TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/29 2002/11/0110

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Veröffentlicht am 29.04.2003
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §26 Abs2 idF 2002/I/032;
FSG 1997 §7 Abs1 idF 2002/I/032;
FSG-GV 1997 §1 Abs1 Z3;
FSG-GV 1997 §17 Abs1;
FSG-GV 1997 §2 Abs2;
FSG-GV 1997 §3 Abs1 Z4;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 5. April 2002, Zl. 20504- 14/1844/6-2002, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Verbot des Lenkens von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem rechtskräftigen Mandatsbescheid vom 6. August 2001 entzog die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 2 Führerscheingesetz - FSG die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für die Dauer von vier Monaten, gerechnet ab der am 28. Juli 2001 erfolgten vorläufigen Abnahme des Führerscheines. Gemäß § 26 Abs. 8 FSG wurde die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrer und die Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung aufgetragen. Diesem Bescheid lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 28. Juli 2001 einen Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,8 mg/l) gelenkt und dadurch eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen hat.

Die ärztliche Amtssachverständige der Erstbehörde bezeichnete in ihrem Gutachten vom 19. September 2001 den Beschwerdeführer als zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 nicht geeignet. Sie begründete dies damit, dass die kraftfahrspezifische Leistungsqualität nicht ausreiche und die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nur bedingt gegeben sei. Außerdem bestehe Bluthochdruck und Tachykardie. Die amtsärztliche Sachverständige bezog sich auf eine verkehrspsychologische Stellungnahme vom 13. September 2001, nach der die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen insgesamt reduziert und in Teilbereichen nicht mehr ausreichend seien, geringe Anzeichen erhöhter Risikobereitschaft bestünden und regelmäßiger verstärkter Alkoholkonsum nicht ausgeschlossen sei. Der Beschwerdeführer zeige Anzeichen eines "social drinkers" und eines Gewohnheitstrinkers.

Mit Bescheid vom 11. Oktober 2001 entzog die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung dem Beschwerdeführer gemäß § 24, § 25 und § 8 FSG die Lenkberechtigung (ab 29. November 2001) für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung. Gleichzeitig verbot sie ihm gemäß § 32 FSG das Lenken eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges. In der Begründung verwies die Behörde auf das amtsärztliche Gutachten vom 19. September 2001.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung.

Der amtsärztliche Sachverständige der belangten Behörde veranlasste die verkehrspsychologische Untersuchung des Beschwerdeführers, die am 21. Jänner 2002 durchgeführt wurde. In der darüber erstatteten verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 24. Jänner 2002 wird unter anderem Folgendes ausgeführt:

"Zusammenfassung der Befunde/Gutachten

Die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen sind in unterschiedlichem, insgesamt ausreichendem Ausmaß gegeben, auch reaktive und konzentrative Belastbarkeit, Reaktionssicherheit und Beobachtungsfähigkeit entsprechen nun den Anforderungen im Sinne der Fragestellung.

Die intellektuelle Leistungsfähigkeit entspricht ebenfalls den Anforderungen.

Im Persönlichkeitsbefund ergeben sich Hinweise auf eine erhöhte Neigung zu riskanten Fahrmanövern durch erhöhte soziale Konfliktbereitschaft wie auch eine erhöhte Neigung zu impulsiven und unüberlegten Verhaltensweisen im Straßenverkehr, bei gleichzeitig ablehnender Haltung gegenüber den Alkoholbestimmungen und großen Informationsdefiziten bezüglich Wirkung und Abbau des Alkohols im Körper, wodurch sich insgesamt noch Gefährdungsmomente für eine neuerliche alkoholisierte Verkehrsteilnahme ergeben. Der U. schildert zwar eine zwischenzeitlich eingehaltene Alkoholabstinenz, im Hinblick auf die nach wie vor geplanten Trinkmengen in sozialen Trinksituationen in Zusammenschau mit der verstärkten Integration des Alkoholkonsums in den Alltag und auch der erhöhten Neigung, in geselligen Runden den Überblick über die konsumierte Alkoholmenge zu verlieren, wie auch das starke Erleben von sozialen Trinkzwängen und die bereits erhöhte Alkoholtoleranz ergeben sich aus verkehrspsychologischer Sicht noch zusätzliche Risikofaktoren für die künftige Verkehrsteilnahme: Durch die erhöhte Alkoholgewöhnung fehlen körperliche Warnsignale für die geltende Promillegrenze, die damit leichter übersehen wird. Ein subjektives Trunkenheitsgefühl tritt erst bei hoher Alkoholisierung ein, wenn die willentliche Verhaltenskontrolle bereits deutlich reduziert ist, wodurch die weitere Gefahr besteht, dass auch in diesem Zustand, entgegen aller Vorsätze, auf das Lenken eines Kfz nicht verzichtet wird.

Insgesamt war der U. somit bisher nicht in ausreichendem Maße bereit, sich mit seiner auffälligen Vorgeschichte selbstkritisch und problembewusst auseinander zu setzen, um dadurch seine Einstellungen und sein Verhalten entscheidend zu ändern und damit weitere Delikte im Straßenverkehr mit der nötigen Sicherheit auszuschließen. Dementsprechend ist die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung derzeit nicht gegeben.

Bei obiger Gesamttestbefundlage muss somit Herr M.S. vom Standpunkt verkehrspsychologischer Begutachtung als zum Lenken von Kfz der Klassen A und B derzeit nicht geeignet bezeichnet werden.

Auf Grund dieser Befundlage ist der bereits absolvierte Driver Improvementkurs für alkoholauffällige Kraftfahrer durch weitere Maßnahmen zu ergänzen, um die Eignungsvoraussetzungen wieder herzustellen. Dem U. wird daher zur Durchbrechung seiner Trinkgewohnheiten wie auch zur Senkung der bereits erhöhten Alkoholtoleranz der längerfristige, völlige Verzicht auf Alkohol empfohlen, wobei zur Förderung des Problembewusstseins eine psychologische Unterstützung sinnvoll erscheint. Bei konsequenter Umsetzung könnte eine verkehrspsychologische Kontrolluntersuchung nach frühestens 6 Monaten Auskunft über geänderte Eignungsvoraussetzungen geben."

Der amtsärztliche Sachverständige der belangten Behörde erstattete hierauf das Gutachten vom 12. Februar 2002, in dem abschließend Folgendes ausgeführt wird:

"GUTACHTEN:

Nach eingehender amtsärztlicher Untersuchung sowie Berücksichtigung der aktuellen Laborbefunde sowie der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom Kuratorium für Verkehrssicherheit kann Folgendes festgestellt werden:

Bei Herrn M.S. besteht ein erhöhter Blutdruck, welcher mit Medikamenten behandelt wird. Der Name des Medikamentes kann jedoch nicht genannt werden. Trotz dieser Medikation ist der Wert auch bei der eigenen Untersuchung erhöht. Bei einem Blutdrucktagesprofil zeigt sich, dass der Mittelwert sich im Normbereich bewegt, jedoch deutliche Blutdruckschwankungen über den Tag bestehen. Eine genaue Ursache lässt sich nicht feststellen, da eine Aufzeichnung der eventuell vorhandenen körperlichen Belastungen nicht aufgeführt ist. Eine verkehrspsychologische Untersuchung zeigte, dass die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen in unterschiedlichem, insgesamt aber ausreichendem Ausmaß gegeben waren.

Im Persönlichkeitsbefund ergaben sich jedoch Hinweise auf eine erhöhte Neigung zu riskanten Fahrmanövern durch erhöhte soziale Konfliktbereitschaft, wie auch durch erhöhte Neigung zu impulsiven und unüberlegten Verhaltensweisen im Straßenverkehr, bei gleichzeitig ablehnender Haltung gegenüber den Alkoholbestimmungen und großen Informationsdefiziten bezüglich Wirkung und Abbau des Alkohols im Körper. Die Gefährdungsmomente für eine neuerliche alkoholisierte Verkehrsteilnahme sind dadurch erhöht. Die Alkoholkarenz seit Juli 2001 ist nicht nachvollziehbar, da sich der Wert für die Gamma-GT mit 30 U/l im erhöhten Bereich befindet. Aus dem Akt lässt sich entnehmen, dass dieser bei einer Untersuchung am 3.9.2001 mit 17 U/l im Normbereich war. Es wurde auch bei der Untersuchung über keinerlei Krankheiten berichtet, wodurch eine Erhöhung der Gamma-GT erklärbar wäre. Es ist somit eine absolute Alkoholkarenz nicht glaubhaft und in Zusammenschau mit der verstärkten Integration des Alkoholkonsums in den Alltag und auch der erhöhten Neigung, in geselligen Runden den Überblick über die konsumierte Alkoholmenge zu verlieren, wie auch das starke Erleben von sozialen Trinkzwängen sind dies zusätzliche Risikofaktoren für eine künftige alkoholisierte Verkehrsteilnahme. Außerdem fehlen durch die erhöhte Alkoholgewöhnung körperliche Warnsignale für die geltende Promillegrenze, da ein subjektives Trunkenheitsgefühl erst bei hoher Alkoholisierung eintritt, wenn die willentliche Verhaltenskontrolle bereits deutlich reduziert ist.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die Gefahr einer alkoholisierten Verkehrsteilnahme derzeit noch erhöht ist und aus diesem Grund mit neuerlichen Alkoholfahrten gerechnet werden muss, was zu einer Gefährdung der Allgemeinheit führen würde. Herr M.S. ist daher derzeit nicht geeignet, Kraftfahrzeuge der Klassen A und B zu lenken."

Der Beschwerdeführer nahm dazu mit Schriftsatz vom 5. März 2002 Stellung und bestritt, dass ihm die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung fehle. Ein Fall des § 17 Abs. 1 Z. 2 FSG-GV liege nicht vor. Er besitze seit 33 Jahren die Lenkberechtigung für die Klassen A und B und sei nur ein einziges Mal, nämlich Mitte 2001, auffällig geworden. Wegen dieser Verwaltungsübertretung sei eine empfindliche Verwaltungsstrafe verhängt und die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Monaten entzogen worden. Er habe die angeordnete Nachschulung absolviert und ein Gutachten beigebracht. Sein Fall gleiche jenem, der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 2001, Zl. 2001/11/0266, zugrunde gelegen sei, weshalb er auf die Ausführungen in diesem Erkenntnis verweise. Es gehe nicht darum, den Besitzer einer Lenkberechtigung nach einem Alkoholdelikt zu einem Antialkoholiker zu machen, weshalb gelegentlicher Alkoholkonsum nicht schade. Der GGT-Wert von 30 U/l könne isoliert betrachtet auch zu keinem anderen Ergebnis führen, weil die übrigen Leberfunktionsparameter alle im Normbereich gelegen seien, insbesondere der höchstalkospezifische CT-Tect-Wert mit 1,0 % (bei einem Referenzbereich von bis zu 2,5 %) außerordentlich gut gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid vom 11. Oktober 2001 keine Folge und führte begründend aus, aus dem Gutachten vom 12. Februar 2002 ergebe sich in schlüssiger Weise, dass dem Beschwerdeführer die erforderliche Bereitschaft zur Verkehrsanpassung fehle. Außerdem liege der Gamma-GT-Wert nunmehr im erhöhten Bereich. Die Wiederherstellung der Verkehrszuverlässigkeit im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 28. Juli 2001 bedeute nicht, dass damit auch die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung wieder gegeben sein müsse.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG (in der von der belangten Behörde anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 32/2002) maßgebend:

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),

...

Gesundheitliche Eignung

§ 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt für Allgemeinmedizin zu erstellen.

(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.

(3) Das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen:

'geeignet', 'bedingt geeignet', 'beschränkt geeignet' oder 'nicht geeignet'. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund

1. gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten 'geeignet' für diese Klassen zu lauten;

2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten 'bedingt geeignet' für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Bedingungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;

...

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.

die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.

die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Bedingungen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.

..."

Weiters sind folgende Bestimmungen der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV (in der von der belangten Behörde anzuwendenden Fassung der 2. Novelle zur FSG-GV BGBl. II Nr. 16/2002) von Bedeutung:

"Allgemeines

Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung

zum Lenken von Kraftfahrzeugen

§ 3. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

2.

die nötige Körpergröße besitzt,

3.

ausreichend frei von Behinderungen ist und

4.

aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische psychophysische

Leistungsfähigkeit verfügt.

...

Gesundheit

§ 5. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

...

4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:

a)

Alkoholabhängigkeit oder

b)

andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

...

Herz- und Gefäßkrankheiten

§ 10. ...

(3) Ob einer Person, die unter Blutdruckanomalien leidet, eine Lenkberechtigung erteilt oder belassen werden kann, ist nach den übrigen Ergebnissen der ärztlichen Untersuchung, den möglichen Komplikationen und der daraus gegebenenfalls für die Sicherheit im Straßenverkehr erwachsenden Gefahr zu beurteilen.

...

Alkohol, Sucht- und Arzneimittel

§ 14. (1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

...

(5) Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, ist nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Bedingung ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

...

Verkehrspsychologische Stellungnahme

§ 17. (1) Die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle gemäß § 8 Abs. 2 FSG ist im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten insbesondere dann zu verlangen, wenn der Bewerber um eine Lenkberechtigung oder der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht

1. auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit oder

2. auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung erwecken. Mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist

jedenfalls dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren die Lenkberechtigung dreimal entzogen wurde, oder wenn ein Lenker wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b oder c StVO 1960 bestraft wurde.

..."

Die belangte Behörde vertritt - gestützt auf das Gutachten des ärztlichen Amtssachverständigen - die Auffassung, dem Beschwerdeführer fehle die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung. Auf Alkoholabhängigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 4 lit. a FSG-GV hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid nicht gestützt. Sie hat auch keinen diesbezüglichen Verdacht im Sinne des § 14 Abs. 1 zweiter Satz FSG-GV geäußert und dementsprechend keine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme eingeholt. Es kann damit auf sich beruhen, welche Bedeutung in diesem Zusammenhang dem zuletzt geringfügig erhöhten Gamma-GT-Wert bei ansonsten unauffälligen Laborwerten zukommen könnte. Die belangte Behörde hat auch nicht das Vorliegen einer Herz- und Gefäßkrankheit im Sinne des § 10 Abs. 3 FSG-GV angenommen, weshalb die Erwähnung des Bluthochdruckes im amtsärztlichen Gutachten für das vorliegende Beschwerdeverfahren ohne Bedeutung ist.

Der Beschwerdeführer verweist mit Recht auf das hg. Erkenntnis vom 27. November 2001, Zl. 2001/11/0266, in dem dargelegt wurde, dass es für die Annahme des Mangels der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nicht darauf ankomme, ob Alkoholkonsum (ohne Bezug auf das Lenken von Kraftfahrzeugen) nicht ausgeschlossen werden könne, sondern ob die Ergebnisse der verkehrspsychologischen Untersuchung darauf schließen lassen, der Betreffende sei nicht willens oder nicht in der Lage, sein Verhalten in Bezug auf Alkoholkonsum an die Erfordernisse des Straßenverkehrs anzupassen, m.a.W. es sei konkret zu befürchten, dass er im durch Alkohol beeinträchtigten Zustand als Lenker eines Kraftfahrzeuges am Straßenverkehr teilnehmen werde. Ein solcher Schluss kann auf Grund der Ergebnisse der verkehrspsychologischen Untersuchung nicht gezogen werden. Dass die neuerliche Begehung eines Alkoholdeliktes durch den Beschwerdeführer nicht mit Sicherheit auszuschließen ist - ein solcher Ausschluss wird bei zahlreichen Besitzern einer Lenkberechtigung nicht möglich sein -, rechtfertigt nicht den Schluss, es sei konkret zu befürchten, dass der Beschwerdeführer ein solches Delikt begehen werde. Der Umstand, dass Alkohol in Gesellschaft anderer Personen konsumiert wird, rechtfertigt die Annahme einer solchen Gefahr ebenso wenig wie die "erhöhte Alkoholtoleranz", hinsichtlich welcher nicht erkennbar ist, wie diese im Falle des Beschwerdeführers quantifiziert wurde, zumal auch nicht nachvollziehbar ist, warum bei Personen mit "Alkoholintoleranz" eine solche Gefahr auszuschließen sein soll. Entscheidend für die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung im Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol ist, dass der Betreffende - sei es nun aus Überzeugung von den schädlichen Wirkungen des Alkoholkonsums auf die Gesundheit, sei es auf Grund der Furcht vor Bestrafung und Verlust der Lenkberechtigung - den Konsum von Alkohol vor dem Lenken eines Kraftfahrzeuges vermeidet oder zumindest so weit einschränkt, dass er durch den Alkoholkonsum beim Lenken nicht beeinträchtigt ist. Dass diese Bereitschaft beim Beschwerdeführer trotz der von ihm absolvierten Nachschulung - hinsichtlich dieser wird in der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 13. September 2001 bestätigt, der Beschwerdeführer habe an der Nachschulung aktiv teilgenommen, sein Alkoholdelikt selbstkritisch hinterfragt und ein Problembewusstsein bezüglich "drink and drive" entwickelt - nicht vorliegt, ist nicht erkennbar. Mit der in der Gegenschrift geäußerten Auffassung der belangten Behörde, die absolvierte Nachschulung habe in ihrer Wirkung nach vier Monaten bereits nachgelassen, würde die Sinnhaftigkeit der in § 26 Abs. 8 FSG zwingend vorgesehenen Anordnung derartiger begleitender Maßnahmen in Frage gestellt, wenn deren Wirkung tatsächlich nur so kurze Zeit anhielte.

Vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles sieht sich der Verwaltungsgerichtshof schon im Hinblick auf seine ständige Rechtsprechung zur Natur der Entziehung der Lenkberechtigung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. März 2001, Zl. 99/11/0074) zu der vom Beschwerdeführer angeregten Antragstellung nach Art. 140 Abs. 1 B-VG in Ansehung des § 35 Abs. 1 FSG in der Fassung vor dem Verwaltungsreformgesetz 2001, BGBl. I Nr. 65/2002, nicht veranlasst.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 29. April 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002110110.X00

Im RIS seit

20.06.2003

Zuletzt aktualisiert am

02.01.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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