der Asylgerichtshof geht im Ergebnis davon aus, dass der diesbezügliche Sachverhalt ausreichend geklärt war und auch die Beschwerde nicht ausreichend konkretisiert und substantiiert war um die erstinstanzliche Beweiswürdigung bzw. den beweiswürdigend festgestellten Sachverhalt erfolgreich zu bekämpfen. Der Asylgerichtshof hat durch die im Bescheid zitierten Quellen Beweis erhoben und daraus Feststellungen getroffen. Soweit aus Quellen älteren Datums zitiert wurde, geben jüngere, ebenfalls genannte Quellen im Wesentlichen das gleiche Bild bzw. dienen diese dazu einen chronologischen Ablauf von relevanten Situationen darzustellen. Die Quellen wurden in der Einvernahme genannt und deren Inhalt erörtert sowie die Möglichkeit eingeräumt dazu Stellung zu beziehen.

 

Zum Vorbringen, dass auf Grund der Schwangerschaft der BF die medizinische Versorgung in Armenien nicht gewährleistet ist, wird auf die Ausführungen im angeführten Bescheid des BAA (14f) verwiesen. Weiters ist festzuhalten, dass es in Armenien zahlreiche internationale Hilfsorganisationen bzw. lokale Nicht-Regierungsorganisationen mit internationaler Unterstützung gibt, die sich um sozial Bedürftige kümmern, z.B. Mental Health Foundation Armenia (Deutsche Vertretung in Armenien, 25.7.2005). Weiters ist auf Grund der Erkenntnisse der Botschaft festzustellen, dass die Behandlung bei notwendiger Klinikeinweisung (medizinischer Behandlung) gemäß dem Gesetz kostenlos zu erfolgen hat.

 

Nach Ansicht des AsylGH hat das Bundesasylamt wie bereits oben ausgeführt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären, weshalb sich der Asylgerichtshof dadurch nicht zu weiteren Erhebungsschritten und insbesondere auch nicht zur Abhaltung einer mündlichen Verhandlung veranlasst sieht; dies insbesondere auch unter dem Aspekt des insgesamt mängelfreien und umfassenden Verfahrens des BAA.

 

Im gegenständlichen Fall ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ihre vorgebrachte Bedrohung bzw. Verfolgungsgefahr im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG iVm § 8 Abs 1 AsylG 2005 im dargestellten Ausmaß glaubhaft zu machen, weshalb sich daraus auch kein zu berücksichtigender Sachverhalt ergibt, der gemäß § 50 Abs 1 iVm § 8 Abs 1 AsylG 2005 zur Unzulässigkeit der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung in den Herkunftsstaat führen könnte.

 

Wenn auch in Armenien eine wirtschaftlich schwierigere Situation als in Österreich besteht, so ist in einer Gesamtbetrachtung, unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Beschwerdeführers, festzuhalten, dass von einer lebensbedrohenden Notlage in seinem Herkunftsstaat, welche bei einer Rückkehr die reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung iSd Art 3 EMRK indizieren würde, aus Sicht des Asylgerichtshofes nicht gesprochen werden kann.

 

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine gesunde, erwachsene, arbeitsfähige Frau, die ihren Beitrag zum gemeinsamen Lebensunterhalt leisten kann. Es ist der BF auch zumutbar, durch eigene und notfalls auch wenig attraktive und ihrer bisherigen Tätigkeit nicht entsprechende Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite, zB. Verwandtschaft, Hilfsorganisationen, religiös-karitativ tätige Organisationen - erforderlichenfalls unter Anbietung seiner gegebenen Arbeitskraft als Gegenleistung - jedenfalls auch nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten, beizutragen, um das zum gemeinsamen Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen zu können. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer 'Schatten- oder Nischenwirtschaft' stattfinden. Auf kriminelle Aktivitäten wird hiermit nicht verwiesen.

 

Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß § 67 AsylG 2005 zB. auch eine finanzielle Rückkehrhilfe (über diese wird im erstinstanzlichen Verfahren schon informiert) als Startkapital für die Fortsetzung des bisherigen Lebens in Armenien gewährt werden kann. Im Rahmen der Rückkehrhilfe wird dabei der Neubeginn zu Hause unterstützt, Kontakt zu Hilfsorganisationen im Heimatland vermittelt, finanzielle Unterstützung geleistet und beim Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geholfen

(http://www.caritas.at/hilfe-einrichtungen/fluechtlinge/beratung-und-vertretung/rueckkehrhilfe/). Im Rahmen des Projekts ERSO (European Reintegration Support Organisations), einer Kooperation von zwölf europäischen NGOs, findet auch nach der Rückkehr ein entsprechendes Monitoring statt (www.project-erso.eu).

 

Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ergibt sich somit kein "reales Risiko", dass es derzeit durch die Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

 

Es kam im Verfahren nicht hervor, dass konkret für die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückverbringung in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr bestünde, als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein.

 

Aus dem Vorbringen der BF kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatschen kein Hinweis abgeleitet werden, dass diese vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) in dessen Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr ausgesetzt wäre.

 

Auch hinsichtlich der Ausweisung nach Armenien ist festzuhalten, dass das BAA eine korrekte Überprüfung im Sinne der Rechtssprechung vorgenommen hat, familiäre Bezüge zu dauernd aufenthaltsberechtigten Angehörigen der Kernfamilie in Österreich oder zu sonstigen Angehörigen in Österreich, zu denen ein außergewöhnlich enger Bezug oder ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestünde, sind vor der Erstbehörde bis zur Ausfertigung gegenständlichen Erkenntnisses nicht behauptet worden, bzw. hervorgekommen. Ebenso wenig ein zu schützendes Privatleben in Form einer besonderen Integration zum Entscheidungszeitpunkt. Die BF befindet sich mit ihrem Gatten in einem Familienverfahren nach dem AsylG 2005. Die gesamte Familie ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bedroht, weshalb durch die Ausweisung auf Grund dieses Umstandes keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstellt.

 

Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 41 Abs 7 AsylG verwirklicht, und somit von einer mündlichen Verhandlung abzusehen. Weder war der Sachverhalt ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden nicht vorgetragen.

Schlagworte
Ausweisung, Familienverfahren, Glaubwürdigkeit, Lebensgrundlage, medizinische Versorgung, non refoulement, Schwangerschaft
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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