TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/26 2000/20/0075

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Veröffentlicht am 26.02.2002
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §8;
AsylG 1997 §15 Abs1 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §15 Abs3 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §15 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §44 Abs6 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Grünstäudl und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des S S A in Wien, geboren am 23. Dezember 1955, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. November 1999, Zl. 204.947/2-VIII/24/98, betreffend § 15 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen des Iran, dessen Asylantrag mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Mai 1994 rechtskräftig abgewiesen worden war, wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. Juli 1994 gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1991 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 29. Juli 1995 erteilt. Diese Aufenthaltsberechtigung wurde dreimal, zuletzt mit Bescheid vom 18. Juli 1997 bis 18. Juli 1998, gemäß § 8 Abs. 2 Asylgesetz 1991 verlängert.

Am 12. Juni 1998 beantragte der Beschwerdeführer eine weitere Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung. Der Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27. Oktober 1998 gemäß § 15 Abs. 3 Asylgesetz 1997 abgewiesen.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes abgewiesen und den Spruch dahin gehend geändert, dass der Antrag auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 Asylgesetz als unzulässig zurückgewiesen wird.

Begründend führte die belangte Behörde aus, Voraussetzung für die bescheidmäßige Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 15 Asylgesetz 1997 sei die Feststellung der Unzulässigkeit einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung gemäß § 8 Asylgesetz 1997. Auch einer Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 Abs. 3 Asylgesetz 1997 müsse "somit" in einem früheren Stadium eine Feststellung gemäß § 8 Asylgesetz 1997 vorangegangen sein. Von diesem Grundsatz habe der Gesetzgeber auch durch die Übergangsbestimmung des § 44 Abs. 6 Asylgesetz 1997 keine Ausnahme statuiert. Die dem Beschwerdeführer erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung sei daher nicht gemäß § 15 Abs. 3 Asylgesetz 1997 verlängerbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Frage umstritten, ob befristete Aufenthaltsberechtigungen, die nach § 8 des Asylgesetzes 1991 vor dem Inkrafttreten des Asylgesetzes 1997 mit 1. Jänner 1998 für eine Zeit bis nach diesem Datum rechtskräftig erteilt bzw. verlängert worden sind, gemäß § 15 Abs. 3 Asylgesetz 1997 verlängert werden können. Zu dieser Frage hat der Verwaltungsgerichtshof bisher keine Entscheidung getroffen (das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Mai 1999, Zl. 98/01/0365, betraf insoweit einen Eventualantrag in einem Asylverfahren, das am 1. Jänner 1998 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war und hatte außerdem, so wie auch die Erkenntnisse vom 24. Februar 2000, Zl. 99/20/0474, und vom 25. Jänner 2001, Zl. 99/20/0009, die erstmalige Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 Asylgesetz 1997, nicht jedoch eine Verlängerung gemäß § 15 Abs. 3 Asylgesetz 1997 zum Gegenstand).

Die maßgebenden Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 lauten in der anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 4/1999:

"§ 15. (1) Fremden, deren Asylantrag aus anderen Gründen als den Asylausschlussgründen (§ 13) rechtskräftig abgewiesen wurde und die sich ohne rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet befinden, ist mit Bescheid eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, wenn gemäß § 8 festgestellt wurde, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist.

...

(3) Die befristete Aufenthaltsberechtigung ist für höchstens ein Jahr und nach der zweiten Verlängerung für jeweils höchstens drei Jahre zu bewilligen. Befristete Aufenthaltsberechtigungen sind mit Bescheid zu widerrufen, wenn den Fremden die Ausreise in den Herkunftsstaat zugemutet werden kann, oder wenn sie einen Asylausschließungsgrund (§ 13) verwirklichen.

...

§ 44 ...

(6) Fremde, die nach dem Asylgesetz 1991 asylberechtigt waren, sowie solche Fremde, die vor dem 8. März 1968 nachweislich von einer österreichischen Sicherheitsbehörde als Flüchtlinge gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention behandelt wurden, gelten auch im Sinne dieses Bundesgesetzes als Asylberechtigte. Bescheide, mit denen Fremden eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 des Asylgesetzes 1991 erteilt wurde, gelten innerhalb ihres zeitlichen Geltungsbereiches als Bescheide gemäß § 15 dieses Bundesgesetzes.

..."

In der erwähnten, jeweils nicht auf die Verlängerung, sondern auf die erstmalige Erteilung befristeter Aufenthaltsberechtigungen nach § 15 Asylgesetz 1997 bezogenen Vorjudikatur hatte sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage, ob eine solche Erteilung möglich sei, zunächst unter dem Gesichtspunkt zu befassen, ob aus dem Umstand, dass § 15 Abs. 1 Asylgesetz 1997 einen Ausspruch gemäß § 8 Asylgesetz 1997 voraussetzt, eine Zuständigkeit der Berufungsbehörde für derartige Aussprüche auch in Fällen, in denen in erster Instanz noch das Asylgesetz 1991 anzuwenden war, abzuleiten sei. Dies wurde im Erkenntnis vom 24. März 1999, Zl. 98/01/0352, und ähnlich im Erkenntnis vom 12. Mai 1999, Zl. 98/01/0365, im Hinblick auf § 44 Abs. 1 letzter Satz Asylgesetz 1997 verneint, wobei das zuletzt genannte, von der belangten Behörde im vorliegenden Fall zitierte Erkenntnis auch Ausführungen darüber enthielt, dass die "günstigere Rechtslage (vgl. § 15 Asylgesetz)" in diesen Fällen nicht zum Tragen komme. Im - unmittelbar zu dieser Frage ergangenen - Erkenntnis vom 25. Jänner 2001, Zl. 99/20/0009, wurde bekräftigt, dass die (erstmalige) Erteilung der Berechtigung nach § 15 Asylgesetz 1997 in den Fällen des § 44 Abs. 1 letzter Satz Asylgesetz 1997 mangels Ausspruches gemäß § 8 Asylgesetz 1997 nicht möglich sei. Demgegenüber betraf das über eine Säumnisbeschwerde ergangene Erkenntnis vom 24. Februar 2000, Zl. 99/20/0474, den etwas anders gelagerten Fall eines Antrages gemäß § 15 Abs. 1 Asylgesetz im Anschluss an ein noch vor dem Inkrafttreten des Asylgesetzes 1997 rechtskräftig abgeschlossenes Asylverfahren. Keinen Fall des § 44 Abs. 1 letzter Satz Asylgesetz 1997 betraf auch das Erkenntnis vom 7. September 2000, Zlen. 2000/01/0243-0246. In diesem Erkenntnis wurde im Zusammenhang mit dem Unterbleiben eines Ausspruches gemäß § 8 Asylgesetz 1997 infolge der Zurück- statt Abweisung des Asylantrages auf das Erkenntnis vom 12. Mai 1999, Zl. 98/01/0365, verwiesen.

Der Verfassungsgerichtshof hat - anknüpfend an Aussagen in seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, VfSlg. 13.314 - im Erkenntnis vom 9. Oktober 2001, B 2344/00, für den auch im vorliegenden Verfahren zu beurteilenden Fall der beantragten Verlängerung einer nach § 8 Asylgesetz 1991 erteilten und gemäß § 44 Abs. 6 Asylgesetz 1997 als Aufenthaltsberechtigung nach § 15 dieses Gesetzes weitergeltenden befristeten Aufenthaltsberechtigung die Auffassung vertreten, in einem solchen Fall sei es aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, zwar nicht von der gemäß § 8 Asylgesetz 1997 zu prüfenden Voraussetzung der Unzulässigkeit einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden, wohl aber von der in § 15 Abs. 1 Asylgesetz 1997 dem Wortlaut nach uneingeschränkt vorgesehenen Voraussetzung des Vorliegens einer bescheidmäßigen Feststellung darüber gemäß § 8 Asylgesetz 1997 abzusehen. Der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes in dem Erkenntnis vom 24. Februar 2000, Zl. 99/20/0474, wonach der Bestand eines solchen bescheidmäßigen Ausspruches eine "unabdingbare" Voraussetzung für die Erteilung einer Berechtigung gemäß § 15 Asylgesetz 1997 sei, könne in verfassungskonformer Gesetzesauslegung nicht gefolgt werden (die weiteren, einen schon vorangegangenen Verlängerungsbescheid nach dem Asylgesetz 1997 betreffenden Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes sind für den vorliegenden Fall nicht von Bedeutung). In seinem Erkenntnis vom 30. November 2001, B 719/01, hat der Verfassungsgerichtshof seine Rechtsauffassung in einem etwas anderen Zusammenhang - Entscheidung über die Verlängerung einer schon nach dem Asylgesetz 1997 erteilten befristeten Aufenthaltsberechtigung - bekräftigt, wobei er auch in diesem Zusammenhang zu dem Ergebnis kam, die Asylbehörde habe bei der Entscheidung über die Verlängerung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung eine non-refoulement-Prüfung vorzunehmen, ohne für eine Bescheiderlassung über diese (hier: im Sinne einer Zulässigerklärung aufenthaltsbeendender Maßnahmen bei Nichtverlängerung der Aufenthaltsberechtigung) zuständig zu sein.

Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich für den hier zu beurteilenden, vom Verwaltungsgerichtshof bisher nicht entschiedenen Fall der beantragten Verlängerung einer nach § 8 Asylgesetz 1991 erteilten befristeten Aufenthaltsberechtigung der Ansicht des Verfassungsgerichtshofes in dessen Erkenntnis vom 9. Oktober 2001, B 2344/00, an. Die im angefochtenen Bescheid (der insoweit bei Schmid/Frank, Asylgesetz 1997, E. 9 zu § 15, wiedergegeben ist) gegen eine Verlängerung solcher Bewilligungen zum Ausdruck gebrachten Bedenken schlagen im Hinblick darauf, dass die in § 8 Asylgesetz 1997 vorgesehene Prüfung - wenngleich hier ohne Erlassung eines Feststellungsbescheides durch die Asylbehörde - stattzufinden hat, nicht durch.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 26. Februar 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000200075.X00

Im RIS seit

23.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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