TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/23 2001/11/0340

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Veröffentlicht am 23.04.2002
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Index

90/02 Führerscheingesetz;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs4;
FSG 1997 §26 Abs5;
KFG 1967 §75 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Robert Csokay, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stephansplatz 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 1. September 2000, Zl. MA 65 - 8/617/99, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit (Vorstellungs-)Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 11. November 1999 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 Führerscheingesetz - FSG die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung entzogen.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung.

Die belangte Behörde forderte daraufhin den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 1. Februar 2000 gemäß § 26 Abs. 5 FSG auf, binnen vier Monaten ab Zustellung des Bescheides den zur Erstellung des amtsärztlichen "Endgutachtens" gemäß § 24 Abs. 4 in Verbindung mit § 8 FSG und § 14 Abs. 1 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV erforderlichen psychiatrischen Facharztbefund, der die kraftfahrspezifischen psychophysischen Leistungsfunktionen mitzubeurteilen habe, vorzulegen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte ihre Behandlung mit Beschluss vom 3. Oktober 2001, B 534/00, ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid entzog die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 26 Abs. 5 FSG die Lenkberechtigung für die Klasse B bis zur Beibringung des amtsärztlichen Gutachtens auf Grund eines Befundes eines Facharztes für Neurologie/Psychiatrie.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei der bescheidmäßigen Aufforderung nicht nachgekommen. Durch die Unterlassung der erforderlichen Mitwirkung an der Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes habe er die Endbegutachtung vereitelt. Mangels Beibringung des bescheidmäßig aufgetragenen Gutachtens seien die Voraussetzungen für die Entziehung der Lenkberechtigung gegeben.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 3. Oktober 2001, B 1558/00, die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Beschwerdeführer hat die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ergänzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG maßgebend:

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),

...

Gesundheitliche Eignung

§ 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt für Allgemeinmedizin zu erstellen.

(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.

...

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z. 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

...

(4) Vor der Entziehung oder Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8, vor der Entziehung wegen mangelnder fachlicher Befähigung ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen.

...

Sonderfälle der Entziehung

§ 26.

...

(5) Leistet der Besitzer einer Lenkberechtigung einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, die Gutachten gemäß § 24 Abs. 4 beizubringen, innerhalb von vier Monaten nach Zustellung des Bescheides keine Folge, so ist ihm die Lenkberechtigung jedenfalls bis zur Beibringung der Gutachten zu entziehen."

Aus § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 FSG folgt, dass im Falle begründeter Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung des Besitzers einer Lenkberechtigung die Aufforderung gemäß § 26 Abs. 5 FSG nur auf die Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens gerichtet sein darf. Die nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 zulässige Aufforderung zur Erbringung der zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde kann im Anwendungsbereich des FSG nicht mehr zum Gegenstand eines Aufforderungsbescheides gemacht werden (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2000, Zl. 2000/11/0222). Nur die Nichtbefolgung des bescheidmäßigen Auftrages zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens berechtigt (und verpflichtet) die Behörde im gegebenen Zusammenhang zur Entziehung der Lenkberechtigung nach § 26 Abs. 5 FSG. Auf die Nichtbefolgung eines - im Gesetz gar nicht vorgesehenen - Bescheides betreffend die Vorlage eines fachärztlichen Befundes darf die Entziehung der Lenkberechtigung nach § 26 Abs. 5 FSG nicht gestützt werden (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 10. November 1998, Zl. 98/11/0120, und vom 24. März 1999, Zl. 98/11/0286).

Im vorliegenden Fall ist an den Beschwerdeführer kein rechtskräftiger Bescheid mit der Aufforderung, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten beizubringen, ergangen. Damit erweist sich die auf § 26 Abs. 5 FSG gestützte Entziehung der Lenkberechtigung als inhaltlich rechtswidrig. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Abweisung

des Mehrbegehrens erfolgte deshalb, weil in den in der zitierten Verordnung genannten Pauschalbeträgen die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.

Wien, am 23. April 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001110340.X00

Im RIS seit

25.07.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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