TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/24 99/20/0199

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Veröffentlicht am 24.10.2001
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

StGB §83 Abs2;
WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §12;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Hinterwirth, Dr. Strohmayer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. Heinz Wille, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Ferstelgasse 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 30. November 1998, Zl. SD 460/98, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bundespolizeidirektion Wien verbot mit Bescheid vom 25. Mai 1998 gemäß § 12 Abs. 1 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12 (WaffG 1996), dem Beschwerdeführer den Besitz von Waffen und Munition und begründete dies damit, der Beschwerdeführer weise im Strafregister Verurteilungen wegen Körperverletzung, schwerer Körperverletzung, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, Nötigung, gefährlicher Drohung und Vergehen nach dem Waffengesetz auf; eine Tatsache im Sinn des § 12 Abs. 1 WaffG 1996 sei zudem gegeben, weil er am 5. Dezember 1997 in einem Lokal im 15. Wiener Gemeindebezirk in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Messer gezogen und damit "herumgefuchtelt" habe.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in welcher er bestritt, am 5. Dezember 1997 mit einem Messer in einem Lokal "herumgefuchtelt" zu haben. Es liege weiters keine Mehrzahl von Verurteilungen vor, sondern lediglich eine einzige vom 29. Juni 1994, mit der er zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, bedingt auf 3 Jahre, verurteilt worden sei. Diese Verurteilung sei bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem "Administrationsbüro" wegen Verhängung eines Waffenverbotes gewesen. Damals habe der Chefarzt der Bundespolizeidirektion ausgesprochen, dass von der Verhängung eines Waffenverbotes Abstand genommen werden könne; es liege diesbezüglich entschiedene Rechtssache vor. Die weitere Verurteilung vom 11. Oktober 1989 wegen § 83 StGB sei bereits getilgt und scheine nur irrtümlich in der Strafregisterauskunft auf. Es liege somit keine bestimmte Tatsache vor, die eine Verhängung eines Waffenverbotes rechtfertige.

Die belangte Behörde führte hinsichtlich des Vorfalles im Jahr 1997 (durch Einvernahme der Zeugin H.) ein Ermittlungsverfahren durch und wies nach Wahrung des Parteiengehöres und Erstattung einer Stellungnahme des Beschwerdeführers mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. November 1998 die Berufung ab. Ergänzend zur Begründung des Bescheides der Behörde erster Instanz stellte die Berufungsbehörde fest, der Beschwerdeführer sei Anfang 1990 wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Am 14. Mai 1994 sei der Beschwerdeführer nach einem Schädeltrauma ins AKH gebracht worden, habe sich jedoch ohne die notwendige ärztliche Versorgung wieder entfernt. Als er erklärt habe, dass er sich "von den Ärzten nicht quälen" lassen wolle, sei er dem Amtsarzt vorgeführt worden. Der Amtsarzt, der eine starke Alkoholisierung festgestellt habe, habe ihn schließlich dazu bewegen können, sich freiwillig einer Spitalsbehandlung zu unterziehen. Der Verdacht auf chronischen Alkoholmissbrauch habe damals nicht erhärtet werden können.

Am 5. Dezember 1997 seien Beamte zu einem Kaffeehaus im

15. Wiener Gemeindebezirk beordert worden, wo sie den Beschwerdeführer in stark alkoholisiertem Zustand angetroffen hätten. Von der Zeugin H. sei ihnen mitgeteilt worden, dass der Beschwerdeführer im Lokal ein Messer gezogen und damit "herumgefuchtelt" habe. Der Beschwerdeführer habe dazu erklärt, sich nicht mehr daran erinnern zu können, ob er das Messer überhaupt in der Hand gehalten habe. Das Messer sei sicher gestellt und Meldung erstattet worden.

Die Berufungsbehörde habe auf Grund der Bestreitung des Beschwerdeführers hinsichtlich des "Herumfuchtelns" mit einem Messer die Zeugin H. niederschriftlich vernommen. Diese habe ausgesagt, der ihr unbekannte, stark alkoholisierte Mann sei an der Bar gesessen und habe, als er nichts mehr zu trinken bekommen habe und die Bezahlung der Zeche verlangt worden sei, ein Messer herausgezogen und damit, halb sitzend, halb stehend, "herumgefuchtelt" und gesagt, "krieg ich noch was oder krieg ich nichts mehr" und in weiterer Folge "das Messer bleibt so lange bei mir, bis ich etwas zu trinken kriege", worauf er von zwei Männern, die an der Bar gestanden seien, etwas unsanft aus dem Lokal begleitet worden sei. Nach einiger Zeit sei er wieder zurückgekommen und habe wieder mit dem Messer "herumgefuchtelt" und Bier verlangt. Daraufhin habe ein Gast die Polizei gerufen und die Zeugin selbst habe mit ihrem Begleiter das Lokal verlassen und sei zum Auto gegangen. Zu dieser Zeit habe der Mann mit dem Messer in der Hand das Lokal schnell verlassen. Unmittelbar danach sei dann die Polizei gekommen. Der Mann habe schnell zu laufen begonnen, die Polizei habe ihn aber eingeholt.

Auf Grund der detaillierten Aussage der Zeugin sehe die belangte Behörde keinen Grund zur Annahme, dass die Zeugin den von der Polizei beanstandeten und identifizierten Beschwerdeführer und den "Messerfuchtler" im Lokal nur irrtümlich für ein und dieselbe Person gehalten haben könnte. Der Beschwerdeführer könne übrigens auch deshalb nicht ernsthaft bestreiten, im Lokal mit dem Messer "herumgefuchtelt" und die beschriebenen Äußerungen gemacht zu haben und aus dem Lokal geführt worden und wieder zurückgekommen zu sein, weil er selbst nach der Anhaltung gesagt habe, er könne sich nicht erinnern, "ob er das Messer in der Hand gehalten habe". Im Übrigen sei auch das von der Zeugin geschilderte Verhalten typisch für den Beschwerdeführer, wenn man seine früheren Verhaltensweisen betrachte. Seine Behinderung und sein schlechtes Sehvermögen hätten ihn auch bei dem von den einschreitenden Beamten im Jahr 1994 wahrgenommenen Vorfall nicht gehindert, davonlaufen zu wollen. Dass die Zeugin geglaubt habe, der Beschwerdeführer sei von der Polizei mitgenommen worden, vermöge die Glaubwürdigkeit ihrer Aussage nicht zu erschüttern.

In der Folge habe sich herausgestellt, dass der Beschwerdeführer schon am 29. Juni 1994 vom Landesgericht für Strafsachen Wien zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten unter bedingter Strafnachsicht rechtskräftig verurteilt worden sei. Diesem Urteil seien zwei Vorfälle zu Grunde gelegen. So habe der Beschwerdeführer am 9. April 1994 die Glasscheibe der Terrassentüre zur Wohnung einer Bekannten (F.) mit Gewalt eingeschlagen (Vergehen der vorsätzlichen Sachbeschädigung) und auf diese Weise den Eintritt in die Wohnung der Genannten unter Mitführen einer Waffe (eines Gasrevolvers), um den Widerstand der Genannten zu überwinden, erzwungen (schwerer Hausfriedensbruch) und diese schließlich mit dem Umbringen bedroht, um sie zum Verlassen der Wohnung zu nötigen (versuchte Nötigung). "Bei dieser Sach- und Beweislage" sei auch die Aussage der Zeugin (F.) glaubwürdig, wonach der Beschwerdeführer in der Nacht zuvor in einem Lokal ein Messer mitgehabt habe, welches dem Gastwirt verdächtig vorgekommen sei; weiters habe ihr die Lokalinhaberin eines anderen Lokales, die dem Beschwerdeführer dann den Zutritt verweigert habe, gesagt, dass sie den Beschwerdeführer kenne und dass dieser schon öfters in alkoholisiertem Zustand gewalttätig geworden sei. Daraufhin habe der Beschwerdeführer schließlich vor dem Lokal grundlos einen fremden Mann attackiert. Am Tag nach diesem Vorfall habe die Zeugin F. der Behörde ein 26 cm langes Messer samt Metallscheide mit Lederriemen überbracht, welches der Beschwerdeführer nach dem Eindringen in ihre Wohnung dort abgelegt hätte.

Dem Urteil liege weiters aber auch zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 19. Juni 1994 in den Morgenstunden in seiner Wohnung L., den er in seine Wohnung eingeladen gehabt habe, um dort weiter zu trinken, durch mehrere Schläge mit einem Schlagring vorsätzlich verletzt (§§ 83, 84 StGB) und ihn mit dem "Abstechen" bedroht habe, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen (gefährliche Drohung) und die ebenfalls anwesende F. durch Gewalt zur Abstandnahme von der Erstattung einer Strafanzeige genötigt habe (versuchte Nötigung) und unbefugt einen Schlagring und zwei Dosen Reizgas, mithin verbotene Waffen, besessen habe (Vergehen nach dem Waffengesetz).

"Bei dieser Sach- und Beweislage" erscheine es auch nicht unglaubwürdig, wenn die Zeugin F. ausgesagt habe, dass der immer aggressiver werdende Beschwerdeführer, der plötzlich einen Schlagring in der Hand gehabt habe, mehrmals auf den anderen (L.) eingeschlagen und auch weiter hingeschlagen habe, als sich dieser nicht mehr habe wehren können. Schließlich hätten auch die einschreitenden Sicherheitswachebeamten gesehen, dass der Beschwerdeführer den auf die Beamten blutüberströmt zuwankenden L. attackiert habe und sich erst, als er die Beamten bemerkt habe, umgedreht habe und geflohen sei. Neben dem Schlagring habe auch wieder ein Messer des Beschwerdeführers, welches nach den Aussagen von L. ebenfalls im Spiel gewesen sei, sichergestellt werden können. In der Wohnung seien deutliche Spuren eines Kampfes, und zwar Blutflecken in der ganzen Wohnung, umgestürzte Sessel und zerbrochene Gläser, festzustellen gewesen.

Der Beschwerdeführer, der im ersten Fall noch mehrere Stunden nach dem Vorfall stark betrunken gewesen sei, sei auch in diesem Fall den Feststellungen des Amtsarztes zufolge schwer alkoholisiert gewesen und habe sich damit verantwortet, dass er aus diesem Grunde nicht wisse, ob er den Schlagring verwendet habe; es sei ihm auch nichts davon bekannt, dass er in alkoholisiertem Zustand aggressiv werde.

In ihren rechtlichen Erwägungen führte die belangte Behörde aus, bei ihrer Beurteilung, ob bestimmte festgestellte Tatsachen, die im § 12 WaffG 1996 geforderte Annahme, der Betreffende könne schutzwürdige Rechtsgüter gefährden, vorlägen, sei die gesamte Geisteshaltung und Sinnesart des betreffenden Menschen ins Auge zu fassen, wobei die dazu erforderliche Verhaltensprognose auch unter Einbeziehung getilgter Vorstrafen erstellt werden dürfe. Ob die erste Verurteilung, die freilich schon lange zurückliege und der nur unterstützende Bedeutung zukomme, bereits getilgt sei, könne daher dahingestellt bleiben.

Dem Argument des Beschwerdeführers, die Verurteilung aus dem Jahr 1994 dürfe nicht berücksichtigt werden und sei daher keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 12 WaffG 1996, vermöge die Berufungsbehörde keinesfalls beizupflichten. Dies schon deshalb, weil die Beendigung des Verfahrens ohne Erlassung eines Waffenverbotes keinen der Rechtskraft fähigen Bescheid darstelle. Umso weniger komme dem damaligen Sachverständigengutachten Rechtskraft zu, abgesehen davon, dass sich das ärztliche Gutachten nur auf den medizinischen Befund bei der Untersuchung bezogen habe. Dazu komme weiters, dass der Behörde damals zwar die Anzeige über den ersten der beiden Vorfälle - also nicht über den zweiten, schwerer wiegenden Vorfall -, nicht aber die Verurteilung bekannt gewesen und dass die Behörde damals durch eine unrichtige Auskunft verleitet worden sei, keine weiteren Nachforschungen anzustellen. Die Behörde erster Instanz hätte jedenfalls schon damals auf Grund der Verurteilung unverzüglich ein (unbefristetes) Waffenverbot erlassen müssen. Schließlich sei damals eine schwer wiegende Gewaltanwendung und Nötigung unter Mitführen eines Messers und missbräuchlicher Verwendung einer Waffe (Gasrevolver) vorgelegen und sei beim zweiten Vorfall eine schwere Körperverletzung unter missbräuchlicher Verwendung einer lebensgefährlichen verbotenen Waffe (Schlagring) sowie eine gefährliche Drohung mit dem "Abstechen", jeweils unter starkem Alkoholeinfluss, vorgelegen. Dabei habe sich gezeigt, dass der Beschwerdeführer unter starkem Alkoholeinfluss äußerst aggressiv und sich seiner Handlung offenbar in keiner Weise mehr bewusst sei.

Dem Versuch des Beschwerdeführers, die Vorfälle im Jahre 1994 als ein singuläres und auf den nicht verwundenen, drei Jahre zurückliegenden Tod seiner Ehegattin (1991) und auf die Eifersucht auf eine Frau zurückzuführendes, d.h. von seinem Charakter und seiner Sinnesart völlig abweichendes Verhalten hinzustellen, könne jedenfalls kein Erfolg beschieden sein.

Der letzte, das vorliegende Verfahren auslösende erwiesene Vorfall sei eine bestimmte Tatsache, die, auch wenn es dabei "glücklicherweise nicht wirklich" zu einer Straftat gekommen sei, für die Wesensart und den Charakter des Beschwerdeführers geradezu symptomatisch sei und sehr deutlich zeige, dass die Erlassung eines Waffenverbotes schon seinerzeit dringend geboten gewesen wäre und nach wie vor dringend geboten sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 22. Februar 1999, B 86/99-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die (ergänzte) Beschwerde erwogen:

Nach § 12 Abs. 1 WaffG 1996 hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

§ 12 Abs. 1 WaffG 1996 dient der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen und setzt nicht voraus, dass bereits tatsächlich eine missbräuchliche Verwendung stattgefunden hat. Es genügt daher, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die begründete Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein die Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit beeinträchtigender gesetzwidriger und zweckwidriger ("missbräuchlicher") Gebrauch gemacht werden könnte. Dabei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der auch mit dem Besitz von Schusswaffen verbundenen Gefahren ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1999, Zl. 98/20/0279).

Die belangte Behörde legte ihrer Gefährdungsprognose die oben näher dargestellten Ereignisse im Jahr 1994 und 1997 zu Grunde und verwies ergänzend auf eine bereits 1990 erfolgte Verurteilung des Beschwerdeführers. Zur letztgenannten Verurteilung rügt der Beschwerdeführer als Aktenwidrigkeit, er sei - entgegen der Feststellungen der belangten Behörde - nicht wegen vorsätzlicher, sondern wegen fahrlässiger Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB verurteilt worden. Dieser Vorwurf ist unberechtigt. § 83 Abs. 2 StGB, welcher der seinerzeitigen Verurteilung des Beschwerdeführers zu Grunde lag, stellt, auch wenn nach dessen Tatbild die (vorsätzliche) Misshandlung am Körper einen (nur) fahrlässigen Verletzungserfolg bewirkt, ein Vorsatzdelikt dar.

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, getilgte Vorstrafen seien in die Beurteilung der Gefährdungsprognose nicht einzubeziehen; so sei sowohl die Verurteilung aus dem Jahr 1990 als auch diejenige vom 29. Juni 1994 mittlerweile getilgt und hätten diese nicht berücksichtigt werden dürfen.

Abgesehen davon, dass die letztgenannte Verurteilung im - für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides allein relevanten - Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht getilgt war, spielt der Umstand einer allfälligen Tilgung schon deshalb im vorliegenden Verfahren keine Rolle, weil nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung der Geisteshaltung und Sinnesart des von einem Waffenverbot Betroffenen auch getilgte Vorstrafen einbezogen werden dürfen. Das Vorliegen von gerichtlichen Verurteilungen, die bereits getilgt sind und denen ein Vorfall zu Grunde liegt, der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits mehrere Jahre zurücklag, kann allerdings ohne Hinzutreten eines aktuellen, als Tatsache im Sinn des § 12 Abs. 1 WaffG 1996 zu wertenden Verhaltens nicht die gestellte Prognose rechtfertigen, die Waffen würden missbräuchlich verwendet werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. November 1997, Zl. 96/20/0543, sowie vom 16. Oktober 1991, Zl. 91/01/0026).

Die belangte Behörde hat die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits getilgte Strafe aus dem Jahre 1990 nun keinesfalls als für die Verhängung des Waffenverbotes wesentlich betrachtet, sondern ihr lediglich unterstützende Bedeutung bei der Beurteilung der Gesamtpersönlichkeit des Beschwerdeführers beigemessen. Die Verhängung des Waffenverbotes stützt sich im Sinne der zitierten Rechtsprechung ohnehin auf Ereignisse, die in einem näheren zeitlichen Zusammenhang zum angefochtenen Bescheid stehen.

Zu einigen dieser Ereignisse, nämlich zu den der Verurteilung aus dem Jahre 1994 zu Grunde liegenden Vorfällen bringt der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde vor, diese Vorfälle hätten deshalb nicht berücksichtigt werden dürfen, weil res iudicata vorgelegen sei. Der interne Vermerk vom 8. November 1994, aus dem hervorgeht, dass der Beschwerdeführervertreter von der Einstellung des Verfahrens fernmündlich verständigt worden sei und dass keine weitere Verfügung auf Grund des (damals eingeholten) Gutachtens des Amtsarztes zu ergehen habe, ist keine rechtskräftige Entscheidung mit dem Inhalt einer Nichtverhängung eines Waffenverbotes.

Wie zuvor dargestellt, liegt der Verhängung eines Waffenverbotes eine qualifizierte Gefährdungsprognose zu Grunde. Selbst wenn die Behörde zu einem früheren Zeitpunkt diese Gefährdungsprognose nicht für gegeben erachtet und dies in Bescheidform zum Ausdruck gebracht hätte, wäre sie nicht gehindert, etwa im Falle neuer Vorfälle, auch auf Ereignisse in der Vergangenheit zurückzugreifen, um ihre Prognose abzurunden und zu untermauern. Res iudicata in dem vom Beschwerdeführer gemeinten Verständnis eines Verbotes einer Berücksichtigung von Vorfällen, die sich vor einer (fiktiven) bescheidmäßigen Einstellung ereignet haben, kommt im Verfahren zur Verhängung eines Waffenverbotes nicht zum Tragen.

Die Behörde war daher nicht daran gehindert, die der Verurteilung aus dem Jahre 1994 zu Grunde liegenden (beiden) Vorfälle bei ihrer Gefährdungsprognose zu berücksichtigen.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die diese Vorfälle betreffenden Feststellungen der belangten Behörde auch mit dem Vorwurf, er habe keine Gelegenheit gehabt, sich im Verfahren vor der belangten Behörde hinsichtlich der (im Zuge der Ermittlungen im Strafverfahren vor der Bundespolizeidirektion Wien bereits 1994 erstatteten) Aussagen der Zeugin F. zu äußern. Es gelingt ihm aber nicht, die Relevanz dieses angeblichen Verfahrensmangels aufzuzeigen, weil er nicht vorbringt, welche Äußerungen er diesfalls getätigt hätte und inwiefern diese geeignet gewesen wären, zu einem anderen Verfahrensergebnis zu gelangen.

Die anlässlich der der Verurteilung vom 29. Juni 1994 zu Grunde liegenden beiden Vorfälle zu Tage getretene Gewaltbereitschaft des Beschwerdeführers, die in Tätlichkeiten gegen Personen bzw. in Sachbeschädigungen ihren Niederschlag fand, reicht nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes bereits für die Gefährdungsprognose im Sinne des § 12 WaffG 1996 aus. Dazu tritt der Vorfall vom 5. Dezember 1997. Der Beschwerdeführer bestreitet zwar unter Hinweis auf die - im Übrigen im Verwaltungsverfahren gar nicht beantragte - fehlende Gegenüberstellung mit der Zeugin H. am 5. Dezember 1997 tatsächlich in einem Lokal mit einem Messer "herumgefuchtelt" zu haben. Die belangte Behörde hat aber im angefochtenen Bescheid unter Darlegung ihrer diesbezüglichen Überlegungen dargestellt, aus welchen Gründen sie der Zeugenaussage der Zeugin H. im Gegensatz zu den Angaben des Beschwerdeführers Glauben schenkte. Im Rahmen seiner eingeschränkten Prüfung der Beweiswürdigung (§ 41 VwGG) hegt der Verwaltungsgerichtshof keine Zweifel an der Schlüssigkeit der beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde.

Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zur Annahme gelangte, beim Beschwerdeführer sei die Annahme gerechtfertigt, er könne durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich noch in Hinblick auf den "angeblichen Vorfall vom 14. Mai 1994", wo er sich trotz notwendiger ärztlicher Behandlung aus dem AKH entfernt haben solle, rügt, dass ihm diesbezüglich Parteiengehör nicht gewährt worden sei, übersieht er, dass die belangte Behörde diesen Vorfall zwar im angefochtenen Bescheid erwähnt, ihre Gefährdungsprognose aber nicht darauf stützt. Unabhängig davon, ob sich dieser Vorfall in der von der Behörde festgestellten Art ereignet hat oder nicht, - er wird im Übrigen vom Beschwerdeführer hinsichtlich seines Ablaufes gar nicht bestritten - kann nicht ersehen werden, dass die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde anders ausgefallen wäre.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. Oktober 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999200199.X00

Im RIS seit

19.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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