TE UVS Tirol 2003/01/07 2002/11/219-1

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Veröffentlicht am 07.01.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Vorsitzenden Dr.Gert Ebner über die Beschwerde des Herrn A. D., türk. Staatsangehöriger, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. F. P., XY, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 11.11.2002, Geschäftszahl FW-2192, womit gemäß § 61 Abs 1 und 2 Fremdengesetz über Herrn A. D. die Schubhaft unmittelbar nach dessen Haftentlassung aus der am 10.06.2002 in der Justizanstalt Innsbruck angetretenen Strafhaft angeordnet wurde, wie folgt:

 

Gemäß § 72 Abs 1, § 73 Abs 1, Abs 2 und Abs 4 Fremdengesetz wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

 

Gemäß § 73 Abs 2 Fremdengesetz iVm § 79a Abs 1 und 3 AVG iVm § 1 Z 3 der UVS-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl II Nr 499/2001, hat der Beschwerdeführer der obsiegenden belangten Behörde (Bezirkshauptmannschaft Schwaz) den Ersatz für den Vorlageaufwand in Höhe von Euro 41,00 binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides zu ersetzen.

Text

 

Mit Beschwerde vom 09.12.2002 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 11.11.2002, GZl FW-2192, Beschwerde gemäß § 72 Fremdengesetz an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol.

 

In der Beschwerde wird Folgendes ausgeführt:

 

"Der Beschwerdeführer (BF) erhebt gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 11. November 2002, GZl FW-2192, dem Verfahrenshelfer zugestellt am 12.November 2002, innerhalb offener Frist gemäß § 61 Abs 4 Fremdengesetz iVm § 72 Fremdengesetz

 

Beschwerde

 

an den Unabhängige Verwaltungssenat für das Bundesland Tirol.

 

A. Anfechtungsumfang:

 

Der Bescheid der belangten Behörde wird seinem gesamten Inhalte und Umfange nach wegen Rechtswidrigkeit angefochten.

 

B. Sachverhalt:

 

1. Der BF lebt seit 1992 mit seinen Eltern und seinem Bruder sowie mit dem Großteil seiner nahen Angehörigen in Österreich. Er hat bereits in Österreich gearbeitet, hat von der Bezirkshauptmannschaft Schwaz jeweils die erforderlichen Aufenthaltsbewilligungen erhalten, insbesondere auch eine Aufenthaltsbewilligung mit unbefristeter Gültigkeit zum Zweck der Familiengemeinschaft mit Fremden.

 

2. Der BF wurde vom Landesgericht Innsbruck am 24. Februar 1997 wegen § 202 Abs 1 StGB verurteilt, wobei gemäß § 13 Abs 1 JGG der Ausspruch der Strafe für eine Probezeit von 3 Jahren vorbehalten wurde. Am 25. März 1999 erfolgte eine zweite Verurteilung durch das Landesgericht Innsbruck wegen §§ 127, 129 Z 2 StGB. Der BF wurde unter nachträglichem Strafausspruch zum Urteil vom 24. Februar 1997 für beide Delikte (lediglich) zu einer Geldstrafe von 240 Tagessätzen verurteilt, wobei 100 Tagessätze für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden.

 

3. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 22. Juni 1999, GZl 20.954/1-99, wurde über den BF ein auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet der Republik Österreich verhängt. Das vorgenannte Aufenthaltsverbot wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der BF infolge der unter Punkt 2. genannten rechtskräftigen Verurteilungen, jeweils des Landesgerichtes Innsbruck die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit in Österreich gefährde.

 

4. Vom Verwaltungsgerichtshof wurde die Beschwerde des BF gegen den Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 22. Juli 1999 mit Erkenntnis vom 24. Juli 2002 als unbegründet abgewiesen. Das über den BF verhängte Aufenthaltsverbot ist somit rechtskräftig.

 

5. Aufgrund des Zusammenwirkens widriger Umstände, insbesondere aufgrund des falschen Freundeskreises des BF, wurde der BF erneut straffällig und im Verfahren des Landesgerichtes Innsbruck zu 23 Hv 185/99, zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bzw mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 15. Mai 2002, 36 Hv 9/02d, wegen der §§ 107 Abs 1 StGB, 27 Abs 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt.

 

Seit 10. Juni 2002 befindet sich der BF in Strafhaft in der Justizanstalt Innsbruck.

 

6. Mit Bescheid vom 11. November 2002, GZl FW-2192, wurde von der Bezirkshauptmannschaft Schwaz zur Sicherung der Abschiebung des BF über den BF unmittelbar nach dessen Haftentlassung aus der Strafhaft die Schubhaft verhängt.

 

C. Beschwerdegründe:

 

Der BF macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.

 

1. Mangelhafte Rechtsmittelbelehrung:

 

In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheids führt die Bezirkshauptmannschaft Schwaz aus, gemäß § 62 Abs 4 Fremdengesetz 1997 idgF könne die Verhängung der Schubhaft mit Beschwerde gemäß § 72 angefochten werden.

 

Ein Abs 4 zu § 62 Fremdengesetz 1997 existiert nicht. Die Rechtsmittelbelehrung ist somit mangelhaft.

 

2. Rechtswidrigkeit der Verhängung der Schubhaft:

 

a. Die Bezirkshauptmannschaft Schwaz führt in der Begründung zur Verhängung der Schubhaft über den BF aus, dass es aufgrund des im angefochtenen Bescheid aufgezeigten Sachverhaltes zur Sicherung der Durchführung der Abschiebung unbedingt notwendig sei, den BF in Schubhaft zu nehmen, da aufgrund der gezeigten Verhaltensweise zu befürchten sei, der BF würde seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen bzw ? um der Abschiebung zu entgehen ? untertauchen und neuerlich straffällig werden.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Schwaz führt des weiteren aus, dass aus den Begründungsausführungen ersichtlich sei, der BF sei selbst nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht gewillt gewesen, sich den in Österreich geltenden Gesetze anzupassen. Daraus rechtfertige sich nach Ansicht der belangten Behörde die Annahme, dass die Anwendung gelinderer Mittel selbst unter Berücksichtigung der geltend gemachten, verbundenen Bedingungen bzw behördlichen Anordnungen im vorliegenden Fall nicht geeignet sei, den Zweck der Schubhaft zu erreichen.

 

Die Ansicht der belangten Behörde ist aus den nachstehenden Gründen rechtsirrig:

 

b. Gemäß § 56 Abs 1 Fremdengesetz können Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar ist, von der Behörde zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn

-

die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit notwendig erscheint oder

-

sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind oder

-

aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen oder

-

sie dem Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

 

Aus dem von der belangten Behörde dargelegten Sachverhalt erwächst kein Hinweis darauf, dass sich der BF einer Abschiebung aus Österreich entziehen würde. Die Verfehlungen gegen die österreichische Rechtsordnung standen im Wesentlichen im Zusammenhang mit dem negativen Einfluss des falschen Freundeskreises des BF. Dieser Einflusssphäre ist der BF jedoch nunmehr entzogen.

 

Darüber hinaus ist der BF bezüglich der von ihm zu verantwortenden Straftaten einsichtig und wird auch dem Aufenthaltsverbot Folge leisten. Die Ausnutzung der ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid diente ausschließlich der berechtigten rechtlichen Überprüfung. Allein daraus bzw aus den vom BF zu vertretenden Straftaten lässt sich der Schluss, der BF hege allenfalls die Absicht, sich einer tatsächlichen Abschiebung aus Österreich zu entziehen, jedenfalls nicht rechtfertigen.

 

Die Straftaten, für die der BF gegenwärtig eine Haftstrafe verbüßt, liegen bereits über ein Jahr zurück. In dieser Zeit ? bis zum Antritt der Haftstrafe ? ist der BF nicht mehr auffällig geworden und hat dieser ? in Abkehr zu seinem bisherigen Verhalten ? die Gesetze Österreichs eingehalten. Der BF ist darüber hinaus in sein familiäres Umfeld eingegliedert, was ihm zusätzlich Stabilität in der Fortführung des geänderten Lebenswandels vermittelt. Dem negativen Einfluss des früheren Freundeskreises unterliegt ? wie bereits aufgezeigt ? der BF nicht mehr.

 

c. Die Behörde kann gemäß § 66 Abs 1 Fremdengesetz von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Als gelinderes Mittel kommen insbesondere die Anordnungen in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen bzw sich nach einer erkennungspflichtigen Behandlung in die von der Behörde bezeichnete Unterkunft zu begeben und sich jeden zweiten Tag bei der bekannt gegebenen Sicherheitsdienststelle zu melden.

 

In seinem Antrag vom 5. November 2002 an die belangte Behörde hat der BF bereits darauf hingewiesen, dass es aufgrund der langen Aufenthaltsdauer des BF im Bundesgebiet sowie der damit zusammenhängenden gesellschaftlichen Eingliederung in das familiäre uns soziale Umfeld in dessen berechtigten Interesse liegt, vor Verlassen der Republik Österreich wichtige, noch ausstehende Erledigungen durchführen zu können.

 

Der BF beabsichtigt, sich in der Türkei eine neue Existenz aufzubauen. Dies wird mit einem erheblichen Kosten- und Organisationsaufwand verbunden sein. Der BF hat in Österreich noch offene Forderungen, deren Eintreibung aus dem Ausland nicht nur mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten verbunden wäre, sondern eine Einbringlichmachung dieser Forderung aller Wahrscheinlichkeit nach völlig unmöglich machen würde.

 

Der BF ist auf diese Geldmittel für die Gründung seiner neuen Existenz in der Türkei angewiesen. Es würde ihm ein nicht wiedergutzumachender Schaden entstehen.

 

Wie bereits ausgeführt, ist der BF gewillt, sich dem rechtskräftigen Aufenthaltsverbot für die nächsten 5 Jahre zu beugen, allerdings steht es in seinem berechtigten Interesse, hiezu die erforderlichen Erledigungen vor seiner Ausreise in Österreich zu tätigen. Dies ist derzeit aufgrund der Haftstrafe nicht möglich. Eine unmittelbar nach der Haftstrafe zu verhängende Schubhaft steht demnach daher den berechtigten Interessen des BF entgegen.

 

Die Bereitschaft des BF, dem Aufenthaltsverbot Folge zu leisten, ergibt sich insbesondere auch bereits daraus, dass der BF in seinem Antrag vom 5. November 2002 seine Bereitschaft erklärt hat, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen und sich zumindest jeden zweiten Tag bei einer ihm bekannt zu gebenden Sicherheitsdienststelle zu melden. Der BF bzw dessen Vater haben sich darüber hinaus bereit erklärt, bei der Behörde eine angemessene Kaution zu hinterlegen.

 

Angesichts dieser Vorgehensweise und der vom BF nachgewiesenen Bereitschaft zur Einhaltung der behördlichen Auflagen hätte die Erstbehörde ? insbesondere bei umfassender richtiger rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes ? nicht zum Schluss gelangen dürfen, dass die für die Verhängung der Schubhaft erforderlichen Voraussetzungen vorliegen.

 

d. Darüber hinaus ist die Betrachtungsweise der Erstbehörde auf einen Zeitpunkt bezogen und unterlässt es, die gegenwärtige Situation des BF miteinzubeziehen. Es wäre aufgrund obiger Ausführungen insbesondere auch davon auszugehen gewesen, dass es beim BF allein schon aufgrund der Spezialpräventivwirkung der verhängten Freiheitsstrafe zu einem Gesinnungswandel kommen werde ? worauf ja die Verhängung der Freiheitsstrafe insbesondere gerichtet ist ? und dieser in Hinkunft die Gesetze einhalten werde.

 

Die belangte Behörde hätte somit davon ausgehen müssen, dass der BF seiner Verpflichtung zur Ausreise insbesondere auch aufgrund der angebotenen Sicherheitsleistungen entsprechend nachkommen werde.

 

Die Überwachung der Ausreise des BF ist auch durch die Anwendung der oben genannten gelinderen Mittel ? insbesondere auch im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ? ausreichend gewährleistet.

 

Im gegenständlichen Fall liegt somit keine ausreichende Begründung für die Verhängung der Schubhaft über den BF vor. Vielmehr stellt eine solche Maßnahme einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Persönlichkeitsbereich des BF dar. Gelindere Mittel wären jedenfalls anzuwenden gewesen.

 

Die belangte Behörde hat daher gegenständlichenfalls die öffentlichen Interessen an einer sofortigen ? nach Beendigung der Strafhaft ? Ausreise des BF gegen jene Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, falsch abgewogen.

 

D. Bestimmtes Begehren:

 

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen stellt der BF somit die

 

Anträge:

 

der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol möge

 

1. den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 11. November 2002, GZl FW-2192, womit über den BF die Schubhaft verhängt wurde und dessen Antrag auf Abschiebungsaufschub keine Folge gegeben wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes zur Gänze aufheben und zu Überwachung der Ausreise des BF aus Österreich ein gelinderes Mittel im Sinne von § 66 Fremdengesetz anordnen, insbesondere, allenfalls unter Hinterlegung einer angemessenen Kaution, die Anordnung an den BF erteilen, nach Entlassung aus dessen Strafhaft in bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen und sich zumindest jeden zweiten Tag bei einer bekannt zu gebenden Sicherheitsdienststelle zu melden;

 

2. jedenfalls öffentliche mündliche Verhandlung anberaumen;

 

3. den Bund als Rechtsträger der belangten Behörde verpflichten, dem BF den Beschwerdeaufwand binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu Handen des Rechtsvertreters zu ersetzen.

 

Aufwandersatz wird wie folgt geltend gemacht:

 

Aufwandersatz für Schriftsatz inkl. USt EURO 732,00"

 

Die Bezirkshauptmannschaft Schwaz hat mit Schreiben vom 18.12.2002 den Bezugsakt an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol in Vorlage gebracht und dabei Folgendes ausgeführt:

 

"In der Anlage wird der gegenständliche Akt mit der Bitte um Entscheidung vorgelegt.

 

Gleichzeitig wird folgende

 

Gegenschrift

 

erstattet:

 

Gemäß § 61 Abs 1 Fremdengesetz 1997 können Fremde festgenommen  und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 61 Abs 2 leg.cit ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

§ 66 Abs 1 Satz 1 leg.cit bestimmt, dass die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen kann, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Nach § 66 Abs 2 leg.cit kommt als gelinderes Mittel insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen. Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, dies hätte bereits aus dem Grunde des § 96 Abs 1 Z 1 von Amts wegen zu erfolgen. Gemäß § 66 Abs 3 leg.cit hat sich der Fremde nach der erkennungsdienstlichen Behandlung in die von der Behörde bezeichnete Unterkunft zu begeben und sich jeden zweiten Tag bei der ihm bekannt gegebenen Sicherheitsdienststelle zu melden.

 

Gegen den türkischen Staatsangehörigen A. D. wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 22.06.1999 ein für fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen und von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol bestätigt. Die Beschwerde gegen den Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 22.07.1999 wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 24.07.2002 als unbegründet abgewiesen. Das rechtskräftige Aufenthaltsverbot ist daher auch durchsetzbar.

 

Das verhängte Aufenthaltsverbot gründet sich auf die in der Folge genannten strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers:

Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 24.02.1997, 39 Vr 3243/96 Hv 5/97, wegen des Vergehens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (Ausspruch der zu verhängenden Strafe wurde für eine Probezeit von drei Jahren gemäß § 13 JGG vorbehalten). Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 25.03.1999, 23 Evr 353/99 Ehv 36/99, wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 2 StGB unter gleichzeitiger nachträglicher Straffestsetzung im Verfahren 39 Vr 3243/96 Hv 5/97 ? Geldstrafe in der Höhe von 240 Tagessätzen, wobei ein Teil der verhängten Geldstrafe im Ausmaß von 100 Tagessätzen für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

 

Auch nach Erlassung des (zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftigen) Aufenthaltsverbotes wurde der Beschwerdeführer erneut strafgerichtlich verurteil:

Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 16.12.1999, 23 Vr 1556/99 23 Hv 185/99 wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB und des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB ? Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr. Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung hat das Oberlandesgericht Innsbruck keine Folge gegeben (Urteil vom 10.05.2000, 6 Bs 187/00).

Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 04.02.2002, Zl 36 Hv 9/02d wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, des Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 StGB und des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG ? Freiheitsstrafe in der Dauer von 5 Monaten. Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung hat das Oberlandesgericht Innsbruck keine Folge gegeben (Urteil vom 15.05.2002, 6 Bs 162/02).

 

Zur Sicherung der Abschiebung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 11. November 2002, Zl FW-2192, die Schubhaft über A. D. verhängt. Dem vom  nunmehrigen Beschwerdeführer durch dessen Rechtsvertreter schriftlich eingebrachten Ersuchen vom 05.11.2002, von der Anordnung der Schubhaft Abstand zu nehmen und gelindere Mittel anzuwenden, konnte dabei aus folgenden Gründen nicht entsprochen werden:

 

A. D. hat wiederholte und schwerwiegende Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung zu verantworten. Sogar nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer ist dieser erneut straffällig geworden. Die belangte Behörde hat daher massive Zweifel, dass der Zweck der Schubhaft durch gelindere Mittel erreicht werden kann. Nach Auffassung der belangten Behörde besteht auf Grund der bisher vom Beschwerdeführer gezeigten Verhaltensweise vielmehr Grund zur Annahme, dass der Beschwerdeführer bei Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft erneut straffällig wird oder sich der Ausreiseverpflichtung zu entziehen versucht.

 

Herr D. befindet sich derzeit zur Verbüßung der verhängten Haftstrafen  in der Justizanstalt Innsbruck in Haft. Voraussichtliches Haftende ist der 18.04.2003. Eine Anhaltung des Herrn D. Vollziehung des Schubhaftbescheides der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 11. November 2002, Zl FW-2192, hat somit noch nicht stattgefunden. Eine Beschwerde gemäß § 72 Fremdengesetz ist nach Auffassung der Bezirkshauptmannschaft Schwaz jedoch nur nach erfolgter Anhaltung des A. D. zulässig.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Schwaz stellt daher die

 

Anträge:

der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol möge

1. die Beschwerde des A. D., vertreten durch Dr. F. P., Rechtsanwaltskanzlei G., P., K. & Partner,

XY, gegen den Schubhaftbescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 11.November 2002, Zl FW-2192, als unzulässig zurückweisen bzw die Verhängung der Schubhaft über A. D. bestätigen und die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abweisen sowie

2. der Bezirkshauptmannschaft Schwaz den Ersatz für den Vorlageaufwand gemäß der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung zuerkennen."

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol ist bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen ausgegangen:

 

Gemäß § 72 Abs 1 FrG hat das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wer gemäß § 63 festgenommen worden ist, oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde.

 

Gemäß § 73 Abs 1 FrG ist zur Entscheidung über die Beschwerde der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde.

 

Gemäß § 73 Abs 2 FrG entscheidet über die Beschwerde der Unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im Übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie § 79a AVG mit der Maßgabe, dass

 

1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage iV mit der Beschwerde geklärt erscheint und

2. die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

 

Gemäß § 73 Abs 4 FrG hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, sofern die Anhaltung noch andauert. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden. Die Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides ist jedoch als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Fremde vor der Festnahme deswegen auch den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof angerufen hat.

 

Im Beschwerdefall befindet sich der Beschwerdeführer derzeit zur Verbüßung der verhängten Haftstrafe in der Justizanstalt Innsbruck in Haft. Das voraussichtliche Haftende ist der 18.04.2003. Der angefochtene Schubhaftbescheid wird somit seine Rechtsfolgen erst nach Beendigung der gerichtlichen Haft entfalten.

 

Der Beschwerdeführer wurde somit nicht gemäß § 63 FrG festgenommen und wird auch nicht unter Berufung auf das Fremdengesetz zurzeit angehalten. Nach dem klaren Wortlaut des § 72 Abs 1 FrG fehlt es somit derzeit dem Beschwerdeführer an der Beschwerdelegitimation, weshalb die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist.

 

Die belangte Behörde hat den Zuspruch des Vorlageaufwandes beantragt. Sie ist im gegenständlichen Verfahren als obsiegende Partei anzusehen, weshalb ihr nach § 73 Abs 2 FrG iVm § 79a Abs 1 und 3 AVG iVm § 1 Z 3 der UVS-Aufwandersatzverordnung 2001 der Vorlageaufwand in Höhe von Euro 41,00 zuzusprechen ist.

Schlagworte
Strafhaft, Schubhaft, Ausreiseverpflichtung, unzuässig, zurückgewiesen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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