TE Vwgh Erkenntnis 2004/10/12 2004/05/0142

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Veröffentlicht am 12.10.2004
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §73 Abs2;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §118 Abs8;
BauO NÖ 1996 §2 Abs1;
BauO NÖ 1996 §23 Abs1;
BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z1;
BauRallg;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde des Thomas Thaa in Altlengbach, vertreten durch Dr. Ingrid Schaffernack, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Gemeinderat der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

In Anwendung des § 62 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit § 73 Abs. 2 AVG werden die Anträge des Beschwerdeführers,

"1. der Verwaltungsgerichtshof möge der belangten Behörde auftragen, über die Konsensmäßigkeit von Schuppen und Mauer an der Grundstücksgrenze der Grundstücke Nr. 593/4, EZ 782 und 592/9, EZ 757, jeweils KG Klausenburg-Leopoldsdorf zu entscheiden;

2. in eventu in der Sache selbst zu entscheiden;" zurückgewiesen.

Die Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 592/9 der Liegenschaft EZ. 757 des Grundbuchs Klausen-Leopoldsdorf. An dieses Grundstück grenzt im Westen das im Miteigentum des Ehepaares J. stehende Grundstück Nr. 593/4 der Liegenschaft EZ. 782 desselben Grundbuchs.

In dem an den Bürgermeister der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf gerichteten Schreiben vom 28. April 2000 führte der Beschwerdeführer aus:

"Auf dem Grundstück 593/3 (Anm.: gemeint offenbar das oben erwähnte Grundstück Nr. 593/4) unmittelbar an der Grundgrenze zu 592/9 und nur 2,8 m von der Grenze zu 592/10 (öffentliches Gut) entfernt, ist ein an das auf 593/3 (Anm.: richtig 593/4) befindliche Gebäude bauordnungswidrig und ohne Bewilligung angebautes festgemauertes Bauwerk mit einer Grundfläche von etwa 10 m2 errichtet.

Weiters befindet sich an der Grundgrenze zu 592/9 eine konsenslos errichtete ca. 4 m lange Mauer.

Das oben erwähnte Bauwerk wird unmittelbar an der Grundgrenze zu 592/9 dachentwässert.

Zusätzlich fließen auch die Dachwässer des ‚Hauptgebäudes' wegen mangelhafter Dachrinnen-Dimension +- Neigung bei stärkeren Niederschlag über das Dach betreffenden illegalen Bauwerks.

Es befinden sich auch Versorgungseinrichtungen (Ent- oder Belüftung mit Ausgang in Richtung Grundstück 592/9) in dem an der Grundgrenze errichteten Mauerwerk.

In einem wird erwähnt, dass sich das Haus auf dem Grundstück 593/3 (Anm.: richtig 593/4) entgegen der Baubewilligung nur 2,8 m von der Grundgrenze zu 592/9 befindet."

Mit dem an die Bezirkshauptmannschaft Baden gerichteten Schreiben vom 12. Juli 2001 stellte der Beschwerdeführer den

"Antrag gemäß § 73 AVG"

mit folgender Begründung:

"Mit Schreiben vom 28. April 2000 wurde der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf Mitteilung über ein konsenslos errichtetes Bauwerk an der Grenze zu Gst 592/9 in Hochstraß - Klausen-Leopoldsdorf gemacht (Beilage 1).

In einer Feststellungsverhandlung am 5. Oktober 2000 zu Az BAU-0017-2000 wurde festgestellt, dass betreffender Zubau nicht genehmigt ist (Beilage 2).

Mit Bescheid vom 10. Oktober 2000 wurde den Eigentümern des Gst 593/4 (EZ 782 KG Klausen-Leopoldsdorf) aufgetragen, innerhalb von sechs Wochen um nachträgliche Bewilligung für den betreffenden Zubau anzusuchen (Beilage 3).

Tatsächlich wurde laut Niederschrift zur Bauverhandlung vom 6. März 2001 (Beilage 6) lediglich um Bewilligung zum Ausbau einer ‚Mauerbegrenzung' jedoch nicht für den gesamten Schuppen (inklusive des Mauerwerkes und der Fundamente) und die weitere an der Grundgrenze errichtete Mauer angesucht.

Es ist von der Behörde der Versuch unternommen worden, diese Tatsache zu verschleiern, indem mit Bescheid vom 7. Juni 2001, Az BAU/358-01-2001, (Beilage 4) die Bewilligung zum Ausbau der nicht genehmigten Mauer (also des an drei Seiten festgemauerten Teiles) zu einem Schuppen erteilt wurde (Beilage 5).

Tatsächlich ist die Baubehörde jedoch in betreffender Angelegenheit seit dem 10. Oktober 2000 säumig, da

1. seitens der Eigentümer des Gst 593/4 nicht wie aufgetragen um Bewilligung für den Zubau eines Schuppens sondern um eine solche für den Ausbau einer (bewilligungspflichtigen jedoch nicht bewilligten) Mauer zu einem Schuppen angesucht wurde und

2. beiliegendes Schreiben vom 28. April 2000 überhaupt nicht behandelt wurde.

Eine Berufung gegen den Bescheid vom 7. Juni 2001, Az BAU/358- 01-2001, wäre nicht zielführend gewesen, da dieser Bescheid wie auch aus der Erklärung des Gefertigten anlässlich der Bauverhandlung vom 6. März 2001 (Beilage 6) erkennbar ist, nicht das eigentliche bewilligungspflichtige und angezeigte Bauwerk betrifft."

Dieses Schreiben erging "nachrichtlich" an den Gemeindevorstand der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf.

In dem an den Gemeindevorstand der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf gerichteten Schreiben vom 29. August 2001, bei dieser Gemeinde eingelangt am 4. September 2001, ergänzte der Beschwerdeführer seinen Antrag vom 12. Juli 2001 und beantragte wie folgt:

"Ergänzend zum Antrag gemäß § 73 AVG vom 12. Juli 2001 wird ausgeführt, dass beantragt wird:

1. Die im Bescheid vom 10. Oktober 2000 (AZ-BAU-0017-2000) angekündigten Rechtsfolgen zu verfügen.

2. Die weiteren im Schreiben des Gefertigten vom 28. April 2000 angezeigten Tatbestände zu behandeln.

Des Weiteren wird das Schreiben vom 12. Juli 2001 dahingehend berichtigt, dass es zu heißen hat:

1.

An den Gemeindevorstand der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf

2.

Nachrichtlich:

An die Bezirkshauptmannschaft Baden

Auf § 6 AVG wird verwiesen."

Mit dem mit "10 01 2001" datierten, an den Gemeinderat der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf gerichteten Schreiben beantragte der Beschwerdeführer wie folgt:

"Mit Inhalt des beiliegenden Schreibens vom 12 Juli 2001 sowie der ergänzenden Ausführung vom 29. August 2001 stelle ich den Antrag gem. § 73 AVG."

Mit einem an den Gemeinderat der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf adressierten Schreiben, datiert mit "26 03 2003" (!), bei dieser Gemeinde eingelangt am 25. März 2003, beantragte der Beschwerdeführer wie folgt:

"Betr.: Antrag nach § 73/2 AVG betreffend einen Antrag an den Gemeindevorstand vom 12 07 2001 mit Ergänzung vom 29 08 2001

Da bei einem bereits im Februar 2002 an den Gemeinderat gestellten diesbez. Antrag versehentlich das falsche Datum angeführt wurde (10 01 2001 anstatt 10 02 2002) wird der betr. Antrag, um Differenzen bezüglich der Fristen zu vermeiden, mit heutigem Datum wiederholt."

Mit Schreiben vom 25. November 2003 teilte der Bürgermeister der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf dem Beschwerdeführer mit, dass betreffend den Antrag vom 26. März 2003 in Verbindung mit den Anträgen vom 12. Juli 2001 und 29. August 2001 sowie der Anzeige vom 28. April 2000 die Entscheidungspflicht nicht verletzt worden sei, weil mit dem in Rechtskraft erwachsenen Baubewilligungsbescheid vom 7. Juni 2001, AZ: BAU/358-01-2001, das Verfahren abgeschlossen worden sei und keine Antragsteile mehr offen geblieben seien.

Der Beschwerdeführer brachte die am 8. Juni 2004 zur Post gegebene und zur hg. Zahl 2004/05/0142 protokollierte Beschwerde gemäß Art 132 B-VG ein, da die belangte Behörde nicht über seinen Antrag vom 26. März 2003 entschieden habe. Er beantragt, "1. der Verwaltungsgerichtshof möge der belangten Behörde auftragen, über die Konsensmäßigkeit von Schuppen und Mauer an der Grundstücksgrenze der Grundstücke Nr. 593/4, EZ 782 und 592/9, EZ 757, jeweils KG Klausenburg-Leopoldsdorf zu entscheiden, 2. in eventu in der Sache selbst zu entscheiden". Er führt hiezu im Wesentlichen aus, die belangte Behörde habe zwar am 7. Juni 2001 einen Bescheid erlassen, dieser Bescheid habe jedoch seine Anträge nicht abschließend erledigt. Über seine Devolutionsanträge sei überhaupt nicht entschieden worden.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.

Gemäß § 27 VwGG kann die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Gegenstand einer Säumnisbeschwerde kann nur sein, was Gegenstand des Verwaltungsverfahrens war. Die Säumnis und deren Rechtswidrigkeit sind im Säumnisbeschwerdeverfahren Prozessvoraussetzung. Fehlt es an der Säumnis, so ist die Beschwerde daher zurückzuweisen (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 23. Jänner 2002, Zl. 99/07/0194, sowie das hg. Erkenntnis vom 25. April 2002, Zl. 2001/05/0010).

Der Beschwerdeführer erachtet seine auf Art. 132 B-VG gestützte Beschwerde (erkennbar) deshalb für zulässig, weil die belangte Behörde über seinen auf § 73 Abs. 2 AVG gestützten Antrag vom 26. März 2003 nicht entschieden hat.

§ 73 Abs. 2 AVG hat folgenden Wortlaut:

"(2) Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist."

Der bei der belangten Behörde am 25. März 2003 eingebrachte Devolutionsantrag wurde vom Beschwerdeführer damit begründet, dass der Gemeindevorstand der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf über seinen Devolutionsantrag vom 12. Juli 2001 im Zusammenhang mit der Ergänzung vom 29. August 2001 nicht entschieden habe. Der vom Beschwerdeführer an den Gemeindevorstand der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf gerichtete Devolutionsantrag wiederum hat seine Grundlage im Schreiben des Beschwerdeführers vom 28. April 2000 an den Bürgermeister der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf, in welchem die Verletzung baupolizeilicher Vorschriften durch den Nachbarn behauptet wird.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 und 4 Niederösterreichische Bauordnung 1996 (in der Folge: BauO) haben Nachbarn im Baubewilligungsverfahren und auch baupolizeilichen Verfahren nach §§ 32, 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2 und § 35 Parteistellung. Sie sind jedoch nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektivöffentlichen Rechten berührt sind.

Gemäß Abs. 2 Z. 1 dieses Paragraphen werden subjektivöffentliche Rechte durch die dort näher genannten baurechtlichen Vorschriften begründet, die

"1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4)

sowie

2. den Schutz vor Immissionen (§ 48, ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben,

gewährleisten und über

3.  die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen."

Die BauO sieht im § 5 Abs. 3 eine von § 27 VwGG bzw. § 73 Abs. 2 AVG abweichende Entscheidungsfrist nur für Anträge gemäß § 14 (Bewilligungspflichtige Bauvorhaben) vor, weshalb für die Beurteilung der Zulässigkeit der gegenständlichen Säumnisbeschwerde der im § 27 Abs. 1 VwGG normierte Ablauf der sechsmonatigen Frist seit dem Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht ohne die begehrte Behördenentscheidung maßgeblich ist (vgl. den hg. Beschluss vom 29. März 2004, Zl. 2003/17/0230).

Die belangte Behörde hat über den an sie gerichteten, bei ihr am 25. März 2003 eingelangten Devolutionsantrag nicht entschieden, die im § 27 VwGG geforderte, im Beschwerdefall maßgebliche Sechsmonatsfrist war damit im Zeitpunkt des Einlangens der Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (das war der 11. Juni 2004) bereits überschritten. Der an die belangte Behörde gerichtete Devolutionsantrag, welcher sich auf eine Säumnis der zweitinstanzlichen Baubehörde (des Gemeindevorstandes; siehe § 2 Abs. 1 BauO) mit der Erledigung offener, an die Baubehörde erster Instanz (den Bürgermeister) gerichteter Anträge gründete, war demnach zulässig (vgl. den hg. Beschluss vom 27. April 2004, Zl. 2004/05/0102). Die belangte Behörde traf daher in Ansehung dieses zulässigen Devolutionsantrages eine Entscheidungspflicht; diese Entscheidungspflicht bestand auch im Falle eines unzulässigen Devolutionsantrages (vgl. zur Verpflichtung der Behörden zur Zurückweisung unzulässiger Anträge den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, 934/73, VwSlg 9458 A/1973). Da es die belangte Behörde ungeachtet der sie treffenden Entscheidungspflicht unterließ, über diesen Devolutionsantrag des Beschwerdeführers innerhalb der in § 27 Abs. 1 VwGG genannten sechsmonatigen Frist zu entscheiden, war der Beschwerdeführer auch befugt, die Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde in Ansehung dieses Devolutionsantrag mit Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG geltend zu machen (vgl. den hg. Beschluss vom 25. November 2003, Zl. 2003/17/0196). Für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde gemäß § 27 VwGG ist - anders als bei einem Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG - nicht entscheidend, ob die Verzögerung auf ein überwiegendes Verschulden der belangten Behörde zurückzuführen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2000, Zl. 97/17/0425, mit einem Hinweis auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. März 1986, Zl. 85/18/0078, VwSlg. 12088 A/1986).

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.

Übereinstimmend gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, gedeckt durch den Inhalt des Verwaltungsaktes, von folgendem Sachverhalt aus, welcher Grundlage der Entscheidung ist:

Dem Ehepaar J. wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf vom 10. Oktober 2000 als Eigentümer des Grundstückes Nr. 593/4 KG Klausen-Leopoldsdorf gemäß § 29 BauO aufgetragen, innerhalb von sechs Wochen um nachträgliche Baubewilligung für den Zubau eines ca. 8 m2 großen, in unmittelbarer Nähe zur Grundstückgrenze des Grundstückes Nr. 592/9 des Beschwerdeführers gelegenen Schuppens unter Vorlage aller erforderlichen Antragsbeilagen nach § 18 BauO anzusuchen.

Mit Eingabe vom 27. November 2000 richtete das Ehepaar J. an das Gemeindeamt Klausen-Leopoldsdorf unter Anschluss von Planskizzen folgendes Schreiben:

"Betrifft:

1.) Nachträgliche Bauanzeige für den Ausbau einer Mauerbegrenzung zu einem Schuppen (Ihr Schr. V. 10.10.2000.)

2.) Bauanzeige für die Errichtung eines Flugdaches

Zu 1.) Eine in der Bauverhandlung vom 13.4.1967 genehmigte Umfassungsmauer wurde im Zuge der Errichtung meines Eigenheimes durch hinzufügen eines Holzdaches und einer Holzriegelwand zu einem Schuppen mit ca. 8 m2 ausgebaut.

Baubeschreibung:

Lage und Ausführung: Der Schuppen wird im Osten von der auf meinem Grund errichteten Grenzmauer zum Nachbargrundstücke Nr. 592/9 (EZ 575), westseitig z. T. von meiner Hausmauer und daran anschließend von einem aus 25 cm mit Betonschalsteinen errichteten Mauerwerk, welches sich auch nordseitig bis zur Grundstücksgrenze fortsetzt, und südseitig von einer Holzriegelwand begrenzt.

Dach: Flachdach in unisolierter Holzkonstruktion mit Blecheindeckung.

Regenwasser: Das Regenwasser der Dachfläche wird in einer 10 cm Ablaufrinne an der südseitigen Wand zum Versickern auf eigenem Grund geführt.

Benützung: Der Schuppen dient zur Abstellung von Gerätschaften zum Abdecken des darin befindlichen Brunnens.

Zu 2.) Wir beabsichtigen die Errichtung eines Flugdaches über einen Kfz-Abstellplatz

Baubeschreibung:

Lage und Ausführung: Holzkonstruktion, im Anschluss an der Nordseite des bestehenden Schuppen.

Dach: Flachdach mit doppelt gesandelter Dachpappe gedeckt.

Regenwasser: Ableitung über Regenrinne des anschließenden Schuppen zur Versickerung am eigenen Grund.

Zweck: Schutz gegen herabfallendes Harz und Astwerk des davor stehenden Baumes und gegen Witterungseinflüsse."

Im Protokoll der über dieses Bauansuchen durchgeführten Bauverhandlung vom 15. Februar 2001 wurde von der Baubehörde - vom Beschwerdeführer unwidersprochen - festgehalten, dass das Ehepaar J. mit "der Bauanzeige vom 27. 11. 2000 den erfolgten Ausbau einer Mauerbegrenzung zu einem Schuppen nachträglich angezeigt" hat.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf vom 7. Juni 2001 wurde dem Ehepaar J. die beantragte "baubehördliche Bewilligung für den Ausbau einer Mauerbegrenzung zu einem Schuppen und die Errichtung eines Flugdaches" mit der Auflage erteilt: "Die anfallenden Niederschlagswässer dürfen nicht auf Nachbargrund und Verkehrsflächen abgeleitet werden sondern müssen auf Eigengrund versickern". Diesen Bescheid ließ der Beschwerdeführer unbekämpft.

Auf Grund dieses Sachverhaltes hat der Verwaltungsgerichtshof in der Sache wie folgt erwogen:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 und 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Mit dem Bescheid vom 7. Juni 2001 hat der Bürgermeister der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf dem Ehepaar J. die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Schuppens auf dem Grundstück Nr. 593/4 erteilt. Diese Baubewilligung bezieht sich auf das Bauwerk, welches Gegenstand des baubehördlichen Auftrages vom 10. Oktober 2000 war. Die Identität des bewilligten Bauwerkes mit dem vom Auftrag der Baubehörde vom 10. Oktober 2000 erfassten Schuppen wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Dem Antrag des Beschwerdeführers, der Verwaltungsgerichtshof möge über die Konsensmäßigkeit dieses Schuppens entscheiden bzw. der belangten Behörde auftragen, darüber zu entscheiden, steht daher das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegen. Er war daher schon deshalb zurückzuweisen.

Mit seinem Antrag vom 28. April 2000, auf welchen der Beschwerdeführer in seinem Devolutionsantrag an den Gemeindevorstand der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf Bezug nimmt, hat der Beschwerdeführer erkennbar als Nachbar die Erlassung eines Bauauftrages gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 BauO begehrt. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2001/05/0835, zu dem neben § 35 BauO in § 6 Abs. 1 BauO gleichfalls aufgezählten § 33 Abs. 2 BauO ausgesprochen, dass der Nachbar in einem solchen Verfahren Parteistellung (Anspruch auf Sachentscheidung) nur dann hat, wenn er wegen der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts (§ 6 Abs. 2 BauO) einen baupolizeilichen Auftrag beantragt hat (s. Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht, 6. Auflage (2001), S. 396, Anm. 12 zu § 33 BauO); dies wurde in der Folge mehrfach wiederholt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2002, Zl. 2000/05/0059, und die hg. Beschlüsse vom 18. Februar 2003, Zl. 2001/05/1151, und 3. April 2003, Zl. 2002/05/1238).

Weder in seinem Schreiben an den Bürgermeister vom 28. April 2000 noch in den Devolutionsanträgen an den Gemeindevorstand und den Gemeinderat der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf führte der Beschwerdeführer aus, in welchem in § 6 Abs. 2 BauO aufgezählten subjektiv-öffentlichen Recht er durch die in der Beschwerde aufgezählten baulichen Maßnahmen auf dem Nachbargrundstück des Ehepaars J. berührt sein könnte. Auch mit der - in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht mehr vorgetragenen - Behauptung des Beschwerdeführers in seinem Schreiben an den Bürgermeister der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf, durch die Ableitung der Dachwässer vom Schuppen könnte sein Grundstück beeinträchtigt werden, wurde ebenfalls keine Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes behauptet, weil gemäß § 6 Abs. 2 Z. 1 BauO nur durch solche baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte begründet werden, die die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn gewährleisten, und nicht deren Grundstücke im Allgemeinen betreffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Juli 2003, Zl. 2002/05/0245). Die Einleitung eines Baubewilligungsverfahrens kann der Nachbar nicht erzwingen, dies kann gemäß § 23 Abs. 1 BauO ausschließlich der Bauwerber durch Einreichung eines Bauansuchens erreichen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2002, Zl. 2000/05/0107, und die dort wiedergegebene Literatur und hg. Rechtsprechung).

Da - wie oben näher ausgeführt - dem Nachbarn im Bauauftragsverfahren nur dann Parteistellung zukommt, wenn er durch das bewilligungspflichtige vorschriftswidrige Bauwerk in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt wird, und er nur insoweit einen Anspruch auf Entscheidung über seinen Antrag auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Jänner 1996, Zl. 94/05/0362, und vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0036), der Beschwerdeführer aber solche Rechte weder vor den Baubehörden noch vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemacht hat, waren seine Anträge wegen fehlender Parteistellung in dem seinen Devolutionsanträgen zu Grunde liegenden Bauauftragsverfahren zur Gänze zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 12. Oktober 2004

Schlagworte

Anrufung der obersten BehördeBauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1Besondere Rechtsgebiete BaurechtAllgemeinVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungBaubewilligung BauRallg6Baurecht Baubefehl Polizeibefehl baupolizeilicher AuftragNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9Inhalt der SäumnisbeschwerdeBaurecht Nachbar

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004050142.X00

Im RIS seit

18.11.2004

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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