TE Vwgh Erkenntnis 2004/7/20 2002/03/0214

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Veröffentlicht am 20.07.2004
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E07204010;
E3L E13301800;
E3L E15102050;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/03 Sonstiges Verkehrsrecht;

Norm

31994L0055 Gefahrguttransport-RL AnlA Rn2009 litc idF 31999L0047;
31994L0055 Gefahrguttransport-RL AnlB Rn10011 Abs1 idF 31999L0047;
31994L0055 Gefahrguttransport-RL AnlB Rn10014 Abs1 idF 31999L0047;
31994L0055 Gefahrguttransport-RL AnlB Rn10603 litc idF 31999L0047;
31994L0055 Gefahrguttransport-RL idF 31999L0047;
31999L0047 Nov-31994L0055;
AVG §45 Abs2;
EURallg;
GGBG 1998 §1 Abs1;
GGBG 1998 §13 Abs1 Z1;
GGBG 1998 §13 Abs5 Z1;
GGBG 1998 §27 Abs1 Z2;
GGBG 1998 §27 Abs1 Z4;
GGBG 1998 §27 Abs2 Z13;
GGBG 1998 §27 Abs2 Z9;
GGBG 1998 §3 Z6;
GGBG 1998 §3 Z7;
GGBG 1998 §6 Z2;
GGBG 1998 §6 Z4;
GGBG 1998 §7 Abs3 Z1;
GGBG 1998 §7 Abs3 Z2;
GGBG 1998 §7 Abs8;
VStG §44a;
VStG §9;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2002/03/0216 2002/03/0215

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des HM in H, vertreten durch Dr. Peter Paul Wolf, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Esteplatz 7, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 13. Juni 2002, Zlen. Senat-BL-02-0027, Senat-BL-02-0031 (protokolliert zur Zl. 2002/03/0214), und Zl. Senat-BL-02-0029 (protokolliert zur Zl. 2002/03/0215), und vom 14. Juni 2002, Zl. Senat-BL-02-0030 (protokolliert zur Zl. 2002/03/0216), betreffend Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

1. Der erstangefochtene Bescheid (protokolliert zur Beschwerde Zl. 2002/03/0214) und der zweitangefochtene Bescheid (protokolliert zur Beschwerde Zl. 2002/03/0215) werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von je EUR 1.171,20, insgesamt daher EUR 2.342,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. Die zu Zl. 2002/03/0216 protokollierte Beschwerde gegen den drittangefochtenen Bescheid wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 127,30 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem erstangefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer als dem zur Vertretung nach außen berufenen Organ der H.M. Gesellschaft m.b.H. in seiner Eigenschaft als Absender zur Last gelegt, die angeführte Gesellschaft habe als Absender ein gefährliches Gut der Klasse 3/31/c, UN 1202-Dieselkraftstoff, 200 l, Aufsetztank, zur Beförderung übergeben, wobei im Zuge der Kontrolle am 10. Mai 2001, um 9.50 Uhr, nach dem Gefahrgutbeförderungsgesetz festgestellt habe werden können, dass

1.

vom Lenker kein Beförderungspapier mitgeführt worden sei,

2.

keine "Schriftliche Weisung" mitgeführt worden sei,

3.

die Beförderungseinheit vorne und hinten nicht mit zwei rechteckigen, rückstrahlenden, senkrecht angebrachten orangefarbenen Tafeln, deren Grundlinie 40 cm und deren Höhe mindestens 30 cm betrage, versehen gewesen sei,

              4.              die Beförderungseinheit nicht an beiden Seiten und hinten mit den Gefahrzetteln der für die jeweilige Klasse vorgesehenen Gefahrzetteln versehen gewesen sei und

              5.              am Aufsetztank die Kennzeichnung (Tankschild) gemäß RN 211160 ADR gefehlt habe.

Der Beschwerdeführer habe dabei folgende Bestimmungen verletzt:

zu 1. § 27 Abs. 1 Z. 2, § 7 Abs. 3 Z. 2 Gefahrgutbeförderungsgesetz 1995 (GGBG) und RN 10381 i.V.m.

RN 2002 ADR;

     zu 2. § 27 Abs. 1 Z. 2, § 7 Abs. 3 Z. 2 GGBG und RN 10381

i. V.m. RN 10385 ADR;

     zu 3. und 4. § 27 Abs. 2 Z. 9, § 13 Abs. 1 Z. 1 GGBG und

RN 10500 Abs. 1 ADR, und

     zu 5.        § 27 Abs. 1 Z. 2, § 7 Abs. 3 Z. 1 GGBG und

RN 211160 ADR.

     Wegen dieser Übertretungen wurden über den Beschwerdeführer

gemäß § 27 Abs. 1 Z. 2 GGBG zu den Punkten 1., 2. und 5.

Geldstrafen in der Höhe von EUR 726,72 (Ersatzfreiheitsstrafen 72 Stunden) bzw. zu den Punkten 3. und 4. Geldstrafen in der Höhe von EUR 72,67 (Ersatzfreiheitsstrafen 12 Stunden) verhängt.

1.2. Mit dem zweitangefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 13. Juni 2002 wurde dem Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der H.M. Gesellschaft m.b.H. in seiner Eigenschaft als "Belader" zur Last gelegt, die H.M. Gesellschaft m.b.H. habe als "Belader" am 10. Mai 2001 um

9.50 Uhr an dem näher genannten Tatort (der Sitz der vertretenen Gesellschaft) mit dem näher bezeichneten LKW ein gefährliches Gut der Klasse 3/31/c, UN 1202-Dieselkraftstoff, 200 l, Aufsetztank, zur Beförderung übergeben, wobei im Zuge der an diesem Tag stattgefundenen Kontrolle nach dem Gefahrgutbeförderungsgesetz hätte festgestellt werden können, dass

1.) kein 2-kg Feuerlöscher für den Motorbrand und kein 2-kg Feuerlöscher für den Ladungsbrand mitgeführt worden sei (RN 10240 ADR),

2.) die Beförderungseinheit vorne und hinten nicht mit zwei rechteckigen, rückstrahlenden, senkrecht angebrachten orangefarbenen Tafeln, deren Grundlinie 40 cm und deren Höhe mindestens 30 cm betragen hätte, versehen gewesen sei,

3.) die Beförderungseinheit nicht ausgerüstet gewesen sei mit

-

mindestens einem Unterlegkeil je Fahrzeug (RN 10260 lit. a ADR)

-

der erforderlichen Ausrüstung, um die in den Sicherheitshinweisen nach RN 10385 genannten, allgemeinen Maßnahmen durchzuführen (RN 10260 lit. b ADR)

-

zwei selbststehenden Warnzeichen (RN 10260 lit. b erster Querstrich ADR)

-

einer geeigneten Warnweste oder Warnkleidung für jedes Mitglied der Fahrzeugbesatzung (RN 10260 lit. b zweiter Querstrich ADR)

-

einer Handlampe (nach RN 10353 ADR) für jedes Mitglied der Fahrzeugbesatzung (RN 10260 lit. b dritter Querstrich ADR 4.) die Beförderungseinheit nicht an beiden Seiten und hinten mit den Gefahrzetteln der für die jeweilige Klasse vorgesehenen Gefahrzetteln versehen gewesen sei (RN 10500 Abs. 11 ADR) und

              5.)              am Aufsetztank die Kennzeichnung (Tankschild) gemäß RN 211160 ADR gefehlt habe.

Der Beschwerdeführer habe dadurch folgende Bestimmungen verletzt:

zu 1.) § 27 Abs. 2 Z. 25, § 7 Abs. 2 Z. 7 und Z. 8 GGBG und RN 10400 Abs. 1 und Abs. 2 ADR;

zu 2.) § 27 Abs. 2 Z. 25, § 7 Abs. 2 Z. 5, § 6 Z. 4 GGBG und RN 10500 Abs. 1 ADR, RN 10400 Abs. 1 und 2 ADR;

zu 3.) § 27 Abs. 1 Z. 25, § 7 Abs. 1 Z. 7 und Z. 8 GGBG und RN 10400 Abs. 1 und 2 ADR,

zu 4.) § 27 Abs. 2 Z. 25, § 7 Abs. 2 Z. 5, § 6 Z. 4 GGBG und RN 10400 Abs. 1 und 2 ADR und

zu 5.) § 27 Abs. 2 Z. 25, § 7 Abs. 2 Z. 3 GGBG und RN 10400 Abs. 1 und 2 ADR.

Über den Beschwerdeführer wurden gemäß § 27 Abs. 2 Z. 25 Gefahrgutbeförderungsgesetz Geldstrafen in der Höhe von je EUR 72,67 (Ersatzfreiheitsstrafen 24 Stunden) verhängt.

1.3. Mit dem drittangefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der H.M. GmbH in seiner Eigenschaft als "Zulassungsbesitzerin der Beförderungseinheit" zur Last gelegt, die angeführte Gesellschaft habe als Zulassungsbesitzerin am 10. Mai 2001 um 9.50 Uhr mit dem näher angeführten LKW an dem näher angeführten Tatort (der Sitz der Gesellschaft) ein gefährliches Gut der Klasse 3/31/c, UN 1202- Dieselkraftstoff, 200 l, mit Aufsetztank befördert, wobei die folgenden fünf, näher angeführten Verletzungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes hätten festgestellt werden können (dieselben Übertretungen wie zum zweitangefochtenen Bescheid).

Der Beschwerdeführer habe dadurch

zu 1.), 2.) und 3.) § 27 Abs. 2 Z. 13, § 13 Abs. 5 Z. 1, § 6 Z. 2 GGBG und RN 10381 i.V.m. RN 2002 ADR;

zu 4.) und 5.) § 27 Abs. 2 Z. 13, § 13 Abs. 5 Z. 1, § 6 Z. 4 GGBG verletzt.

Über den Beschwerdeführer wurden gemäß § 27 Abs. 2 Z. 13 Gefahrgutbeförderungsgesetz Geldstrafen in der Höhe von je EUR 72,67 (Ersatzfreiheitsstrafen 24 Stunden) verhängt.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der H.M. Gesellschaft m.b.H. verwaltungsstrafrechtlich für durch die Firma begangene Übertretungen verantwortlich sei und diese Firma Zulassungsbesitzerin der verfahrensgegenständlichen Beförderungseinheit gewesen sei. Es sei weiters unstrittig, dass bei der Beförderung keine Feuerlöscher mitgeführt worden seien, die Beförderungseinheit vorne und hinten nicht mit zwei rechteckigen, rückstrahlenden, senkrecht angebrachten, orangefarbenen Tafeln und an beiden Seiten und hinten nicht mit den Gefahrzetteln für die jeweilige Klasse versehen gewesen sei und am Aufsetztank die Kennzeichnung gemäß RN 211 160 ADR gefehlt habe und die Beförderungseinheit nicht mit mindestens einem Unterlegkeil je Fahrzeug, der erforderlichen Ausrüstung um die in den Sicherheitshinweisen nach Rn 10385 genannten allgemeinen Maßnahmen durchzuführen, zwei selbststehenden Warnzeichen, einer geeigneten Warnweste oder Warnkleidung für jedes Mitglied der Fahrzeugbesatzung und einer Handlampe für jedes Mitglied der 'Fahrzeugbesatzung ausgerüstet gewesen sei. Der Beschwerdeführer vermeine jedoch, dass es sich beim vorliegenden Transport um einen solchen gehandelt habe, welcher unter die Ausnahmebestimmungen der RN 2009 und RN 10603 ADR falle, weshalb die als fehlend angelasteten Gegenstände nicht erforderlich gewesen wären.

Dazu sei festzuhalten, dass Beförderungen, die von Unternehmen in Verbindung mit ihrer Haupttätigkeit durchgeführt würden, wie die Lieferung für Baustellen im Hoch- und Tiefbau, oder in Zusammenhang mit Messungen, Reparaturen und Wartungsarbeiten, in Mengen, die 450 l je Verpackung nicht überstiegen und die Höchstmengen der frei gestellten Menge nicht überschritten, vom ADR gemäß RN 2009 und RN 10603 ausgenommen seien. Beförderungen, die von diesen Unternehmen zu ihrer internen oder externen Versorgung durchgeführt würden, fielen jedoch nicht unter diese Ausnahmeregelung. In der dem Verfahren zu Grunde liegenden Anzeige sei ausgeführt, dass die Beförderung der Betankung von firmeneigenen Baufahrzeugen diene und der Lenker den Aufsetztank selbst auf dem Firmengelände befülle. Der Beschwerdeführer habe im gesamten Verfahren diese Angaben nicht bestritten und lediglich ausgeführt, dass der transportierte Dieselkraftstoff auf eine Baustelle der vorliegenden Gesellschaft befördert werden sollte. Daraus folge, dass die verfahrensgegenständliche Beförderung von der H.M. GmbH zu ihrer internen Versorgung durchgeführt worden sei, weshalb sie nicht unter die Ausnahmeregelungen der RN 2009 und RN 10603 ADR falle.

Der Beschwerdeführer bringe weiters vor, dass auch die "Freigrenzen-Regelung" gemäß RN 10011 ADR zur Anwendung zu kommen habe. RN 10011 ADR besage, dass gefährliche Güter in Versandstücken in einer Beförderungseinheit befördert werden dürften, ohne dass die Vorschriften dieser Anlage, mit speziell angeführten Ausnahmen, anzuwenden seien. Gemäß RN 10014 sei im Sinn dieser Anlage ein "Aufsetztank" ein Tank - ausgenommen fest verbundene Tanks, Tankcontainer und Elemente eines Batterie-Fahrzeuges - mit einem Fassungsraum von mehr als 450 l, der nach seiner Bauart nicht dazu bestimmt ist, Güter ohne Umschlag zu befördern und der gewöhnlich nur in leerem Zustand abgenommen werden könne.

Nach den Begriffsbestimmungen des ADR sei ein Aufsetztank ein Tank mit einem Fassungsraum von mehr als 450 l, der durch seine Bauart nicht dazu bestimmt sei, Güter ohne Umschlag zu befördern, und der gewöhnlich nur in leerem Zustand abgenommen werden könne. Ein Versandstück sei das versandfertige Endprodukt des Verpackungsvorganges, bestehend aus der Verpackung oder dem Großpackmittel (IBC) und ihrem bzw. seinem Inhalt. Der Begriff umfasse die Gefäße für Gase sowie die Gegenstände, die wegen ihrer Größe, ihres Gewichtes oder ihrer Formgebung unverpackt, aber in Schlitten, Verschlägen oder in Handhabungseinrichtungen befördert werden dürften. Dieser Begriff gelte weder für Güter, die in loser Schüttung befördert werden, noch für Stoffe, die in Tanks befördert würden.

Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Rechtsansicht sei ein "Aufsetztank" keine "Verpackung" im Sinne des ADR, dies deshalb, da die Verpackung im ADR wie folgt definiert sei:

"Verpackung: Gefäß und alle anderen Bestandteile und Werkstoffe, die notwendig sind, damit das Gefäß seine Behältnisfunktion erfüllen kann."

Daraus folge, dass für den vorliegenden Transport ein Feuerlöscher für den Motorbrand und ein Feuerlöscher für den Ladungsbrand, mindestens ein Unterlegkeil je Fahrzeug, die erforderliche Ausrüstung, um die in den Sicherheitshinweisen nach RN 10385 genannten allgemeinen Maßnahmen durchzuführen, zwei selbststehende Warnzeichen, eine geeignete Warnweste oder Warnkleidung für jedes Mitglied der Fahrzeugbesatzung und eine Handlampe für jedes Mitglied der Fahrzeugbesatzung sowie die orangefarbenen Tafeln und Gefahrzettel und die Kennzeichnung des Aufsetztankes erforderlich gewesen wären, und, zumal diese unbestrittenermaßen nicht übergeben bzw. die entsprechenden Anweisungen nicht erteilt worden seien, habe der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht begangen.

Zum Verschulden bringe der Beschwerdeführer lediglich vor, der Ansicht gewesen zu sein, unter der "Handwerker-Befreiung" derartige Transporte durchführen zu dürfen. Er habe jedoch nicht einmal behauptet, sich in irgendeiner Form diesbezüglich erkundigt zu haben, weshalb der eingewandte Rechtsirrtum nicht als schuldbefreiend bewertet werden könne.

In diesem Bescheid führte die belangte Behörde zu dem gegen den Beschwerdeführer als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher für die H.M. Gesellschaft m.b.H. als Beförderer geführten Verwaltungsstrafverfahren aus, dass zu ein- und derselben Zl. 3-9453-01 zwei deckungsgleiche erstinstanzliche Straferkenntnisse vom 21. Jänner 2002 betreffend den Beschwerdeführer als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher für die H.M. Gesellschaft m.b.H. als Zulassungsbesitzerin der verfahrensgegenständlichen Beförderungseinheit ergangen seien. Es sei jedoch offensichtlich, dass sich das zweite diesbezügliche Straferkenntnis auf den Akt mit der Zahl 3-5451-01 beziehe, der das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer in seiner Funktion als Verantwortlicher des Beförderers enthalte und irrtümlich mit dem Straferkenntnis aus dem Akt Zahl 3-54053-01, welches sich gegen den Rechtsmittelwerber in seiner Funktion als Verantwortlicher des Zulassungsbesitzers richtete, abgeschlossen worden sei. Aus diesem Grunde sei das Straferkenntnis zu dem unter der Zahl 3-5451-01 geführten Akt, welches ebenfalls (wie das erstinstanzliche Straferkenntnis, gegen den sich die Berufung des Beschwerdeführers gerichtet hat, über die mit dem drittangefochtenen Bescheid entschieden wurde) die Zahl 3-54053-01 trage, zu beheben gewesen (Bescheid der belangten Behörde vom 13. Juni 2002, Zl. Senat-BL-02-0028, der dem Verwaltungsgerichtshof von der belangte Behörde gleichfalls übermittelt wurde), weshalb das vorliegende Straferkenntnis nicht mehr dem Verbot der Doppelbestrafung widerspreche.

1.4. In der gegen die genannten Bescheide erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Zu den Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998 (GGBG), ist dieses Bundesgesetz anzuwenden auf die Beförderung gefährlicher Güter:

"1. ganz oder teilweise auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (§ 1 Abs. 1 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960), wenn die Beförderung nicht ausschließlich innerhalb eines geschlossenen Betriebsgeländes stattfindet".

Gemäß § 2 Z. 1 lit. a GGBG i.d.F. BGBl. I Nr. 108/1999 gelten für die Beförderung gefährlicher Güter gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1

"a) innerhalb Österreichs sowie mit einem in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes registrierten oder zum Verkehr zugelassenen Fahrzeug von Österreich in einen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes und von einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes nach Österreich:

die Anlagen A und B der Richtlinie 94/55/EG des Rates vom 21. November 1994 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für den Gefahrguttransport auf der Straße, ABl. Nr. L 319 vom 12. Dezember 1994, S 7, in der Fassung der Richtlinie 1999/47/EG der Kommission vom 21. Mai 1999, ABl. Nr. L 169 vom 5. Juli 1999, S 1".

Gemäß § 3 Z. 6 GGBG ist Verlader, wer die gefährlichen Güter in Versandstücken einschließlich Großpackmittel (IBC) in ein Fahrzeug oder in einen Container verlädt oder die gefährlichen Güter in Versandstücken einschließlich Großpackmittel (IBC) oder in einem Container dem Beförderer unmittelbar zur Beförderung übergibt.

Gemäß § 3 Z. 7 GGBG ist Beförderer, wer mit oder ohne Beförderungsvertrag Beförderungen gemäß § 1 Abs. 1 durchführt.

Gemäß § 7 Abs. 2 GGBG dürfen gefährliche Güter nur unter den in diesem Absatz genannten näheren Bedingungen befördert werden, u. a. wenn

"1. dies nach den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften zulässig oder eine Ausnahmebewilligung gemäß § 9 erteilt worden ist,

2.

...

4.

die Bestimmungen der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften über die Beförderungsart, die Höchstmengen, das Zusammenladen, die Handhabung und Verstauung sowie das Reinigen oder Entgiften oder anders Dekontaminieren erfüllt sind,

5.

...

7.

dem zuständigen bei der Beförderung tätigen Personal die in den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften vorgeschriebenen Begleitpapiere und Ausstattungsgegenstände sowie gegebenenfalls der Bescheid über die Ausnahmebewilligung gemäß § 9 übergeben worden sind, soweit dieses nicht bereits im Besitz dieser Gegenstände oder Papiere ist und

              8.              die Begleitpapiere und Ausstattungsgegenstände (Z. 7) den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften entsprechend mitgeführt werden."

Gemäß § 7 Abs. 3 GGBG darf der Absender gefährliche Güter nur zur Beförderung übergeben, wenn

              "1.              die Voraussetzungen des Abs. 2 Z. 1, 2 und 3 erfüllt sind und

              2.              er dem Beförderer die vorgeschriebenen und vorschriftsmäßig ausgefüllten Begleitpapiere oder, wenn dies in den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften vorgesehen ist, die für die vorschriftsmäßige Erstellung dieser Begleitpapiere erforderlichen Angaben schriftlich mitgeteilt hat, wenn dieser nicht bereits im Besitz dieser Begleitpapiere oder schriftlichen Angaben ist."

§ 7 Abs. 8 GGBG sieht für den Verlader Folgendes vor:

"(8) Der Verlader

1. darf gefährliche Güter nur verladen oder dem Beförderer unmittelbar übergeben, wenn sie auf Grund der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften befördert werden dürfen;

2. hat sich vor dem Verladen der Versandstücke in die Fahrzeuge oder Container nach Maßgabe der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass sich die Fahrzeuge oder Container und dass sich deren Ausrüstungsteile in einem ordnungsgemäßen Zustand befinden;

3. hat die Fahrzeug- und Verladevorschriften sowie die Vorschriften für die Aufschriften, Gefahrzettel, Tafeln und sonstigen Informationen über die gefährlichen Güter sowie das Fahrzeug und den Container zu beachten und

4. hat beim Verladen von Versandstücken die Zusammenladeverbote auch unter Berücksichtigung der bereits im Fahrzeug oder Container befindlichen gefährlichen Güter sowie die Vorschriften über die Trennung von Nahrungs-, Genuss- und Futtermitteln zu beachten."

Gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1und Z. 2 GGBG begeht, wer

"1. als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 7 Abs. 2 befördert,

2. als Absender gefährliche Güter entgegen § 7 Abs. 3 zur Beförderung übergibt ...,

wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 10 000 S bis 600 000 S zu bestrafen."

     Gemäß § 27 Abs. 2 Z. 4 und Z. 25 begeht, wer

     "4.        als Verlader gefährliche Güter entgegen § 7 Abs. 8

verlädt oder übergibt,

     5.        .....

     25.        in sonstiger Weise den in § 2 Z. 1 bis 3

angeführten Vorschriften oder den Vorschriften dieses

Bundesgesetzes zuwiderhandelt oder

     26. ... ,

wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1 000 bis 50 000 S, im Fall der Z 12 mit einer Geldstrafe von 5 000 bis 50 000 S, zu bestrafen."

2.2. Im vorliegenden Fall fand eine Beförderung im Sinne des § 2 Z. 1 lit. a GGBG, nämlich innerhalb Österreichs, statt. Es war daher die angeführte Richtlinie in der angeführten Fassung (im Folgenden: Richtlinie/ADR) anzuwenden. Die in § 2 Z. 1 GGBG angeführte Richtlinie 1999/47/EG, mit der eine Änderung der Richtlinie 94/55/EG erfolgt ist, ist jene Richtlinie, mit der die Richtlinie/ADR im Zeitpunkt der Erlassung der Novelle BGBl. I Nr. 108/1999 zuletzt geändert worden war. Vor dieser Änderung war die Richtlinie/ADR auch durch die Richtlinie 96/86/EG geändert worden.

Mit der Richtlinie/ADR wurden die Regelungen des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR; Stammfassung im BGBl. Nr. 522/1973) in das Gemeinschaftsrecht umgesetzt (siehe dazu Abs. 2 und Abs. 12 der Einleitung der Richtlinie 94/55/EG). Da der Inhalt der Richtlinie/ADR mit dem ADR übereinstimmt, wird der Beschwerdeführer nicht dadurch in Rechten verletzt, wenn die belangte Behörde im Spruch und in der Begründung des erstangefochtenen Bescheides die inhaltsgleichen Regelungen des ADR herangezogen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. November 2003, Zl. 2001/03/0342).

2.3. Zum erstangefochtenen Bescheid:

Die belangte Behörde hat mit dem im Instanzenzug ergangenen erstangefochtenen Bescheid den Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der näher angeführten Gesellschaft m. b.H. in ihrer Eigenschaft als Absender bestraft, weil ein näher angeführtes gefährliches Gut der Klasse 3/31/c zur Beförderung übergeben worden sei, wobei vom Lenker kein Beförderungspapier und keine "schriftliche Weisung" mitgeführt worden seien, die Beförderungseinheit vorne und hinten nicht mit zwei rechteckigen, rückstrahlenden, senkrecht angebrachten orangefarbenen Tafeln, deren Grundlinie 40 cm und deren Höhe mindestens 30 cm betragen hätte, versehen worden sei, die Beförderungseinheit nicht an beiden Seiten und hinten mit den Gefahrzetteln der für die jeweilige Klasse vorgesehenen Gefahrzetteln versehen gewesen sei und am Aufsetztank die Kennzeichnung (Tankschild) gemäß RN 211160 ADR gefehlt habe. Die Verwirklichung dieser Übertretungen ist jedoch nur denkbar, wenn der Absender und der Beförderer nicht ein und dieselbe Rechtspersönlichkeit ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Februar 2004, Zl. 2001/03/0373, und vom 27. Mai 2004, Zl. 2002/03/0315).

Auf Grund der Begründung des drittangefochtenen Bescheides und der von der erstinstanzlichen Behörde auch diesbezüglich übermittelten Verwaltungsakten ergibt sich, dass gegen den Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der H.M. Gesellschaft m.b.H. auch in ihrer Eigenschaft als Beförderer wegen der im erstangefochtenen Bescheid festgestellten Übertretungen ein Verwaltungsstrafverfahren geführt wurde. Da die erstinstanzliche Bestrafung in diesem Verfahren mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Leitha vom 21. Jänner 2002 gegen den Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenem Organ der H.M. Gesellschaft m.b.H. in ihrer Eigenschaft als Zulassungsbesitzerin der Beförderungseinheit erfolgte, wurde dieses erstinstanzliche Straferkenntnis in der Folge von der belangten Behörde im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer mit dem drittangefochtenen Bescheid bereits für die H.M. Gesellschaft m.b.H. in ihrer Eigenschaft als Zulassungsbesitzerin der Beförderungseinheit verwaltungsstrafrechtlich bestraft worden war, mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. Juli 2002 aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt. Auch in der Beschwerde (S. 7 zweiter Absatz) wird ausgeführt, dass die angeführte Gesellschaft u.a. die verfahrensgegenständliche Beförderung durchgeführt hat.

Im vorliegenden Fall war somit der Absender und der Beförderer ein und dieselbe Rechtspersönlichkeit, nämlich die H.M. Gesellschaft m.b.H. Der im Spruch des von der belangten Behörde im drittangefochtenen Bescheid bestätigten erstinstanzlichen Straferkenntnisses angelastete Tatvorwurf, das vom Beschwerdeführer vertretene Unternehmen hätte als Absender - an sich selbst als Beförderer - gefährliche Güter übergeben und die näher angeführten Verletzungen des GGBG begangen, ist somit nicht schlüssig.

Die belangte Behörde hat daher den erstangefochtenen Bescheid schon deshalb mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodass der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

2.4. Zum zweitangefochtenen Bescheid:

Zunächst ist klarzustellen, dass mit der im zweitangefochtenen Bescheid angesprochenen Funktion der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft "als Belader" offensichtlich die Funktion des Verladers im Sinne des § 3 Z.6 GGBG gemeint ist.

Der zweitangefochtene Bescheid stellt sich schon deshalb als rechtswidrig dar, weil sich die belangte Behörde neben den entsprechenden Bestimmungen des ADR unzutreffend auf § 27 Abs. 2 Z. 25 i.V.m. § 7 Abs. 2 Z. 3, Z. 5, Z. 7 und Z. 8 GGBG als übertretene Verwaltungsvorschriften und auf § 27 Abs. 2 Z. 25 GGBG als Strafnorm im Spruch des Bescheides gestützt hat und nicht im Hinblick auf die übertretenen Bestimmungen gemäß § 44a Z. 2 VStG auf § 7 Abs. 8 GGBG bzw. im Hinblick auf die angewendete Strafbestimmung gemäß § 44a Z. 3 VStG nicht auf § 27 Abs. 1 Z. 4 GGBG, auf jene Normen des GGBG also, die sich auf den Verlader gefährlicher Güter im Sinne des § 3 Z. 6 GGBG beziehen.

Der zweitangefochten Bescheid ist aber auch mit der folgenden Rechtswidrigkeit belastet:

Mit diesem Bescheid wurde der Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der H.M. Gesellschaft m.b.H. in ihrer Eigenschaft als "Belader" bestraft, weil die Gesellschaft ein näher angeführtes gefährliches Gut zur Beförderung übergeben habe, wobei die näher angeführten Verstöße gegen das Gefahrgutbeförderungsgesetz i.V.m. dem ADR festgestellt wurden. Auch die Verwirklichung derartiger Übertretungen des Verladers, die davon ausgehen, dass der Verlader dem Beförderer gefährliche Güter übergibt, ist jedoch nur denkbar, wenn der Verlader und der Beförderer nicht ein und dieselbe Rechtspersönlichkeit sind. Auch diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall nicht erfüllt. Der im Spruch des von der belangten Behörde im zweitangefochtenen Bescheid bestätigten erstinstanzlichen Straferkenntnisses angelastete Tatvorwurf, das vom Beschwerdeführer vertretene Unternehmen hätte als "Belader" - an sich selbst als Beförderer - gefährliche Güter übergeben, wobei die Beförderungseinheit nicht dem ADR entsprechend ausgestattet gewesen sei, ist somit nicht schlüssig.

Der zweitangefochtenen Bescheid ist daher aus diesen Gründen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodass der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

2.5. Zum drittangefochtenen Bescheid:

In diesem Bescheid wurde der Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der angeführten Gesellschaft als Zulassungsbesitzerin wegen verschiedener Übertretungen gegen das GGBG zur Verantwortung gezogen.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass nach den Bestimmungen RN 2009 und RN 10603 des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) Beförderungen, die von Unternehmen in Verbindung mit ihrer Haupttätigkeit durchgeführt würden, wie beispielsweise eine Lieferung für Baustellen im Hoch- und Tiefbau, in Mengen, die 450 l je Verpackung nicht überstiegen und die Höchstmenge der freigestellten Menge nicht überschritten, unter die Ausnahmebestimmungen dieser Randnummern fielen. Im Widerspruch dazu stehe die weitere Bestimmung, wonach Beförderungen, die von diesem Unternehmen zu ihrer internern oder externen Versorgung durchgeführt würden, nicht unter diese Ausnahmeregelungen fielen. Es sei unstrittig, dass es sich um eine Menge handelte, die 450 l nicht übersteige. Es sei unstrittig, dass es sich um einen Transport handelte, der zu einer Baustelle der H.M. GmbH geführt habe. Auf Grund der Widersprüchlichkeit der genannten Ausnahmebestimmungen hätte sich eine Spruchpraxis bzw. Interpretationspraxis für die "Handwerkerbefreiung" gebildet. Nach dieser Spruchpraxis bzw. branchenüblichen Interpretation falle ein Kraftstofftransport dann unter die sogenannte Handwerkerbefreiung, wenn der Tank im Unternehmen befüllt werde und auf der jeweiligen unternehmenseigenen Baustelle direkt in die dort tätigen Fahrzeuge eingefüllt werde. Lediglich für den Fall, dass auf den gegenständlichen Baustellen eine Betankungsanlage installiert sei, die mit dem transportierten Kraftstoff befüllt werde, solle die Handwerkerbefreiung nicht zur Anwendung kommen. Diese Rechtsansicht werde auch vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie sowie von der Wirtschaftskammer geteilt. Über diese Rechtsansicht sei der Beschwerdeführer auch von der für ihn zuständigen Interessenvertretung, der Wirtschaftskammer, informiert worden. Die angefochtenen Bescheide widersprächen dieser Spruchpraxis. Die widersprüchliche Bestimmung der angeführten Randnummern des ADR sei zu seinen Lasten ausgelegt worden. Bei richtiger Interpretation hätte die belangte Behörde zur Rechtsansicht kommen müssen, dass der vorliegende Sachverhalt unter die Ausnahmebestimmungen der "Handwerkerbefreiung" falle.

Dieser Ansicht des Beschwerdeführers kann nicht gefolgt werden.

Anlage A (die die Randnummern 1 bis 9999 enthält) RN 2009 Richtlinie/ADR sieht in lit. c folgende Ausnahme von den Vorschriften der Anlage A vor:

"c) Beförderungen, die von Unternehmen in Verbindung mit ihrer Haupttätigkeit durchgeführt werden, wie Lieferungen für Baustellen im Hoch- und Tiefbau, oder im Zusammenhang mit Messungen, Reparaturen und Wartungsarbeiten, in Mengen, die 450 l je Verpackung nicht übersteigen und die die Höchstmengen gemäß RN 10011 nicht überschreiten. Beförderungen, die von diesen Unternehmen zu ihrer internen oder externen Versorgung durchgeführt werden, fallen jedoch nicht unter diese Ausnahmeregelung."

Anlage B (die die RN 10000 bis zum Ende der Randnummern enthält) RN 10603 lit. c Richtlinie/ADR sieht dieselbe Ausnahme für die Vorschriften der Anlage B vor wie die bereits wiedergegebene RN 2009 lit. c für die Anlage A.

Die verfahrensgegenständliche Beförderung diente unbestritten zur Betankung von firmeneigenen Baufahrzeugen, wobei der Lenker den auf dem Lastkraftwagen befindlichen Aufsetztank auf dem Firmengelände mit Dieselkraftstoff befüllte. Diese Beförderung hat die belangte Behörde zutreffend im Sinne des letzten Satzes der lit. c der beiden genannten Randnummern als Beförderung qualifiziert, die von dem Unternehmen zur internen Versorgung durchgeführt wurde. Für eine differenzierende Auslegung des Begriffes "Versorgung" - wie sie der Beschwerdeführer vertritt - dahin, ob auf der jeweiligen Baustelle eine Betankungsanlage installiert ist und von dieser die auf einer Baustelle eingesetzten Kraftfahrzeuge des Unternehmens mit Kraftstoff versorgt würden oder wenn der mitgeführte Tank auf dem Firmengelände befüllt und direkt in Fahrzeuge des Unternehmens auf Baustellen des Unternehmens abgegeben würde, bietet die Regelung, die für jegliche interne oder externe Versorgung der Unternehmen vorgesehen ist, keinen Anhaltspunkt. In dem hier maßgeblichen letzten Fall findet jedenfalls eine interne Versorgung des Unternehmens mit Kraftstoff statt.

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, dass kein Verschulden vorliege, weil er der Rechtsansicht seiner Interessenvertretung und auch des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie gefolgt sei. Er hätte sich darauf verlassen dürfen, dass seine Interessenvertretung über die entsprechenden Vorschriften ausreichend informiert sei. Andererseits handle es sich um eine widersprüchliche Regelung, deren Interpretation sowohl in die eine als auch in die andere Richtung zumindest denkmöglich sei.

Wenn der Beschwerdeführer erstmals in der verfahrensgegenständlichen Beschwerde vorträgt, er habe sich auf eine Rechtsansicht seiner Interessenvertretung gestützt, handelt es sich um ein neues Vorbringen, das im Lichte des vom Verwaltungsgerichtshof aus § 41 VwGG abgeleiteten Neuerungsverbotes nicht mehr berücksichtigt werden kann.

Die Ansicht, es liege eine widersprüchliche Norm vor, wird nicht geteilt. Nach dem Wortlaut des letzten Satzes der beiden genannten Ausnahmeregelungen sind vielmehr ausdrücklich alle Beförderungen, die der internen oder externen Versorgung des Unternehmens dienen, von der Ausnahmeregelung ausgenommen. Sie sollen demnach nicht so behandelt werden, wie sonstige Beförderungen des Unternehmens, die in Verbindung mit ihrer Haupttätigkeit durchgeführt werden. Dagegen, dass Versorgungsleistungen eines Unternehmens anders behandelt werden als sonstige in Verbindung mit der Haupttätigkeit des Unternehmens stehende Beförderungen (wie die namentlich genannten Lieferungen für Baustellen im Hoch- und Tiefbau oder Messungen, Reparaturen und Wartungsarbeiten), bestehen für den Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken.

Der Beschwerdeführer rügt weiters, die Behörde hätte Erhebungen darüber pflegen müssen, ob auf der fraglichen Baustelle der H.M. Gesellschaft m.b.H. eine Betankungsanlage aufgestellt sei oder nicht. Dieser Frage kommt nach den obigen Ausführungen keine Relevanz zu.

Weiters wäre nach Ansicht des Beschwerdeführers das Gutachten eines Amtssachverständigen aus dem Sachgebiet der Umwelttechnik bzw. Chemie einzuholen gewesen. Zu Unrecht habe die belangte Behörde die Ansicht vertreten, bei der Frage, ob ein Transport unter die Ausnahmebestimmungen der Richtlinie/ADR falle oder nicht, handle es sich um eine reine Rechtsfrage. Zweck der Gefahrgutvorschriften sei der Schutz von Rechtsgütern vor Gefahren durch die Beförderung gefährlicher Güter. Zweck der RN 10011 ADR sei, den Transport von weniger gefährlichen Gütern, so wie beispielsweise Dieselkraftstoff, der im vorliegenden Fall transportiert worden sei, möglich zu machen, ohne die ansonsten sehr strengen Vorschriften des ADR einzuhalten. Ein Aufsetztank sei jedenfalls für die Aufnahme eines gefährlichen Gutes zum Zwecke seiner Beförderung bestimmt. Unverständlicherweise komme jedoch die Ausnahmebestimmung der RN 10011 ADR nur zur Anwendung, wenn gefährliche Güter in "Versandstücken" befördert würden. Bei einem Aufsetztank handle es sich jedoch nicht um ein Versandstück und auch nicht um eine Verpackung im Sinne des ADR, wobei unter Verpackung ein Gefäß und alle anderen Bestandteile und Werkstoffe verstanden würden, die notwendig seien, damit das Gefäß seine Behältnisfunktion erfüllen könne. Es sei somit "absolut" unverständlich, warum für einen Aufsetztank, mit dem Güter in geringer Menge befördert würden, und der wohl "Behältnisfunktion" habe, nicht die Ausnahmebestimmung der RN 10011 ADR zur Anwendung kommen solle. Bei Einholung eines Gutachtens aus dem Sachgebiet der Umwelttechnik bzw. Chemie hätte sich ergeben, dass die Beförderung von Dieselkraftstoff in einem Aufsetztank keine weiter gehenden Sicherheitsmaßnahmen erfordere als die gemäß RN 10011 ADR gestatteten Beförderungen.

Gemäß Anlage B RN 10011 Abs. 1 Richtlinie/ADR i.d.F. der Richtlinien 96/86/EG und 1999/47/EG dürfen gefährliche Güter in Versandstücken in einer Beförderungseinheit befördert werden, ohne dass die Vorschriften dieser Anlage, mit Ausnahme der nachstehend genannten, anzuwenden sind.

Gemäß Anlage B RN 10014 Abs. 1 Richtlinie/ADR i.d.F. der Richtlinie 1999/47/EG ist ein "Aufsetztank" ein Tank, ausgenommen festverbundene Tanks, Tankcontainer und Elemente eines Batterie-Fahrzeugs, mit einem Fassungsraum von mehr als 450 Liter, der nach seiner Bauart nicht dazu bestimmt ist, Güter ohne Umschlag zu befördern und der gewöhnlich nur in leerem Zustand abgenommen werden kann.

Gemäß Anlage B RN 10014 Abs. 1 Richtlinie/ADR i.d.F. der Richtlinie 1999/47/EG ist unter einem "Tank", wenn das Wort allein verwendet wird, ein Tankcontainer oder ein festverbundener Tank oder ein Aufsetztank oder ein Element eines Batterie-Fahrzeuges mit einem Fassungsraum von mehr als 1000 Liter (die im folgenden Klammerausdruck angeführte Einschränkung spielt für den vorliegenden Fall keine Rolle).

Gemäß Anlage B RN 10014 Abs. 1 Richtlinie/ADR i.d.F. der Richtlinie 1999/47/EG ist unter einem "Versandstück" das versandfertige Endprodukt des Verpackungsvorganges, bestehend aus der Verpackung oder dem Großpackmittel (IBC) mit Inhalt zu verstehen. Der Begriff umfasst die Gefäße für Gase gemäß RN 2211 sowie die Gegenstände, die wegen ihrer Größe, ihres Gewichts oder ihrer Formgebung unverpackt oder in Schlitten, Verschlägen oder Handhabungseinrichtungen befördert werden dürfen. Dieser Begriff gilt weder für unverpackte Gegenstände und Stoffe in loser Schüttung in Containern oder Fahrzeugen noch für Stoffe, die in Tanks befördert werden.

Aus diesen Regelungen ergibt sich - wie dies auch vom Beschwerdeführer in der Beschwerde selbst zuerkannt wird - dass sich die in RN 10011/ADR enthaltene Ausnahme von Vorschriften der Anlage B nur für Versandstücke gilt. Ein Aufsetztank kann nach diesen Regelungen nicht als Versandstück qualifiziert werden. Er stellt kein versandfertiges Endprodukt des Verpackungsvorganges dar. Abgesehen davon sieht die Regelung betreffend den Begriff "Versandstück" in RN 10014 Richtlinie/ADR ausdrücklich vor, dass dieser Begriff nicht für Stoffe gilt, die in Tanks befördert werden. Die belangte Behörde hat somit auch in dieser Hinsicht zutreffend die Auffassung vertreten, dass diese Ausnahmebestimmung für die verfahrensgegenständliche Beförderung nicht heranzuziehen ist. Bei der Frage, ob ein Aufsetztank als Versandstück im Sinne der Richtlinie/ADR qualifiziert werden kann, handelt es sich im Übrigen - wie die belangte Behörde dies zutreffend vertreten hat - um eine Rechtsfrage. Der Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen auf dem Gebiete der Umwelttechnik bzw. Chemie bedurfte es dazu daher nicht.

Die Beschwerde war daher im Hinblick auf den drittangefochtenen Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 52 Abs. 1, i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, wobei der belangten Behörde nur das auf den drittangefochtenen Bescheid entfallende Drittel des gemeinsamen Schriftsatz- und Vorlageaufwandes zuzusprechen war.

Wien, am 20. Juli 2004

Schlagworte

Mängel im Spruch freie Beweiswürdigung Gemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002030214.X00

Im RIS seit

25.08.2004

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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