TE UVS Tirol 2008/02/25 2008/22/0548-1

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Veröffentlicht am 25.02.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. F.T. über die Berufung des Herrn H.R., M., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 01.02.2008, Zl FSE-421/2007, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 iVm § 19 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 35 Abs 1 Führerscheingesetz (FSG) wird die Berufung als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Aufgrund einer Sachverhaltsdarstellung der Polizeiinspektion Matrei i.O. vom 27.11.2007, Zl XY, leitete die Bezirkshauptmannschaft Lienz ein Verfahren zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung nach § 24 Abs 4 FSG gegen Herrn H.R., M., ein. Im Rahmen dieses Verfahrens erließ die Bezirkshauptmannschaft Lienz den nunmehr angefochtenen Ladungsbescheid vom 01.02.2008. Darin wurde angeführt, dass der Zweck der Ladung die Überprüfung der Verkehrszuverlässigkeit sei. Für den Fall der Nichtbefolgung der Ladung wurde eine Zwangsstrafe in der Höhe von Euro 50,00 angedroht. Dieser Bescheid wurde dem Berufungswerber per RSa-Rückschein am 05.02.2008 zugestellt.

 

Dagegen erhob Herr H.R. rechtzeitig Berufung und brachte darin unter Bezugnahme auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zusammenfassend vor, die Berufung sei einerseits ungeachtet der Rechtsmittelbelehrung zulässig und andererseits begründet, zumal die Erlassung eines Ladungsbescheides verfehlt sei, da für die Überprüfung der gesundheitlichen Eignung im FSG ein eigenes Verfahren vorgesehen sei.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:

 

Über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde oder Bundespolizeibehörde nach dem FSG entscheiden nach § 35 Abs 1 FSG die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern. Der angefochtene Bescheid wurde im Rahmen eines führerscheinrechtlichen Verfahrens erlassen und ist damit (grundsätzlich) die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol gegeben.

 

Zunächst war zu überprüfen, ob es sich beim angefochtenen Bescheid tatsächlich um einen Ladungsbescheid und nicht etwa nur um eine einfache Ladung gehandelt hat, denn nur ein Ladungsbescheid hat den Charakter eines verfahrensrechtlichen Bescheides. Der Ladungsbescheid unterscheidet sich von der einfachen Ladung dadurch, dass er für den Fall der unentschuldigten Nichtbefolgung der Ladung bestimmte Folgen (Verhängung einer Zwangsstrafe, zwangsweise Vorführung, Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens ohne Anhörung des Beschuldigten) androht und zu eigenen Handen zuzustellen ist (vgl etwa Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8 (2003) RZ 184). Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall gegeben.

 

Nun stellt sich weiters die Frage, ob gegen diesen Ladungsbescheid überhaupt eine Berufung zulässig ist. Das AVG führt in § 19 Abs 4 ausdrücklich an, dass gegen die Ladung oder die Vorführung kein Rechtsmittel zulässig ist. Ladungsbescheide wären demnach lediglich durch Beschwerde an den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof anfechtbar. Nun hat aber der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 06.10.1997, G1393/93 ua, SlgNr 14957, zusammenfassend ausgesprochen, dass auch Ladungsbescheide im Verwaltungsstrafverfahren durch Erhebung eines Rechtsmittels an den Unabhängigen Verwaltungssenat bekämpfbar sind (VwGH 14.09.2001, 2000/02/0275, 14.11.2001, 2000/03/0292). Die beiden Höchstgerichte beziehen sich in ihrer Argumention auf Art 129a Abs 1 erster Satz B-VG, wonach sich (auch) in Bezug auf Ladungsbescheide im Verwaltungsstrafverfahren (§ 24 VStG iVm § 19 Abs 4 AVG) eine direkte (ohne dass es einer einfachgesetzlichen Regelung bedürfte) Anrufbarkeit der unabhängigen Verwaltungssenate ergebe und sohin der in § 19 Abs 4 ausgesprochene Ausschluss einer Berufungsmöglichkeit im Verwaltungsstrafverfahren keine Anwendung findet.

 

Der gegenständliche Ladungsbescheid wurde jedoch im Rahmen eines administrativrechtlichen Verfahrens nach dem FSG erlassen. Hier, anders als im Verwaltungsstrafverfahren, bedarf es einer einfachgesetzlichen Regelung, um die unabhängigen Verwaltungssenate als Berufungsinstanz zu installieren. Dies erfolgte mit § 35 Abs 1 FSG.  Im Lichte der obigen Ausführungen ist in diesen Fällen gegen einen Ladungsbescheid keine Berufung an die Unabhängigen Verwaltungssenate zulässig und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Es wird jedoch angemerkt, dass nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol die Vorgangsweise der Bezirkshauptmannschaft Lienz, eine Überprüfung der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers mittels Ladungsbescheides zu erzwingen, mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen ist und eine unzulässige Umgehung des in § 24 Abs 4 FSG näher geregelten Verfahrens darstellt. Danach ist der Betroffene nämlich per Bescheid aufzufordern, sich ärztlich untersuchen zu lassen. Dieser Bescheid ist im Gegensatz zu einem Ladungsbescheid beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol anfechtbar. Im Bescheid ist nach der diesbezüglich sehr strengen Judikatur des VwGH genau anzugeben, worin die Behörde die gesetzlich geforderten Bedenken in Bezug auf die gesundheitliche Eignung sieht (vgl etwa VwGH 24.04.2001, 2001/11/0035, 30.09.2002, 2002/11/0120, 17.03.2005, 2004/11/0014 uva). Auch die Folgen der Nichtbeachtung eines rechtskräftigen Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs 4 FSG unterscheiden sich von jenen eines Ladungsbescheides dahingehend, dass in diesem Fall die Lenkberechtigung zu entziehen ist.

 

Aufgrund dieser Erwägungen wird seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol angeregt, den Ladungsbescheid vom 01.02.2008, Zl FSE-421/2007, gemäß § 68 Abs 2 AVG aufzuheben und nach Prüfung aller maßgeblichen Umstände (siehe dazu auch die Argumente des Berufungswerbers in der Berufung) das führerscheinrechtliche Verfahren entsprechend den Bestimmungen des § 24 Abs 4 FSG fortzusetzen oder einzustellen.

Schlagworte
Es, wird, jedoch, angemerkt, dass, nach, Ansicht, des, Unabhängigen, Verwaltungssenates, in, Tirol, die, Vorgangsweise, der, Bezirkshauptmannschaft, Lienz, eine, Überprüfung, der, gesundheitlichen, Eignung, des, Berufungswerbers, mittels, Ladungsbescheides, zu, erzwingen, mit, dem, Gesetz, nicht, in, Einklang, zu, bringen, ist, und, eine, unzulässige, Umgehung, des, in, § 24, Abs 4, FSG, näher, geregelten, Verfahrens, darstellt
Zuletzt aktualisiert am
22.10.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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