TE OGH 1973/4/24 3Ob83/73

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Veröffentlicht am 24.04.1973
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Norm

AO §12
EO §39 Abs1 Z2
ZPO §477 Abs1 Z6

Kopf

SZ 46/42

Spruch

Absonderungsrechte im Sinne des § 12 Abs. 1 AO, auch bücherliche Zwangspfandrechte, deren Wiederaufleben nicht mehr möglich ist, erlöschen von selbst; es bedarf hiezu keiner Anfechtung oder sonstigen Rechtshandlung des Schuldners und - in der Regel - auch keiner Einstellung der Exekution; es kann aber dem Schuldner nicht verwehrt werden, die Übereinstimmung des Grundbuchsstandes mit den tatsächlichen Verhältnissen herbeizuführen und die Löschung der nicht bestehenden Sicherheit im Exekutionsverfahren zu verlangen. Der Verpflichtete kann somit - analog § 39 Abs. 1 Z 2 EO - die Einstellung der Exekution und Löschung des Zwangspfandrechtes beantragen. Ist aber die Löschung des Pfandrechtes durch Antragstellung im Exekutionsverfahren analog der Bestimmung des § 39 Abs. 1 Z 2 EO zulässig, kann die Unzulässigerklärung der Exekution und Löschung des Pfandrechtes nicht im Rechtswege begehrt werden

OGH 24. April 1973, 3 Ob 83/73 (LG Innsbruck 2 R 683/72; BG Imst C 122/72)

Text

Mit Beschluß vom 5. Juli 1971, E 1135/71, bewilligte das Erstgericht als Exekutions- und Grundbuchsgericht die von der Beklagten am 5. Juli 1971 zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 100.137.90 S samt Anhang beantragte Fahrnisexekution und die Exekution mittels zwangsweiser Pfandrechtsbegründung durch Einverleibung des Simultanpfandrechtes auf den Hälfteanteil des Klägers an der Liegenschaft EZ 604 II KG N als Haupteinlage und auf die im Alleineigentum des Klägers stehende Liegenschaft EZ 1017 II KG N als Nebeneinlage. Am 3. September 1971 wurde vom Landesgericht 1 über das Vermögen des Klägers das Ausgleichsverfahren eröffnet.

Der am 29. November 1971 zustande gekommene Ausgleich wurde vom Ausgleichsgericht mit Beschluß vom 4 Jänner 1972 bestätigt, das Ausgleichsverfahren am 4. Juli 1972 gemäß § 55e Abs. 2 AO für beendet erklärt. Das Erstgericht stellte die - noch nicht vollzogene - Fahrnisexekution von Amts wegen ein. Ein Antrag des Klägers die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung einzustellen und das Pfandrecht zu löschen, weil "die Exekution" gemäß § 12 AO durch die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens erloschen sei, wurde vom Erstgericht abgewiesen.

Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger das Urteil, daß die oben bezeichnete Exekution durch zwangsweise Einverleibung eines Pfandrechtes erloschen sei.

Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil der ersten Instanz und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000 S übersteigt.

Der Oberste Gerichtshof hob die Urteile der Untergerichte und das ihnen vorausgegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Den Urteilen der Vorinstanzen und dem vorangegangenen Verfahren erster und zweiter Instanz haftet eine von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeit an.

Der Kläger stützt sein Begehren, die Exekution für erloschen, d. h. für unzulässig zu erklären, ausschließlich auf den Umstand, daß das Pfandrecht gemäß § 12 Abs. 1 AO erloschen ist. Er macht nicht geltend, daß die betriebene Forderung durch den bestätigten Ausgleich teilweise erlassen und gestundet sei, erhebt also keine Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 EO. Aus dem Zustandekommen eines gerichtlichen Ausgleiches und dessen Bestätigung durch das Ausgleichsgericht wird lediglich das unbedingte Erlöschen des Pfandrechtes nach § 12 Abs. 1 AO und als dessen Folge die Unzulässigkeit der Exekution abgeleitet. Das Klagebegehren kann auch nicht dem § 36 EO unterstellt werden, da durch den gerichtlich bestätigten Ausgleich der Anspruch und nicht die Exekution gestundet wird. Außerdem handelt es sich, worauf schon das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat, nicht um einen willkürlichen, sondern um einen richterlichen Stundungsakt. Das Erlöschen des Pfandrechtes nach § 12 Abs. 1 AO kann daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht mit Klage nach § 36 Abs. 1 Z. 3 EO geltend gemacht werden.

Nach gerichtlicher Bestätigung des Ausgleiches und rechtskräftiger Beendigung des Ausgleichsverfahrens ist ein Wiederaufleben des durch die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens zunächst nur bedingt erloschenen Pfandrechtes ausqeschlossen. Ein eventuelles Wiederaufleben der Forderung nach § 53 Abs. 4 AO hat nicht das Wiederaufleben des nach § 12 Abs. 1 AO erloschenen Pfandrechtes zur Folge, weil das Pfandrecht nur bei Einstellung des Ausgleichsverfahrens wieder auflebt, Wiederaufleben der Forderung aber nur die Rechtswirkungen des Nachlasses und der Stundung der Forderung beseitigt (SZ 13/267; EvBl. 1951/478). Die Absonderungsrechte erlöschen von selbst; es bedarf hiezu keiner Anfechtung oder sonstigen Rechtshandlung des Schuldners (Bartsch - Pollak, II, 181) und - in der Regel - auch keiner Einstellung der Exekution (vgl. SZ 17/34) Auch bücherliche Zwangspfandrechte erlöschen, wenn ein Wiederaufleben nicht mehr möglich ist, unbedingt und von selbst. Nach ständiger Rechtsprechung kann es dem Schuldner aber nicht verwehrt werden, die Übereinstimmung des Grundbuchsstandes mit den tatsächlichen Verhältnissen herbeizuführen und die Löschung der nicht bestehenden Sicherheit im Exekutionsverfahren zu verlangen (Rspr. 1932 Nr. 227; Rspr. 1935 Nr. 251. SZ 33/24 u. a.). Durch das unbedingte Erlöschen des Zwangspfandrechtes entsteht ein der Rechtslage des § 39 EO ähnlicher Rechtszustand, der die Einstellung der Exekution und die Löschung des Pfandrechtes im Grundbuch erfordert. Zwischen der Unzulässigkeit der Begründung eines Pfandrechtes nach § 10 AO und der nachträglichen Vernichtung eines zunächst zulässigerweise begrundeten Pfandrechtes durch die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens besteht kein grundsätzlicher Unterschied. In beiden Fällen ist die analoge Anwendung des § 39 Abs. 1 Z 2 EO zulässig und geboten. Ist aber die Löschung des Pfandrechtes durch Antragstellung im Exekutionsverfahren analog der Bestimmung des § 39 Abs. 1 Z 2 EO zulässig, dann kann die Unzulässigerklärung der Exekution und die Löschung des Pfandrechtes nicht im Rechtswege begehrt werden (vgl. Neumann - Lichtblau, Komm. z. EO[4], 1646). Dem Kläger fehlt also nicht bloß das Rechtsschutzbedürfnis, es ist vielmehr für den vorliegenden Anspruch der Rechtsweg ausgeschlossen.

Die Abweisung des Einstellungsantrages des Klägers stunde der positiven Erledigung eines neuerlichen Einstellungs- und Löschungsantrages nicht entgegen, da zur Zeit der Entscheidung des Exekutionsgerichtes der Ausgleich zwar bereits bestätigt war, der Kläger seinen Einstellungsantrag jedoch nur auf die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens gestützt hatte, wodurch das Pfandrecht zunächst lediglich bedingt erloschen war.

Es liegt daher der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs. 1 Z. 6 ZPO vor. Diese Nichtigkeit ist auch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen wahrzunehmen. Die Urteile der Unterinstanzen sowie das vorangegangene Verfahren waren daher aufzuheben, die Klage war wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen.

Anmerkung

Z46042

Schlagworte

Absonderungsrecht, Einstellung der Exekution, Absonderungsrecht, Erlöschen, Einstellung, Absonderungsrecht, - der Exekution, Erlöschen, Absonderungsrecht, Grundbuchsstand, Übereinstimmung durch Löschung der Sicherheit, Löschung des Pfandrechtes, Unzulässigkeit des Rechtsweges, Löschung der Sicherheit, Übereinstimmung des Grundbuchsstandes, Unzulässigkeit des Rechtsweges, Löschung des Pfandrechtes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1973:0030OB00083.73.0424.000

Dokumentnummer

JJT_19730424_OGH0002_0030OB00083_7300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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