TE OGH 1969/12/2 4Ob589/69

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Veröffentlicht am 02.12.1969
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Norm

ABGB §863
ABGB §928
ABGB §929
ABGB §932
ABGB §934

Kopf

SZ 42/180

Spruch

Der Wandlungsanspruch nach § 932 ABGB. entfällt dann, wenn der Käufer in schuldbarer Weise die Rückstellung der Sache unmöglich gemacht hat, wobei den Käufer die Beweislast dafür trifft, daß die Unmöglichkeit der Rückstellung nicht von ihm verschuldet ist.

Entscheidung vom 2. Dezember 1969, 4 Ob 589/69.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger begehrte in seiner Klage die Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung von 45.000 S samt Nebengebühren. Er brachte hiezu vor, der Beklagte habe im "Kurier" zu Ostern 1968 ein Inserat folgenden Inhaltes eingeschaltet: "Mercedes 220 SB, 1964, Sonderausstattung, 46.000 Kilometer, garagengepflegt, preisgünstig." Der Kläger habe sich auf Grund dieser Anzeige mit dem Beklagten in Verbindung gesetzt und nach Erhalt der Zusage, daß das Fahrzeug eine Fahrleistung von nicht mehr als 46.000 Kilometer aufweise, einen Kaufvertrag zum Preise von 50.000 S abgeschlossen. Bei der Überschreibung des Fahrzeuges habe sich jedoch herausgestellt, daß es sich um ein Fahrzeug des Baujahres 1963 handle. Eine Überprüfung habe weiters ergeben, daß sich der Motor in völlig desolatem Zustand befinde und eine Fahrleistung von mindestens 146.000 Kilometern aufweise. Durchgeführte Erhebungen hätten ergeben, daß das Fahrzeug vom Vorbesitzer, der Firma Siemens-Schuckert-Werke Ges.m.b.H. am 15. Juni 1966 mit einem Kilometerstand von 126.000 um 37.000 S verkauft worden sei. Der Kläger habe sofort am 10. April 1968 den Rücktritt vom Vertrag erklärt. Dem habe der Beklagte entgegengehalten, daß jede Gewährleistung nach dem Inhalt des Kaufvertrages ausgeschlossen sei. Der Kläger fechte diesen Vertrag nunmehr wegen Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes, darüber hinaus aber auch deshalb an, weil der Beklagte ihn über wesentliche Umstände, insbesondere über die Fahrleistung und das Baujahr in Irrtum geführt habe. Das Fahrzeug stehe Zug um Zug gegen Rückzahlung des bezahlten Kaufpreises von 45.000 S zur Verfügung. In der Folge wurde das Klagebegehren auf Bezahlung von 25.000 S samt Nebengebühren eingeschränkt und dazu vorgebracht, daß der Kläger das Fahrzeug um 20.000 S verkauft habe. "Hilfsweise wurde vom Kläger eingewendet, es liege ein geheimer Mangel vor, der vorerst in Form der laesio enormis geltend gemacht wurde und nunmehr geltend gemacht werde in Form des Schadenersatzes für den geheimen Mangel und den daraus resultierenden übermäßigen Kaufpreis". Der Beklagte faßte dieses Vorbringen als Klagsänderung auf, gegen die er sich aussprach. In der Tagsatzung vom 6. Februar 1969 erklärte die klagende Partei, das Klagebegehren "werde wahlweise sowohl auf Wandlung des Kaufvertrages als auch auf Kaufpreisminderung auf Grund der Gewährleistung gestützt und brachte vor, der Kläger habe das Fahrzeug deshalb verkauft, weil er ohne Fahrzeug seinen Beruf nicht ausüben könne.

Das Erstgericht nahm das Vorliegen einer Klagsänderung an, ließ diese mit dem in sein Urteil aufgenommenen Beschluß nicht zu und wies das Klagebegehren ab, wobei es davon ausging, daß es auf den Zuspruch von 45.000 S samt Nebengebühren gerichtet sei.

Das Erstgericht traf folgende Feststellungen:

Der PKW. Marke Mercedes 220 S, Baujahr 1963, sei erstmalig am 12. November 1963 für die Firma Siemens-Schuckert-Werke Ges.m.b.H. (Wiener Starkstromwerke Ges.m.b.H.) zum Verkehr zugelassen worden. Am gleichen Tag sei dem Erstbesitzer auch ein Kennzeichen für das Fahrzeug zugewiesen worden. Das Fahrzeug sei von den Wiener Starkstromwerken mit Vertrag vom 15. Juni 1966 mit einem Kilometerstand von 109.275 um 37.000 S an Stefan A. verkauft worden. Der Beklagte habe das Fahrzeug am 7. Juli 1966 erworben, es sei jedoch für ihn nicht zum Verkehr zugelassen worden. Am 29. Juli 1968 sei das Fahrzeug für Adolf F. zum Verkehr zugelassen und diesem auch ein Kennzeichen zugewiesen worden. Der Kläger habe somit das Fahrzeug während des anhängigen Rechtsstreits verkauft, er sei zumindest seit 29. Juli 1968 nicht mehr dessen Eigentümer.

Bei seiner rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht davon aus, daß der Kläger in der Klage die Aufhebung des Kaufvertrages wegen Irreführung bzw. Verletzung über die Hälfte und die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückstellung des Kraftfahrzeuges begehrt habe. Nach Einschränkung werde die Bezahlung von 25.000 S aus dem Titel der Gewährleistung verlangt, ohne daß das Fahrzeug gleichzeitig zurückgestellt werde. Dies sei aber nicht eine Klagseinschränkung, sondern eine Klagsänderung, weil zugleich auch der Klagsgrund verändert worden sei. Die Zulassung der Klagsänderung würde das Verfahren, das sonst spruchreif sei, verzögern. In der Hauptsache könne dem Klagebegehren deshalb kein Erfolg beschieden sein, weil der Kläger bei Aufhebung des Vertrages gemäß § 877 ABGB. zur Rückleistung des Fahrzeuges verpflichtet sei. Da der Kläger die Möglichkeit der Rückleistung durch den Verkauf des PKW. schuldhaft vereitelt habe, sei das Begehren auf Aufhebung des Vertrages nicht gerechtfertigt.

Der Kläger bekämpfte das Ersturteil und den darin aufgenommenen Beschluß mit Berufung und beantragte die Klagsänderung zuzulassen und das Ersturteil im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Das Berufungsgericht hob den in das Ersturteil aufgenommenen Beschluß über die Nichtzulassung der Klagsänderung sowie das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Das Berufungsgericht ging dabei von den folgenden Erwägungen aus:

Was die Beschlußfassung über eine Nichtzulassung der Klagsänderung anlange, habe der Kläger in der Klage ein Urteil auf Zuspruch eines Betrages von 45.000 S begehrt, wobei er in der Klagserzählung ausführte, er sei zur Rückstellung des Kraftfahrzeuges bereit. Ein Klagebegehren auf Leistung des Geldbetrages Zug um Zug gegen Rückstellung des Fahrzeuges sei nicht erhoben worden. In der Folge sei das Begehren auf die Bezahlung von 25.000 S eingeschränkt worden. Dies bedeutete eine Klagseinschränkung im Sinne des § 237 ZPO., keinesfalls aber eine von den Voraussetzungen des § 235 (1) ZPO. abhängige Klagsänderung. Selbst wenn der Kläger ein Klagebegehren Zug um Zug gegen Erbringung einer eigenen Leistung (Rückstellung des Kraftfahrzeuges) gestellt hätte, so wäre eine Veränderung des Begehrens in der Richtung, daß die angebotene Zugum-Zug-Leistung entfällt, keine Klagsänderung. In der Folge sei das dermaßen eingeschränkte Begehren hilfsweise auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes gestützt worden. Dagegen habe sich der Beklagte ausgesprochen. Eine Klagsänderung sei aber durch die Geltendmachung dieses neuen Rechtsgrundes deshalb nicht bewirkt, weil damit eine Änderung des rechtserzeugenden Sachverhaltes nicht verbunden gewesen sei. Die bloße Änderung der rechtlichen Qualifikation sei, insolange sie nicht mit einer Änderung der vorgetragenen rechtserzeugenden Tatsachen verbunden sei, oder nicht mit einer als Klagsänderung aufzufassenden Änderung des Begehrens Hand in Hand gehe, keine Klagsänderung. Ob das weitere Vorbringen, der Anspruch werde auch auf Wandlung des Kaufvertrages bzw. Preisminderung gestützt, im Hinblick auf das damit verbundene Vorbringen, der Kläger habe den PKW. verkaufen müssen, weil er ohne Fahrzeug seinen Beruf nicht ausüben könne, eine Klagsänderung wegen Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage darstelle, könne unerörtert bleiben, weil sich der Beklagte nach dem Inhalt des Protokolls dagegen nicht ausgesprochen habe, sodaß dem Erstrichter insoweit die Befugnis fehle, eine Klagsänderung nicht zuzulassen. Da somit eine Klagsänderung nicht vorliege, sei der in das Urteil aufgenommene Beschluß über die Nichtzulassung der Klagsänderung zu beheben.

Im übrigen führte das Berufungsgericht in rechtlicher Beziehung aus, die durch den Verletzer bewirkte Unmöglichkeit der Wiederherstellung des vorigen Standes hindere nicht die Aufhebung eines Vertrages wegen Verletzung über die Hälfte. Habe aber der Verletzte selbst die Rückstellung in schuldhafter Weise unmöglich gemacht, könne er nicht mehr auf Aufhebung des Vertrages klagen. Fraglich könne sein, ob schon die bloße Tatsache des Verkaufes des Kraftfahrzeuges ein Verschulden bedeute. Die Berufung auf § 863 ABGB. (schlüssiger Verzicht auf den Wandlungsanspruch durch den Verkauf) erscheine aber dann nicht ausreichend, wenn der Verletzte triftige Gründe für die Veräußerung der Sache hatte, so etwa, wenn er sie nicht ohne eigenen Nachteil oder nur unter besonderen, nicht zumutbaren Aufwendungen aufbewahren konnte. Dann könne nämlich bei Überlegung aller Umstände nicht gesagt werden, er habe damit auf die Ausübung des Wandlungs- bzw. Anfechtungsrechtes verzichten wollen. Angemessen erschiene es hier zu prüfen, ob dem Kläger bei Abwägung seiner eigenen Interessen und jener des Beklagten eine Sorgfaltspflichtverletzung angelastet werden müsse. Diese Ansicht stehe mit der bisherigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht im Widerspruch; so erblicke etwa die Entscheidung HS. 4318 (Gewährleistungsfall) in einer Verfügung, welche die Rückstellung unmöglich macht, nur regelmäßig einen stillschweigenden Verzicht auf den Wandlungsanspruch. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung erlösche aber das Wandlungsrecht durch die Unmöglichkeit der Rückstellung an sich noch nicht. Für den Fall der laesio enormis müßten gleiche Erwägungen Platz greifen. Zur Rechtfertigung des Verkaufs habe der Kläger im Verfahren erster Instanz lediglich vorgebracht, daß er ohne Kraftfahrzeug seinen Beruf nicht ausüben könne. Was die Berufung darüber hinaus vorbringe, seien unzulässige Neuerungen. Von der abweichenden Rechtsansicht des Berufungsgerichtes ausgehend komme der Frage der Rechtfertigung des Verkaufes Bedeutung zu. Die näheren Umstände, welche den Kläger zum Verkauf nötigten, seien daher noch zu erörtern und bezügliche Feststellungen zu treffen. Ähnliche Erwägungen hätten für die Irrtumsanfechtung zu gelten. Der Irrtum über Baujahr und Fahrleistung stelle einen wesentlichen Irrtum dar. Auch der behauptete Ausschluß einer Gewährleistung schließe eine Irrtumsanfechtung nicht aus. Allerdings sei gemäß § 877 ABGB. auch bei Aufhebung des Vertrages wegen Irrtums die erhaltene Leistung zurückzustellen. Hier gelte gleiches wie bei der Wandlung, allerdings mit derselben Einschränkung, daß nämlich eine unverschuldete Leistungsmöglichkeit die Irrtumsanfechtung nicht ausschließe. Auch hier komme es also auf die Frage an, ob Umstände vorliegen, die es dem Kläger unzumutbar erscheinen ließen, das Fahrzeug weiterhin zu behalten. Was schließlich noch das Minderungsbegehren anlange, so hätten nach dem Klagsvorbringen die Parteien beim vorliegenden Rechtsgeschäft die Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen. Andererseits sei behauptet worden, daß dem Kläger vom Beklagten eine Fahrleistung von 46.000 Kilometern zugesichert wurde. Wäre dies erweislich, dann könnte sich der Beklagte auf den Ausschluß der Gewährleistung mit Erfolg nicht berufen. Auch unter diesem Gesichtspunkt könnte dem Klagebegehren der Erfolg beschieden sein, doch fehle es noch an Feststellungen, zunächst darüber, ob eine derartige Zusage gemacht wurde oder aber, wie der Beklagte behaupte, das Ausmaß der Fahrleistung ausdrücklich offen gelassen worden sei. Weiters sei auch der Wert des Fahrzeuges, in Entsprechung der gestellten Beweisanträge, ohne Mangel bzw. mit Mangel, festzustellen. Zur Berechnungsmethode des Minderungsbegehrens wurde auf Klang[2] IV S. 538 verwiesen. Bei schuldhaftem Verhalten des Beklagten könnte schließlich auch ein

Schadenersatzanspruch gemäß § 932 (1) letzter Satz ABGB. begrundet sein. Letzlich sei darauf zu verweisen, daß seit der Tagsatzung vom 20. November 1968 nur mehr ein Betrag von 25.000 S streitverfangen sei. Die Abweisung des nicht mehr aufrecht erhaltenen Begehrens begrunde allerdings keine Nichtigkeit, sodaß es mit diesem Hinweis sein Bewenden haben könne. Aus den dargelegten Gründen erweise sich die Rechtssache noch nicht als spruchreif.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurse des Beklagten nicht Folge und bestätigte den angefochtenen Beschluß mit der Maßgabe, daß er die Klagsänderung zuließ.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Beklagte wehrt sich in erster Linie gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die klagende Partei anläßlich der Einschränkung des Klagebegehrens auf Zahlung von 25.000 S keine Klagsänderung vorgenommen habe. Diesbezüglich ist der Rechtsrüge zuzustimmen. Denn der Kläger hatte nach seinem Vorbringen in der Klage unmißverständlich auf Aufhebung des Vertrages wegen Verkürzung über die Hälfte (laesio enormis) im Sinne des § 934 ABGB. und wegen Irreführung durch den Beklagten über wesentliche Umstände (§ 871 ABGB.) abgestellt und unter diesen Gesichtspunkten die Verurteilung des Beklagten zur Rückzahlung des (Teil-)Kaufpreises für den Personenkraftwagen von 45.000 S begehrt, wobei er sich erbötig machte, den Personenkraftwagen Zug um Zug zurückzustellen. In der Streitverhandlung vom 20. November 1968 hat die klagende Partei ihr Begehren quantitativ geändert und ihr nunmehriges Begehren auf Zahlung von 25.000 S nicht aus den ursprünglich vorgetragenen Tatsachen abgeleitet, sondern damit begrundet, daß der Kraftwagen vom Kläger unterdessen um 20.000 S verkauft worden sei und dazu schließlich näher ausgeführt: "Es liege ein geheimer Mangel vor, der vorerst in Form der laesio enormis geltend gemacht wurde und nunmehr geltend gemacht werde in Form des Schadenersatzes für den geheimen Mangel und den daraus resultierenden Kaufpreis". Damit wurde aber ein anderer, vom ursprünglich geltend gemachten Anspruch verschiedener Anspruch geltend gemacht, der eine Klagsänderung im Sinne des § 235 ZPO. abgibt. Doch ist damit für den Beklagten nichts gewonnen. Denn Klagsänderungen sind nach ständiger Rechtsprechung (so SZ. XXVII 167, zahlreiche weitere Entscheidungen, zuletzt 7 Ob 117/69) tunlichst zuzulassen, wenn dadurch ein neuer Prozeß erspart wird, welche Voraussetzung hier jedenfalls gegeben ist. Es war daher die Klagsänderung zuzulassen und die Entscheidung des Berufungsgerichtes, soweit sie die am 20. November 1968 vorgenommene Klagsänderung betrifft, mit der aus dem Spruche ersichtlichen, diesbezüglichen Maßgabe zu bestätigen.

Dem Vorbringen der klagenden Partei in der Streitverhandlung vom 6. Februar 1969, "es werde wahlweise sowohl Wandlung als auch Gewährleistung geltend gemacht", hat die beklagte Partei jedenfalls nicht widersprochen und diesen Zusammenhang - der auch nicht Gegenstand einer Beschlußfassung des Erstgerichtes war - im Rekurse nicht aufgegriffen.

Was schließlich im Rekurse gegen die Aufhebung des Ersturteiles ins Treffen geführt wird, versagt.

Davon, daß etwa, wie der Rekurs vermeint, die Sache spruchreif sei und zwar gar im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens, kann nicht in Rede sein. Das diesbezügliche Vorbringen geht zum Teil von Annahmen aus, die durch die bisherigen Beweisergebnisse und den Inhalt des Aktes nicht gedeckt sind. Der Kläger - informativ befragt - hat am 6. Februar 1969 nicht etwa zugegeben, daß er den Wagen der Firma P. im April 1968 verkauft und dafür 45.000 S erhalten habe. Er hat lediglich angeführt, daß er den Wagen dieser Firma Mitte April 1968 in Zahlung gegeben habe; dies sei geschehen, weil er seinen Beruf ohne Kraftwagen nicht ausüben könne, ihm seien für den Wagen bei Ankauf des anderen Wagens 20.000 S angerechnet worden. Mag daher auch die Firma P. den in Frage stehenden Kraftwagen am 29. Juli 1968 an Adolf F. um 45.000 S verkauft haben, so schließt dieser Umstand nicht aus, daß dies nach Vornahme eines Generalservice erfolgt ist, dem Kläger aber bloß 20.000 S angerechnet wurden und läßt somit keinesfalls den zwingenden Schluß zu, daß dem Klagebegehren jedwede rechtliche Grundlage fehle.

Im übrigen ist dem Rekurswerber noch folgendes zu bedeuten:

Gewährleistungs- und Irrtumsansprüche können nebeneinander bestehen

(8 Ob 368/65 u. a.). Ein allgemeiner Grundsatz, daß der Verzicht auf

Gewährleistung die Geltendmachung geheimer Mängel ausschließt,

besteht nicht (8 Ob 170/65 = HS. 5360, 8 Ob 36/67 u. a.). Bei Zusage

bestimmter Eigenschaften der Sache, auf die sich der Käufer

verlassen darf, haftet der Verkäufer auch im Falle eines

vereinbarten Ausschlusses der Gewährleistung (6 Ob 122/66 = HS. 5361

u. a.). Der Wandlungsanspruch nach § 932 ABGB. entfällt dann, wenn

der Käufer in schuldbarer Weise die Rückstellung der Sache unmöglich

gemacht hat, wobei den Käufer die Beweislast dafür trifft, daß die

Unmöglichkeit der Rückstellung von ihm nicht verschuldet ist (2 Ob

6/60 = ZVR. 1961 S. 13 = RiZ. 1960 S. 141 = HS. 250, 8 Ob 28/63 =

EvBl. 1963 Nr. 262 = HS. 4317). Durch die Unmöglichkeit der

Rückstellung an sich erlischt das Wandlungsrecht nicht (2 Ob 6/69, 5 Ob 242/64 = HS. 4318).

Auch das Recht, die Aufhebung des Geschäftes nach § 934 ABGB. zu fordern, erlischt jedenfalls dann nicht, wenn die Wiederherstellung des vorigen Zustandes durch Zufall oder durch den Verletzer

unmöglich gemacht wurde (SZ. XXVIII 232 = EvBl. 1956 Nr. 97 = RiZ.

1956 S. 30. 1 Ob 453/61 = RiZ. 1962 S. 83, 5 Ob 12/69, Gschnitzer in Klang[2] IV/1 S. 563). Die Frage aber, ob durch den Weiterverkauf der vom Verletzten gekauften Sache dieses Recht ebenso wie das Recht, Wandlung zu begehren, erlischt, ist keine Frage nach der Rechtsfolge der Unmöglichkeit der Leistung, die ja beim Weiterverkauf infolge Möglichkeit der Wiederbeschaffung oft gar nicht gegeben ist, sondern eine Frage nach der rechtlichen Tragweite einer Rechtshandlung im Sinne des § 863 ABGB., da ja die Veräußerung einer Sache, deren Rückstellung die Folge einer Aufhebung des Vertrages sein müßte, regelmäßig den Schluß zulassen wird, daß durch die Veräußerung das Aufhebungsbegehren eben fallen gelassen wird. Das könnte nur anders sein, wenn der Verletzte durch besondere Umstände zur Veräußerung genötigt war. Zu Unrecht wird daher die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes gerügt, welches Erhebungen, ob solche besondere Umstände vorlagen, für erforderlich hielt. Daß für den Beklagten dabei Beweisschwierigkeiten auftreten könnten, vermöchte an der Notwendigkeit der Beweisaufnahme nichts zu ändern. Übrigens wird der Kläger dafür, daß er durch besondere Umstände zum Verkauf genötigt war, beweispflichtig sein.

Zunächst wird allerdings zu prüfen sein, ob es sich beim Verkauf des Wagens an den Kläger nicht etwa auf Seiten des Beklagten, der nach der Aktenlage als Geschäftsmann bezeichnet wird und sich selbst auch so bezeichnet, um ein Handelsgeschäft handelte, was das Rechtsmittel der Verkürzung über die Hälfte gemäß d. 4. handelsr. EV. Art. 8 Nr. 6 ausschließen würde.

Anmerkung

Z42180

Schlagworte

Ausschluß der Gewährleistung, keine Wirkung bei Zusage bestimmter Eigenschaften Gewährleistung, kein Ausschluß der - bei Zusage bestimmter Eigenschaften Gewährleistungsansprüche bei Weiterverkauf der gekauften Sache Laesio enormis, Weiterverkauf der gekauften Sache Verkürzung über die Hälfte, Weiterverkauf der gekauften Sache Wandlungsanspruch nach § 932 ABGB., Verwirkung durch schuldhafte Vereitelung der Rückstellung der Sache Weiterverkauf der gekauften Sache, Wirkung bezüglich Ansprüche aus Gewährleistung und laesio enormis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1969:0040OB00589.69.1202.000

Dokumentnummer

JJT_19691202_OGH0002_0040OB00589_6900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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