TE Vwgh Erkenntnis 2002/7/19 2000/11/0171

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Veröffentlicht am 19.07.2002
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Index

19/05 Menschenrechte;
49/04 Grenzverkehr;
90/02 Führerscheingesetz;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

FSG 1997 §39 Abs1;
FSG 1997 §39;
KFG 1967 §76 Abs1;
MRK Art6;
SDÜ 1990 Art54;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Dkfm. Dr. E in B, vertreten durch Dr. Michael Bereis, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Pilgramgasse 22/7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 17. Jänner 2000, Zl. UVS- 02/P/43/29/1999/21, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch vorläufige Abnahme des Führerscheines, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 17. Jänner 2000 gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien gemäß § 67c Abs. 3 AVG der Maßnahmenbeschwerde des Beschwerdeführers gegen die am 4. Mai 1999 um 00.40 Uhr an einer näher bezeichneten Stelle im 21. Wiener Gemeindebezirk erfolgte vorläufige Abnahme seines Führerscheines keine Folge und wies die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend führte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am verfahrensgegenständlichen Tag "von seiner Firma" nach Hause gefahren und sei dabei von den einschreitenden Sicherheitswachebeamten zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten worden, da diese wahrgenommen hätten, dass der Beschwerdeführer auf einem geradeaus führenden Straßenstück unsicher und unkontrolliert gefahren sei. Als der Beschwerdeführer von den Sicherheitswachebeamten gefragt worden sei, ob er etwas getrunken habe, habe er ihnen zur Antwort gegeben, er habe "drei Spritzer Weißwein" getrunken. Daraufhin sei er zu einer Atemluftalkoholuntersuchung aufgefordert worden, welcher er auch bereitwillig zugestimmt habe. Zur Vornahme dieser Untersuchung sei das (zu diesem Zeitpunkt) an einer verkehrsbehindernden Stelle abgestellte Fahrzeug des Beschwerdeführers von einem der Sicherheitswachebeamten an eine andere, geeignetere Stelle gefahren worden, der Beschwerdeführer habe sich mit dem anderen Beamten ebenso "an diese Örtlichkeit" begeben. Nach der Durchführung der Atemluftalkoholuntersuchung mit dem Alkomat Dräger 7110 A sowie "nach dem Auswurf des die Messung dokumentierenden Messstreifens" habe sich ergeben, "dass der Beschwerdeführer über eine Alkoholmenge von 0,73 mg/l (zweiter Wert: 0,77 mg/l) verfügt" habe, was eine Alkoholmenge von etwa 1,5 Promille bedeute. Auf Grund dieses hohen Grades an Alkoholisierung sei dem Beschwerdeführer die Weiterfahrt verweigert und der Führerschein vorläufig abgenommen worden. Das Fahrzeug sei am Ort der Durchführung der Atemluftalkoholuntersuchung zurückgeblieben. In rechtlicher Hinsicht führte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien im Wesentlichen aus, gemäß § 39 Abs. 1 FSG sei bei einem Atemluftalkoholgehalt, wie ihn der Beschwerdeführer zum maßgeblichen Zeitpunkt aufgewiesen habe, der Führerschein vorläufig abzunehmen gewesen. Die Abnahme des Führerscheins sei sohin zu Recht erfolgt, insbesondere seien auch die formellen Voraussetzungen erfüllt, da die Sicherheitswachebeamten dem Beschwerdeführer die geforderte Abnahmebestätigung ausgestellt und den Beschwerdeführer außerdem über die erforderlichen Schritte zur Wiedererlangung des Führerscheines in Kenntnis gesetzt hätten. Die vorläufige Abnahme des Führerscheines habe eine "rein vorläufige Sicherungsmaßnahme" dargestellt, um den Beschwerdeführer von der Weiterfahrt abzuhalten. Der im Zuge der mündlichen Verhandlung einvernommene Sachverständige des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen habe bestätigt, dass das Atemluftalkoholmessgerät "eine ordentliche Eichmarke aufwies und auch zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt aufgewiesen hat". Der Sachverständige habe auch klar und deutlich beschrieben, dass eine Fehlmessung zum gegenständlichen Zeitpunkt nicht stattgefunden haben könne, da eine etwaige Fehlfunktion zum sofortigen automatischen Außerbetriebschalten des Gerätes führe. Auch die Diskrepanz zwischen zweiter und erster Messung erscheine unbedenklich, da bei einer derart großen Atemluftalkoholmenge eine 10 %ige Abweichung zwischen zwei Messversuchen tolerabel sei und eine über diese Grenze hinweggehende Fehlmessung zum "Auswurf einer Fehlmessung" führe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):

"Behörden und Organe

§ 35. (1) Für die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Amtshandlungen ist, sofern darin nichts anderes bestimmt ist, in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese, und in zweiter Instanz der Landeshauptmann zuständig.

(2) An der Vollziehung dieses Bundesgesetzes durch die Bezirksverwaltungsbehörden, die Bundespolizeibehörden und den Landeshauptmann haben mitzuwirken:

1.

die Organe der Bundesgendarmerie,

2.

die Organe der Bundessicherheitswachekorps,

3.

die Organe der Gemeindewachen und

4.

sonstige Straßenaufsichtsorgane.

(3) Die in Abs. 2 genannten Organe haben

1. die Einhaltung der in diesem Bundesgesetz genannten Vorschriften zu überwachen; zu diesem Zweck sind sie berechtigt, gemäß § 97 Abs. 5 StVO 1960 Fahrzeuglenker zum Anhalten aufzufordern;

2. Maßnahmen zu treffen, die für die Einleitung oder Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich sind und

3. in den in diesem Bundesgesetz ausdrücklich vorgesehenen Fällen einzuschreiten.

Sie unterstehen dabei in fachlicher Hinsicht der jeweils

zuständigen Behörde.

...

Vorläufige Abnahme des Führerscheines

§ 39. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Straßenaufsicht haben einem Kraftfahrzeuglenker, aus dessen Verhalten deutlich zu erkennen ist, dass er insbesondere infolge Alkohol- oder Suchtmittelgenusses, Einnahme von Medikamenten oder eines außergewöhnlichen Erregungs- oder Ermüdungszustandes nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitzt, oder bei dem ein Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder mehr oder ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder mehr festgestellt wurde oder der eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b oder c StVO 1960 begangen hat, den Führerschein vorläufig abzunehmen, wenn er ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, in Betrieb genommen hat oder es in Betrieb zu nehmen versucht. Ebenso können diese Organe bei mit technischen Hilfsmitteln festgestellten Geschwindigkeitsübertretungen, die mit einer Entziehung geahndet werden, den Führerschein vorläufig abnehmen. Bei der vorläufigen Abnahme ist eine Bescheinigung auszustellen, in der die Gründe für die Abnahme und eine Belehrung über die zur Wiedererlangung des Führerscheines erforderlichen Schritte enthalten sind.

..."

1.2. Der am 31. Oktober 1997 außer Kraft getretene § 76 Abs. 1 KFG 1967 lautete (seit der Stammfassung):

"Vorläufige Abnahme des Führerscheines

§ 76. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben einem Kraftfahrzeuglenker, aus dessen Verhalten deutlich zu erkennen ist, dass er insbesondere infolge eines übermäßigen Alkoholgenusses oder eines außergewöhnlichen Erregungszustandes nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitzt, den Führerschein abzunehmen, wenn er ein Kraftfahrzeug lenkt, in Betrieb nimmt oder versucht, es in Betrieb zu nehmen. Bei der vorläufigen Abnahme ist eine Bescheinigung auszustellen, in der die Gründe für die Abnahme und eine Belehrung über die zur Wiedererlangung des Führerscheines erforderlichen Schritte enthalten sind."

1.3. § 2 Abs. 1 der Verordnung der Bundesregierung über die Errichtung von Bundespolizeidirektionen und die Festlegung ihres örtlichen Wirkungsbereiches (Bundespolizeidirektionen-Verordnung), BGBl. II Nr. 56/1999, lautet:

"§ 2. (1) Der örtliche Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion erstreckt sich auf das Gebiet der Gemeinde, von der sich die Bezeichnung der Behörde herleitet."

2.1. Vorauszuschicken ist, dass Gegenstand des angefochtenen Bescheides nur die vorläufige Abnahme des Führerscheines des Beschwerdeführers ist. Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist daher, soweit es sich auf seine Anhaltung bezieht, unbeachtlich.

2.2. Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass die vorläufige Abnahme des Führerscheines im Stadtgebiet von Wien stattfand. Die vorläufige Abnahme erfolgte in Vollziehung des FSG. Zuständige Behörde war gemäß § 35 Abs. 1 FSG (in sachlicher Hinsicht) und § 2 Abs. 1 der Bundespolizeidirektionen-Verordnung (in örtlicher Hinsicht) die Bundespolizeidirektion Wien. Dass es sich bei den einschreitenden Sicherheitswachebeamten um Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes handelte, wird auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Deren Handeln war der Bundespolizeidirektion Wien zuzurechnen.

Aus dem vom Beschwerdeführer erwähnten Wiener Gesetz, womit der Bundespolizeidirektion Wien auf dem Gebiet der Straßenpolizei Aufgaben der Vollziehung übertragen werden, LGBl. Nr. 30/1960 (idF. der Novelle LGBl. Nr. 40/1994), ist für ihn nichts zu gewinnen, weil sich dieses Gesetz nur auf die Straßenpolizei (Art. 11 Abs. 1 Z. 4 B-VG) bezieht, womit aber die zum Kraftfahrwesen (Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG) zählenden Angelegenheiten des Führerscheingesetzes, und damit auch die in Rede stehende vorläufige Abnahme des Führerscheines, nicht zählen.

2.3. Wie sowohl die Gesetzesmaterialien zum FSG (vgl. die RV 714BlgNR 20. GP, 46) als auch der in weiten Teilen wörtlich übereinstimmende Text zeigen, sollte § 39 FSG im Wesentlichen § 76 KFG 1967 entsprechen.

Nach der zu § 76 Abs. 1 KFG 1967 ergangenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die vorläufige Abnahme des Führerscheines eine Sicherungsmaßnahme, die im Interesse der Verkehrssicherheit gesetzt wird. Sie soll im gegebenen Zusammenhang verhindern, dass eine Person als Kraftfahrzeuglenker am Straßenverkehr teilnimmt, obwohl sie sich in einem Zustand befindet, in dem sie das Kraftfahrzeug nicht zu beherrschen im Stande ist (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 6. März 1990, Zl. 89/11/0257, mwN.). Die Rechtmäßigkeit einer vorläufigen Abnahme des Führerscheines war nach dieser Judikatur bereits dann gegeben, wenn die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Annahme berechtigt waren, die betreffende Person werde in ihrem die Fähigkeit hiezu ausschließenden Zustand ein Kraftfahrzeug lenken (vgl. zB. das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 6. März 1990 sowie die hg. Erkenntnisse vom 12. Juni 1990, Zl. 89/11/0297, vom 20. November 1990, Zl. 90/11/0118, und vom 28. Juni 1994, Zl. 94/11/0146). Für die Frage der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Abnahme des Führerscheines kam es hingegen nicht darauf an, ob das Einschreiten der Organe, welches zur Feststellung von Alkoholisierungssymptomen führte, seinerseits rechtmäßig war.

Diese Judikatur wurde vom Verwaltungsgerichtshof auf Grund der dargestellten Ähnlichkeit des § 39 Abs. 1 FSG mit § 76 Abs. 1 KFG 1967 auf vorläufige Führerscheinabnahmen nach dem FSG übertragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, Zl. 2000/11/0213).

§ 39 Abs. 1 erster Satz FSG unterscheidet sich freilich in einem - auch im Beschwerdefall maßgeblichen - Punkt von § 76 Abs. 1 erster Satz KFG 1967. Die vorläufige Abnahme des Führerscheines ist nämlich nicht nur wie schon nach § 76 Abs. 1 erster Satz KFG 1967 dann zulässig, wenn aus dem Verhalten des Kraftfahrzeugslenkers zu erkennen ist, dass er aus den näher genannten Gründen nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitzt, sondern auch dann, wenn ein bestimmter Alkoholisierungsgrad festgestellt wurde (die ebenfalls genannte Begehung bestimmter anderer Verstöße gegen die StVO 1960 kann im Beschwerdefall außer Betracht bleiben). Dem Charakter der vorläufigen Führerscheinabnahme als Sicherungsmaßnahme entsprechend muss es auch im Fall eines einschlägigen Alkoholisierungsgrades für die Rechtmäßigkeit der Maßnahme ausreichen, wenn die einschreitenden Organe, insbesondere auf Grund eines unbedenklichen Messergebnisses mit einem entsprechend geeigneten und funktionstüchtigen Messgerät, im Einzelfall davon ausgehen können, dass die gesetzlichen Grenzwerte (Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l oder mehr; Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder mehr) erreicht oder überschritten werden. Ob es später zu einer Bestrafung wegen des Begehens einer Verwaltungsübertretung oder zur Entziehung der Lenkberechtigung kommt, ist für die Frage der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Abnahme des Führerscheines nicht von Belang.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund bleibt der Beschwerde der Erfolg versagt.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellungen der belangten Behörde über die Messergebnisse anlässlich der Atemalkoholuntersuchung (0,73 mg/l bzw. 0,77 mg/l). Er räumt in der Beschwerde auch ein, dass der vom Messgerät ausgegebene Messstreifen die Angabe "DRÄGER ALCOTEST 7110 A" aufwies. Dies geht im Übrigen auch aus den vorgelegten Verwaltungsakten hervor. Der Verwaltungsgerichtshof hegt weiters gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung (der Angaben des Sachverständigen des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesens) dahingehend, dass das verwendete Messgerät der erwähnten Marke im Zeitpunkt der den Beschwerdeführer betreffenden Atemalkoholuntersuchung ordnungsgemäß geeicht war, im Rahmen der ihm zukommenden Kognition keine Bedenken. Er erblickt auch keinen relevanten Verfahrensmangel darin, dass die belangte Behörde auf die weiteren Beweisanträge des Beschwerdeführers, der es für ausgeschlossen hielt, dass nach dem von ihm eingeräumten Alkoholkonsum die genanten Messergebnisse zustande kommen konnten, nicht eingegangen ist.

Angesichts der nach dem bisher Gesagten unbedenklichen Messergebnisse (eine Fehlbedienung des verwendeten Geräts wird in der Beschwerde gar nicht behauptet) durften die einschreitenden Sicherheitswacheorgane davon ausgehen, dass der in § 39 Abs. 1 erster Satz FSG umschriebene Alkoholisierungsgrad beim Beschwerdeführer und damit die Voraussetzungen für die vorläufige Abnahme des Führerscheines vorlagen. Auch die Angaben des Beschwerdeführers zur Menge der von ihm konsumierten alkoholischen Getränke waren für sich nicht geeignet, bei den handelnden Organen Zweifel an der Funktionstüchtigkeit des verwendeten Messgerätes zu begründen. Der angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Führerscheinabnahme bestätigte, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Soweit der Beschwerdeführer noch ins Treffen führt, die ihm übergebene Bescheinigung über die vorläufige Abnahme seines Führerscheines sei nach dem Vordruck noch auf § 76 Abs. 1 KFG 1967 abgestimmt gewesen und nicht auf § 39 Abs. 1 FSG, weswegen die Abnahme nicht gesetzeskonform erfolgt sei, ist ihm zu entgegnen, dass die unrichtige Ausfüllung eines Bescheinigungsformulares der in Rede stehenden Art nicht die Gesetzwidrigkeit einer (ansonsten) rechtmäßigen Führerscheinabnahme nach sich zieht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, Zl. 2000/11/0213).

2.4. Soweit der Beschwerdeführer schließlich weitwendig "EU Rechtswidrigkeit des § 39 FSG" behauptet und diesbezüglich vorbringt, nach "Gemeinschaftsrecht" komme der vorläufigen Abnahme des Führerscheins mit dem vom Gesetz vorgesehenen Fahrverbot bis zur allfälligen Wiederausfolgung "grundsätzlich potentieller Strafcharakter" zu, weshalb infolge Verstoßes der vorläufigen Abnahme nach § 39 FSG gegen das Doppelbestrafungsverbot die österreichische Regelung nicht dem Gemeinschaftsrecht entspreche, wonach eine derartige Maßnahme, auch nach Maßgabe des Art. 6 MRK nur von einem unabhängigen Richter im Rahmen einer einstweiligen Verfügung getroffen werden könne, ist ihm zunächst zu entgegnen, dass er eine bereits erfolgte rechtskräftige Bestrafung gar nicht behauptet hat, sodass nicht erkennbar ist, wie er sich durch eine von ihm als solche empfundene "Doppelbestrafung" aktuell beschwert erachten könnte. Der Verwaltungsgerichtshof hegt allerdings im Hinblick auf sein Verständnis der vorläufigen Führerscheinabnahme als einstweilige Sicherungsmaßnahme sowie der Judikatur des EGMR (vgl. das Urteil vom 28. Oktober 1999 im Fall Escoubet gegen Belgien) keine Bedenken dahingehend, dass dieser Maßnahme Strafcharakter zukäme. Es besteht aber bezogen auf den Beschwerdefall auch kein Anlass für Bedenken, § 39 Abs. 1 FSG sei mit dem in Art. 54 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen, BGBl. III Nr. 90/1997, enthaltenen Doppelbestrafungsverbot nicht vereinbar, dies schon deshalb, weil davon nur Doppelbestrafungen durch einen anderen Mitgliedstaat erfasst sind. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich aus diesen Gründen auch nicht veranlasst, die Anregung des Beschwerdeführers auf Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes gemäß Art. 234 EG (ex-Art. 177 EGV) aufzugreifen.

2.5. Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 19. Juli 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000110171.X00

Im RIS seit

20.09.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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