TE OGH 1950/3/1 1Ob97/50

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.03.1950
beobachten
merken

Norm

ABGB §1311
ABGB §1419

Kopf

SZ 23/44

Spruch

Lehnt der Gläubiger die Annahme der Zahlung einer fälligen Geldschuld vor dem Tage des Inkrafttretens des Währungsschutzgesetzes ab und kann der Schuldner bis zu diesem Tage nicht anderweitig über den angebotenen Geldbetrag verfügen, so treffen die Auswirkungen des Gesetzes den Gläubiger.

Entscheidung vom 1. März 1950, 1 Ob 97/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der Kläger hat die Bezahlung eines Restbetrages von 1251.22 S samt Anhang für geleistete Tischlerarbeiten begehrt. Von den Parteien wurde außer Streit gestellt, daß der Beklagte auf den ursprünglich geschuldeten Betrag von 2551.22 S samt Anhang Beträge von 700 S und am 21. Juli 1949 600 S bezahlt hat.

Die beklagte Partei führte aus, daß sie am 9. Dezember 1947, in einem Zeitpunkt, in welchem der Fakturenbetrag bereits fällig gewesen sei, den gesamten Betrag zur Zahlung angeboten habe. Von der klagenden Partei sei aber damals nur ein Betrag von 700 S angenommen worden.

Durch die Bezahlung des Betrages von 1300 S sei mit Rücksicht auf den eingetretenen Gläubigerverzug und die Folgen des Währungsschutzgesetzes die gesamte Forderung bis auf einen Betrag von 17.04 S samt Zinsen getilgt.

Die klagende Partei hat dieses letztere Vorbringen des Beklagten bestritten.

Das Erstgericht hat der Klage stattgegeben, indem es in rechtlicher Beziehung ausführte, daß das bloße Anbot der Zahlung weder zur Tilgung der Forderung, noch zur Abwälzung der Folgen des Währungsschutzgesetzes genüge. Da der Beklagte einerseits den Schuldbetrag nicht bei Gericht erlegt habe, anderseits nicht einmal behauptet habe, daß ihm durch die Säumnis des Klägers in der Annahme der Zahlung ein Schaden entstanden ist, sei das Klagebegehren gerechtfertigt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und - verwies unter Rechtskraftvorbehalt die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht zurück. Es stellte sich auf den Standpunkt, daß das am 9. Dezember 1947 erfolgte Anbot der Zahlung durch den Beklagten nicht unter allen Umständen rechtlich belanglos sei. Denn wenn der Fakturenbetrag vom 9. Dezember 1947 fällig gewesen und der Beklagte an diesem Tag die gesamte Forderung zur Zahlung angeboten habe, was das Erstgericht allerdings nicht festgestellt habe, so sei jedenfalls gemäß § 1419 ABGB. Gläubigerverzug eingetreten.

Unter Heranziehung des § 1311 ABGB. habe aber dieser Gläubigerverzug zur Folge, daß die zufällige Verschlechterung der zu leistenden Sache vom Gläubiger getragen werden müsse.

Wenn im gegenständlichen Falle auch der Beklagte eine Leistung in Geld zu erbringen hatte, so liege in dem Angebot der Zahlung des fälligen Betrages in der Regel bereits eine Aussonderung der Schuldsumme aus dem Vermögen des Beklagten und treffe daher der zufällige Schaden durch Wertverminderung infolge Währungsmaßnahmen den in der Annahme säumigen Gläubiger.

Dem Erstgericht wurde daher der Auftrag erteilt, zu untersuchen, ob die Forderung am 9. Dezember 1947 fällig war, ob ein Angebot zur Leistung des gesamten Betrages vorgenommen wurde, das den Gläubigerverzug zur Folge hatte, und ob mit dem Anbot des Beklagten eine Aussonderung der Schuldsumme aus dem Vermögen des Beklagten vorgenommen worden war.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

In § 1419 ABGB. wird bestimmt, daß der Gläubiger, der zögert, die Zahlung anzunehmen, die widrige Folge zu tragen hat.

Es ist richtig, daß diese widrigen Folgen des Gläubigerverzuges im Gesetze nicht näher bestimmt sind. Aus Lehre und Rechtsprechung ergibt sich aber im Zusammenhang mit § 1311 ABGB., daß bei Vorliegen des Gläubigerverzuges ein die Sache treffender Zufall (zufälliger Untergang, zufällige Verschlechterung) nicht dem Schuldner zu Schaden gereichen kann, sondern den Gläubiger trifft.

Der Zufall aber - und um einen solchen handelt es sich bei der Geldabschöpfung im Sinne des Währungsschutzgesetzes, das am 10. Dezember 1947 in Kraft getreten ist - muß natürlich die Sache treffen, die zur Erfüllung des Schuldverhältnisses bestimmt war.

Hat der Schuldner eine nur der Gattung nach bestimmte Ware zu leisten, so werden die Voraussetzungen der oberwähnten Gesetzesstelle dann vorhanden sein, wenn die Spezies aus der Gattung ausgeschieden ist.

Da die vom Beklagten zu erbringende Leistung eine solche in Geld war, ist, wie das Berufungsgericht ausführt, im Anbot der Zahlung des fälligen Betrages bereits eine Aussonderung der Schuldsumme aus dem Vermögen des Beklagten zu erblicken, so daß der Zufall, als welchen sich im gegenständlichen Falle die am 10. Dezember 1947 erfolgte Währungsreform darstellt, den Kläger trifft.

Die zufällig eingetretene Wahrungsmaßnahme wird aber dann nicht zu Lasten des Klägers gehen, wenn der Beklagte tatsächlich über den dem Kläger angebotenen Betrag vor dem 10. Dezember 1947 verfügte oder doch die Möglichkeit gehabt hätte, darüber vor dem genannten Tage zu verfügen.

Wenn auch das Berufungsgericht diesen letzteren Umstand bei seiner rechtlichen Ausführung nicht berücksichtigt hat, so war doch dem Rekurs keine Folge zu geben, da jedenfalls bisher vom Erstgericht die Frage noch nicht geklärt wurde, ob am 9. Dezember 1947 der Fakturenbetrag fällig, dieser Betrag vom Beklagten zur Zahlung angeboten wurde und wie es am 9. Dezember 1947 zur Annahme des Teilbetrages von 700 S gekommen ist.

Anmerkung

Z23044

Schlagworte

Annahmeverzug, Einfluß des Währungsschutzgesetzes, Gläubigerverzug, Einfluß des Währungsschutzgesetzes, Mora creditoris, Einfluß des Währungsschutzgesetzes, Verzug des Gläubigers, Einfluß des Währungsschutzgesetzes, Währungsschutzgesetz, Einfluß bei Annahmeverzug

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0010OB00097.5.0301.000

Dokumentnummer

JJT_19500301_OGH0002_0010OB00097_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten