TE Vwgh Erkenntnis 2007/5/15 2001/11/0235

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Veröffentlicht am 15.05.2007
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Index

L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Wien;
19/05 Menschenrechte;

Norm

MRK Art6;
SHG Wr 1973 §12;
SHG Wr 1973 §13 Abs4;
SHG Wr 1973 §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Nibelungengasse 1, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 7. Juni 2001, Zl. MA 15-II-J 38/2001, betreffend Sozialhilfe durch Zuerkennung einer Geldaushilfe für die Zeit vom 29. Dezember 2000 bis zum 26. Februar 2001, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der im Jahre 1955 geborene Beschwerdeführer steht seit mehreren Jahren im Bezug der Sozialhilfe.

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 7. Juni 2001 erkannte die Wiener Landesregierung dem Beschwerdeführer auf Grund seines Antrages vom 29. Dezember 2000 für die Zeit vom 29. Dezember 2000 bis zum 26. Februar 2001 unter Berücksichtigung der Mietbeihilfe und der Heizkostenbeihilfe für die Monate Jänner und Februar 2001 eine Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs in der Höhe von S 16.307,28 (entspricht: EUR 1.185,10) zu. Als Rechtsgrundlagen waren §§ 8, 12 und 13 des Wiener Sozialhilfegesetzes (WSHG) sowie §§ 1, 4 und 5 der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe (im Folgenden: Richtsatzverordnung) angegeben.

Nach Wiedergabe der angewendeten Bestimmungen des WSHG und der einschlägigen Richtsatzverordnung führte die Wiener Landesregierung aus, was die Alimente für den (vom Beschwerdeführer betreuten) minderjährigen Sohn Wilhelm anlangt, so werde bemerkt, dass dieser (gegenüber seiner Mutter A.) nur einen Alimentationsanspruch von monatlich S 660,-- habe. Dieser liege unter dem Richtsatz für Mitunterstützte beim Familienbeihilfenanspruch, weshalb sein Lebensbedarf durch die Alimente nicht gedeckt sei. Dies habe zur Folge, dass die Einrechnung von dessen Alimenten zu keiner Minderung des Bedarfes des Beschwerdeführers führe. Im Hinblick auf den vom Beschwerdeführer mit der Kindermutter A. (am 4. Juni 1999) abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich habe die belangte Behörde die Alimentationsverpflichtung des Beschwerdeführers für seine minderjährige Tochter Michelle in der Höhe von monatlich S 660,-- berücksichtigt.

Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer vorgelegte Gas-Jahresabrechnung vom Mai 2001 erscheine der Heizkostenbedarf durch die vorgesehenen Richtsätze gedeckt.

Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Sonderbedarf für Aufwendungen zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei vom Richtsatz bereits erfasst. Ebenso decke der herangezogene Richtsatz auch den geltend gemachten Bedarf für Strom und Telefon, Porto-, Kopier- und Bürobedarfskosten.

Die Wiener Landesregierung errechnete daraufhin für den im Spruch genannten Zeitraum in einer detaillierten Aufschlüsselung (teilweiser unter tageweiser Aliquotierung einzelner Leistungen) einen Sozialhilfebedarf des Beschwerdeführers in der Höhe von insgesamt S 16.307,28 (entspricht EUR 1.185,10).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß §12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des WSHG lauten (auszugsweise):

"Aufgaben und Leistungen der Sozialhilfe

§ 1. (1) Die Sozialhilfe hat jenen Menschen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

...

Rechtsanspruch

§ 7. Auf die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat der Hilfe Suchende einen Rechtsanspruch. Die Zuerkennung hat durch Bescheid zu erfolgen.

Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes

Anspruch

§ 8. (1) Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.

...

Einsatz der eigenen Mittel

§ 10. (1) Hilfe ist nur insoweit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfe Suchenden nicht ausreichen, um den Lebensbedarf (§ 11) zu sichern.

...

Lebensbedarf

§ 11. (1) Zum Lebensbedarf gehören

1. Lebensunterhalt,

...

Lebensunterhalt

§ 12. Der Lebensunterhalt umfasst insbesondere Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung, Beleuchtung, Kochfeuerung und andere persönliche Bedürfnisse. Zu den persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.

Geldleistungen

§ 13. (1) Die Bemessung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes hat unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen. Die Richtsätze sind durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen.

(2) In der Verordnung über die Festsetzung der Richtsätze sind folgende Arten von Richtsätzen vorgesehen:

1. Richtsatz für den Alleinunterstützten, 2. Richtsatz für den Hauptunterstützten, 3. Richtsatz für den Mitunterstützten.

Der in Z. 1 bezeichnete Richtsatz hat im Umfang des Abs. 3 den Lebensunterhalt eines Hilfe Suchenden zu decken, der keine mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen hat. Die in Z. 2 und 3 bezeichneten Richtsätze haben zusammen den Lebensunterhalt eines Hilfe Suchenden, seines Ehegatten oder Lebensgefährten und der sonst mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen im Umfange des Abs. 3 zu decken. Bezieht ein mit dem Hilfe Suchenden in Familiengemeinschaft lebender unterhaltsberechtigter Angehöriger von einem außerhalb der Familiengemeinschaft lebenden Dritten eine Unterhaltsleistung, die die Höhe des Richtsatzes für einen Mitunterstützten übersteigt, so ist dieser Angehörige bei der Bedarfsermittlung nicht zu berücksichtigen. Dies gilt sinngemäß auch für Lehrlingsentschädigungen oder für ein allfälliges sonstiges Einkommen dieses Angehörigen.

(3) Der Richtsatz ist so zu bemessen, dass er den monatlichen Bedarf an Nahrung, Beleuchtung, Kochfeuerung, Instandsetzung der Bekleidung, Körperpflege, Wäschereinigung sowie in angemessenem Ausmaß den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben deckt.

(4) Der Richtsatz kann im Einzelfall überschritten werden, wenn infolge der persönlichen oder familiären Verhältnisse des Hilfe Suchenden ein erhöhter Bedarf besteht. Dies gilt insbesondere bei alten, kranken oder behinderten Menschen sowie bei Familien mit Kindern. ...

...

(6) Der nicht durch den Richtsatz gedeckte Bedarf im Rahmen des Lebensunterhaltes, insbesondere die Unterkunft, Bekleidung, Hausrat und Beheizung ist durch zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zu decken, deren Ausmaß nach den Erfordernissen des einzelnen Falles zu bemessen ist. Bei alten oder erwerbsunfähigen Beziehern wiederkehrender monatlicher Geldleistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes kann dieser Bedarf durch einen Zuschlag zum Richtsatz pauschal abgedeckt werden.

..."

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

2.1. Die belangte Behörde hat der Berechnung des Sozialhilfeanspruches des Beschwerdeführers u.a. die im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Richtsatzverordnungen LGBl. Nr. 64/1999 (für Zeiten aus dem Jahr 2000) bzw. LGBl. Nr. 71/2000 (für Zeiten ab 1. Jänner 2001) zu Grunde gelegt.

Sie hat danach auf den Beschwerdeführer den Richtsatz für den Hauptunterstützten in der Höhe von S 5.014,-- (bzw. S 5.089,--) und für seine beiden, bei ihm lebenden (minderjährigen) Söhne Wilhelm und Manuel jeweils den Richtsatz für den Mitunterstützten (mit Familienbeihilfe) von S 1.542,-- (bzw. S 1.565,--) zur Anwendung gebracht. Diese Beträge wurden unter Berufung auf § 13 Abs. 4 WSHG um einen Betrag in der Höhe von S 1.215,-- (bzw. S 1.233,--), der bei Familien mit Kindern im Einzelfall herangezogen werden könne, erhöht. Dieser "erhöhte Richtsatz" für einen Erwachsenen und zwei Kinder betrug insgesamt S 9.313,-- (bzw. S 9.452,--).

Zu diesem Richtsatzbetrag wurde als "monatliche Mietbeihilfe" die volle Miete des Beschwerdeführers ( für die Monate Jänner und Februar 2001) und unter dem Titel "Heizkostenbeihilfe" ein Betrag von jeweils S 861,-- (ebenfalls für die Monate Jänner und Februar 2001) hinzugerechnet.

Beim Sozialhilfebedarf des Beschwerdeführers wurde ferner als "monatlicher Alimentationszuschuss" für die (bei der Kindesmutter lebende) minderjährige Tochter Michelle ein Betrag in der Höhe von S 660,-- "berücksichtigt", das heißt bedarfserhöhend hinzugerechnet.

Von diesem "Sozialhilfebedarf" des Beschwerdeführers wurden die von ihm bezogene Notstandshilfe sowie von der Kindesmutter für den minderjährigen Sohn Wilhelm zu zahlende Alimente (in der Höhe von S 660,--) in Abzug gebracht. Daraus errechnete die belangte Behörde schließlich für die Zeit vom 29. Dezember 2000 bis zum 26. Februar 2001 einen Sozialhilfeanspruch in der Höhe von S 16.307,28 (entspricht EUR 1.185,10).

2.2. Zu den in der Beschwerde angeführten Beschwerdegründen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in der Vergangenheit in verschiedenen, jeweils den Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnissen Stellung genommen:

Zu Darlegungen des Beschwerdeführers, wonach wegen seiner "Einzel"-Situation sein Bedarf im gewährten Richtsatz nicht gedeckt sei, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im hg. Erkenntnis vom 31. März 2003, Zl. 2002/10/0050, ausgesprochen, dass damit ein durch den Richtsatz nicht gedeckter Bedarf auf Grund der persönlichen bzw. familiären Verhältnisse im Sinne des § 13 Abs. 4 WSHG nicht dargetan wird (vgl. dazu auch die hg. Erkenntnisse vom 5. Mai 2003, Zl. 2002/10/0195, und vom 11. Juni 2003, Zl. 2002/10/0241). Ebenso wenig zeigen die Darlegungen des Beschwerdeführers eine Gesetzwidrigkeit bei der Bemessung des Richtsatzes auf. Im Übrigen gewährte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer auch im gegenständlichen Fall ohne weitere Prüfung unter Berufung auf § 13 Abs. 4 WSHG einen um S 1.215,-- (für Zeiten ab 1. Jänner 2001: um S 1.233,--) erhöhten Betrag, der bei Familien mit Kindern im Einzelfall herangezogen werden kann.

In dem bereits erwähnten hg. Erkenntnis vom 31. März 2003, Zl. 2002/10/0050, hat sich der Verwaltungsgerichtshof auch mit der Frage der Berücksichtigung der Alimentationsleistungen auf Grund des Unterhaltsvergleichs des Beschwerdeführers mit der Kindesmutter A. auseinander gesetzt.

Hinsichtlich der Aliquotierung der Sozialhilfeleistungen ist auf das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2001, Zl. 2000/11/0323, hinsichtlich der Anrechenbarkeit der Familienzuschläge zur Notstandshilfe auf das hg. Erkenntnis vom 18. März 2003, Zl. 2001/11/0091, zu verweisen.

Hinsichtlich des geltend gemachten Sonderbedarfs für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird auf die hg. Erkenntnisse jeweils vom 31. März 2003, Zl. 2002/10/0050 und Zl. 2002/10/0238, für Telefonkosten auf die hg. Erkenntnisse vom 31. März 2003, Zl. 2002/10/0050, und vom 5. Mai 2003, Zl. 2002/10/0195, für Porto-, Kopie- und Bürobedarfskosten auf das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 2003, Zl. 2002/10/0241, hinsichtlich Strombedarfs auf das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 2003, Zl. 2002/10/0236, verwiesen.

Auf die Entscheidungsgründe der zitierten Erkenntnisse wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Das Vorbringen, die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 29. bis 31. Dezember 2000 keine Heizkostenbeihilfe zuerkannt, übersieht, dass eine Heizkostenbeihilfe für Dezember 2000 - ohne Aliquotierung - in den Bescheid der belangten Behörde vom 28. Mai 2001 betreffend Geldaushilfe für den Zeitraum vom 30. Oktober bis zum 28. Dezember 2000 eingeflossen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 2001/11/0211).

2.3. Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung durch den angefochtenen bescheid nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

2.4. In der vorliegenden Beschwerde wurden im Übrigen keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Auch Art. 6 EMRK steht dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Der EGMR hat z.B. in seiner Entscheidung vom 2. September 2004, Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich) unter Hinweis auf weitere Rechtsprechung (vgl. insbesondere EGMR 24. Juni 1993, Schuler-Zgraggen/Schweiz, Series A no. 263, p. 19, § 58; 25. April 2002, Zl. 64336/01, Varela Assalino/Portugal; 5. September 2002, Zl. 42057/98, Speil/Österreich) dargelegt, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung erfüllt wären, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft. Der Gerichtshof verwies im erwähnten Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige. Hier liegt ein Fall vor, in dem das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich rechtliche Fragen betrifft; es ist auch nicht ersichtlich, dass von einer mündlichen Verhandlung eine weitere Klärung des Falles erwartet werden könnte (vgl. die - ebenfalls den Beschwerdeführer betreffenden - Erkenntnisse vom 22. November 2004, Zl. 2004/10/0013, oder vom 27. Februar 2006, Zl. 2004/10/0016).

Wien, am 15. Mai 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2001110235.X00

Im RIS seit

18.06.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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