TE UVS Salzburg 2005/12/16 6/10174/7-2005nu

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Veröffentlicht am 16.12.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Einzelmitglied Mag. Peter Nußbaumer über die Beschwerde des Herrn Klaus G., S., Hauptstraße 7, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Johann P., M., Stadtplatz 6, gegen die Führerscheinabnahme durch ein Organ der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung, folgendes

Erkenntnis:

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 iVm § 67c Abs 3 AVG wird die Beschwerde als

unbegründet abgewiesen.

Die am 2.7.2005, um 10:40 Uhr, auf der Wolfgangsee Bundesstraße, B 158, bei StrKM 32,800 (Gemeindegebiet St. Gilgen) gemäß § 39 Abs 1 FSG erfolgte Abnahme des Führerscheines durch einen Beamten der Polizeinspektion Strobl wird für rechtmäßig erklärt. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 79a Abs 1 AVG abgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Schriftsatz vom 11.8.2005 hat der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Vertreter Beschwerde gegen eine am 2.7.2005 erfolgte Führerscheinabnahme wie folgt eingebracht:

 

"Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren habe ich Herrn Dr. Johann P., Rechtsanwalt in M., Stadtplatz 6, mit der Vertretung meiner Interessen beauftragt; der einschreitende Rechtsanwalt beruft sich auf die ihm erteilte Bevollmächtigung iSd § 10 Abs. 1 AVG.

 

Gegen die Abnahme meines Führerscheines am 02.07.2005 um 10.40 Uhr durch. die Polizeiinspektion 5350 Strobl, Bezirk Salzburg-Umgebung erhebe ich

Beschwerde:

gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG an den Unabhängigen Verwaltungssenat

für Salzburg.

A) Sachverhalt:

Am. 02.07.2005 habe ich gegen 10.30 Uhr das Motorrad mit dem. Kennzeichen BR 4 PIY auf der B 158, Wolfgangsee-Straße im Bereich des Kilometers 42 im Freilandgebiet gelenkt und wurde in St. Gilgen von der Exekutive angehalten, wobei mir zur Last gelegt wurde, die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 69 km/h überschritten zu haben.

Nach durchgeführter Lenker- und Fahrzeugkontrolle hat mir ein Beamter der PI Strobl im Sinne der beiliegenden Bescheinigung nach § 39 Abs. 1 FSG den Führerschein am Ort der Anhaltung abgenommen und mir diese Bestätigung ausgestellt.

Beweis: beiliegende Bescheinigung nach § 39 Abs. 1 FSG B) Frist:

Die in Beschwerde gezogene Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wurde am 02.07.2004 um 10.40 Uhr gesetzt, sodass die vorliegende Beschwerde im Sinne des § 67e Abs. 1 1. Satz AVG fristgerecht eingebracht ist.

C) Beschwerdegründe:

Die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde richtet sich gegen die Abnahme meines Führerscheines nach § 39 Abs. 1 FSG und wird die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme begehrt. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Straßenaufsicht einem Kfz-Lenker, aus dessen Verhalten deutlich zu erkennen ist, dass er insbesondere infolge Alkohol- oder Suchtmittelgenusses, Einnahme von Medikamenten oder eines außergewöhnlichen Erregungs- oder Ermüdungszustandes nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitzt, den Führerschein vorläufig abzunehmen, wenn er ein Kraftfahrzeug lenkt, in Betrieb nimmt oder versucht, es in Betrieb zu nehmen.

Weiters

die Organe den Führerschein vorläufig abzunehmen, wenn ein Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l oder mehr oder ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder mehr festgestellt wurde oder der Lenker eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit.b oder c StVO begangen hat, wenn der Lenker ein Kfz gelenkt hat, in Betrieb genommen oder versucht hat, es in Betrieb zu nehmen, auch wenn anzunehmen ist, dass der Lenker in diesem Zustand kein Kfz mehr lenken oder in Betrieb nehmen wird (§ 39 Abs. 1 1. und 2. Satz FSG).

Nach dem 4. Satz leg.cit können diese Organe bei mit technischen Hilfsmitteln festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen, die mit einer Entziehung geahndet werden, den Führerschein vorläufig abnehmen.

Vor dem Gesetz sind alle Staatsbürger gleich (Art. 2 StGG). Der Gleichheitssatz bindet nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlG. 10.492) auch. den Gesetzgeber, wobei die vom Verfassungsgerichtshof entwickelte Prüfungsformel darauf abstellt, dass der Gleichheitsgrundsatz nur. sachlich gerechtfertigte Differenzierungen zuläßt, wobei es auf die objektive Wirkung der Regelung ankommt (VfSlg. 10.090).

Eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung setzt relevante Unterschiede im. Tatsachenbereich (objektive Unterscheidungsmerkmale) voraus. Nach der ständigen Judikatur muß der Gesetzgeber an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen knüpfen, wesentlich ungleiche Tatbestände müssen aber zu entsprechend unterschiedlichen Regelungen führen (VfSlg. 2956 und 11.641 sowie G 217/92 vom 24.06.1993).

In der neueren Judikatur hat der VfGH aus dem Gleichheitssatz in verstärktem Maß ein allgemeines Sachlichkeitsgebot für Gesetze angenommen und in. VfSlg. l2.763 in einer zwingend gleichen Sanktion für Tatbestände reit unterschiedlichem Unrechtsgehalt eine Unsachlichkeit angenommen (vgl. auch VfSlg. 8457 und 10.064 sowie l0.084).

§ 26 Abs. 7 FSG legt fest, dass eine Entziehung nach Abs. 3 und 4 erst ausgesprochen. werden darf, wenn das Strafverfahren in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen. ist. Es steht somit zum Zeitpunkt der Führerscheinabnahme nicht einmal fest, ob es überhaupt zu einem erstinstanzlichen Strafbescheid kommt und auf dessen Grundlage die Lenkberechtigung tatsächlich entzogen wird. Dies bedeutet, dass trotz des in der Judikatur anerkannten Umstandes, dass man nicht durch die Bestrafung, sondern durch die Begehung einer derartigen mir gegenständlich zur Last liegenden Verwaltungsübertretung verkehrsunzuverlässig wird, die Kraftfahrbehörde bis zum Abschluß des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz zuwarten muß und erst dann einen (zweiwöchigen) Lenkberechtigungsentzug aussprechen darf.

Daraus folgt, dass der Gesetzgeber zwar nach einer derartigen Geschwindigkeitsüberschreitung die Abnahme des Führerscheines vorsieht, nicht aber die umgehende Entziehung der Lenkberechtigung; letztere hat zur Voraussetzung, dass das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz abgeschlossen ist. Eine unverzügliche Durchführung des Entzugsverfahrens durch Erlassung eines Mandatsbescheides nach § 57 AVG ist auf der Grundlage der Bestimmung des § 26 Abs. 7 FSG nicht zulässig (vgl. Messiner in ZVR 1997, 336), dies trotz vor Ort abgenommenen Führerscheines.

Entgegen dem ersten Satz spricht der zweite Satz des § 39 Abs. 1 F SG nicht davon., dass der Führerschein abgenommen werden muß, dieser "kann" abgenommen werden, wobei das Gesetz aber keinen Aufschluß  darüber gibt, unter welchen Voraussetzungen dies geschehen kann (vgl. Grubmann, Führerscheingesetz S 366).

 

Nach Art. 18 Abs. 1 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden.

 

Der vierte Satz des § 39 Abs. 1 FSG begegnet Bedenken. gegen das verfassungsgesetzliche Gebot der hinreichenden Bestimmtheit einer gesetzlichen. Regelung, weil die in Rede stehende Bestimmung erhebliche Zweifel daran aufkommen läßt, dass jeglicher Vollzugsakt am Gesetz auf seine Rechtmäßigkeit hin gemessen werden kann (vgl. VfSlg. 11.937 und 12.133).

Das Gesetz bestimmt hier nicht im Ansatz, wie von dieser Ermessensbestimmung Gebrauch zu machen ist und widerspricht meines Erachtens somit dem Legalitätsprinzip. Die Einräumung schrankenlosen Ermessens ist verfassungswidrig (VfSlg. 14.762 und 15.356).

Diesen Anforderungen entspricht meiner Ansicht nach der 4. Satz des § 39 Abs. 1. FSG, welcher im Zuge der gegenständlichen Amtshandlung offenkundig Anwendung fand, nicht.

Diese Bestimmung lautet wie folgt:

?Ebenso können diese Organe bei mit technischen Hilfsmitteln festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen, die mit einer Entziehung geahndet werden, den Führerschein vorläufig abnehmen."

Unzweifelhaft ist die vorläufige Führerscheinabnahme iSd des ersten Satzes des § 39 Abs.1 FSG im Fall eins durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustandes des Lenkers im Sinne der Verkehrssicherheit sachlich gerechtfertigt.

Einer solchen Situation kann aber eine Geschwindigkeitsüberschreitung, wenn diese schließlich auch mit einem Lenkberechtigungsentzug geahndet wird, nicht gleichgesetzt werden.

Der betrunkene oder durch Suchtgift beeinträchtigte Kfz-Lenker wird durch das Gespräch mit dem Exekutivorgan weder nüchtern, noch ändert sich damit der Umstand oder das Ausmaß der Beeinträchtigung; jemand, der nach einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung vom Exekutivorgan angehalten wird, wird mit seinem Fehlverhalten konfrontiert und ist im Sinne der Lebenserfahrung in aller Regel davon auszugehen, dass der Betroffene dann im Zuge der Weiterfahrt keine derartige Übertretungen mehr setzt. Dieser ist in Kenntnis davon, dass wegen der stattgefundenen Geschwindigkeitsüberschreitung eine Anzeige an die Bezirksverwaltungsbehörde erstattet und ihm schließlich die Lenkberechtigung entzogen wird und im Falle einer weiteren derartigen Übertretung binnen zwei Jahren die Entzugsdauer sechs Wochen zu betragen hat (§ 26 Abs. 3 FSG) und eine empfindliche Geldstrafe ins Haus steht.

Die Unsachlichkeit und Gleichheitswidrigkeit des vierten Satzes des § 39 Abs. 1 FSG ergibt sich auch daraus, dass es völlig dem Zufall überlassen ist, ob ein Verkehrsteilnehmer nach einer Geschwindigkeitsüberschreitung angehalten wird. Dies ist von diesem unbeeinflußbar und stellt die Frage der (Nicht)Anhaltung kein Element der Schuld darf, weswegen es meines Erachtens schon deshalb nicht gerechtfertigt ist, an diesen Umstand derart gravierende Maßnahmen zu knüpfen oder nicht (VfSlg. 4470/1963).

 

Dies führt sogar so weit, dass jemand, der entgegen § 97 Abs. 5 StVO trotz eines entsprechenden Anhaltezeichens des Exekutivorganes nicht anhält, bessergestellt ist, als jener, welcher sich diesbezüglich rechtstreu verhält. Der Zulassungsbesitzer des nicht angehaltenen bzw. nicht stehen gebliebenen Kfz hat es überdies in der Hand, ein Lenkerauskunftsersuchen nach § 103 Abs. 2 KFG unbeantwortet zu lassen und somit sich oder den tatsächlichen Lenker zum Preis einer Bestrafung nach § 134 KFG vor einem Lenkberechtigungsentzug zu schützen.

Die Praxis lehrt, dass derjenige, welcher ein Lenkerauskunftsersuchen zugestellt erhält und aufgrund der darin enthaltenen Tatzeitangaben davon ausgeht, dass er die Geschwindigkeit (erheblich) überschritten hat, lieber die Lenkerauskunft verweigert und hiefür die Geldstrafe bezahlt, als dass ihm die Lenkberechtigung entzogen und das Grunddelikt bestraft wird. Die letztgenannte Maßnahme wird in der Praxis stets als gravierenderes Übel empfunden als die Bezahlung der Geldstrafe wegen Geschwindigkeitsüberschreitung oder Verweigerung der Lenkerauskunft.

Mit der vorläufigen Abnahme des Führerscheines nach § 39 Abs. 5 FSG ein gesetzliches Lenkverbot bis zur Wiederausfolgung verbunden.

Nach § 39 Abs. 3 FSG hat die Behörde den vorläufig abgenommenen Führerschein dem Besitzer auf Antrag binnen drei Tagen, gerechnet vom Tag der vorläufigen Abnahme auszufolgen, sofern nicht ein Entziehungsverfahren eingeleitet wird.

Dies muß die Bezirksverwaltungsbehörde aber im Hinblick auf § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG tun, in der Regel mittels Ladungsbescheid oder einem Schreiben, in welchem ausgeführt wird, dass beabsichtigt ist, wegen der gesetzten Geschwindigkeitsüberschreitung die Lenkberechtigung zu entziehen.

Nur dann, wenn der Führerschein wegen eines außergewöhnlichen Erregungs- oder Ermüdungszustandes vorläufig abgenommen wurde, ist er dem Besitzer wieder auszufolgen, wenn dieser die volle Herrschaft über seinen Geist und Körper vor Ablauf von zwei Tagen, gerechnet vom Tage der vorläufigen Abnahme, wieder erlangt hat (§ 39 Abs. 2 2. Halbsatz FSG).

§ 26 Abs. 7 erster Satz FSG spricht zwar davon, dass die ?Entziehung" der Lenkberechtigung erst nach Abschluß des Strafverfahrens erster Instanz ausgesprochen werden darf, die Einleitung des Lenkberechtigungsentzugsverfahrens verbietet aber das Gesetz nicht, weswegen derjenige, dem eine der in Rede stehenden Geschwindigkeitsüberschreitungen zur Last liegt (bestimmte Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG) demjenigen gegenüber in unsachlicher Weise schlechtergestellt ist, dessen Führerschein nach der Verwaltungsübertretung nicht abgenommen wurde. Dieser erspart sich nicht nur erhebliche finanzielle Aufwendungen etwa für eine Taxifahrt vom Anhalte- zum Zielort oder wieder nach Hause oder hat es dieser auch in der Hand, zu einem geeigneten Zeitpunkt zur Behörde zu geben und dort den Strafbescheid wegen Geschwindigkeitsüberschreitung entgegenzunehmen, worauf ihm umgehend die Lenkberechtigung für die ihm § 26 Abs. 3 FSG vorgesehene Zeitspanne entzogen wird.

 

Messiner führt in ZVR 1997, 335 ff unter anderem aus, dass der Verkehrsausschuß des Nationalrates insbesondere wegen der kurzen vom Gesetzgeber angeordneten zweiwöchigen Entziehungsdauer befürchtet, dass Entziehungsbescheide erst nach Ablauf dieser Dauer erlassen werden und daher die Zeit, während der zumindest ein Lenkverbot besteht, die gesetzlich vorgesehene Entziehungsdauer übersteigt, den Wunsch zum Ausdruck gebracht hat, die Behörden mögen ein Entziehungsverfahren ?unverzüglich" durchführen.

Diese Empfehlung übersieht die Bestimmung des § 26 Abs. 7 FSG, wonach die unverzügliche Durchführung dieses Entziehungsverfahrens, etwa durch Erlassung eines Mandatsbescheides nach § 57 AVG nach vorläufiger Abnahme des Führerscheines gar nicht zulässig ist.

Messiner sieht aufgrund dieser Bestimmung des Führerscheingesetzes nicht nur eine unausgewogene Sanktionierung von Übertretungen von Alkoholbestimmungen im Verhältnis zu den in Rede stehenden Geschwindigkeitsüberschreitungen im Hinblick auf ihr Verhältnis zum Ausmaß der Gefährdung der Verkehrssicherheit, sondern auch einen erheblichen Druck auf den Beschuldigten, auf seine ihm im Verwaltungsstrafverfahren zustehenden Verteidigungsrechte im Interesse einer alsbaldigen Wiederausfolgung des Führerscheines zu verzichten.

Die Abnahme des Führerscheines bedeutet auch die Notwendigkeit, das gelenkte Fahrzeug stehen zu lassen, wenn nicht zufällig eine Person mit einer entsprechenden Lenkberechtigung (und mitgeführtem Führerschein) sich im Fahrzeug befindet. Dies unabhängig davon, wie weit sich der Abstellort vom Wohn- oder Zielort entfernt befindet. Dies bedeutet zum Beispiel bei Geschwindigkeitsüberschreitungen auf der Autobahn, dass der Pkw über eine oft nicht unerhebliche Zeitspanne stehengelassen werden muß und dieser dann leichte Beute für einschlägige Straftäter wird.

Die Führerscheinabnahme hat gegenständlich dazu geführt, dass diese Urkunde bei der Gendarmerie oder Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld verloren gegangen ist, weswegen ich mir (auf eigene Kosten) einen neuen Führerschein ausstellen lassen mußte.

 

Das Gewicht und der Unrechtsgehalt der im ersten Satz des § 39 Abs. 1. FSG genannten Umstände kann mit einer (wenn auch - wie hier - erheblichen) Geschwindigkeitsüberschreitung nicht gleichgesetzt werden und genügt in aller Regel die im Zuge der Anhaltung nach einem solchen Delikt durchgeführte Unterredung zwischen Exekutivorgan und Lenker, letzteren bei der Weiterfahrt zu rechtstreuem Verhalten zu bewegen. Im Zuge der Arthaltung wird der Lenker davon in Kenntnis gesetzt, dass er die zulässige Höchstgeschwindigkeit in einem konkreten Ausmaß überschritten hat, es erfolgt eine Belehrung betreffend Anzeigeerstattung an die Verwaltungsstrafbehörde und allenfalls auch ein Hinweis darauf, dass diese einen Lenkberechtigungsentzug zur Folge hat, wobei dies dem Lenker aber ohnehin bekannt sein muß. Dieser fährt somit im Bewußtsein weiter, dass er bei einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung betreten wurde und ihm sogar als Ersttäter die Lenkberechtigung nicht für zwei, sondern für sechs Wochen entzogen wird, sofern er bei der Weiterfahrt (am selben Tag) eine zweite solche Übertretung setzt. Diese Rechtsfolgen (neben einer weiteren Bestrafung) sind Ansporn genug, sich bei der Weiterfahrt rechtstreu zu verhalten, der drohende Entzug der Lenkberechtigung ist ermahnend und erzieherisch (G 2003/02 u.a. vom 14.03.2003). Der sofortigen Führerscheinabnahme bedarf es somit in einem Fall wie dem vorliegenden aus Präventionsgründen nicht, wobei wie im Führerscheinentzugsrecht (2001/11/0235 vom 20.09.2001) die Generalprävention außer Betracht zu bleiben hat, nur spezialpräventive Erwägungen spielen eine Rolle.

 

§ 39 Abs. 1 2. Satz FSG widerspricht somit dem Legalitätsprinzip, weil diese Bestimmung nicht einmal andeutet, unter welchen Umständen der Führerschein abgenommen werden kann, sie ist auch unsachlich und somit gleichheitswidrig, weil es vom Zufall abhängt, ob man nach einer derartigen Geschwindigkeitsüberschreitung angehalten wird oder nicht, weiters ist die Führerscheinabnahme in einem derartigen Fall zum Schutz der Verkehrssicherheit nicht notwendig, zumal die Verwaltungsübertretung zum Zeitpakt der Anhaltung bereits abgeschlossen und die Führerscheinabnahme keine Strafe ist und kann eine Geschwindigkeitsüberschreitung nicht mit jenen Umständen gleichgesetzt werden, welche im ersten Satz des § 39 Abs. 1 FSG genannt sind und zu einer  vorläufigen Abnahme des Führerscheines führen.

Selbst einem Lenker, dessen Atemluftalkoholuntersuchung einen Wert bis 0,39 mg/l ergeben hat, darf der Führerschein nicht vorläufig abgenommen werden.

Wie aus der beiliegenden Anzeige der PI Strobl hervorgeht, war ich geständig und reumütig, ich habe mein Fehlverhalten als sehr großen Blödsinn bezeichnet und war mir nach Vorhalt der von mir gefahrenen Geschwindigkeit der Folgen der Übertretung in Form einer erheblichen Geldstrafe und eines zweiwöchigen Lenkberechtigungsentzuges bewusst und habe gehofft dass mich der Beamte weiterfahren lässt, um nach Hause zu kommen und das Motorrad dem Eigentümer zurückzubringen, was der Beamte aber nicht zugelassen hat.

 

Dass die von mir damals gefahrene Geschwindigkeit 169 km/h betragen hat und diese Übertretung mit einem technischen Hilfsmittel (Lasergerät) festgestellt wurde, bestreite ich nicht, diese Maßnahmenbeschwerde reduziert sich auf die Lösung der relevierten Rechtsfragen, welche erhebliche praktische Bedeutung haben, insbesondere, wenn man bemerkt, dass die Praxis der Führerscheinabnahme nach erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitung in den österreichischen Bundesländern höchst verschieden ist.

Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 39 Abs. 1 4. Satz FSG gibt es meines Wissens nicht.

D) Begehren:

Ich stelle den Antrag

der Unabhängige Verwaltungssenat Salzburg möge der Beschwerde Folge geben und die angefochtene faktische Amtshandlung in Form der Abnahme meines Führerscheines am 02.07.2005 gegen 10.40 Uhr durch einen Beamten der PI Strobl als rechtswidrig feststellen und nach § 79a AVG die Beschwerdekosten von ? 660,80 zusprechen. Für den Fall, dass der Verwaltungssenat meine Bedenken betreffend die Verfassungswidrigkeit der angewendeten gesetzliche Bestimmung teilt, rege ich eine Antragstellung nach Art. 140 Abs. 1 B-VG an den, Verfassungsgerichtshof an."

 

Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung hat in der Sache eine Kopie der Akten vorgelegt und eine Gegenäußerung erstattet, in der sie die ohne eingehende Begründung die Rechtmäßigkeit der bekämpften Maßnahmen behauptet.

 

In der Sache wurde am 7.11.2005 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. In dieser war der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsbeistand vertreten. Zeugenschaftlich einvernommen wurde der die Geschwindigkeitsmessung und Führerscheinabnahme durchführende Polizeibeamte. Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung als belangte Behörde ließ die Verhandlung unbesucht.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg hat in einer gemäß § 67a Abs 1 AVG durch ein Einzelmitglied zu treffenden

Berufungsentscheidung festgestellt und erwogen:

 

Folgender Sachverhalt liegt der Beschwerde zu Grunde:

 

GI Heinrich L. führte am 2. Juli 2005 auf der Wolfgangseestraße ? B 158 bei Strkm 41,836 Geschwindigkeitsmessungen durch. Er verwendete dazu das geeichte Lasergeschwindigkeitsmessgerät der Polizeiinspektion Strobl, Type Riegel LR 90 ? 245/P. Gemessen wurde der in Richtung Salzburg fahrende Verkehr. Es herrschten gute Sicht- und Straßenbedingen. Im Bereich dieser Freilandstraße waren gemäß § 20 Abs 2 StVO 100 km/h erlaubt. Um 10:25 Uhr näherte sich der Beschwerdeführer auf dem Motorrad. Der Meldungsleger hat mit dem geeichten Lasergeschwindigkeitsmessgerät eine Geschwindigkeit von 175 km/h gemessen, was nach Abzug der vorgesehenen Messtoleranz von 3 % eine Mindestüberschreitung von 69 km/h ergibt. Der Meldungsleger, der sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite befand, konnte keine Anhaltung vornehmen. Er informierte jedoch die Polizeiinspektion St. Gilgen, welche zur selben Zeit eine Streife auf der B 158 hatte. Diese konnte den Beschwerdeführer nach weiteren 9,25 km Fahrt um 10:29 Uhr bei Strkm 32,8 anhalten.

Der Messbeamte fuhr dem Beschwerdeführer nach und übernahm in Abersee die Amtshandlung. Mit der Geschwindigkeitsüberschreitung konfrontiert gab sich der Beschwerdeführer einsichtig. Er sagte, er hätte eigentlich schon bei seiner Firma in Braunau sein müssen. Das Ganze sei ein großer Blödsinn gewesen. Der Polizeibeamte erklärte den Beschwerdeführer, dass er im Hinblick auf das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung den Führerschein abnehmen müsse. Er nahm daher den Führerschein ab und stellte eine entsprechende Abnahmebestätigung gemäß § 39 Abs 1 FSG aus.

 

Der Beamte übermittelte in der Folge den Führerschein der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung mit samt einer Anzeige wegen der Übertretung nach § 20 Abs 2 StVO. Das Führerscheinentzugsverfahren wurde der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn abgetreten, welches mit Bescheid vom 14. Juli 2005, Zahl VerkR21-458-2005/BR die Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A und B für die Dauer von zwei Wochen gerechnet ab dem 2.7.2005 anordnete. Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung hat mit Bescheid vom 30.8.2005, Zahl 30308/369-39729-2005, gegen den Beschuldigten ein Straferkenntnis wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung gemäß § 20 Abs 2 StVO erlassen. Beide Bescheide blieben unbekämpft.

 

Dieser Sachverhalt war auf Grund der unbestrittenen Aktenlage in Verbindung mit den glaubwürdigen Angaben des einvernommenen Gendarmeriebeamten als erwiesen anzusehen.

Rechtlich ist auszuführen:

Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B?VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehl- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen im Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Beschwerde wurde innerhalb von sechs Wochen gemäß § 67c Abs 1 AVG eingebracht und erfüllt im Übrigen die Voraussetzungen gemäß § 67c Abs 2 AVG. Sie ist somit zulässig.

 

Gemäß § 67c Abs 3 AVG ist der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unberechtigt abzuweisen ist. Dauert der für rechtwidrig erklärte Verwaltungsakt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Entscheidung entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

 

Gemäß § 39 Abs 1 Führerscheingesetz ? FSG, BGBl I Nr. 120/1997, idF BGBl I Nr. 81/2002 haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Straßenaufsicht einem Kraftfahrzeuglenker, aus dessen Verhalten deutlich zu erkennen ist, dass er insbesondere in Folge Alkohol- oder Suchtmittelgenusses, Einnahme von Medikamenten oder eines außergewöhnlichen Erregungs- oder Ermüdungszustandes nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitzt, den Führerschein, den Mopedausweis oder gegebenenfalls beide Dokumente vorläufig abzunehmen, wenn er ein Kraftfahrzeug lenkt, in Betrieb nimmt oder versucht, es in Betrieb zu nehmen. Weiters haben die Organe die genanten Dokumente vorläufig abzunehmen, wenn ein Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder mehr oder ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder mehr festgestellt wurden oder der Lenker eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1 lit b oder c StVO 1960 begangen hat, wenn der Lenker ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, in Betrieb genommen hat oder versucht hat, es in Betrieb zu nehmen, auch wenn anzunehmen ist, dass der Lenker in diesem Zustand kein Kraftfahrzeug mehr lenken oder in Betrieb nehmen wird. Außerdem haben diese Organe Personen, denen die Lenkberechtigung mit Bescheid vollstreckbar entzogen wurde oder über die ein mit Bescheid vollstreckbares Lenkverbot verhängt wurde und die der Ablieferungspflicht der Dokumente nicht nachgekommen sind, den Führerschein, den Mopedausweis oder gegebenenfalls beide Dokumente abzunehmen. Ebenso können diese Organe bei mit technischen Hilfsmitteln festgestellten Geschwindigkeitsübertretungen, die mit einer Entziehung geahndet werden, den Führerschein vorläufig abnehmen. Bei der vorläufigen Abnahme ist eine Bescheinigung auszustellen, in der die Gründe für die Abnahme und eine Belehrung über die Wiedererlangung des Führerscheines oder Mopedausweises erforderlichen Schritte enthalten sind.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der vorläufigen Abnahme des Führerscheines um einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (vgl VwGH 19.7.2002, Zahl 2000/11/0171). Vorliegend gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer den Führerschein hat freiwillig abgegeben, sondern hat er die im Zuge der Führerscheinkontrolle erfolgte Mitteilung des Beamten, dass er den Führerschein vorläufig abnehmen müsste, schlicht zur Kenntnis nehmen müssen, nachdem sich das Dokument bereits in dessen Gewahrsame befand.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat im gegenständlichen Zusammenhang eine nachprüfende Kontrolle vorzunehmen und von jener Sachlage auszugehen, wie sie dem einschreitenden Organ im Handlungszeitpunkt bekannt war, bzw. bei zumutbarer Sorgfalt bekannt hätte sein müssen und ob demnach in vertretbarer Weise das Vorliegen der Voraussetzungen für das Einschreiten angenommen worden durften.

 

Im vorliegenden Zusammenhang stand außer Streit, dass der Beschwerdeführer mit seinem Motorrad auf einer Freilandstraße, wo gemäß § 20 Abs 2 StVO 100 km/h erlaubt sind, zumindest 169 km/h gefahren ist. Diese Geschwindigkeit wurde mit geeichtem Lasergeschwindigkeitsmessgerät also mit technischem Hilfsmittel im Sinne des § 39 Abs 1 FSG festgestellt.

 

Bei § 39 Abs 1 FSG handelt es sich um die Nachfolgebestimmung zu § 76 Abs 1 KFG. Bereits nach dieser war die vorläufige Führerscheinabnahme eine Maßnahme im Interesse der Verkehrssicherheit. Diese durfte nach der einschlägigen Rechtsprechung vorgenommen werden, wenn anzunehmen war, der Lenker werde in diesem Zustand, in dem er nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist oder seinen Körper besitzt, wieder sein Kraftfahrzeug in Betrieb nehmen (vgl VwGH aaO). Die Ermächtigung, bei extremen Geschwindigkeitsüberschreitungen den Führerschein vorläufig abzunehmen, war erstmals in der Stammfassung des FSG vorgesehen. Die diesbezüglichen Erläuterungen zur Regierungsvorlage sprechen davon, dass im Wesentlichen die bisherige Rechtslage des § 76 KFG übernommen werden sollte und lediglich mit der Befugnis ergänzt wurde, dass auch bei mit technischen Hilfsmittel festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen, die gemäß § 7 Abs 3 Z 4 eine Entziehung nach sich ziehen, der Führerschein vorläufig abgenommen werden kann (Nr. 714 Blg sten. Prot. NR XX GP).

Im Zusammenhang mit Alkoholdelikten hat der Gesetzgeber in der 5. FSG Novelle die Bestimmung eingeführt, dass der Führerschein auch dann abgenommen werden kann, wenn nicht mehr anzunehmen ist, dass der Lenker in diesem Zustand ein Fahrzeug in Betrieb nehmen wird. Dies insbesondere deshalb (so die Erläuterungen), weil es wiederholt zu Schwierigkeiten bei der Ablieferung des Führerscheines im Zusammenhang mit dem nachfolgenden Entziehungsverfahren gekommen sei. Auf die Führerscheinabnahme bei hohen Geschwindigkeitsüberschreitungen hatte diese Novelle keinen Bezug und trat folglich diesbezüglich keine Änderung der Rechtlage ein.

 

Pürstl-Grundner halten die Abnahme des Führerscheines nach ihrem Kommentar zum FSG dann zulässig, wenn der Kfz-Lenker "auf Grund der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitzt" (Grundner-Pürstl, Führerscheingesetz 2. Aufl, Anm 6 zu § 39). Diese Aussage ist allerdings streng genommen inhaltsleer. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu einem vergleichbaren Sachverhalt bisher nicht entschieden. Der Unabhängige Verwaltungssenat Vorarlberg bzw. der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich haben zu ähnlichen Sachverhalten bisher vertreten, dass zusätzlich zur Geschwindigkeitsüberschreitung besondere Anhaltspunkte vorliegen müssten, die im Einzelfall eine sofortige Abnahme des Führerscheines im Interesse der Verkehrssicherheit anzeigen. Solche Umstände wären insbesondere das Vorliegen besonders gefährlicher Verhältnisse, einer besonderen Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern oder eines besonderen Ermüdungs- oder Erregungszustandes (UVS Vorarlberg 29.10.2004, GZ 2-002/04; UVS Niederösterreich 2.5.2005, Zl Senat-MB-04-0025). Sicherlich werden auch Anhaltspunkte für die dringende Annahme, der Lenker werde bei der Weiterfahrt erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen begehen, die vorläufige Abnahme des Führerscheines notwendig machen.

 

Im vorliegenden Fall hat sich zwar der Beamte keine besonderen Gedanken gemacht, ob der Beschwerdeführer seine grob vorschriftswidrige Fahrweise beibehalten wird, wenn der Führerschein nicht abgenommen wird. Er musste aber auf Grund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer  einen dringenden Firmentermin in Braunau wahrzunehmen hatte, davon ausgehen, dass er versuchen wird, sich ehestmöglich dort einzufinden und gegebenenfalls neuerlich Geschwindigkeitslimits missachten wird.

 

Einzuflechten ist im vorliegenden Fall, dass der Beschwerdeführer die 9,25 km lange Strecke vom Tatort bis zur Anhaltestelle in einer Zeit von nur vier Minuten zurückgelegt hat, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp unter 140 km/h entspricht ? dies obwohl dort über mehrere Kilometer Geschwindigkeitsbeschränkungen verordnet sind (ein Ortsgebiet und drei 80 km/h-Beschränkungen). Selbst wenn im unmittelbaren Tatortbereich eine konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht erweislich war (hier sind keine Zu- und Abfahrten zur B 158 vorhanden), war allein daraus der Schluss zulässig, dass der Beschwerdeführers eine erhebliche Gefährdung möglicher anderer Verkehrsteilnehmer in Kauf genommen hat.

Die vorliegende Führerscheinabnahme war damit allein aus dem Aspekt der unmittelbaren Gefahrenabwehr im Interesse der Verkehrssicherheit erforderlich.

 

Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer sich bei der Amtshandlung einsichtig und kooperativ gezeigt hat, ändert nichts daran, dass die Führerscheinabnahme im Interesse der Verkehrssicherheit erforderlich war, weil eine echte Reue und Änderung der inneren Einstellung (insbesondere was Risikobereitschaft und Bereitschaft zur Verkehrsanpassung betrifft) angesichts des zuvor gesetzten Verhaltens wohl nicht mit ein paar freundlichen Worten dokumentiert werden kann. Für eine solche Änderung bedarf es nämlich eines längeren Zeitraumes, in der das gefahrenbehaftete Verhalten mehrmals selbstkritisch hinterfragt und abgelegt wird. Vorliegend war das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung mit 69 km/h weit über den in § 7 Abs 3 Z 4 FSG genannten Grenzen und im Bereich dessen, was für einen durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer nicht mehr nachvollziehbar ist. Wenn hier das Motiv des Beschwerdeführers für seine Geschwindigkeitsüberschreitung, nämlich dringende Geschäfte in der Firma, die zu erledigen waren, weiterhin im Raum gestanden ist, dann hat dies sehr wohl zur Annahme berechtigt, dass eine bloße Mitteilung des Beamten über die Bekanntgabe des Sachverhaltes an die Behörde (mit der Konsequenz eines Straf- und eines Führerscheinentzugsverfahrens), wahrscheinlich nicht ausgereicht hätte, um den Einschreiter vor der Begehung von groben Geschwindigkeitsdelikten bei der Weiterfahrt abzuhalten.

 

Dass die Auslegung des UVS Vorarlberg und des UVS Niederösterreich, die sehr eng an die Alkohol- und Suchtgifttatbestände des § 76 Abs 1 KFG orientiert ist, den Intentionen des Gesetzgebers entspricht, mag allerdings bezweifelt werden, weil bei Geschwindigkeitsüberschreitungen im Vergleich zu den in § 39 Abs 1 erster und zweiter Satz FSG genannten Tatbeständen regelmäßig gerade keine Beeinträchtigung des Lenkers vorliegt, die medizinisch nachweisbar wäre. Extreme Schnellfahrer sind nämlich zumeist Leute, die sich absichtlich über Tempolimits hinwegsetzen, um persönliche Vorteile zu erreichen (zB einen Zeitgewinn oder ein Hochgefühl durch den "Geschwindigkeitsrausch"). Der Gesetzgeber wollte den Organen der Straßenaufsicht dieses Instrument aber nicht nur zur unmittelbaren Gefahrenabwehr sondern bewusst auch als präventiv wirkende Sanktion in die Hand geben, zumal die drohende sofortige Abnahme des Führerscheins abschreckender wirkt als alle anderen möglichen Konsequenzen des Rasens (wie Strafen oder das erhöhte Unfallrisiko). Vordergründig wichtige Motive für das Schnellfahren (zB ein dringender Geschäftstermin) relativieren sich nämlich, wenn man die Kalamitäten einer unvorhergesehenen "Führerscheinkarenz" vor Augen hat. Dass die Entziehung der Lenkberechtigung zulässigerweise einen derartigen Doppelcharakter hat, wurde vom Verfassungsgerichtshof bereits im Gesetzesprüfungsverfahren zu § 26 FSG ausgesprochen (Erkenntnis 14.3.2003, G 203/02). Die erwähnten UVS-Judikate unterstellen dem vierten Satz des § 39 Abs 1 FSG, dass die Abnahme auch bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen (nämlich einer Übertretung gemäß § 7 Abs 3 Z 4 FSG) nur ausnahmsweise erfolgen soll. Der Gesetzgeber hatte allerdings vor Augen, dass für den extremen "Raser" die Führerscheinabnahme die regelmäßig zu erwartende (und damit vorhersehbare) Konsequenz sein sollte und es nur in berücksichtigungswürdigen Fällen eine Ausnahme geben darf. Die drohende Führerscheinabnahme bei Überschreitungen von mehr als 40 bzw 50 Km/h hat sich mittlerweile bei den Kraftfahrzeuglenkern herumgesprochen und eine deutliche präventive Wirkung gezeigt. Dass die in den UVS-Entscheidungen erwähnten zusätzlichen Aspekte (wie besonders gefährlichen Verhältnisse oder besondere Rücksichtslosigkeit) keinen Eingang in § 39 Abs 1 FSG gefunden haben, liegt erkennbar daran, dass es sich um unbestimmte Gesetzesbegriffe handelt und für den Einzelnen nicht mehr vorhersehbar wäre, wann eine Führerscheinabnahme zu erfolgen hat und wann nicht ? anders ausgedrückt, man wollte den Bürger vor einer zumindest aus subjektiver Sicht willkürlichen Maßnahme der Exekutive schützen.

 

Eine Gleichheitswidrigkeit des vierten Satzes des § 39 Abs 1 FSG kann nicht gesehen werden, weil dieser durchaus im Rahmen des gestalterischen Spielraumes des Gesetzgebers steht und sich im Gesetz ausreichende Anhaltspunkte dafür finden, wie diese Bestimmung im Interesse der Verkehrssicherheit zu handhaben ist. Dass die vorläufige Führerscheinabnahme bei Geschwindigkeitsdelikten quasi zwangsläufig zu einem so genannten "kalten Entzug" führt, ist im Übrigen falsch, weil der Führerschein auf Antrag nach Ablauf der möglichen Entzugsdauer von zwei Wochen ausgefolgt werden muss, selbst wenn das Entzugsverfahren noch nicht abgeschlossen ist (So ist auch die Vorgangsweise bei der belangten Behörde).

 

Auch im Zusammenhalt mit § 26 Abs 7 FSG, wonach bei Vorliegen der Entziehungsvoraussetzungen gemäß § 26 Abs 3 und 4 FSG eine solche nur ausgesprochen werden darf, sobald das Strafverfahren erster Instanz abgeschlossen ist, ergibt sich keine Rechtswidrigkeit der gegenständlichen Vorgangsweise. Der Gesetzgeber wollte nämlich zweierlei erreichen: Einerseits eine abschreckende Sanktion, die im Fall einer Anhaltung greift, und die hier bekanntermaßen einen erhöhten erzieherischen Effekt hat, andererseits eine ausreichende Prüfung des Tatvorwurfes vor der Entziehung, wenn der Lenker erst im Nachhinein ermittelt wird, weil es hier wichtiger erscheint, rechtmäßig zu handeln, als möglichst schnell den Entzug auszusprechen.

 

Der Umstand, dass ein Kraftfahrzeuglenker, der trotz Anhaltezeichen gemäß § 97 Abs 3 StVO bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung nicht anhält, besser gestellt sein soll als jener, der das Anhaltezeichen befolgt, ist nur eine scheinbare Unsachlichkeit, weil eben dort, wo eine Führerscheinabnahme nicht möglich ist, eine solche auch nicht vorgenommen werden kann. Die Behörde kann zwar eine Übertretung gemäß § 97 Abs 3 StVO regelmäßig im Führerscheinentzugsverfahren nicht berücksichtigen, weil die Dauer des Entzuges (bei Delikten gemäß § 7 Abs 3 Z 4 FSG) im Gesetz festgeschrieben ist, der Betreffende hat allerdings zu vergegenwärtigen, dass sich in Zusammensicht aller Tatumstände eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs 3 FSG ergeben kann, welche eine Entziehung der Lenkberechtigung für drei Monate (oder mehr) rechtfertigt, und dass dieses Delikt bei zukünftigen Maßnahmen der Behörde Berücksichtigung findet (zB für die Bemessung von Strafen oder für die künftige Bewertung der Verkehrszuverlässigkeit). Der Beschwerde war sohin der Erfolg zu versagen.

Der Antrag auf Kostenersatz war abzuweisen, da gemäß § 79a AVG nur der obsiegenden Partei zusteht. Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung hat keinen Kostenantrag gestellt.

Schlagworte
Führerscheinabnahme, hohe Geschwindigkeitsüberschreitungen, Verkehrssicherheit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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