TE Vwgh Erkenntnis 2004/7/22 2004/10/0111

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.07.2004
beobachten
merken

Index

L55006 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
BaumschutzG Stmk 1989 §2 Abs2 litb idF 1995/042;
BaumschutzG Stmk 1989 §2a Abs1 idF 1995/042;
BaumschutzG Stmk 1989 §2a Abs5 idF 1995/042;
BaumschutzG Stmk 1989 §3 Abs5 idF 1995/042;
BaumschutzG Stmk 1989 §3 idF 1995/042;
BaumschutzV Graz 1995 §1 Abs2 lita;
BaumschutzV Graz 1995 §4 Abs1 lita;
BaumschutzV Graz 1995 §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Dr. W S in G, vertreten durch Dr. Peter Schlösser und Dr. Christian Schoberl, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Alberstraße 9/I, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 20. Mai 1999, Zl. A 17-K-15.425/1998- 2, betreffend Ersatzpflanzung nach dem Steiermärkischen Baumschutzgesetz 1989 und Feststellung, dass die Verpflichtung zur Ersatzpflanzung nicht erfüllt werden kann, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit die Berufung gegen die Feststellung, dass die Ersatzpflanzung nicht erfüllt werden könne, abgewiesen wird, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Soweit sich die Beschwerde gegen die Bestätigung der Vorschreibung einer Ersatzpflanzung richtet, wird sie als unbegründet abgewiesen.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 18. November 1998 wurde der Beschwerdeführer als Eigentümer eines näher genannten Grundstückes zu einer Ersatzpflanzung eines Baumes verpflichtet. Da die Verpflichtung zur Ersatzpflanzung nicht erfüllt werden könne, sei der Beschwerdeführer gemäß § 6 der Grazer Baumschutzverordnung 1995 verpflichtet, innerhalb eines Monates ab Rechtskraft dieses Bescheides eine Ausgleichsabgabe in der Höhe von S 8.000,-- zu entrichten.

Begründend führte die Behörde aus, am 9. November 1998 sei eine Birke "mit einem Stammumfang von mehr als 50 cm in ein Meter Höhe, bei Bäumen bzw. einem Baum mit einem Kronenansatz unter ein Meter Höhe an dieser Stelle gemessen", sohin ein nach den Bestimmungen des Steiermärkischen Baumschutzgesetzes 1989 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 42/1995 und der Grazer Baumschutzverordnung 1995 geschütztes Laubgehölz, entfernt worden. Dabei habe es sich um eine Maßnahme gemäß § 4 Abs. 1 der Grazer Baumschutzverordnung 1995 gehandelt, welche ohne Anzeige an die Behörde bzw. vor deren Entscheidung durchgeführt worden sei. Der zur Erhebung der durchgeführten Fällung herangezogene Amtssachverständige habe in seiner Stellungnahme vom 17. November 1998 ausgeführt, dass durch die vorhandene asphaltierte Fläche (Parkplatzbereich) eine Ersatzpflanzung bzw. der Weiterbestand einer Ersatzpflanzung nicht sinnvoll erscheine und daher nicht vorgeschrieben werden könne. Es sei daher die im Spruch nach Ausmaß und Standort vorgeschriebene Ausgleichabgabe im entsprechenden Ausmaß aufzuerlegen gewesen.

1.2. In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dem Bescheid sei überhaupt kein Verfahren zu Grunde gelegen; die Behörde erster Instanz habe kein Ermittlungsverfahren durchgeführt. Wäre ein solches ordnungsgemäß durchgeführt worden, so hätte sich herausgestellt, dass die Baumfällung "nicht unerlaubt durchgeführt" worden sei. Der in Rede stehende Baum sei durch einen Sturm geknickt worden, es seien nur die "Restbestände" weggeräumt worden. Darüber hinaus sei im Spruch des Bescheides angeführt, dass eine Verpflichtung zur Ersatzpflanzung nicht erfüllt werden könne; auch hiezu lägen "überhaupt keine Beweisergebnisse vor".

Weiters sei festzuhalten, dass die Grazer Baumschutzverordnung rechtswidrig erlassen worden sei und auch in verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrechte eingreife. Mit all dem hätte sich die Behörde erster Instanz auseinander setzen müssen. Auf Grund des mangelhaften Verfahrens sei auch die rechtliche Beurteilung verfehlt.

1.3. Die belangte Behörde hielt mit "Mitteilung" vom 29. März 1999 dem Beschwerdeführer unter Eröffnung einer Äußerungsfrist folgende Sachverhaltsgrundlage vor: Auf Grund einer Anzeige vom 9. November 1998 hinsichtlich einer Wurzelstockfreigrabung und Wurzelabschlagung betreffend eine kronenlose Birke mit einem Stammumfang von 1,50 m auf Grund von Sturmereignissen habe das Stadtgartenamt vor Ort ermittelt, dass die Birke sich auf dem näher bezeichneten Grundstück befunden habe und noch mit einer Höhe von ca. 2,50 m vorhanden gewesen sei; jedoch habe die gesamte Krone gefehlt. Dieses Grundstück sei als Parkfläche für PKW durch Asphalt versiegelt, es sei kein Grünstreifen vorhanden.

1.4. In seiner Stellungnahme vom 1. April 1999 brachte der Beschwerdeführer vor, dass die verfahrensgegenständliche Birke, die von seinem Grundstück habe entfernt werden müssen, auf Grund eines schweren Sturmschadens "vorerst erheblich beschädigt" gewesen sei. Nur der Baumstock von maximal 1 bis 1,50 m sei verblieben. Darüber hinaus scheine "auch ein Käferbefall vorhanden gewesen zu sein, sodass auf Grund des Vorfalles die Baumschule B. angerufen wurde, um zu erheben, ob die Birke noch gerettet werden" könne. Vor Ort sei festgestellt worden, dass eine Sanierung des Baumes nicht mehr möglich sei und einzig und allein die Entfernung des Baumstumpfes noch durchgeführt werden könne. Die genannte Baumschule sei mit der Entfernung beauftragt und "somit" der restliche Baumstumpf abgetragen worden. Von einer konsenslosen Baumentfernung könne nicht die Rede sein, da es unzumutbar wäre, nur einen Baumstumpf auf einem Grundstück belassen zu müssen. Aus all diesen Gründen werde die Einvernahme des Baumschulenbesitzers beantragt.

1.5. Mit ihrem Bescheid vom 20. Mai 1999 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab; der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wurde im Hinblick auf die nähere Bezeichnung des Grundstückes abgeändert.

Das Stmk. Baumschutzgesetz 1989 und die Grazer Baumschutzverordnung 1995 schützten alle Laub- und Nadelhölzer mit einem bestimmten Stammumfang, es werde keine Ausnahme etwa für tote oder durch natürliche Ereignisse verstümmelte bzw. verkürzte, absterbende Bäume vorgesehen. Eine solche Regelung sei - wie sich in der Praxis zeige - auch rechtspolitisch sinnvoll.

Entgegen den Ausführungen in der Berufung sei der erstinstanzliche Bescheid auf Grund eines Ermittlungsverfahrens ergangen. Soweit vorgebracht werde, es lägen keine Beweisergebnisse dazu vor, dass eine Verpflichtung zur Ersatzpflanzung nicht erfüllt werden könne, verwies die belangte Behörde begründend darauf, dass die Ersatzpflanzung auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen auf demselben Grundstück zu erfolgen habe, auf dem der gefällte Baum gestanden sei. Dieses Grundstück bestehe jedoch aus einer (bebauten) Baufläche mit 184 m2 und einer weiteren Fläche von 592 m2. Diese zuletzt genannte Fläche sei durch Asphalt versiegelt und enthalte keinen Grünstreifen; die Auferlegung einer Ersatzpflanzung mit der "Vorausbedingung" der Entfernung eines Asphaltbelages in einem Ausmaß, der eine Ersatzpflanzung und deren Aufkommen gewährleiste, würde über die Ziele der Grazer Baumschutzverordnung 1995 hinausgehen und unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen.

1.6. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 26. November 2001, B 1170/99-8, lehnte dieser die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab. Nach der Begründung dieses Beschlusses rüge die Beschwerde die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung. Das Vorbringen übersehe, dass die Festsetzung der Ausgleichsabgabe gemäß § 6 Abs. 2 lit. a der Grazer Baumschutzverordnung 1995 nicht in Widerspruch zu § 2a Abs. 4 des Steiermärkischen Baumschutzgesetzes 1989, LGBl. Nr. 18/1990 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 42/1995, stehe. Das diesbezügliche Vorbringen lasse daher vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zur Ermächtigung zur Erlassung von Durchführungsverordnungen unmittelbar auf Grund des Art. 18 Abs. 2 B-VG) die behaupteten Rechtsverletzungen oder die Verletzung eines nicht geltend gemachten, verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

1.7. Die abgetretene Beschwerde wurde zunächst zur hg. Zl. 2002/17/0024 protokolliert. In seiner über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde bekämpft der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid sowohl hinsichtlich der Abweisung der Berufung gegen die Vorschreibung der Ersatzpflanzung und die Feststellung, dass die Erfüllung der Verpflichtung nicht möglich sei, als auch bezüglich der Vorschreibung der Abgabe.

1.8. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der beantragt wird, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

1.9. Soweit mit dem angefochtenen Bescheid über die Berufung gegen die Vorschreibung der Ersatzpflanzung und die Feststellung über die Nichterfüllung der Verpflichtung zur Ersatzpflanzung entschieden wurde, wurde die Beschwerde zur hg. Zl. 2004/10/0111 protokolliert. In diesem Umfang ergeht die vorliegende Entscheidung. Im Übrigen wird auf die zur Zl. 2002/17/0024 ergehende Entscheidung verwiesen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die §§ 1, 2, 2a Abs. 1, 3, 4 und 5, 3 Abs. 1, 2 lit. a und 5 sowie die §§ 4 und 5 des Gesetzes vom 7. November 1989 zum Schutze des Baumbestandes in der Steiermark (Steiermärkisches Baumschutzgesetz 1989), LGBl. Nr. 18/1990 in der hier anzuwendenden Fassung durch die Novelle LGBl. Nr. 42/1995, lauten wie folgt:

"§ 1

Ziel und Anwendungsbereich

(1) Der Baumbestand ist in einem gemäß § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes umschriebenen Gebiet ohne Rücksicht darauf, ob er sich auf öffentlichen oder privaten Grundflächen befindet, mit dem Ziel geschützt,

a) die heimische Artenvielfalt, das örtliche Kleinklima sowie eine gesunde Wohnumwelt für die Bevölkerung aufrechtzuerhalten und zu verbessern oder

b) das typische Orts- und Landschaftsbild der Gemeinden zu sichern.

(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf

1.

Wälder im Sinne der forstrechtlichen Bestimmungen;

2.

Bäume, die in Gärtnereien, Baumschulen oder landwirtschaftlichen Betrieben zur Erreichung des Betriebszweckes dienen;

              3.              Bäume, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften oder behördlicher Anordnungen entfernt werden müssen;

4.

Bäume auf Dachgärten und auf Friedhöfen;

5.

Bäume, die auf Grund naturschutzrechtlicher Bestimmungen unter Schutz gestellt wurden;

              6.              den Baumbestand in Anlagen, die ausschließlich oder überwiegend wissenschaftlichen Zwecken dienen;

7.

Obstbäume;

8.

Bäume, die auf Grund bewilligter Bauvorhaben der Bundes- und Landesstraßenverwaltung zu entfernen sind.

(3) Das Schalenobst (Nussbäume und Edelkastanien), Maulbeerbäume und Speierlinge (sorbus domestica) sind nach den Bestimmungen dieses Gesetzes geschützt.

§ 2

Verordnungsermächtigung

(1) Zur Sicherstellung der in § 1 Abs. 1 genannten Ziele kann die Gemeinde durch Verordnung bestimmen, dass der Baumbestand des ganzen Gemeindegebietes oder von Teilen eines Gemeindegebietes unter Schutz steht (Baumschutzzone). Die Schaffung von Baumschutzzonen mit unterschiedlichen Regelungen in demselben Gemeindegebiet ist nach Maßgabe des biologischen Zustandes des Baumbestandes zulässig. Bei Unterschutzstellung des Baumbestandes eines Teiles oder mehrerer Teile des Gemeindegebietes hat eine kartographische Darstellung dieser Zonen als Anhang zur Verordnung zu erfolgen.

(2) Die Verordnung gemäß Abs. 1 hat vorzusehen:

a) den Mindeststammumfang, gemessen in 1 m Höhe von der Wurzelverzweigung, bei Bäumen mit einem Kronenansatz unter 1 m Höhe an dieser Stelle;

b) die schriftliche Anzeigepflicht für die unter § 3 Abs. 2 angeführten Maßnahmen vor ihrer Durchführung an die Behörde. Diese Anzeige hat jedenfalls Angaben über die betroffenen Bäume und deren Standort sowie eine Zustimmungserklärung des Grundeigentümers (der Mehrheit der Miteigentümer), wenn der Anzeigewerber nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer ist, zu enthalten. Angezeigte Maßnahmen gelten als genehmigt, wenn eine schriftliche Entscheidung der Behörde nicht binnen einer Frist von acht Wochen ab Einlangen der Anzeige bei der Behörde erfolgt. Die Frist von acht Wochen wird, wenn die vorgelegten Unterlagen unvollständig sind und die Behörde einen Verbesserungsauftrag erteilt hat, bis zur Vorlage vollständiger Unterlagen unterbrochen. Können die Entscheidung oder der Verbesserungsauftrag wegen unbekannter Anzeigewerber bzw. unbekannter Adresse dieser nicht zugestellt werden, so gilt die angezeigte Maßnahme auch bei Fristablauf nicht als genehmigt; hierüber hat die Behörde am Ort der geplanten Maßnahmen eine Verständigung zu hinterlassen.

§ 2a

Ersatzpflanzung

(1) Die Gemeinde hat im Bescheid, mit dem sie eine anzeigepflichtige Maßnahme bewilligt, zur Sicherstellung der in § 1 Abs. 1 genannten Ziele die Vornahme von Ersatzpflanzungen vorzuschreiben. Die Ersatzpflanzung obliegt dem Grundeigentümer bzw. den Miteigentümern und ist auf denselben Grundstücken, auf denen sich die entfernten Bäume befunden haben, vorzunehmen. Im Bescheid sind das Ausmaß und der Zeitpunkt der Ersatzpflanzung festzulegen.

...

(3) Kann die Verpflichtung zur Ersatzpflanzung nicht oder nicht zur Gänze erfüllt werden, so ist dies im Bescheid festzuhalten. Für die nicht erfüllbare Ersatzpflanzungsverpflichtung ist dem Grundeigentümer (den Grundeigentümern) jener Grundstücke, auf denen die Ersatzpflanzung vorzunehmen wäre, im Bewilligungsbescheid die Leistung einer Ausgleichszahlung vorzuschreiben. Hiebei sind wirtschaftliche Härtefälle zu berücksichtigen.

(4) Die Ausgleichsabgabe errechnet sich auf der Basis der durchschnittlichen Anschaffungskosten für ein herkömmliches Gehölz, vermehrt um die Anpflanzungskosten, multipliziert mit dem Umfang der von der Behörde für erforderlich erachteten Ersatzpflanzung.

(5) Die Vorschreibung einer Ersatzpflanzung oder einer Ausgleichsabgabe hat auch dann zu erfolgen, wenn eine gemäß § 3 anzeigepflichtige Maßnahme ohne Anzeige oder vor Entscheidung durch die Behörde durchgeführt wird und der Grundeigentümer (die Grundeigentümer) die Maßnahme geduldet hat (haben) oder zumindest von ihr wissen musste (mussten).

§ 3

Erhaltungspflicht

anzeigepflichtige, verbotene und erlaubte Eingriffe

(1) Jeder Grundeigentümer (Bauberechtigter), Bestandnehmer oder sonst Verfügungsberechtigte ist verpflichtet, den auf seinem Grundstück stockenden Baumbestand zu erhalten, sofern dieses Grundstück in einem gemäß § 2 Abs. 1 geschützten Gebiet liegt und nicht durch Bestimmungen dieses Gesetzes Ausnahmen bestehen.

(2) In einem gemäß § 2 Abs. 1 geschützten Gebiet ist ohne Anzeige an die Behörde und vor ihrer Entscheidung bzw. vor Ablauf der in § 2 Abs. 2 lit. b festgesetzten Frist verboten:

a) unter Schutz gestellte Bäume zu fällen, auszugraben, auszuhauen, auszuziehen, abzubrennen, zu entwurzeln oder sonstwie zu entfernen;

...

(5) Die Erhaltungspflicht gemäß Abs. 1 gilt nicht bei unaufschiebbaren Maßnahmen, die

a) zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen erforderlich oder

b) zur Sicherung oder Erhaltung von Objekten oder des geschützten Baumbestandes unerlässlich sind. Solche Maßnahmen sind in den Fällen der lit. a sofort, in den Fällen der lit. b spätestens binnen 24 Stunden nach ihrer Durchführung schriftlich der Behörde anzuzeigen.

§ 4

Behörden und Instanzen

Die in diesem Gesetz geregelten Angelegenheiten der Gemeinde

sind solche des eigenen Wirkungsbereiches.

§ 5

Behörde 1. Instanz ist der Bürgermeister, in Städten mit eigenem Statut der Stadtsenat, gegen Bescheide der Behörde 1. Instanz kann die Berufung an den Gemeinderat eingebracht werden."

Auf Grund des Steiermärkischen Baumschutzgesetzes 1989 in der hier angeführten Fassung hat der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz die Verordnung vom 22. Juni 1995 über den Schutz des Baumbestandes in der Landeshauptstadt Graz (Grazer Baumschutzverordnung 1995), Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz vom 13. Juli 1995, Nr. 14, erlassen. Die für den Beschwerdefall in Betracht kommenden Bestimmungen dieser Verordnung lauten wie folgt:

"§ 1

Schutzumfang

(1) Zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der heimischen Artenvielfalt, des örtlichen Kleinklimas sowie einer gesunden Wohnumwelt für die Bevölkerung bzw. zur Sicherung des typischen Orts- und Landschaftsbildes ist der Baumbestand im Gebiet der Stadt Graz, mit Ausnahme der im § 1 Abs. 2 des Steiermärkischen Baumschutzgesetzes 1989 angeführten Bäume, nach den folgenden Bestimmungen geschützt, ohne Rücksicht darauf, ob er sich auf öffentlichen oder privaten Grundflächen befindet.

(2) Zum geschützten Baumbestand gehören einschließlich des pflanzlichen Lebensraumes (Wurzel- und Kronenbereich):

a) alle Laub- und Nadelhölzer mit einem Stammumfang von mindestens 50 Zentimeter;

b) die nachstehenden klein- und langsamwüchsigen Laubhölzer mit baumförmigem Wuchs und einem Stammumfang von mindestens 25 Zentimeter:

1. aus der Gattung Crataegus der Apfeldorn (Crataegus x lavallei), der Hahnendorn (Crataegus crus-galli), der Weißdorn (Crataegus monogyna) und der Rotdorn (Crataegus levigata),

2.

die Mehlbeere (Sorbus aria),

3.

die Eberesche (Sorbus aucuparia),

4.

die Magnolie (Magnolia sp.);

5.

aus der Gattung Prunus die Zierkirschen und die Zierpflaumen sowie

              6.              der Goldregen (Laburnum sp.),

jeweils gemessen in ein Meter Höhe von der Wurzelverzweigung, bei Bäumen mit einem Kronenansatz unter ein Meter Höhe an dieser Stelle;

              c)              ...

§ 2

Anzeige

(1) Wer beabsichtigt, einen gemäß § 1 unter Schutz gestellten Baum zu fällen, auszugraben, auszuhauen, auszuziehen, abzubrennen, zu entwurzeln oder sonst wie zu entfernen oder den pflanzlichen Lebensraum von unter Schutz gestellten Bäumen (Wurzel- und Kronenbereich) zum Nachteil des Bestandes zu verwenden, hat dies der Behörde vor Durchführung der geplanten Maßnahmen schriftlich anzuzeigen.

...

§ 4

Ausnahmen von der Erhaltungspflicht

(1) Unter Schutz gestellte Bäume dürfen nur mit Genehmigung der Behörde und nur dann gefällt, ausgegraben, ausgehauen, ausgezogen, abgebrannt, entwurzelt oder sonst wie entfernt werden, wenn

a) der Gesamtzustand der betroffenen Bäume ihren Weiterbestand nicht mehr gewährleistet;

b) das Interesse an der Erhaltung des Baumbestandes die Entfernung eines Teiles des Bestandes erfordert;

c) Bäume durch ihren Wuchs oder Zustand den Bestand von bewilligten Anlagen oder deren widmungsgemäße Verwendung, fremdes Eigentum oder die körperliche Sicherheit von Personen gefährden oder die Wohnhygiene unzumutbar beeinträchtigen und keine andere zumutbare Möglichkeit der Abhilfe gegeben ist;

d) das öffentliche Interesse an der Verwirklichung eines Vorhabens das Interesse an der Erhaltung des Baumbestandes bedeutend überwiegt;

e) die Errichtung baulicher Anlagen nachweislich in bautechnischer, baugeologischer oder wohnhygienischer Hinsicht nicht ohne die Entfernung von Bäumen möglich ist oder an anderer Stelle wirtschaftlich unzumutbar wäre;

f) die Genehmigungsvoraussetzungen des Abs. 3 vorliegen, der Weiterbestand der betroffenen Bäume jedoch durch Auflagen gemäß Abs. 4 nicht gesichert werden kann.

§ 5

Ersatzpflanzung

(1) Eine Ersatzpflanzung ist vorzuschreiben, wenn

a) die Entfernung von unter Schutz gestellten Bäumen - ausgenommen im Fall des § 4 Abs. 1 lit. b - genehmigt wird oder

b) eine Maßnahme gemäß § 4 Abs. 1 ... ohne Anzeige an oder vor Entscheidung durch die Behörde durchgeführt wird und der Grundeigentümer (die Miteigentümer) die Maßnahme geduldet hat (haben) oder zumindest von ihr wissen musste (mussten).

...

(3) Die Durchführung der Ersatzpflanzung obliegt dem Grundeigentümer (den Miteigentümern) und ist auf denselben Grundstücken, auf denen sich die entfernten Bäume befunden haben, vorzunehmen.

(4) Standort, Ausmaß und Zeitpunkt der Ersatzpflanzung sind in jener schriftlichen Entscheidung vorzuschreiben, mit der die Entfernung von geschützten Bäumen genehmigt wird, im Falle des Abs. 1 lit. b in einer gesonderten Entscheidung. Bei der Vorschreibung der Ersatzpflanzung kann die Behörde, wenn es zur Sicherung der im Steiermärkischen Baumschutzgesetz 1989 genannten Ziele erforderlich ist, auch die Art der Ersatzpflanzungsbäume festlegen. Lässt sich der Standort der Ersatzpflanzung in der Entscheidung nicht beschreiben, so ist er in Plänen oder Skizzen zu bezeichnen, welche einen Bestandteil der Entscheidung bilden.

...

(7) Kann die Verpflichtung zur Ersatzpflanzung nach den vorstehenden Bestimmungen nicht oder nicht zur Gänze erfüllt werden, so ist in der schriftlichen Entscheidung gemäß Abs. 4 festzustellen, in welchem Ausmaß der Ersatzpflanzungsverpflichtung nicht entsprochen werden kann.

§ 6

Ausgleichsabgabe, Erlöschen der Bewilligung

(1) Wird in der schriftlichen Entscheidung gemäß § 5 Abs. 4 festgestellt, dass die Verpflichtung zur Ersatzpflanzung nicht voll erfüllt werden kann, so hat der Miteigentümer bzw. haben die Grundeigentümer jener Grundstücke, auf denen die Ersatzpflanzung vorzunehmen wäre, eine Ausgleichsabgabe zu entrichten.

(2) Die Ausgleichsabgabe ergibt sich aus dem Produkt des Einheitssatzes und der Zahl jener Bäume, um die nach der bescheidmäßigen Feststellung gemäß § 5 Abs. 7 die Zahl der Ersatzpflanzungsbäume hinter der erforderlichen Zahl zurückbleibt. Der Einheitssatz beträgt im Falle der Entfernung von geschützten Bäumen

a)

gemäß § 1 Abs. 2 lit. a S 8000,--,

b)

gemäß § 1 Abs. 2 lit. b S 4500,--."

2.2. Der Beschwerdeführer rügt zunächst, es sei die Einvernahme des von ihm beantragten Zeugen J.B., des mit der Begutachtung beauftragten Baumschulenbesitzers, unterblieben. Die Einvernahme dieses Zeugen sei zur Frage der Überlebensfähigkeit des Baumes sowie im Hinblick auf die Bestimmung des § 3 Abs. 5 des Steiermärkischen Baumschutzgesetzes (Nichtgeltung der Erhaltungspflicht bei Käferbefall) begehrt worden.

2.3. Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die belangte Behörde ging ersichtlich davon aus, dass es für die Feststellung des Bestehens der Erhaltungspflicht ausreiche, wenn das Vorliegen der erforderlichen Stammdicke nachgewiesen sei.

Sie befindet sich mit dieser Auffassung im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. April 2001, Zl. 99/10/0264, ausgeführt hat, ergibt sich aus § 4 Abs. 1 lit. a der Grazer Baumschutzverordnung 1995, dass auch "nicht mehr lebensfähige" geschützte Bäume nur mit Genehmigung der Behörde gefällt werden dürften.

Daraus folgt im Hinblick auf § 2a Abs. 1 und 5 Stmk. Baumschutzgesetz 1989, dass in allen Fällen, in denen eine Bewilligung gemäß § 2 Abs. 2 lit. b Stmk. Baumschutzgesetz 1989 erteilt wird oder eine anzeigepflichtige Maßnahme ohne Anzeige oder vor der Entscheidung der Behörde durchgeführt wurde, auch eine Ersatzpflanzung vorzuschreiben ist.

Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang im Hinblick auf die Übereinstimmung der Verordnung mit dem Gesetz bereits an den Verfassungsgerichtshof herangetragenen Bedenken wurden von diesem nicht geteilt.

Unter der Annahme einer Anzeigepflicht auch in Fällen, in denen ein nicht mehr überlebensfähiger Baum betroffen ist, besteht auch bei der Vorschreibung einer Ersatzpflanzung kein Unterschied zwischen Fällen, in denen die Maßnahme angezeigt wurde (§ 2a Abs. 1 Stmk. Baumschutzgesetz 1989) und solchen, in denen ohne Anzeige vorgegangen wurde (§ 2a Abs. 5 Stmk. Baumschutzgesetz 1989). Auch gegen die grundsätzliche Einbeziehung dieser Fälle sind im Lichte des vorliegenden Beschwerdefalles keine Bedenken entstanden.

Aus den gleichen Gründen war auch eine Prüfung, ob eine Ausnahme nach § 3 Abs. 5 des Stmk. Baumschutzgesetzes 1989 vorlag, bei der Vorschreibung der Ersatzpflanzung nicht erforderlich. Der angefochtene Bescheid leidet daher auch insoweit nicht an einem Verfahrensmangel, als die belangte Behörde weitere Erhebungen zum Vorliegen eines Käferbefalls unterlassen hat.

2.4. Der Beschwerdeführer rügt weiters, es sei von der Behörde erster Instanz nicht nachvollziehbar festgestellt worden, warum eine Ersatzpflanzung nicht hätte durchgeführt werden können bzw. eine Ersatzpflanzung dem Beschwerdeführer nicht hätte aufgetragen werden können. Dass eine solche Ersatzpflanzung auf Grund der baulichen Gegebenheiten auf einem Parkplatz nicht möglich sei, sei "mangels jeglichen Beweisergebnisses" erfolgt. Auf dem Parkplatz sei nur die gegenständliche Birke gestanden, der Baumstumpf sei vergraben und daraufhin seien Steine gelegt worden. Es wäre allerdings "in jedem Fall" möglich gewesen, diese Steine wieder zu heben, wegzuräumen und in die Erde einen Ersatzbaum einzugraben.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht. Die Feststellung der belangten Behörde, das Grundstück sei "durch Asphalt versiegelt und enthält keinen Grünstreifen" beruht nicht auf einem mängelfreien Verfahren sondern stellt die Übernahme einer nicht näher erläuterten Angabe im Erhebungsbericht der Organe, die einen Lokalaugenschein durchführten, dar. Im Hinblick auf den Einwand des Beschwerdeführers, es habe kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren diesbezüglich stattgefunden, hätte sich die belangte Behörde nicht mit einer solchen Feststellung begnügen dürfen.

Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in diesem Zusammenhang ausführt, dass die "Vorschreibung einer Ersatzpflanzung mit der Vorausbedingung der Entfernung eines Asphaltbelages in einem Ausmaße, der eine Ersatzpflanzung und deren Aufkommen gewährleistet", über die Ziele der Grazer Baumschutzverordnung hinaus gehen würde und "wohl auch auf den Widerstand des Grundeigentümers wegen unverhältnismäßig hoher Kosten" stoßen würde, übergeht sie den Umstand, dass sie dem Beschwerdeführer im Verfahren nicht mitgeteilt hat, welche Vorkehrungen zur Erfüllung der Ersatzpflanzungspflicht ihrer Ansicht nach erforderlich wären. Überdies hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt, welche Kosten für die Erfüllung der Verpflichtung erforderlich wären. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Feststellung, die Verpflichtung könne (im Hinblick auf zu hohe Kosten) nicht erfüllt werden, von der Behörde getroffen werden kann, ohne dass einerseits diese Kosten zumindest der Größenordnung nach feststehen und andererseits der Verpflichtete zur Frage der Erfüllbarkeit gehört wurde. Die von der belangten Behörde angestellte Überlegung zur Unmöglichkeit des Aufkommens eines Baumes an der Stelle, an der der entfernte Baum stand, stellt ein Sachverhaltselement dar, welches dem Beschwerdeführer im Schreiben vom 29. März 1999 nicht als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens mitgeteilt wurde. Die belangte Behörde konnte daher ihren Bescheid nicht ohne weiteres auf diese Sachverhaltsannahme stützen. Sie belastete den angefochtenen Bescheid insoweit mit einem Verfahrensmangel, der auch wesentlich ist, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie bei seiner Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

2.5. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid, soweit damit über seine Berufung gegen die Vorschreibung einer Ersatzpflanzung abgesprochen wurde, nicht in seinen Rechten verletzt wurde. Eine solche Rechtsverletzung hat jedoch im Hinblick auf die Bestätigung der Feststellung, dass die Verpflichtung zur Ersatzpflanzung nicht erfüllt werden könne, stattgefunden. Der angefochtene Bescheid war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, im Übrigen hinsichtlich der Bestätigung der Vorschreibung der Ersatzpflanzung gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

2.6. Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die eigens angesprochene Umsatzsteuer, die neben dem in der genannten Verordnung für den Schriftsatzaufwand vorgesehenen Pauschbetrag nicht gebührt, sowie die angesprochenen Kopierkosten, für die im VwGG kein Ersatz vorgesehen ist.

Wien, am 22. Juli 2004

Schlagworte

Parteiengehör Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004100111.X00

Im RIS seit

19.08.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten